Bei aller Liebe: Hundebesitzer teilen offenbar mehr Bakterien mit ihren Hunden als mit ihren eigenen Kindern.
Eine Studie, die an der Universität von Colorado Boulder durchgeführt wurde, befasst sich mit den Typen und der Übertragungsweise von diversen Bakterien aus dem Verdauungstrakt oder der Körperoberfläche zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Familie inklusive deren Hunden. Dabei ging es natürlich auch um die Übertragungswege von Krankheiten, so Professor Rob Knight und Doktorand Se Jin Song, die Leiter der Studie.
Professor Knight und sein Team untersuchten insgesamt 60 Familien, 159 Personen und 36 Hunde. Siebzehn der Versuchsfamilien hatten Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und 18 Jahren, acht Familien mit Kindern hatten Hunde, 17 Hausgemeinschaften hatten einen oder mehrere Hunde und keine Kinder, in 18 Haushalten gab es weder Kinder noch Hunde. Alle Kinder in der Studie waren mit den erwachsenen Versuchspersonen verwandt.
Bei den menschlichen Versuchspersonen wurden Proben von der Zunge, der Stirn, der rechten und linken Handfläche und den Ausscheidungen genommen, um die individuellen Bakterienkulturen zu ermitteln. Bei den Hunden ging man ähnlich vor, nur nahm man hier Fell- anstatt Hautproben von der Stirn und untersuchte alle vier Pfoten anstatt beider Handflächen.
Eine der größten Überraschungen am Ende der Untersuchung bestand in der Entdeckung, dass die Haustiere und ihre Besitzer eine weitgehende Übereinstimmung in Punkto Bakterienkulturen aufwiesen, so Knight. Das geht sogar so weit, dass die Hundebesitzer, zumindest was Bakterien betrifft, mehr mit ihren Hunden als mit ihren Kindern gemeinsam haben.
Ein weiterer Augenöffner: Wer mehr Hautbakterien mit seinem Partner teilen möchte, der schaffe sich einen Hund an.
Das Wissen um die Zusammensetzung menschlicher Bakterienkulturen ist mittlerweile zu einem der wichtigsten biologischen Forschungsfelder aufgestiegen. Auf und in einem menschlichen Organismus leben etwa 100 Billionen Mikroorganismen, also etwa zehnmal mehr als der Mensch Körperzellen hat.
Ein breites Spektrum von Erkrankungen steht mit dem Vorhanden- oder Nichtvorhandensein der jeweiligen Bakterien in Verbindung: Unterernährung oder Fettleibigkeit, Asthma, Diabetes oder Depression.
Zunehmend ist davon auszugehen, dass der Kontakt mit einer Vielzahl von natürlichen Bakterienquellen die Gesundheit positiv beeinflusst. Das bezeichnet man als die Hygiene-Hypothese, so berichtet Song, der Doktorand und Mitautor der Studie.
Der britische Hautarzt Richard Strachen stellte diese Hypothese im Jahr 1989 auf: Kinder, die bestimmten Bakterien und Mikroorganismen nicht ausgesetzt werden, sind tatsächlich oft sehr viel anfälliger für eine Vielzahl von Krankheiten.
Die neue Studie ließ auch Zusammenhänge zwischen Alter, Umwelt und individueller Mikroorganismenbesiedlung erkennen. Auch Haustiere haben hier natürlich einen großen, aber keineswegs negativen Einfluss.
aktualisiert am 15.04.2020