Frau Prof. Dr. Bauer, einer Ihrer Schwerpunkte ist die Behandlung von Handekzemen. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, die neuen Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Handekzemen zu überarbeiten.
Prof. Bauer: Handekzeme sind entzündliche Erkrankungen der oberen Hautschichten. Je nach klinischem Stadium zeigen sie unterschiedliche klinische Merkmale. Beim akuten Handekzem stehen Rötung, Ödeme, Nässen, Krustenbildung, Knötchen und Bläschen im Vordergrund. Beim chronischen Handekzem treten Lichenifikation, Schuppung, Hyperkeratosen, Fissuren und Rhagaden (tiefe Risse in der stark verhärteten Haut) auf. Die häufigsten Symptome, über die Patienten klagen, sind ein ausgeprägter Juckreiz sowie Schmerzen, Brennen oder Stechen im Bereich der entzündeten Haut. Ekzeme sind nicht ansteckend.
Die häufigsten Symptome, über die Patienten klagen, sind ein ausgeprägter Juckreiz sowie Schmerzen, Brennen oder Stechen...
Prof. Bauer: Die Diagnose eines Handekzems erfolgt durch die Anamnese, das klinische Bild und durch Hauttestungen. Wichtig sind die Fragen nach der Exposition zu Irritantien und Allergene in Beruf und Freizeit sowie nach der Veranlagung zu empfindlicher Haut im Rahmen des atopischen Ekzems. Die klinische Untersuchung der Hände ist wichtig. Wir untersuchen aber auch den ganzen Körper, um die richtige Diagnose stellen zu können und um Differentialdiagnosen wie z.B. eine Schuppenflechte ausschließen zu können. Zusätzlich führen wir regelmäßig Hauttests und gegebenenfalls Bluttests durch. Eine Pricktestung mit Inhalationsallergenen wie Pollen, Tierhaaren, Haustaubmilben und Schimmelpilzen hilft den Atopiestatus der Patienten abzuklären. Den Epikutantest verwenden wir, um Kontaktallergien zu diagnostizieren. Letzteren Test führen wir durch, wenn das Ekzem länger als drei Monate besteht, nicht auf eine geeignete Therapie anspricht oder wenn bereits der Verdacht auf eine Kontaktallergie besteht.
Mikrobiologische Tests zum Ausschluss einer bakteriellen Superinfektion oder Pilzinfektionen sind bei klinischem Verdacht sinnvoll. In sehr seltenen Fällen kann auch eine Hautbiopsie zur endgültigen Klärung der Diagnose notwendig sein.
Ekzeme am Hand- oder Fingerrücken sehen genauso aus wie Ekzeme am übrigen Körper. An den Handinnenflächen treten durch die Besonderheiten der Leistenhaut im akuten Ekzemschub Bläschen, bei chronischen Ekzemen Hyperkeratosen und Rhagaden auf
Prof. Bauer: Handekzeme können verschiedene Ursachen haben. Am häufigsten sind irritative Kontaktekzeme, die durch Hautreizungen ausgelöst werden. Dies kann durch übertriebenes Putzen und Spülen im Haushalt, zu häufiges Händewaschen oder durch beruflichen Kontakt mit hautschädigenden Substanzen geschehen. Zur Diagnose eines allergischen Kontaktekzems muss eine Kontaktallergie durch einen Epikutantest nachgewiesen werden.
Das atopische Handekzem ist durch die Kombination einer erhöhten Entzündungsneigung der Haut und einer Hautbarrierestörung gekennzeichnet. Hinweise können eine positive Eigen- oder Familienanamnese hinsichtlich früherer Hand- und Beugenekzeme oder anderer Erkrankungen des atopischen Formenkreises wie Heuschnupfen oder Asthma sein.
Sehr selten wird das Handekzem durch die Unverträglichkeit größerer Eiweißstoffe verursacht, die als Proteinkontaktdermatitis bezeichnet wird. Diese treten häufig in der Lebensmittelindustrie auf, insbesondere bei direktem Kontakt mit Fleisch, Fisch, Gemüse oder Obst. Auf eine Sofortreaktion mit Quaddelbildung können Ekzemreaktionen folgen. Am häufigsten sind irritative Kontaktekzeme, die durch Hautreizungen ausgelöst werden.
Am häufigsten sind irritative Kontaktekzeme, die durch Hautreizungen ausgelöst werden.
Prof. Bauer: Besonders betroffen sind Menschen mit Berufen mit viel Feuchtarbeit, bei denen die Hände häufig nass sind oder häufig gewaschen werden müssen. Dies betrifft auch Berufe, in denen ein schneller Wechsel zwischen Handschuhtragen, Händewaschen und Händedesinfektion erforderlich ist. Betroffen sind Beschäftigte im Gesundheitswesen, Friseure, Reinigungskräfte, Nahrungsmittelberufe, Metallarbeiter und Beschäftigte in verschiedenen Bauberufen.
Prof. Bauer: Wie immer in der Medizin bestimmt auch beim Handekzem der Schweregrad der Erkrankung das Ausmaß und den Umfang der Therapie.
Prof. Bauer: Bei der Behandlung von Handekzemen orientieren wir uns an einem Stufenschema, das in der aktuellen Leitlinie veröffentlicht ist. Grundlage der Behandlung von Handekzemen ist, wie bei anderen Ekzemen auch, die regelmäßige Hautpflege und die Vermeidung der Auslösefaktoren. Sie unterstützt die Regeneration der Haut. Ein weiterer zentraler Bestandteil des Behandlungskonzeptes ist, dass der Patient die Ekzemauslöser kennt, um diese konsequent zu vermeiden oder zu reduzieren. Bei leichten Handekzemen behandeln wir in Stufe 1 mit Wirkstoffcremes. Bei höheren Schweregraden werden eine Lichttherapie und immunmodulierende Therapien in Form von Tabletten und Spritzen zur Behandlung des Handekzems eingesetzt.
Grundlage der Behandlung von Handekzemen ist, wie bei anderen Ekzemen auch, die regelmäßige Hautpflege und die Vermeidung der Auslösefaktoren.
Prof. Bauer: Zur Behandlung der Entzündung bei Handekzemen werden in erster Linie Glukokortikoide eingesetzt. Es ist wichtig, Substanzen zu wählen, die die Haut nicht verdünnen, aber dennoch gut wirksam sind. Spricht das akute Ekzem auf die Behandlung an, stellen wir auf Calcineurininhibitoren um. Mit diesen behandeln wir nicht nur den aktuellen Befund, sondern können auch eine vorbeugende Behandlung durchführen, um das Auftreten neuer Schübe zu verhindern. Calcineurininhibitoren sind allerdings nur für das atopische Handekzem zugelassen.
Zur Behandlung der Entzündung bei Handekzemen werden in erster Linie Glukokortikoide eingesetzt.
Prof. Bauer: Eine gute Behandlungsmöglichkeit ist die Leitungswasser-Iontophorese. Diese Stromtherapie verhindert die übermäßige Schweißbildung an den Händen. Die Patienten kommen üblicherweise zur Therapieeinleitung in die Physiotherapie- oder Hautarztpraxis. Bei positivem Ergebnis können die Patienten ein Gerät für zu Hause über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erhalten. Wenn es sich um Handekzeme bei Patienten handelt, die stark schwitzen und dies im beruflichen Kontext relevant ist, kann auch die Berufsgenossenschaft solche Geräte zur Verfügung stellen. Nach einer Einweisung können die Patienten die Therapie dann selbstständig zuhause fortsetzen. Zusätzlich gibt es aluminiumhaltige Cremes und Lotionen, die die Schweißneigung unterdrücken können. Die wirksamste Methode ist und bleibt jedoch die Iontophorese mit Leitungswasser.
Prof. Bauer: Immunmodulatorische Therapien werden bei schweren Handekzemen eingesetzt. Es stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung: Retinoide, Immunsuppressiva und neuere Medikamente wie Biologika und JAK-Inhibitoren. Die Indikationen für die verschiedenen Präparate sind unterschiedlich.
Prof. Bauer: Vor einigen Jahren haben wir eine Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit von Hautschutz- und Hautpflegecremes bei der Prävention des berufsbedingten irritativen Handekzems erstellt. Es gibt deutliche Hinweise, dass die kombinierte Anwendung von Hautschutz und Hautpflege am Arbeitsplatz Ekzemen vorbeugt. Dies gilt natürlich auch für den privaten Bereich.
Prof. Bauer: Dies hängt von der Ursache ab. Bei einem irritativen Handekzem heilt das Ekzem, sobald der Reiz wegfällt. Dies bedeutet häufig, dass eine Verhaltensänderung notwendig ist. Tätigkeiten, die zu Hautirritationen führen, sollten reduziert oder ganz vermieden werden. In diesen Fällen kann von einer Heilung ausgegangen werden, da keine Restschäden zurückbleiben.
Tätigkeiten, die zu Hautirritationen führen, sollten reduziert oder ganz vermieden werden.
Bei Patienten mit atopischem Handekzem oder allergischem Kontaktekzem kann man durch intensive Basispflege, schweregradangepasste dermatologische Therapie, Reduktion der äußeren Reize und natürlich durch Meidung der auslösenden Allergene den Hautbefund zur Abheilung bringen. Die Hautempfindlichkeit und Sensibilisierung bleiben jedoch bestehen und die Patienten müssen weiterhin vorsichtig sein und die ekzemauslösenden Reize meiden.
Prof. Bauer: In den letzten Jahren hat die Prävention an Bedeutung gewonnen. Das Motto lautet: Vorbeugen ist besser als heilen. Es gibt Neurodermitis-Schulungen über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für Patienten mit atopischem Ekzem. Für Patienten mit berufsbedingten Ekzemen werden durch die Berufsgenossenschaft Hautschutzseminare angeboten. Im fortgeschrittenen Stadium können auch stationäre Heilmaßnahmen in Anspruch genommen werden.
Vorbeugen ist besser als heilen.
Neue Perspektiven für das atopische Handekzem bieten Biologika, z.B. monoklonale Antikörper, die gegen die Entzündungsstoffe Interleukin 4 und 13 gerichtet sind. Darüber hinaus gibt es mit den Januskinase-Inhibitoren einen breiteren immunmodulatorischen Ansatz. Vorbeugen ist besser als heilen.
Prof. Bauer: Aktuell befinden sich verschiedene Substanzgruppen in der klinischen Prüfung in Phase II und III Studien. Getestet werden vor allem topische Medikamente, insbesondere topische Januskinase-Inhibitoren, die wir bereits aus der Systemtherapie kennen. Mit deren künftiger Zulassung erweitert sich das therapeutische Spektrum in der Lokaltherapie um eine innovative Medikamentengruppe.
Vielen Dank für das Interview!
aktualisiert am 06.11.2023