Die Körpertemperatur sagt einiges aus über die Gesundheit des Patienten. Sogar kleine Temperaturabweichungen können auf Störungen hinweisen, wie beispielsweise auf eine Dehydration, auf unnormal verengte oder erweiterte Blutgefäße.
Entsprechend entwickelte man eine ganze Reihe von Technologien, um Temperaturveränderungen an der Hautoberfläche zu messen.
Ausgeklügelte digitale Infrarot-Kameras mit hoher Auflösung können beispielsweise selbst winzige lokale Temperaturveränderungen überall im Körper entdecken. Auf der anderen Seite des technologischen Spektrums können Kontakt-Temperatursensoren sehr einfache punktuelle Messungen durchführen. Die Infrarotkameras sind teuer, der Patient muss während der Messprozedur vollkommen still sitzen, dafür liefert die Aufnahme wesentlich mehr Informationen als die schlichten Kontakt-Thermometer.
Kürzlich entwickelte ein internationales Team mit Mitgliedern aus den Fachrichtungen Biomedikale Bildgebung und Biologische Verfahrenstechnik einen völlig neuen Ansatz: Eine spezielle „Diagnostische Haut“ wird dabei auf die menschliche Haut aufgeklebt, passt sich deren Konturen an und liefert eine detaillierte „Landkarte“ sämtlicher aktueller Temperaturzonen der Körperoberfläche.
Die zu Grunde liegende Technologie wurde ursprünglich im Labor von Professor John Rogers an der Universität von Illinois entwickelt. Sie wird Epidermale Elektronik genannt: Ultradünne, flexible Sensoren-Anordnungen ähneln optisch einem winzigen elektrischen Schaltkreis-Schema. Eine Vielzahl unterschiedlicher Sensoren und Elemente kann in die „diagnostische Haut“ integriert werden, um Messdaten und Informationen zu ermitteln. Die Patienten werden durch den kleinen „Aufkleber“ auf der Haut auch bei einem Langzeit-Monitoring in ihrem Alltag nicht behelligt.
In diversen und gründlichen Vergleichstest konnte bewiesen werden, dass die Infrarotkamera und die „Diagnostische Haut“ gleichwertige Ergebnisse liefern. Selbst die minimalsten Temperaturunterschiede, die entstehen, wenn beispielsweise eine Blutdruckmanschette um den Unterarm stark aufgeblasen wird und den Blutdurchfluss hemmt, konnte die neue Technologie erfassen und reagierte darauf gleich gut wie die Infrarotkamera.
In einem weiteren Test wurden Hitzeimpulse auf die Haut geleitet, um die Transpiration zu messen: Anhand der Reaktion lässt sich ablesen, ob der Proband ausreichend mit Flüssigkeit versorgt oder dehydriert ist.
Das Forscherteam gibt an, dass die derzeitige Version der „Diagnostischen Haut“ nur einen Bruchteil ihrer möglichen Anwendungsgebiete abdeckt: Theoretisch könnten Sensoren integriert werden, die beispielsweise den Blutzucker, den Sauerstoffgehalt des Blutes, die Anzahl der Blutzellen oder den Pegel bestimmter Medikamente im Blut messen. Ein Element könnte eingebaut werden, das Medikamente, Nährstoffe oder Substanzen für eine bessere Wundheilung verabreicht. Das neue System eignet sich für diagnostische, therapeutische und experimentelle Zwecke gleich gut.
In der Zukunft soll die „Diagnostische Haut“ ermittelte Messdaten per Datenfernübertragung über das Handy an einen Arzt weiterleiten können – das spart wiederum einige Diagnoseschritte und einen Praxisbesuch. Zusätzlich können bestimmte Messwerte über einen längeren Zeitraum hinweg gesammelt werden.
Erste Anfragen von anderen Forschungslabors zur Nutzung der neuen Technologie liegen bereits vor, eine Kooperation mit Akademien und Herstellern ist geplant. Die Epidermal-Technologie hat Zukunft, sie ist relativ kostengünstig herzustellen, leistet viel und ist technisch immer weiter ausbaufähig.
Quelle: http://www.nature.com/nmat/journal/v12/n10/full/nmat3755.html
aktualisiert am 19.12.2013