Prof. Stroh: Das Hauptziel der Patienten, die zu uns kommen, ist natürlich die Gewichtsreduktion. In der Regel haben die Patienten einen BMI von 35 und mehr, also 40 oder auch über 50. Es gibt natürlich auch viele Patienten, die zu uns kommen, weil sie durch ihre Begleiterkrankungen sehr beeinträchtigt sind. Das heißt, sie sind in ihrer Bewegung eingeschränkt oder es stehen Wirbelsäulen- oder Hüftoperationen an oder es sind Patienten, die an einem schweren Diabetes mellitus leiden und deshalb eine Gewichtsreduktion anstreben.
Prof. Stroh: Der Peak der Altersgruppe ist so ab 35 bis ungefähr 50. Aber wir haben natürlich auch aufgrund der demografischen Entwicklung, die man auch in Ostdeutschland stärker hat, einen hohen Anteil von Patienten über 55, was noch einmal anders ist als in Ballungsräumen mit junger Bevölkerung oder auch mit einem anderen Migrationshintergrund.
Prof. Stroh: Es gibt genetische Faktoren, die zu Übergewicht führen. Es gibt zum Beispiel Melatonin-Rezeptor-Defekte. Dann gibt es das Prader-Willi-Syndrom, das genetisch bedingt ist, bei dem man sehr zurückhaltend mit chirurgischen Eingriffen ist. Für diese Defekte am Rezeptor gibt es inzwischen Antagonisten, so dass man sie medikamentös behandeln kann. Hier ist eine sehr genaue Diagnostik erforderlich.
Bei den meisten Patienten ist es die Fehlernährung und ein Bewegungsdefizit, das sich in unserer Gesellschaft in den letzten 50, fast 70 Jahren entwickelt hat. Diese sind ausschlaggebend für die steigende Tendenz der Gewichtszunahme.
Bei den meisten Patienten ist es die Fehlernährung und ein Bewegungsdefizit...
Es wird auch darüber diskutiert, ob die Veränderung des Mikrobioms, also unserer Darmflora, zu einem Gewichtsanstieg führen kann. Unser Ernährungsverhalten kann zu einer anderen Bakterienbesiedlung führen und damit ist die Gewichtsreduktion unter Umständen eingeschränkt. Möglicherweise führt die Fehlbesiedlung dazu, dass mehr Fett und Kohlenhydrate aufgenommen werden.
Prof. Stroh: Hauptfaktoren in den Lebensmitteln sind insbesondere die Süßstoffe, die in fast allen Getränken enthalten sind, die man kauft. Außer im normalen Mineralwasser. Wir wissen inzwischen, dass diese Süßstoffe und auch Zuckeraustauschstoffe den gleichen Effekt wie Zucker haben. Sie führen zu einer Insulinausschüttung und sie führen zu einer Fettgewebsvermehrung. Man weiß, dass diese Mechanismen durch die Zuckeraustauschstoffe auch dazu führen, dass die Fettlebererkrankung deutlich zunimmt. Und das betrifft nicht nur übergewichtige Personen, auch Normalgewichtige können eine Fettleber durch Zuckeraustauschstoffe entwickeln.
Prof. Stroh: Das muss man differenzieren. Es gibt einen großen Teil von Patienten, bei denen die Psyche schon früh eine Rolle spielt. Das sind überwiegend junge Patienten, meist Frauen und nur wenige Männer, die eine posttraumatische Belastungsstörung haben. Missbrauch spielt eine große Rolle. Diese Patienten haben sich im Laufe ihres Lebens quasi einen "Speckmantel" angefuttert, der eine Schutzfunktion hat. Sie kommen oft mit erheblichen Störungen zu uns, sodass sie psychisch sehr belastet sind.
Auf der anderen Seite haben wir natürlich das Problem, dass übergewichtige Patienten in unserer Gesellschaft stigmatisiert werden. Es wird gesagt, er oder sie ist zu dick, isst zu viel und frisst sich Fett an. Was man dabei nicht berücksichtigt, ist, dass Übergewicht ein multifaktorielles Geschehen ist. Zum Beispiel kann der Diabetes mellitus, der auf Übergewicht beruht und bei dem Insulin verabreicht werden muss, dazu führen, dass das Übergewicht weiter ansteigt. Die Patienten sind durch ihren Insulinbedarf in einem Teufelskreis gefangen.
Wichtig zu verstehen - und das war uns nicht so klar, als wir vor 30 oder 35 Jahren begannen, dieses Thema zu untersuchen - dass die psychische Gesundheit und die damit verbundenen Veränderungen eine zentrale Rolle in der gesamten Behandlung von Patienten spielen.
Prof. Stroh: Das ist so! Das spielt eine große Rolle. Man kann das ähnlich betrachten wie bei Patienten mit Essstörungen - auch Übergewicht ist ja eigentlich unter Umständen eine Essstörung. Diese Patienten benötigen eine ständige Therapie, Behandlung und Intervention. Bei einem Großteil der übergewichtigen Patienten ist es so, dass sie Hilfe und Unterstützung brauchen. Man muss erkennen, welche psychischen Belastungen bei einem Patienten vorliegen und diese entsprechend behandeln.
Diese Patienten benötigen eine ständige Therapie, Behandlung und Intervention.
Prof. Stroh: Die Entscheidung, ob eine Operation notwendig ist (Operationsindikation) in Deutschland basiert auf den deutschen Leitlinien und hängt vom Body-Mass-Index (BMI, eine Maßzahl für das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße) ab. Ab einem BMI von 35 wird eine Operation in Betracht gezogen, wenn zusätzlich bestimmte Gesundheitsprobleme (Komorbiditäten) vorliegen. Das sind zum Beispiel Diabetes (Zuckerkrankheit), Hypertonie (Bluthochdruck), Gelenkbeschwerden, Schlafapnoe-Syndrom (Atemaussetzer während des Schlafs) - es gibt über 60 solcher zusätzlichen Gesundheitsprobleme. Ab einem BMI von 40 kann eine Operation auch ohne diese zusätzlichen Gesundheitsprobleme durchgeführt werden, und ab einem BMI von 50 wird eine Operation in der Regel sogar als erste Maßnahme (Primärindikation) angesehen, weil nicht-operative Maßnahmen (konservative Therapiemaßnahmen) dann nicht mehr in Frage kommen.
Die amerikanischen Leitlinien, die im letzten Herbst aktualisiert wurden, setzen die Grenze sogar niedriger: Eine Operation wird dort bereits ab einem BMI von 30 in Betracht gezogen, vor allem wenn zusätzlich Diabetes vorliegt.
Aufgrund dieser zusätzlichen Gesundheitsprobleme fallen in Deutschland über 90 Prozent der Patienten in die Kategorie "BMI 35", bei denen eine Operation in Erwägung gezogen wird.
Normalerweise werden Patienten nicht operiert, bei denen die Situation nicht eindeutig ist. Das sind Menschen, die seit 20 Jahren übergewichtig (Adipositas) sind, sich kaum bewegen können (sehr immobil sind) und möglicherweise sehr alt sind. Früher galt ein hohes Alter als Grund gegen eine Operation (Kontraindikation), aber das ist heute nicht mehr der Fall. Man muss allerdings berücksichtigen, wie alt der Patient biologisch ist und sich fragen: Wie lange wird der Patient von dem operativen Eingriff profitieren, und was kann ich für die Verbesserung der zusätzlichen Gesundheitsprobleme (Remission der Komorbiditäten) erwarten?
Auch bei Patienten, die psychisch instabil sind, muss man abwägen, ob eine Operation infrage kommt. Zusammen mit dem Psychologen oder Psychiater wird genau besprochen, ob das eine Indikation für eine Operation ist oder nicht oder ob man den Patienten vielleicht erst einmal in eine Psychotherapie schicken muss, um dann in einem zweiten Schritt zur Operation zu kommen. Die tatsächlichen Gründe, die gegen eine Operation sprechen (Kontraindikationen), sind relativ selten, aber es ist immer so, dass die Entscheidung individuell getroffen werden muss (differenziertes Behandlungskonzept).
