Syphilis ist eine weit verbreitete Infektionskrankheit, die vor allem durch sexuelle Kontakte übertragen wird. In Deutschland ist seit 2010 ein Anstieg der Syphilisfälle zu verzeichnen. Besonders betroffen sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Zu diesem Anstieg beigetragen haben ein verändertes Sexualverhalten und die effektive Unterdrückung der Viruslast bei HIV-positiven Menschen und die Möglichkeit sich durch PREP vor eine HIV-Infektion zu schützen.
Infektionsweg: Der Erreger Treponema pallidum wird in erster Linie durch direkten sexuellen Kontakt übertragen, wobei er durch kleine Verletzungen der Schleimhäute oder der Haut in den Körper eindringt. Zu einer Infektion kommt es bei etwa 30 % der sexuellen Kontakte mit einem infizierten Partner. Extrem selten sind Übertragungen durch kontaminierte Gegenstände oder Bluttransfusionen.
Symptome: Die Syphilis verläuft in mehreren Stadien, wobei nur bei etwa der Hälfte der Infektionen Symptome zu beobachten sind. Bei der Frühsyphilis handelt es sich um eine primäre Syphilis mit örtlich begrenzter Symptomatik am Ort der Erregereindringung, bei der sekundären Syphilis um eine generalisierte Symptomatik. Zur Spätsyphilis werden die tertiäre Syphilis und die Neurosyphilis gezählt.
Typische Symptome für die primäre Syphilis sind:
Die sekundäre Syphilis zeigt sich durch einen Hautausschlag und der Schwellung der Lymphknoten.
Treponema pallidum ist das Bakterium, das die Geschlechtskrankheit Syphilis verursacht. Einziger Wirt ist der Mensch.
Es kann nur kurze Zeit, in sauerstoffarmer Umgebung etwas länger, außerhalb des menschlichen Körpers überleben. In gekühlten Blutkonserven kann das Bakterium bis zu fünf Tage überleben. Bis 2018 war es Wissenschaftlern nicht möglich, das Bakterium im Labor zu kultivieren, doch dann gelang es, eine Methode zu entwickeln, mit der es außerhalb des menschlichen Körpers lange überleben kann.
Neben dem Erreger der Syphilis gibt es noch andere Treponema-Arten, die Krankheiten verursachen. Diese kommen vor allem außerhalb Europas vor. Eine Art verursacht die endemische Syphilis oder Bejel in Nordafrika und im Nahen Osten, eine andere die Frambösie in Afrika, Lateinamerika und Asien und eine dritte die Pinta in Mittel- und Südamerika.
Es gibt auch nicht krankheitserregende Treponema-Arten, die normalerweise im Mund-, Anal- und Darmbereich vorkommen. Eine dieser Arten ist an der Entstehung von Parodontitis, einer Erkrankung des Zahnfleisches, beteiligt.
Syphilis ist eine weit verbreitete Infektionskrankheit, die vor allem durch sexuelle Kontakte übertragen wird. Von den 1970er bis Anfang der 1990er Jahre gingen die Fallzahlen weltweit und auch in Deutschland zurück, insbesondere nach dem Auftreten von AIDS Mitte der 1980er Jahre. Seit 2001, als in Deutschland neue Meldepflichten eingeführt wurden, steigt die Zahl der gemeldeten Fälle wieder an.
Zwischen 2004 und 2008 lag die Zahl bei etwa 3.000 bis 3.500 Fällen pro Jahr, ab 2010 stieg sie wieder an und wird 2019 bei knapp 8.000 Fällen liegen.
