06.05.2004 - Ballaststoffe sind alles andere als "Ballast" für unseren Körper. Warum sie so gesund sind und wie man sich ballaststoffreich ernähren kann, darüber sprachen wir mit dem Magen-Darm-Spezialisten Dr. med. Ulrich Th. Strunz.
Durch welche Mechanismen können Ballaststoffe zur Krebsprävention beitragen?
Dr. Strunz: Beim Abbau von Ballaststoffen durch Darmbakterien entstehen unter anderem kurzkettige Fettsäuren, die ein protektives Potenzial auf die Darmzellen ausüben. Zum anderen wird durch die Ballaststoffe eine Erhöhung des Stuhlvolumens und eine erhöhte Passagezeit erreicht, die eine Verminderung der Kontaktzeit potentieller Karzinogene mit der Darmwand bewirken.
Neben der Krebsprävention, welche anderen gesundheitsförderlichen Effekte haben Ballaststoffe?
Dr. Strunz: Durch die Vermehrung der Stuhlmasse können mit Obstipation verbundene Beschwerden gemildert werden. Es werden auch cholesterinsenkende Effekte diskutiert, die vor kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall schützen können. Auch für die Behandlung von Diabetes mellitus spielen Ballaststoffe eine wichtige Rolle. Sie verzögern die Resorption von Zucker im Dünndarm und verhindern damit ein schnelles Ansteigen des Blutzuckerspiegels.
Welche Lebensmittel empfehlen sie für eine ballaststoffreiche Ernährung?
Dr. Strunz: Reich an Ballaststoffen sind vor allem Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Obst. Um die Aufnahme zu steigern, sind auch Konzentrate wie Plantago-ovata Samenschalen, Guar oder Pektin geeignet.
Was sollte man beachten, wenn man seine Ernährung ballaststoffreich umstellt?
Dr. Strunz: Man sollte den Körper langsam an eine ballaststoffreiche Kost gewöhnen. Wer von heute auf morgen plötzlich mehr Ballaststoffe aufnimmt, muss mit Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühle oder Bauchschmerzen rechnen. Außerdem ist es wichtig, mit Erhöhung der Ballastoffzufuhr auch ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen, damit Ballaststoffe im Darm gut quellen können. In Deutschland erkranken jährlich 30.000 Frauen und 27.000 Männer an Darmkrebs (Dickdarm- und Mastdarmkrebs).
Zu Risikofaktoren gehören beispielsweise Bewegungsmangel, Übergewicht, genetische Faktoren und chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Circa 30% der Krebsfälle insgesamt sind auf eine falsche Ernährungsweise zurückzuführen. Der Ernährung kommt somit bei der Krebsprävention eine besondere Bedeutung zu.
Im Rahmen der EPIC- Studie wurden die Zusammenhänge zwischen Ernährung und chronischen Krankheiten wie Krebs auf europäischer Ebene untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass durch eine Erhöhung der Ballaststoffzufuhr von 15 Gramm auf 35 Gramm täglich, das Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken um 40% gesenkt wurde. Die Quelle und Art der Ballaststoffe schien dabei keine entscheidende Rolle zu spielen.
Unter Ballaststoffen versteht man Bestandteile von Pflanzenzellen, die durch das menschliche Enzymsystem im Dünndarm nicht zu resorbierbaren Komponenten abgebaut werden können. Zu den Ballaststoffen zählen im wesentlichen Nicht-Stärke-Polysaccharide (Cellulose, Hemicellulosen, Pektine, ß-Glucane), unverdauliche Oligosaccharide, resistente Stärke sowie Lignin.