Prof. Stroh: Es gibt verschiedene Arten von Operationen, die zur Gewichtsreduktion durchgeführt werden können. Man kann sie in drei Hauptgruppen einteilen: restriktive Verfahren, malabsorptive Verfahren und kombinierte Verfahren. Restriktive Verfahren sind Operationen, die darauf abzielen, die Menge an Nahrung zu reduzieren, die eine Person zu sich nehmen kann. Dazu gehören der Schlauchmagen und das Magenband. Das Magenband wird inzwischen in Deutschland und weltweit kaum noch eingesetzt. Kombinierte Verfahren wie der Magenbypass kombinieren die beiden anderen Ansätze. Malabsorptive Verfahren, wie die biliopankreatische Diversion (Verfahren, bei denen ein Teil des Verdauungstrakts umgangen wird, um die Aufnahme von Nährstoffen zu verringern), können mit verschiedenen Techniken durchgeführt werden, zum Beispiel mit dem Duodenal Switch oder der SADI-Operation (spezielle Arten von Operationen). Heutzutage gibt es eine breite Palette von Operationstechniken.
Es gibt verschiedene Arten von Operationen...restriktive Verfahren, malabsorptive Verfahren und kombinierte Verfahren.
Welche Methode für den Patienten ausgewählt wird, hängt von vielen Faktoren ab. Beispielsweise, ob der Patient an einer Refluxkrankheit (Sodbrennen aufgrund von Magensäure, die in die Speiseröhre zurückfließt) leidet oder einen Zwerchfellbruch (eine Öffnung im Zwerchfell, durch die Organe aus der Bauchhöhle in die Brusthöhle rutschen können) hat. Bei diesen Patienten entscheidet man sich eher für ein Bypass-Verfahren und nicht für eine Schlauchmagenoperation. Auch der Beruf spielt eine Rolle. Bei Patienten, die als Taxifahrer oder LKW-Fahrer arbeiten, muss man gut überlegen, ob man ein malabsorptives Verfahren durchführt, bei dem der Patient dann drei bis fünf Stühle am Tag hat. Bei Patienten mit Diabetes kann ein Dumping-Syndrom auftreten (Syndrom, dass sich nach der Nahrungsaufnahme zeigt mit allgemeiner Schwäche, Schwindel mit Blutdruckabfall, Schweißausbrüche, Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und/oder explosionsartige Durchfällen). Bei der Wahl der Operationsmethode muss man das immer abwägen.
Auch der Wunsch des Patienten spielt eine Rolle, wenn keine eindeutigen Kriterien für die Auswahl des Verfahrens vorliegen. Ebenso ist die Erfahrung und Expertise des medizinischen Zentrums entscheidend. Bei langjährigem Diabetes sollte man eher ein kombiniertes oder malabsorptives Verfahren durchführen, da die Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserung des Diabetes (Diabetes-Remission) in diesen Fällen deutlich besser sind.
Prof. Stroh: Am häufigsten wird in Deutschland die Schlauchmagenoperation durchgeführt und an zweiter Stelle ist der Magenbypass. Das sind auch weltweit die am häufigsten durchgeführten Verfahren.
Prof. Stroh: Die Komplikationen, die wir am meisten fürchten, sind die unmittelbaren Probleme nach der Operation (postoperativen Komplikationen). Dazu gehören beispielsweise Undichtigkeiten oder Leckagen an der Stelle, an der die Nähte oder Klammern gesetzt wurden, besonders bei der Schlauchmagenoperation. Diese Probleme erfordern oft viele endoskopische Eingriffe (Untersuchungen oder Behandlungen mit einem flexiblen Schlauch durch Mund oder Anus) und lange Krankenhausaufenthalte. Bei Bypass-Operationen können die Verbindungen zwischen den umgeleiteten Teilen des Magen-Darm-Trakts (Anastomosen) undicht sein (Insuffizienzen). Das sind die Komplikationen, die wir nach der Operation am meisten fürchten.
Sehr selten sind Wundinfektionen und Lungenembolien (Blockaden der Blutgefäße in der Lunge, meist durch Blutgerinnsel). Das tritt dann eher bei Patienten auf, die schon Komplikationen vor einer chirurgischen Operation haben. Im Langzeitverlauf ist es wichtig, dass lebenslang Vitamine und Spurenelemente eingenommen werden, die wir allgemein als Supplemente bezeichnen. Wenn Patienten diese Supplemente nicht regelmäßig einnehmen, insbesondere bei den Operationen, bei denen die Nährstoffaufnahme reduziert ist (malabsorptiven Verfahren), kann das zu Langzeitfolgen führen, wie schweren Mangelernährungen oder schweren Vitaminmangeln. Und man muss sich darauf einstellen, dass diese Patienten einen ernsthaften gesundheitlichen Verlauf (deletären Verlauf) haben können. Das sind die Hauptkomplikationen.
Einige Patienten haben nach der Operation und nach dem Gewichtsverlust – und vielleicht auch nach einer späteren Gewichtszunahme, die nach allen Operationen nach 5-7 Jahren auftreten kann – Probleme mit ihrem Körperbild (Körperbildstörungen). Sie fühlen sich nicht mehr wohl in ihrem eigenen Körper oder erkennen ihn nicht als ihren eigenen an. Das ist nicht einfach, wenn sie 20 oder 25 Jahre lang übergewichtig waren. Das sind Probleme, die in der langen Zeit nach der Operation (langzeitpostoperative Phase) auftreten können.
Prof. Stroh: Das ist ein Komplex aus Vitaminen und Mineralstoffen. Die gibt es inzwischen auch kommerziell als umfassende Komplexpräparate, die an die Operation angepasst sind. Hergestellt in Deutschland, momentan nur online oder in Internetapotheken zu beziehen. Aber das betrifft das Vitamin B12, das Eisen, die Folsäure, das Kalzium und das Vitamin D. Das sind die wesentlichen Supplemente, die eingenommen werden müssen. Man muss regelmäßig Laborkontrollen durchführen, um eventuelle Defizite rechtzeitig zu erkennen.
Prof. Stroh: Der Patient muss sich darauf einstellen, dass es mit der Operation nicht vorbei ist, sondern dass er mit der Operation erst begonnen hat. Er muss sich auf eine andere Ernährung und ein anderes Essverhalten einstellen. Er sollte sich auch in der Vorbereitungsphase schon mit kleinen Nahrungsmengen vertraut gemacht haben. Und natürlich ist es so, dass er bereit sein sollte, sich mehr zu bewegen. Das fällt am Anfang schwer. Aber die Patienten merken, dass es mit jedem Kilo leichter wird, sich zu bewegen und profitieren schnell davon. Wesentlich ist auch, dass die Patienten immer wieder mit ihrem Hausarzt oder dem Zentrum kommunizieren. Das sollte dafür sorgen, dass diese Laborkontrolle mindestens einmal im Jahr stattfindet. Es sollten auch die Vitamine und Spurenelemente getestet werden, um die Mängel frühzeitig zu erkennen. Diese Mängel sind im normalen Labor, also in den herkömmlichen Laborwerten und im Blutbild erst nach 1-2 Jahren zu sehen. Wenn sie so spät erkannt werden, dann herrscht der Mangelzustand schon zu lange, um ihn schnell ausgleichen zu können. Deswegen ist eine Früherkennung wichtig.