Die Syphilis ist in den Städten stärker verbreitet als auf dem Land, aber auch dort gibt es Fälle. Die meisten Infektionen werden bei Männern festgestellt. Sie betreffen vor allem Männer, die Sex mit Männern haben. Bei den Frauen sind vor allem die 25- bis 29-Jährigen betroffen, bei den Männern die 30- bis 39-Jährigen. Der Anstieg der Syphilis-Fälle seit dem Jahr 2010 ist in erster Linie auf eine Zunahme der Infektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben, zurückzuführen. Dies ist unter anderem auf ein verändertes Sexualverhalten und die Nutzung von Online-Dating-Plattformen zurückzuführen, die zu mehr wechselnden Partnern und risikoreicherem Sex führen. Auch die Einführung der PREP, die vor einer HIV-Infektion schützt, hat dazu geführt, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr ohne Kondom häufiger praktiziert wird.
Seit dem Jahr 2016 werden auch Daten über Koinfektionen mit HIV erhoben. Etwa die Hälfte der gemeldeten Syphilis-Fälle bei Männern, die Sex mit Männern haben, ist auch mit HIV infiziert. Eine Syphilis kann das Risiko erhöhen, sich mit HIV zu infizieren und umgekehrt. Das Risiko für die so genannte Neurosyphilis ist bei einer HIV-Koinfektion besonders hoch.
Einziger Wirt ist der Mensch.
Die Syphilis wird am häufigsten durch sexuellen Kontakt übertragen. Das Bakterium gelangt durch kleine Verletzungen der Schleimhäute oder der Haut in den Körper.
Wenn man mit einer infizierten Person Geschlechtsverkehr hat, besteht eine Wahrscheinlichkeit von etwa 30%, sich zu infizieren.
Auch durch verunreinigte Spritzen oder andere kontaminierte Gegenstände kann Syphilis übertragen werden, auch wenn dies selten vorkommt. Die Übertragung durch Bluttransfusionen ist in Deutschland sehr selten geworden, da das gespendete Blut systematisch auf Syphilis getestet wird - seit mehr als 20 Jahren sind keine Fälle mehr bekannt geworden.
Mit Syphilis infizierte Schwangere können die Krankheit auf ihr ungeborenes Kind übertragen. Diese Übertragung erfolgt über die Plazenta, das Organ, das während der Schwangerschaft die Verbindung zwischen der Mutter und dem Kind herstellt. Dabei kann das Kind bereits im Mutterleib geschädigt werden. Man spricht dann von einer konnatalen Schädigung.
Die Inkubationszeit der Syphilis, also die Zeit zwischen Ansteckung und Auftreten der ersten Symptome, beträgt durchschnittlich 14-24 Tage. Sie kann aber auch zwischen 10 und 90 Tagen liegen.
Wie lange eine an Syphilis erkrankte Person andere anstecken kann, hängt vom Stadium der Krankheit ab.
Ohne Behandlung ist Syphilis in den ersten beiden Stadien ansteckend, im ersten Stadium besonders ansteckend.
Nicht alle Infektionen mit dem Erreger der Syphilis, T. pallidum, verursachen Symptome. In etwa der Hälfte der Fälle verläuft die Krankheit ohne erkennbare Anzeichen.
Sowohl symptomatische als auch asymptomatische Infektionen können in eine chronisch verlaufende Erkrankung übergehen, die sich in mehreren Stadien entwickelt und verschiedene Organsysteme befallen kann.
Im Laufe der Jahre heilt die Erkrankung in etwa 30 % der unbehandelten Fälle von selbst aus.
Der klinische Verlauf der Erkrankung wird in Frühsyphilis und Spätsyphilis unterteilt.
Bis zu einem Jahr nach der Infektion treten auf. Die Frühsyphilis umfasst
Ab einem Jahr nach der Infektion kann sich die Spätsyphilis manifestieren: Die Spätsyphilis umfasst
Neben diesen Stadien gibt es auch eine latente Syphilis, die durch Bluttests nachgewiesen wird, aber keine sichtbaren Symptome verursacht.
Bei der primären Syphilis, auch Lues I genannt, bildet sich an der Stelle, an der der Erreger in den Körper eingedrungen ist, eine feste Schwellung. Aus dieser Schwellung entwickelt sich ein schmerzloses Geschwür.
Dieses Geschwür nennt man auch Primäraffekt, Ulcus durum oder harter Schanker.
Hinzu kommt eine Schwellung der Lymphknoten in der Region. Der Ulkus bildet zusammen mit den vergrößerten Lymphknoten den sogenannten Primärkomplex.
Das Geschwür beginnt als kleines, festes Knötchen und entwickelt sich zu einem Geschwür mit scharf abgegrenztem, erhabenem Rand und leicht eingedelltem Zentrum. Es ist bei Männern oft an der Eichel oder der Eichelrinne und bei Frauen an den Schamlippen zu finden. Diese Geschwüre sind normalerweise schmerzlos, können aber schmerzhaft sein, wenn sie außerhalb der Genitalien auftreten, z. B. an den Lippen, im Mund, im Rachen, am After oder im Enddarm.
Das Geschwür heilt in der Regel nach 4 bis 6 Wochen von selbst ab.
Die geschwollenen Lymphknoten entwickeln sich langsam, sind in der Regel wenig schmerzhaft und weisen nicht die typischen Zeichen einer Entzündung oder einer Vereiterung auf. Auch andere Erkrankungen wie Herpes genitalis, Krebs oder Schanker müssen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Unbehandelt kann die Krankheit weiter fortschreiten.
Die sekundäre Phase der Syphilis, auch Lues II genannt, beginnt 4 bis 10 Wochen nach der Infektion.
Sie ist durch eine Vielzahl von Symptomen gekennzeichnet. Diese Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass der Erreger über die Blut- und Lymphbahnen zu wandern beginnt. Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen können zu Beginn auftreten. Fast immer kommt es auch zu einer harten Schwellung einer großen Anzahl von Lymphknoten (Polyskleradenitis).
Es folgen spezifische Haut- und Schleimhautausschläge, die sogenannten Syphilide. Diese können sehr unterschiedlich sein. Häufig tritt ein masernähnlicher Hautausschlag auf, der sich zunächst auf dem Rumpf ausbreitet und nicht juckt. Dieser Hautausschlag kann auch an den Handflächen und Fußsohlen auftreten. Er ist typisch für Syphilis, kann aber auch fehlen. Andere mögliche Hauterkrankungen wie Pityriasis rosea, Psoriasis (Schuppenflechte) oder Medikamentenreaktionen müssen ebenfalls berücksichtigt werden, ebenso wie eine akute Virusinfektion mit HIV.
Bei sehr geschwächter Immunabwehr kann es im Frühstadium zu ulzerierenden und nekrotisierenden Hautveränderungen kommen, die als Lues maligna bezeichnet werden. Im Sekundärstadium kann es über einen Zeitraum von 1 bis 3 Wochen zu rezidivierenden Hautausschlägen kommen, die immer weniger typisch aussehen. Sie sind oft mehr erhaben als flach und können in Gruppen auftreten.
Im Kopfbereich kann es zu fleckigem Haarausfall (Alopecia specifica areolaris) und im Bartbereich zu warzenartigen Hautwucherungen kommen. Am Hals können als Folge von Entzündungen helle Flecken zurückbleiben („Halsband der Venus“). In der Mundhöhle können sich verschiedene Arten von Plaques bilden, und es kann eine spezielle Form der Mandelentzündung (Angina tonsillaris) auftreten.
Weitere Symptome sind Verdickungen der Hornhaut an Händen und Füßen sowie derbe Papeln in Hautfalten, die sich zu großen, erregerreichen Geschwülsten vereinigen können. Etwa 2 Jahre nach der Infektion sind die Hauterscheinungen verschwunden. Die Infektion lässt sich aber noch nachweisen.
Die tertiäre Syphilis wird auch Lues III genannt. Sie tritt auf, wenn die Frühstadien der Syphilis unbehandelt bleiben und nicht von selbst ausheilen. Nach einer unter Umständen mehrere Jahre dauernden Phase der Symptomfreiheit können verschiedene Symptome die Folge sein:
Die tertiäre Syphilis ist heute durch die Behandlung mit Penicillin selten geworden.
Als Neurosyphilis bezeichnet man die Auswirkungen der Spätsyphilis auf das zentrale Nervensystem (ZNS), auch quartäre Syphilis oder Lues IV genannt. Diese früher seltene Form der Syphilis hat heute durch die nicht seltene Kombination mit einer HIV-Infektion wieder an Bedeutung gewonnen. Treponemen (die Erreger der Syphilis) lassen sich bei 15 bis 40 Prozent der unbehandelten Patienten noch nach vielen Jahren im Liquor nachweisen.
Es gibt verschiedene Formen der ZNS-Beteiligung:
Die Diagnose der Syphilis erfolgt in der Regel durch eine Blutuntersuchung, bei der Antikörper nachgewiesen werden.
Serologische Tests können die sexuell übertragbare Syphilis nicht von anderen Treponemen-Infektionen unterscheiden, die nicht durch Geschlechtsverkehr übertragen werden.
Bei der Serodiagnostik der Syphilis werden grundsätzlich zwei Arten von Antikörpern unterschieden:
Der Nachweis unspezifischer Cardiolipin-Antikörper und spezifischer IgM-Antikörper gegen Treponemen hilft bei der Beurteilung, ob die Infektion aktiv und eine Behandlung notwendig ist. Diese Tests ergänzen andere Verfahren zur Bestätigung einer Treponemeninfektion.
Penicillin ist bis heute die Therapie der Wahl für alle Stadien der Syphilis. Gegen dieses Antibiotikum sind bisher keine Resistenzen des Erregers Treponema pallidum bekannt. Das Antibiotikum wird in den Muskel gespritzt oder als Infusion gegeben. Nur bei einer Penicillinallergie ist ein Ausweichen auf andere Antibiotika (Cephalosporine, Makrolide, Tetracycline) notwendig.
Aufgrund der langen Generationszeit der Treponemen, d. h. der Zeit, die sie benötigen, um ihre Zellen zu teilen, ist es wichtig, dass der Wirkstoffspiegel im Körper über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten wird. Der Wirkstoffspiegel des Treponemizids (gegen Treponemen gerichtet) muss über einen Zeitraum von mindestens 10 Tagen kontinuierlich im Körper vorhanden sein, um eine wirksame Behandlung zu gewährleisten.
Da eine Impfung gegen Syphilis noch nicht zur Verfügung steht, sind andere Maßnahme wichtig, um sich vor einer Infektion zu schützen:
Nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Oktober 1492 gelangte die Syphilis mit den Seefahrern nach Europa und breitete sich rasch aus.
Noch im 19. Jahrhundert galt die Syphilis als eine der Geißeln der Menschheit. Berühmte Syphilitiker der Zeitgeschichte waren Nietzsche, van Gogh, Chopin und Toulouse-Lautrec. Sie alle starben an den Folgen der Syphilis. Das Krankheitsbild war progressive Paralyse (Lähmung) und Tabes dorsalis (Rückenmarkschwindsucht).
Die 1909 von Paul Ehrlich und Sahachiro Hata entwickelte Substanz mit der chemischen Bezeichnung "3,3-Diamino-4,4-dioxyarsenobenzol-dichlorhydrat" (Kurzbezeichnung "606") revolutionierte die Medizin. Lange vor der Einführung des Penicillins konnte mit dieser arsenhaltigen Substanz, die unter dem Namen Salvarsan patentiert wurde, die Syphilis erfolgreich behandelt werden.
Robert Koch-Institut. (2020, November). RKI-Ratgeber - Syphilis. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Syphilis.html, (online, letzter Aufruf: 29.11.23)
Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) et al. (2021). Diagnostik und Therapie der Syphilis: Aktualisierung S2k 2021, Version 1.1. Addendum 1/21. Abgerufen von https://register.awmf.org/assets/guidelines/059-002l_S2k_Diagnostik_Therapie_Syphilis_2021_06.pdf, (online, letzter Aufruf: 29.11.23)
aktualisiert am 29.11.2023