Prof. Weber: Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung zeigt sich durch anhaltende „Nasenbeschwerden“, wobei die wichtigsten Beschwerden eine behinderte Nasenatmung, vermehrte Nasensekretion und Riechstörung sowie Kopf-Gesichtsschmerzen sind. Sie treten in unterschiedlicher Kombination und Stärke auf und können sich langsam entwickeln. Andererseits wird dies in der Erinnerung oft mit einem akuten Infekt verbunden, nach dem es nicht mehr besser wurde.
Prof. Weber: Akute und chronische Nasennebenhöhlenentzündung unterscheiden sich durch die Dauer und die Art der Symptome. Die akute Nasennebenhöhlenentzündung klingt innerhalb von 4 Wochen ab, meist innerhalb von 1-2 Wochen. Die Hauptbeschwerden sind der akute Schmerz oder Druck und die eitrige Sekretion. Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung dauert länger als 3 Monate an. Die Hauptbeschwerden sind eine behinderte Nasenatmung, vermehrte Nasensekretion (meist schleimig – eitrig) und eine Riechstörung. Schmerzen und Kopfdruck sind seltener der Fall. Die Beschwerden hängen von der Art der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung ab.
Prof. Weber: Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Entzündungsformen der Schleimhäute der Nase und Nasennebenhöhlen. Sie führen zu andauernden Beschwerden und sichtbaren Zeichen dieser Entzündung in der Nasenendoskopie und/oder dem Computertomogramm. Wir unterscheiden eine primäre und eine sekundäre chronische Nasennebenhöhlenentzündung.
Bei der primären Form liegt eine entzündliche Erkrankung der Nasennebenhöhlenschleimhaut selbst vor, bei der sekundären Form führen andere Störungen erst in zweiter Linie zur chronischen Nasennebenhöhlenentzündung. Hier sind verschiedenartige Drainagestörungen der Nasennebenhöhlen, auch nach Voroperationen, Zahnerkrankungen oder Störungen der Immunabwehr die häufigsten Ursachen.
Die primäre Form wird als eine Störung des Immunsystems angesehen, welches den Körper vor Schädigungen durch Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten), Allergene, Umweltschadstoffe etc. schützen soll – diese Aufgabe jedoch ungenügend oder fehlerhaft wahrnimmt.
Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Entzündungsformen der Schleimhäute der Nase und Nasennebenhöhlen.
Prof. Weber: Ein wesentliches Ziel in der Therapie der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung ist Kontrolle der Erkrankung, d.h. der zugrunde liegenden Entzündung. Anerkannt wirksame und einfache Maßnahmen sind regelmäßige Nasenspülungen mit einer Salzlösung. Hier kommen isotone Salzlösungen zum Einsatz. Referenz ist eine 0,9%ige Kochsalzlösung. Höhere Konzentrationen sind möglich und in einzelnen Fällen hilfreich. Auch Spezialsalze können verwendet werden. Es ist darauf zu achten, dass nur vorgefertigte Portionen mit exakter Deklaration der Inhaltsstoffe verwendet werden.
Alle Maßnahmen zur Förderung einer guten Immunabwehr sind sinnvoll. Dies gilt insbesondere für die primäre Form der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, um so mehr wenn zusätzlich eine allergische Rhinitis, ein Asthma und eine Schmerzmittelunverträglichkeit vorliegen, Bewegung, Ernährung, Schlaf-Wach-Rhythmus spielen hier eine große Rolle, ebenso wie die Meidung ungünstiger Umweltfaktoren (Schadstoffe etc.) sowie das strikte Meiden des Rauchens.
Prof. Weber: Die Therapie der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung hängt von Art und Schwere der Erkrankung ab. Unter der Annahme, dass keine Spezialform vorliegt, besteht die Basistherapie aus örtlicher Kortisontherapie in Form von Sprays und begleitenden Nasenspülungen mit Salzlösung. Ziel ist die sogenannte Kontrolle der chronischen Erkrankung, was bedeutet, dass bestehende Symptome so weit gelindert werden, dass sie nicht mehr stören und akzeptabel, wenn nicht gar verschwunden sind.
Zu der bisher üblichen Gabe von Antibiotika und/oder Kortisontabletten kann, außer in einzelnen Ausnahmefällen, nicht mehr geraten werden. Sie führen nicht zu einer dauerhaften Besserung der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, sodass das Nutzen-Risiko-Verhältnis aufgrund der Medikamentennebenwirkungen ungünstig wird.
Vielmehr ist der nächste empfohlene Schritt in der stufenweise intensiveren Therapie eine Operation.
Bei ausgeprägten Formen der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung kann sinnvollerweise primär die Operation erfolgen. Das Ziel der Operation besteht in der Entfernung einer Verlegung der freien Drainage mit Schaffen einer dauerhaft offenen Drainage und ggf. Entfernung eines krankhaften Prozesses (z.B. Polypen, Schleimverhalt, Narben etc.). Weiterhin geht es um die Schaffung eines Zuganges für eine postoperative, ggf. langdauernde örtliche Therapie, üblicherweise mit Kortisonspray oder -spülungen.
Die seit kurzem verfügbare Therapie mit sogenannten Biologika zielt darauf ab, Entzündungsbotenstoffe zu hemmen. Sie richten sich gegen spezielle Formen der primären chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, z.B. mit beidseitiger diffuser Polypenbildung. Sie müssen nach derzeitigem Wissen dauerhaft (wohl lebenslang) verabreicht werden. Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen sind noch nicht vollständig klar. Sie werden in allen relevanten Leitlinienempfehlungen erst nach erfolgloser Operation empfohlen. Wichtig ist, dass die Operation „richtig“ durchgeführt wurde, d.h. die Operationsziele auch erreicht waren. Ansonsten ist eine erneute Operation zur Erreichung der Ziele sinnvoll.
