Ein Hörgerät dient dazu, Hörverluste bei schwerhörigen Personen bestmöglich auszugleichen. In den üblichen Fällen wird das Hörgerät am Ohr oder im äußeren Gehörgang getragen. Dazu wurden einige unterschiedliche Formen von Hörgeräten entwickelt, die bestimmte Vor- und Nachteile aufweisen. Im Wesentlichen handelt es sich um die Hinter-dem-Ohr-Geräte und die Im-Ohr-Geräte. Die Wahl, Anpassung und Einrichtung eines geeigneten Hörgerätes ist die Aufgabe der Hörgeräteakustiker.
Neben den außen anzubringenden Hörgeräten gibt aber auch implantierbare Hörgeräte, die in speziellen Fällen wie angeborenen Hörstörungen, besonders schweren Hörverlusten oder Fehlbildungen des Ohrs sinnvoll sind.
Eine Minderung der Hörfähigkeit in einem signifikanten Ausmaß ist der Anlass, weshalb ein Patient mit einer Hörhilfe versorgt wird. Mit einem Hörgerät können insbesondere stärker hörgeschädigte Personen besser in die Gesellschaft integriert werden. Um die Schwerhörigkeit und dessen Ausmaß festzustellen, führt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt einen Hörtest durch (Audiometrie). Dabei sind sowohl die Tonaudiometrie als auch die Sprachaudiometrie ausschlaggebend. In der Regel ist es angezeigt, ein Hörgerät anzupassen, wenn der Patient in der Sprachaudiometrie bei 65 Dezibel (dB) unter guten Bedingungen ein Einsilben-Verstehen von nur 80 Prozent oder schlechter erzielt. Ansonsten ist ein Hörverlust von 30 dB oder mehr bei der Tonaudiometrie in den mittleren Frequenzbereichen als so stark anzusehen, dass ein Hörgerät sinnvoll ist. Es gibt auch spezielle Fälle, bei denen schon bei geringeren Verschlechterungen im Hörtest ein Hörgerät verschrieben wird, nämlich z. B. bei Tinnitus (Ohrgeräuschen) oder Verständigungsschwierigkeiten, wenn die Umgebung laut ist. Anhand der Diagnostik mit Audiometrie wird auch das Modell des Hörgerätes ausgesucht und angepasst.
Die Untersuchung und die Anpassung von Hörgeräten bei Kindern und Kleinkindern ist anders als bei Erwachsenen. Jüngere Kinder können nicht wie Erwachsene Rückmeldungen zu ihrer Hörempfindung geben, sondern Untersucher müssen auf Reaktionen und das Verhalten der kleinen Patienten achten. Aufschluss gibt unter anderem die so genannte Spielaudiometrie, die etwa zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr sinnvoll sein kann. Noch früher kann ein Hörtest anhand von Verfahren wie otoakustischen Emissionen oder Hirnstammaudiometrie stattfinden. Auch eine Reflexaudiometrie kann erfolgen, bei der versucht wird, mit akustischen Reizen eine reflexartige Reaktion wie z. B. einen Lidschlag auszulösen.
Im Allgemeinen besteht ein Hörgerät aus einem Mikrofon, einem Verstärker und einem Anteil, der die Schallinformationen an das Ohr abgibt. Die Schallsignale werden über ein Schallröhrchen oder einen Schallschlauch an das Ohr gebracht. Die Stromversorgung geschieht beim Hörgerät über Batterien, in der Regel sind es kleine Knopfzellen-Batterien. Eine Batterie hat eine Funktionsdauer von circa acht bis zehn Tagen, was vom Modell und der Leistung des Hörgeräts abhängig ist. Dann muss sie gewechselt oder aufgeladen werden.
Nach der Technik, die das Hörgerät verwendet, werden analoge von digitalen Modellen unterschieden. Ein analoges Hörgerät beinhaltet eine analoge Signalverstärkung. Einige Geräte meist älterer Bauweise lassen sich auch mittels feiner Schraubenzieher anpassen. Inzwischen werden analoge Hörgeräte aber hauptsächlich mit programmierbarer Steuerung angeboten. Bei diesen werden zwar die akustischen Signale analog verstärkt, aber die Frequenzbereiche individuell am Computer programmiert. Auf diese Weise lassen sich die einzelnen Tonhöhen ziemlich genau an den Bedarf des Patienten anpassen beziehungsweise an dessen Spektrum der Schwerhörigkeit.
