Für mich ist es wichtig, die Vorgeschichte meiner Patienten genau zu kennen. Jedes Kniegelenk hat eine eigene Geschichte, ist in seiner Anatomie einzigartig und muss daher individuell betrachtet werden. Es ist wichtig herauszufinden, was der eigentliche Grund für die Schmerzen im Knie ist. Denn Knieprobleme können viele Ursachen haben, z.B. Arthrose (Gelenkverschleiß), Fehlstellungen oder Bandinstabilitäten. Manchmal kommen die Schmerzen aber auch nur durch mangelnde Bewegung. Neben der Anamnese zur Erfassung der Vorgeschichte, führe ich klinische Untersuchungen und bildgebende Verfahren durch.
Jedes Kniegelenk hat eine eigene Geschichte...
Wie der Name schon sagt, tritt dieser Schmerz im vorderen Kniebereich um die Kniescheibe auf. Die Patienten beschreiben den Schmerz sehr unterschiedlich, auch in seiner Intensität. Einige empfinden ihn als „ständiges Brennen“, andere als „stechenden Schmerz“. Der vordere Knieschmerz kann bei Belastung wie Treppensteigen oder Bergaufgehen, aber auch in Ruhe auftreten. Auffällig ist häufig der Drang, die Beine nach längerem Sitzen in die Länge zu strecken. Eine genaue Differenzierung der Schmerzausprägung und die Abklärung möglicher Ursachen ist daher sehr wichtig. Mögliche Ursachen sind strukturelle Schäden im Kniegelenk (z.B. Knorpelschaden hinter der Kniescheibe (retropatellar bezeichnet), Instabilitäten, Verschleiß, Fehlstellungen und/ oder Muskelschwäche.
Zunächst prüfe ich alle konservativen Therapiemöglichkeiten, um eine Operation zu vermeiden oder so weit wie möglich hinauszuzögern. Manchmal helfen schon individuell angepasste Übungsprogramme, Gewichtskontrolle, das Tragen von Orthesen über einen bestimmten Zeitraum und andere medizinische Hilfsmittel. Auch eine Injektionstherapie (Injektion = Spritze) kann helfen. Dabei wird das Medikament gezielt an den akuten Schmerz oder die Entzündung gebracht. Das hat den Vorteil, dass der Wirkstoff genau an die betroffene Stelle gebracht wird und Nebenwirkungen an anderen Körperstellen, für die das Medikament nicht bestimmt ist, sehr gering sind. Ich biete Injektionstherapien z.B. mit Hyaluron oder Eigenblut (PRP, ACS) an.
Wenn das alles nicht hilft, weil der Schaden am Knie schon sehr weit fortgeschritten ist, kommen operative Verfahren zum Einsatz. Bei fortgeschrittenen Knorpelschäden mit Vorhandensein einer Arthrose, setze ich auf den Oberflächenersatz. Je nach Größe empfehlen sich Teilgelenkprothesen wie die Schlittenprothese oder Vollprothesen (auch Totalendoprothesen genannt), die wir heute mit Hilfe modernster Robotertechnologie sehr präzise einsetzen können. Manchmal sind auch individuelle „maßgeschneiderte“ Implantate aus dem 3D-Drucker sinnvoll.
Wenn klinisch und bildgebend die Arthrose (medizinisch: Gonarthrose) fortgeschritten ist, konservative, d.h. nicht-operative Maßnahmen keine Besserung versprechen und der Patient weiterhin unter Schmerzen leidet, sollte über einen Gelenkersatz nachgedacht werden. Die Arthrose ist im eigentlichen Sinne nicht heilbar. Knorpel wächst nicht von selbst nach. Unbehandelt wird er immer weiter abgetragen, bis buchstäblich Knochen auf Knochen reibt. Spätestens dann sind die Schmerzen für den Patienten oft unerträglich.