Ziel ist die sogenannte Kontrolle der chronischen Erkrankung...
Prof. Weber: Es gibt eine Vielzahl von anerkannten Gründen (Indikationen) für eine Nasennebenhöhlenoperation bei chronischer Nasennebenhöhlenentzündung. Allgemein gesprochen, wenn sie medikamentös nicht ausreichend kontrolliert werden kann oder eine solche vom Patienten abgelehnt oder nicht toleriert wird. Ebenso wenn sie von vorneherein nicht Erfolg versprechend oder nicht indiziert ist. Hierunter fallen viele Formen der einseitigen chronischen Entzündung. In diesen Fällen ist immer auch an einen Tumor zu denken und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Ebenso müssen ungünstige Operationsfolgen häufig operativ korrigiert werden.
Prof. Weber: Die Operation erfolgt endoskopisch und unter Verwendung entsprechender Spezialinstrumente. Dies ist seit vielen Jahren sogenannter Goldstandard. Nur endoskopisch sind die Ziele der Operation überprüfbar zu erreichen. Die guten Ergebnisse der Nasennebenhöhlenoperation gelten nur für die endoskopische Technik. Bei Verwendung der Videoendoskopie ist die HD-Technik der aktuelle Standard.
Abhängig von dem Grund zur Operation, der Indikation, werden Knochenlamellen weggenommen, die den Drainageweg aus den Nasennebenhöhlen in die Nase selbst einengen. Dies können einige wenige oder viele sein. Zusätzlich können ggf. erkrankte Schleimhaut oder Polypen abgetragen und zäher Schleim entfernt werden. Je nach Indikation wird zusätzlich der Drainageweg darüber hinaus weiter gemacht, um z.B. Polypen vollständig entfernen zu können und den Weg für die örtliche Kortisontherapie weiter zu machen.
Prof. Weber: Der Krankenhausaufenthalt richtet sich einerseits nach Art und Umfang der Operation, persönlichen Faktoren des Patienten und ist abhängig von der Institution, wo die Operation stattfindet. Der Krankenhausaufenthalt beträgt häufig zwischen 1 und 4 Tagen, auch ambulante Operationen sind möglich.
Nach der Operation geht es den Patienten üblicherweise sehr gut. Sie müssen nicht liegen, sondern sollten sich rasch wieder normal bewegen, auch schon am Nachmittag oder Abend des Operationstages. Bei normalem Op-Verlauf können Sie Ihre Körperpflege einschließlich Duschen und Haare waschen (warm, nicht heiß) schon am Tag nach der Operation durchführen. Es fördert das Wohlbefinden. Üblicherweise haben sie nach der Operation keine oder nur wenig Schmerzen, weshalb eine routinemäßige Schmerzmittelgabe nicht erforderlich ist.
Bei normalem Verlauf bestehen 2 Wochen nach dem Eingriff meinerseits keine Einwände, den Lebensalltag wie üblich zu gestalten, z.B. arbeiten, Sport treiben, sexuelle Aktivität etc. Die meisten Sportarten können 2 Wochen postoperativ wieder aufgenommen werden, wobei nicht wenige Patienten, insbesondere nach kleinen Eingriffen, auch schon 1 Woche nach der Operation sich langsam zunehmend belasten. Nach weitergehenden Eingriffen in der Nase sollte man 4 Wochen auf Leistungssport verzichten. Nach Operationen der Nasenscheidewand ist diese in den ersten Wochen nach der Operation besonders empfindlich und verletzlich. Ein Anstoßen sollte vermieden werden, weshalb Kontaktsport für 6 Wochen pausiert werden sollte.
Nach der Operation geht es den Patienten üblicherweise sehr gut.
Prof. Weber: Das Ziel der Therapie ist wie zuvor genannt primär die Kontrolle der chronischen Erkrankung. Abhängig von Art und Ausprägung der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung wird in unterschiedlichem Ausmaß auch eine Heilung erreicht. D.h. die Patienten haben auch ohne Medikamenteneinnahme keinerlei Beschwerden und Entzündungszeichen. Auch bei der primären chronischen Nasennebenhöhlenentzündung kann die Operation bei Patienten zu einer Heilung führen. Die Voraussage, bei welchen Patienten dies gelingt, ist bisher leider nicht möglich.
Auch bei der primären chronischen Nasennebenhöhlenentzündung kann die Operation bei Patienten zu einer Heilung führen.
Prof. Weber: Die unter Frage 4 genannten Aspekte der Förderung einer guten Immunabwehr mithilfe eines sinnvollen Lebensstils können als präventiv angesehen werden. Jede Schädigung der Nasenschleimhaut führt zu einer Beeinträchtigung der örtlichen Immunabwehr und sollte vermieden werden. Ob Nasenspülungen mit Salzlösungen, die wir zur Vorbeugung von oberen Atemweginfektionen empfehlen, auch eine ähnliche Wirksamkeit für die chronische Nasennebenhöhlenentzündung haben, ist nicht geklärt. Grundsätzlich ist es sinnvoll, die chronische Entzündung frühzeitig wirksam zu behandeln, um den Verlauf möglichst abzumildern. Ein langjähriges „stilles“ Ertragen störender Symptome ist nicht zu empfehlen. Eine allergische Rhinitis sollte in diesem Zusammenhang konsequent behandelt werden.
Prof. Weber: Hier sind u.a. 4 Bereiche zu nennen:
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 03.05.2024.