Die Essstörung Bulimia nervosa, auch als Fress-Kotz-Sucht bezeichnet, ist zwar bereits seit dem 4. Jahrhundert vor Christus bekannt, wird aber erst seit 1980 als eigenständige Diagnose erhoben. Über das Thema Esstörungen sowie Folgen und Therapiemöglichkeiten bei Bulimie unterhielt wir uns mit Dipl. oec. troph. Daniela Rösler.
Nach welchen Kriterien erfolgt die Diagnose Bulimia nervosa?
Dipl. oec. troph. Daniela Rösler: Von Bulimia nervosa spricht man, wenn über einen Zeitraum von 3 Monaten hinweg mindestens zweimal pro Woche Essattacken auftreten, große Mengen an meist kalorienreichen Nahrungsmitteln verzehrt werden und im Anschluss daran Maßnahmen zum Ungeschehen-Machen der Kalorienaufnahme wie Erbrechen, Abführmitteleinnahme oder extreme sportliche Betätigungen ergriffen werden. Außerdem leiden die Betroffenen unter einer krankhaften Furcht, dick zu werden.
Wie häufig sind Essstörungen wie die Bulimia nervosa?
Rösler: Der Bundesfachverband Essstörungen gibt an, dass eine Prävalenz von etwa 5% bei den beiden Krankheitsbildern Bulimie und Anorexie für Frauen im Alter zwischen 14 bis 35 Jahren vorliegt. Es gibt jedoch wahrscheinlich eine hohe Dunkelziffer, da sich die Betroffenen ihrer Essstörung häufig nicht bewusst sind oder vor lauter Scham keine Hilfe suchen.
Was sind die Folgen von Bulimia nervosa?
Rösler: Körperliche Folgen sind beispielsweise Schwellung der Speicheldrüsen, Zahnschmelzschäden, Speiseröhrenrissen, Magenwandperforationen sowie Elektrolytenentgleisungen, die zu Nierenschäden und Herzrhythmusstörungen führen können. Außerdem kann bei Frauen die Regelblutung ausbleiben. Darüber hinaus gibt es aber auch andere Folgen, unabhängig von den gesundheitlichen Problemen. Die Betroffenen können durch den hohen Nahrungsmittelkonsum und die Ausgaben für Abführmittel in finanzielle Schwierigkeiten kommen.
Wie sieht eine Therapie bei Bulimia nervosa aus?
Rösler: Bei Bulimia nervosa ist es wichtig, dass Essverhalten wieder zu normalisieren, um chronische Gesundheitsschäden vorzubeugen. Ein langfristiger Erfolg ist aber nur dann zu erwarten, wenn auch die der Essstörung zu Grunde liegenden Faktoren behandelt werden. Das heißt, Ernährungstherapie und Psychotherapie müssen Hand in Hand gehen.
Bulimia nervosa
Die Essstörung Bulimia nervosa, auch als Fress-Kotz-Sucht, bezeichnet, ist zwar bereits seit dem 4. Jahrhundert vor Christus bekannt, wird aber erst seit 1980 als eigenständige Diagnose erhoben. Die Bulimia nervosa ist durch abwechselndes exzessives Essen und Maßnahmen zur Verhinderung einer Gewichtszunahme – in der Regel Erbrechen – charakterisiert. Bei einer unkontrollierten Essattacke nehmen die Betroffenen durchschnittlich 4.000 bis 10.000 Kilokalorien innerhalb kurzer Zeit heimlich zu sich.
Die bekannteste Gegenmaßnahme ist selbst herbeigeführtes Erbrechen, doch auch periodisches Fasten, der Missbrauch von Abführ- oder Entwässerungsmitteln und extreme sportliche Betätigung sind mögliche Folgen einer Essattacke. Vom äußeren Erscheinungsbild her sind bulimische Frauen und Männer unauffällig und meist eher schlank oder normalgewichtig. In der Öffentlichkeit ist das Essverhalten in der Regel kontrolliert. Anders als bei der
Anorexia nervosa (Magersucht) haben Bulimiker eine Krankheitseinsicht und sind großem Leidensdruck ausgesetzt. Zwischen Magersucht und Bulimie gibt es fließende Übergänge.
Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) waren rund 50% der Bulimiker zuvor magersüchtig. Auch eine oder mehrere missglückte Diäten können den Anfang der Essstörung Bulimia nervosa bezeichnen. Betroffene befinden sich in einem psychosomatischen Teufelskreis, in dem Diäten, zu körperlichen und seelischen Mangelzuständen führen und in Heißhungerattacken münden. Das daraus resultierende körperliche und seelische Unwohlsein wird wiederum durch Diäten, Fasten, Erbrechen, exzessiver Sport oder Abführmittelmissbrauch kompensiert.
Die Therapie von Essstörungen muss interdisziplinär erfolgen und sowohl die psychische als auch physische Ebene der Betroffenen behandeln. Nach Schätzung der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik leiden in Deutschland rund 700.000 Menschen unter Esstörungen, davon 600.000 an Bulimia nervosa.
Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung