Ulcus molle (synonym: weicher Schanker, Chancroid) gehört zu den klassischen Geschlechtskrankheiten.
Die Infektion ist weltweit verbreitet, kommt aber in Deutschland nur selten vor. Allerdings wurde wiederholt über kleinere Epidemien berichtet. Erkrankungen werden meist bei Tropenrückkehrern oder aber bei Prostituierten diagnostiziert. Ansteckungsquelle sind daher meist auch Prostituierte in Ländern der Dritten Welt. Beim Ulcus molle handelt es sich um eine bakterielle venerische Infektion.
Hervorgerufen wird die Erkrankung durch Haemophilus ducreyi, einem gramnegativem Stäbchenbakterium. Die Ansteckung erfolgt durch hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr. Voraussetzung sind jedoch Mikroläsionen, da der Keim durch intakte Haut nicht eindringen kann. Aus diesem Grunde begünstigen andere ulzeröse Erkrankungen, wie z. B. Herpes genitalis oder Syphilis, die Infektion mit Haemophilus ducreyi.
Neben dem Genitalbereich kann der Erreger auch an anderen Körperstellen durch Autoinokulation Ulzerationen verursachen. Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 7 Tage. Es kommt zunächst zur Ausbildung einer oder mehrerer schmerzlosen Papeln, aus denen sich Pusteln und wenig später schmerzhafte Ulzera entwickeln. Die Ulzera haben meist einen Durchmesser von 1 bis 2 cm und weisen einen erhabenen, unregelmässigen, scharfen, aber nicht indurierten Ulkusrand auf. Der Ulkusgrund ist meist von nekrotischem Exsudat bedeckt und kann nach Manipulation leicht bluten. Typische Prädilektionsstellen sind beim Mann das Präputium, Sulcus coronarius, Frenelum, Glans penis, Penisschaft sowie Mons pubis. Bei der Frau finden sich die Ulzerationen meist an den Labien, der hinteren Kommissur, periurethral und zervikal. Meist führt das Ulkus den Patienten zum Arzt. Unbehandelt verläuft die Erkrankung chronisch. Spontanheilungen kommen in der Regel nicht vor. Typische Komplikationen sind dann Urethralfisteln, narbige Strikturen und eine Phimose. Auch die inguinalen Lymphknoten sind befallen. Dabei kann es zur Ausbildung eines Bubos kommen, wobei es dann zur Einschmelzung, Perforation und Entleerung des Eiters nach außen kommen kann.
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich bereits meist aus der Reiseanamnese bzw. aus den sexuellen Aktivitäten während eines Tropenaufenthalts. Generell sollten beim Auftreten von ulzerösen Genitalerkrankungen die diversen anderen venerischen Infektionen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Insbesondere wichtig ist hier auch an die Möglichkeit einer HIV-Infektion zu denken, da beide Infektionen in endemischen Gebieten im gleichen sozialen Umfeld beheimatet sind und das Genitalulkus auf nicht praktizierten ,,safer sex" hinweist. Der Erregernachweis erfolgt durch einen Abstrich aus dem Ulkusgrund oder Lymphknotenaspirat und nachfolgender Anzüchtung der Bakterien. Bereits mikroskopisch lassen sich in der Gramfärbung manchmal die gramnegativen Stäbchenbakterien in fischzugartiger Anordnung nachweisen. Als schnellere und sensitivere Methoden bieten sich die Nukleinsäureamplifikationstests an.
Die Therapie erfolgt antibiotisch. Als Mittel der Wahl gelten Erythromycin über 7 Tage oder Ciprofloxacin über 3 Tage. Alternativ bieten sich Ceftriaxon oder Azithromycin als Einmalgabe an. Die Einmalgabe sollte insbesondere bei Patienten mit zu erwartender schlechter Compliance erwogen werden. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer HIV-Infektion sollte der Behandlungszeitraum verlängert werden. Zudem sollten die Ulzera extern mit Chinosol- oder Kaliumpermanganatbädern oder Umschlägen behandelt werden.
Eine Meldepflicht besteht für Ulcus molle nach den Infektionsschutzgesetz nicht.
Letzte Aktualisierung am 31.01.2020.