Prof. Stroh: Lange Zeit wurde nur der Verlust von Übergewicht berücksichtigt. Wenn der Patient durch die Operation 50 Prozent seines Übergewichts verloren hatte, galt das als Erfolg. Das war das Ziel der Adipositaschirurgie und der metabolischen Chirurgie. Davon ist man ein bisschen abgerückt, weil man gesehen hat, wenn der Patient seinen Diabetes verliert, dann hat er einen größeren Langzeiteffekt, wenn er vielleicht nur 40 Prozent abgenommen hat und der Diabetes weg ist, als wenn er 50 Prozent abgenommen hat und der Diabetes noch da ist. Deshalb hat man diese Kriterien schon etwas gelockert.
Das ist die gesundheitliche Seite, dass der Diabetes weg ist, dass die Schlafapnoe weg ist, dass sich die Gelenkbeschwerden verbessert haben und die Patienten auch wieder mobiler werden. Die Patienten merken, dass sie sich viel besser bewegen können. Sie sind auch sozial anders integriert, weil sie wieder einkaufen gehen können, sie können unter Umständen selbstständig das Haus verlassen. Sie können sich normale Kleidung, vielleicht in einer größeren Nummer, in einem normalen Geschäft kaufen. Und das alles ist für sie ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität.
Und Patienten, die sich intensiv damit auseinandersetzen und gut damit umgehen können, sind auch nicht eingeschränkt, wenn sie in die Gaststätte oder ins Restaurant gehen. Sie können sich entscheiden, einen Seniorenteller oder eine Kinderportion zu essen oder die eigene Portion mit dem Ehemann/Ehefrau oder Partner/Partnerin teilen. Da spielen einige Faktoren eine Rolle, wie es den Patienten auch mental gelingt, sich damit auseinanderzusetzen.
Prof. Stroh: Ziel der chirurgischen Therapie ist es, dass es eine langfristige Gewichtsreduktion gibt. Wir wissen von vielen Daten, dass bei den meisten Patienten nach fünf bis sieben Jahren das Körpergewicht wieder ansteigt, im Schnitt fünf bis zehn Kilo.
Alle Patienten müssen unterstützt werden, egal ob durch die operierende Klinik oder durch einen Kooperationspartner der Klinik. Der Patient sollte immer wieder bei der Stange gehalten werden. Ernährungsberatung und Bewegungstherapie sind entscheidend. Wichtig sind auch die Laborkontrollen. Patienten, die nicht zur Nachsorge erscheinen, müssen wieder aufgefordert werden, zur Nachsorge zu kommen.
Das bieten wir in einem großen Umfang an. Man muss dafür sorgen, dass man diese Patienten immer wieder motiviert. Denn es gibt Patienten, die nicht mehr zur Nachsorge kommen, weil es ihnen gut geht und sie keine Probleme mehr haben. Und es gibt Patienten, die nicht zur Nachsorge kommen, weil sie wieder an Gewicht zugenommen haben und sich deswegen schämen. Und da ist es immer schwierig, die Balance zu finden.
Prof. Stroh: Die Chirurgie zur Behandlung von Fettleibigkeit (Adipositaschirurgie) hat seit dem Jahr 2000 eine immense Entwicklung durchgemacht. Dies mag wie ein langer zeitlicher Horizont erscheinen, aber es hat sich viel verändert und es ist ständig im Fluss. Wir verfügen über ein breites Spektrum an Operationsverfahren, von denen einige noch einen experimentellen Charakter haben, weil wir die Langzeiteffekte noch nicht kennen.
Das Magenband, ein Verfahren, bei dem ein Band um den oberen Teil des Magens gelegt wird, um seine Größe zu reduzieren, wird kaum noch durchgeführt. Die Schlauchmagenoperation, bei der ein Teil des Magens entfernt wird, um seine Größe zu reduzieren, wird noch diskutiert, aber es sieht nicht so aus, als würden wir sie bald aufgeben.
Aktuell erleben die sogenannten malabsorptiven Verfahren, bei denen ein Teil des Darmes umgangen wird, um die Nährstoffaufnahme zu reduzieren, wieder ein Hoch (einen Hype). Ältere Ärzte sind sich eher der Risiken einer Mangelernährung durch diese Verfahren bewusst als die jüngere Generation, die mit diesen Verfahren noch nicht so vertraut ist. In Deutschland wurden nur etwa 100-200 dieser malabsorptiven Verfahren in ein, zwei Jahren durchgeführt und das nur an wenigen Zentren. Wir werden sehen müssen, wie sich das in der Zukunft entwickelt.