Die eine „perfekte“ Prothese, die für alle gleichermaßen passt, gibt es nicht. Vielmehr müssen die Prothesen nach dem Ausmaß der Schädigung und den individuellen anatomischen Gegebenheiten des Patienten ausgewählt werden. Andere Faktoren wie Alter, Aktivitätsniveau oder allgemeiner Gesundheitszustand spielen bei der Auswahl ebenfalls eine Rolle. Wie bereits erwähnt, wird zwischen Teil- und Vollprothesen unterschieden. Die manchmal beste Lösung ist eine Prothese, die speziell für den Patienten entwickelt und hergestellt wird. Die Prothese ist „maßgeschneidert“. Um das Kniegelenk genau vermessen zu können, verwende ich bildgebende Verfahren wie CT und MRT. Die Vorteile einer solchen „Prothese nach Maß“ für den Patienten liegen auf der Hand: Bessere Passform durch Berücksichtigung der natürlichen Struktur des Knies, weniger Gewebeverlust durch optimale Anpassung an den vorgesehenen Platz, verbesserte Funktionalität durch Nachahmung der natürlichen Bewegung des Knies und ein geringeres Risiko bzw. weniger Komplikationen durch Lockerungen und Verschleiß.
Die manchmal beste Lösung ist eine Prothese, die speziell für den Patienten entwickelt und hergestellt wird.
Insgesamt hat sich in der Kniechirurgie in den letzten Jahren viel getan! Die bereits erwähnte Individualprothetik mit patientenspezifischen Implantaten oder der Einsatz von Robotertechnologie sind nur einige Beispiele. Chirurgische Eingriffe werden immer präziser. Der Einsatz des Roboterarms MAKO (MAKO SmartRobotics™) beispielsweise ermöglicht - unter Einbindung eines bildgesteuerten Navigationssystems - komplexe Operationen mit hoher Präzision bei Schnittführung und Prothesenplatzierung. Dadurch wird die Komplikationsrate gesenkt und die Zeit bis zur Genesung verkürzt. Viele meiner Patientinnen und Patienten können bereits unmittelbar nach der Operation mit der Physiotherapie beginnen und so den Aufenthalt im Krankenhaus verkürzen.
Dass ein Patient vor einer Operation nervös ist, ist normal und menschlich. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Entscheidung für eine Operation, insbesondere für ein künstliches Kniegelenk, in der Regel wohlüberlegt ist und auf der Grundlage der medizinischen Notwendigkeit und einer sorgfältigen Beurteilung des Einzelfalls getroffen wird. Ich bespreche jeden Schritt ausführlich mit dem Patienten. Die meisten Komplikationen wie Infektionen, Lockerungen, Thrombosen oder Versteifungen können durch sorgfältige Vor- und Nachbereitung und den Einsatz neuester Technologien minimiert werden. Insgesamt kann man sagen, dass die Erfolgsrate bei der Implantation einer Knieprothese sehr hoch ist. Die meisten Patienten werden nach der Implantation eines künstlichen Gelenks schmerzfrei, gewinnen an Mobilität und verbessern ihre Lebensqualität.
Die meisten Patienten werden nach der Implantation eines künstlichen Gelenks schmerzfrei, gewinnen an Mobilität und verbessern ihre Lebensqualität.
Der Heilungsprozess kann von Patient zu Patient unterschiedlich verlaufen. Die meisten Patienten können direkt nach der Operation mit der Physiotherapie beginnen. Sie ist ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Schmerzen oder Schwellungen und Blutergüsse, die unmittelbar nach der Operation auftreten, sind in der Regel nicht ungewöhnlich. Sie klingen in der Regel von selbst wieder ab und die Schmerzen können durch eine geeignete medikamentöse Behandlung gelindert werden. Tatsache ist jedoch, dass die Patienten mit einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität sowie einer erhöhten Mobilität und Aktivität rechnen können. Und das ist auch das Ziel eines solchen Eingriffes.
Aus heutiger Sicht geht man von einer Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren aus. Es gibt jedoch Faktoren, die die Lebensdauer begünstigen können. Zum einen kommt es auf den Aktivitätsgrad des Patienten an. Hier gilt: Je besser die umgebende Muskulatur ausgebildet ist, desto besser kann sie die eingesetzte Prothese unterstützen. Andererseits können bestimmte belastungsintensive Sportarten zu zusätzlichem Abrieb beitragen. Natürlich spielen auch das Körpergewicht und der allgemeine Gesundheitszustand eine Rolle. Die Stabilität einer Prothese wird beispielsweise auch durch Osteoporose (Knochenschwund) oder Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankungen) beeinträchtigt. Regelmäßige Nachuntersuchungen beim Orthopäden sind daher wichtig. Sie sind entscheidend, um die Lebensdauer der Prothese zu optimieren und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Vielen Dank für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 31.08.2023.