Digitale Hörgeräte rechnen die Werte des Schalls entsprechend mittels digitaler Technik um und verstärken sie. Dadurch ist eine sehr genaue Justierung der verschiedenen Frequenzen möglich. Rauschfrequenzen und Hintergrundgeräusche können erfasst und von dem Gerät unterdrückt werden. Sprache lässt sich hingegen hervorheben. Hochentwickelte Modelle können sich selbstständig auf unterschiedliche Hörumgebungen einstellen. Technologische Fortschritte bringen dem Patienten ein zunehmend optimiertes Hören. Das Heraushören der Richtung kann durch die Verwendung mehrerer Aufnahme-Mikrofone gelingen. Sprache kann von sehr guten Modellen der Hörgeräte noch weiter in den Vordergrund gebracht werden, indem die Mikrofone gezielt darauf gerichtet werden. Mit Hilfe einer Telefonspule, die sich in dem Hörgerät befindet, können Signale aus dem Telefon oder auch vom Fernseher direkt empfangen werden. Der Träger dieses Hörgerätes kann die Stimmen damit besser heraushören.
Ein weiterer Unterschied zwischen den einzelnen Hörgeräten besteht darin, an welchem Anteil des Ohres es sitzt. So werden generell Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte und Im-Ohr-Hörgeräte unterschieden.
Ein Hinter-dem-Ohr-Gerät sitzt hinter der Ohrmuschel und ist über einen Schallschlauch mit einem Passstück verbunden, das im Gehörgang sitzt. Das Hinter-dem-Ohr-Gerät verstärkt die Signale sehr gut und ist auch bei höherer Schwerhörigkeit durchaus nützlich. Ist der Hörverlust des Patienten nicht so groß, dann lässt sich eine Belüftungsbohrung in das Gerät einarbeiten, so dass ein Druckausgleich und somit ein bequemeres Tragen möglich ist. Bei Kindern werden praktisch nur Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte angepasst, da sich der äußere Gehörgang noch vergrößert und Im-Ohr-Geräte bald nicht mehr ordentlich zur Gehörgangswand hin abschließen.
Ein Im-Ohr-Gerät kommt bei mittleren oder leichteren Graden der Schwerhörigkeit zur Anwendung. Das elektronische Kernstück des Gerätes befindet sich in einer Hohlschale, die im Ohr liegt und sich die anatomischen Gegebenheiten des Ohrs zunutze macht.
Von den Im-Ohr-Hörgeräten gibt es weitere Unterformen. „In the ear" bedeutet, dass das Hörgerät die Ohrmuschel ausfüllt und sich von außen leicht bemerken lässt. „In the canal" heißt, dass sich das Gerät im äußeren Gehörgang befindet und die Ohrmuschel frei lässt. Das äußere Ende des Hörgerätes befindet sich etwa auf der Höhe des äußeren Endes des Gehörgangs. Noch weiter innen und somit kaum von außen sichtbar ist der Gerätetyp „complete in canal". Dieses Gerät benötigt nur winzige Batterien, kann sehr klein gehalten werden und deshalb recht tief im Gehörgang verschwinden.
Eine spezielle Form von Hörgeräten sind die Tinnitus-Masker. Sie dienen der Behandlung von dauernden Ohrgeräuschen (Tinnitus). Es ähnelt den herkömmlichen Hörgeräten, hat aber eine andere Funktion: Es erzeugt ein Grundrauschen, so dass das quälende Piepen oder Sausen im Ohr übertönt (maskiert) wird.
Die Versorgung von Patienten mit Hörgeräten erfolgt normalerweise durch einen Hörgeräteakustiker. Der Hörgeräteakustiker richtet das Hörgerät so ein, dass es das Schallspektrum individuell für den Patienten zufriedenstellend verstärkt. Er passt das Hörgerät auch anatomisch an, unter anderem mit Hilfe einer Anfertigung eines Ohrabdruckes. Er prüft die Funktion des Gerätes beziehungsweise das Hörvermögen des Patienten mit sitzendem Hörgerät und unterrichtet den Träger über den Umgang und dass er es regelmäßig tragen soll.
Schwere Komplikationen durch ein Hörgerät sind normalerweise nicht zu erwarten, aber viele Träger von Hörgeräten haben Probleme mit der Technik und mit dem Umgang. Sie können Schwierigkeiten haben, die Richtung wahrzunehmen, aus der die Geräusche kommen, oder gesprochene Sprache vor Hintergrundgeräuschen gut zu verstehen. Auch das Telefonieren kann für Hörgeräte-Benutzer erschwert sein. Ist das Hörgerät nicht gut eingestellt, dann kann gegebenenfalls der Hörgeräteakustiker helfen.
Letzte Aktualisierung am 17.08.2020.