Aktuell erleben die sogenannten malabsorptiven Verfahren... wieder ein Hoch.
Ein großer Fortschritt ist, dass nur noch minimalinvasiv (also durch kleine Einschnitte), meist laparoskopisch (mit Hilfe einer Kamera und speziellen Instrumenten) operiert wird. In der Adipositaschirurgie wird sogar teilweise schon mit Robotern operiert. Allerdings sind die Aufbauzeiten für die Robotik länger, was ihre Effizienz in Frage stellt.
Etwas, das sich fast als eigene Unterdisziplin entwickelt hat, ist die bariatrische Endoskopie. Dabei können wir nicht nur einen Magenballon einsetzen, sondern auch die Verbindungen zwischen umgeleiteten Teilen des Magen-Darm-Trakts (Anastomosen) durch eine Magenspiegelung verkleinern. Wir können den Schlauchmagen sogar endoskopisch nähen, wenn auch nicht so effizient wie bei einer Operation. Auch endoskopische Anastomosentechniken, die eventuell für die malabsorptiven Verfahren genutzt werden könnten, sind in Entwicklung.
Ein anderer Ansatz sind die sogenannten Abnehmspritzen, die medikamentöse Behandlungen zur Gewichtsreduktion darstellen. Es ist wichtig zu betrachten, wie sie ergänzend eingesetzt werden können und wo Überschneidungen in der Wirkung mit chirurgischen Eingriffen bestehen.
Ich glaube nicht, dass die Adipositaschirurgie in den nächsten 10 Jahren verschwinden wird, weil wir alles mit Medikamenten lösen können. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall, dass wir mit neuen endoskopischen Techniken oder neuen Methoden die Risiken für die Patienten reduzieren können, insbesondere für diejenigen mit extremem Übergewicht (Menschen mit exzessivem Übergewicht).
Trotzdem hoffe ich, dass die Anzahl der übergewichtigen Menschen nicht so stark ansteigt, wie es derzeit der Fall ist, weil wir eigentlich nicht in der Lage sind, alle diese Patienten in Deutschland zu behandeln.
Prof. Stroh: Das Problem der GLP1-Analoga wird sein, dass es nach jetziger Datenlage eine lebenslange Therapie ist. Die Adipositaschirurgie ist es letztendlich auch. Da kann man geteilter Meinung sein. Erste Daten lassen auch auf eine Intervalltherapie schließen, wobei es eher möglicherweise große Gewichtsschwankungen gibt und eher zu einem erheblichen Gewichtsanstieg führt. Es wird auch diskutiert, dass durch die GLP1-Analoga die Häufigkeit des Schilddrüsenkarzinoms möglicherweise steigt - vielleicht auch anderer neuroendokrine oder hormoneller Faktoren - was wir in über 30 bis 35 Jahren Adipositaschirurgie nicht gesehen haben. Uns fehlen Langzeitdaten dazu. Ich denke, man muss abwarten und sehen, wo die Entwicklung hingeht.
Prof. Stroh: Wahrscheinlich nicht. Also da kommt dann die Lebensstilintervention dazu. Wahrscheinlich sind wir da bei der Rate von 3–5 % der Patienten, die es schaffen, von 150 kg ohne Operation auf 100 kg zu kommen. Die gibt es ja auch und es gibt ja auch gerade diese Patienten, die das Gewicht halten können. Und ähnlich wird das wahrscheinlich auch bei den GLP1-Analoga sein. Wenn dieser Komplex zusammenpasst, dann funktioniert das und wenn dieser Komplex nicht zusammenpasst, dann wird das wahrscheinlich nicht funktionieren.
Herzlichen Dank für das Interview!
aktualisiert am 25.08.2023