Typische Warnzeichen für schlechten Schlaf sind morgendliche Müdigkeit, Tagesmüdigkeit und Konzentrationsprobleme. Die individuell benötigte Schlafdauer liegt in der Regel zwischen 7 und 9 Stunden, entscheidend ist aber vor allem die Schlafqualität und wie erholt man sich tagsüber fühlt. Ursachen für schlechten Schlaf können äußere Faktoren wie Licht, Stress und Bildschirmarbeit oder körperliche Ursachen wie Schlafapnoe, hormonelle Veränderungen oder Schmerzen sein. Langfristiger Schlafmangel beeinträchtigt das Gehirn, das Immunsystem, den Stoffwechsel und den Hormonhaushalt - guter Schlaf ist also keine Nebensache, sondern eine zentrale Säule der Gesundheit.
Prof. Heiser: Das Spannende ist: Viele Menschen merken oft gar nicht direkt, dass ihr Schlaf nicht erholsam ist – sie spüren nur die Auswirkungen am Tag. Eines der ersten und häufigsten Anzeichen ist, dass man morgens trotz scheinbar ausreichender Schlafdauer nicht wirklich erfrischt aufwacht. Man fühlt sich "wie gerädert", müde oder hat das Gefühl, dass der Schlaf nicht gereicht hat – obwohl man vielleicht 7 oder 8 Stunden im Bett war. Dieses Gefühl nennt man auch "nicht erholsamen Schlaf".
Ein weiteres frühes Warnsignal ist eine anhaltende Tagesmüdigkeit. Wenn man regelmäßig das Bedürfnis hat, tagsüber zu schlafen, sich nach dem Mittagessen kaum noch konzentrieren kann oder sich sogar beim Autofahren oder in Besprechungen fast die Augen zufallen – dann ist das ein deutliches Zeichen, dass mit dem Nachtschlaf etwas nicht stimmt. Auch die Konzentrationsfähigkeit leidet oft früh: Man merkt, dass man vergesslicher ist, sich schwerer tut, fokussiert zu arbeiten oder Entscheidungen zu treffen. Manche berichten auch von einer erhöhten Reizbarkeit oder einem allgemein schlechteren Stimmungsniveau – man ist schneller genervt, empfindlicher oder einfach "nicht ganz man selbst".
Körperlich können sich unruhiger Schlaf, häufiges Aufwachen oder sogar unbewusste Atmungspausen (wie bei einer Schlafapnoe) ebenfalls früh bemerkbar machen – zum Beispiel durch morgendliche Kopfschmerzen, trockenen Mund, Nachtschweiß oder das Gefühl, dass man nachts häufig wach ist, ohne den Grund zu kennen.
Zusammengefasst kann man sagen: Wenn man über längere Zeit das Gefühl hat, dass man trotz Schlaf nicht leistungsfähig, ausgeglichen und wach ist – dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Oft steckt eine behandelbare Ursache dahinter – und guter Schlaf ist so ein zentraler Baustein für unsere Gesundheit, dass man ihn nicht unterschätzen sollte.
Prof. Heiser: Das ist eine der häufigsten Fragen, die mir gestellt wird – und gleichzeitig eine, auf die es keine ganz einfache Antwort gibt. Denn wie viel Schlaf ein Mensch tatsächlich braucht, ist sehr individuell. Es gibt zwar allgemeine Richtwerte, aber wichtig ist auch, wie erholsam der Schlaf ist und wie man sich tagsüber fühlt. Die meisten Erwachsenen brauchen im Durchschnitt zwischen 7 und 9 Stunden Schlaf pro Nacht, um sich körperlich und geistig gut zu erholen. Es gibt aber auch sogenannte "Kurzschläfer", die mit 6 Stunden gut auskommen, und "Langschläfer", die eher 9 oder sogar 10 Stunden brauchen, um fit zu sein. Beides ist völlig normal – solange die Qualität des Schlafs stimmt und man sich tagsüber wach und leistungsfähig fühlt.
Zu wenig Schlaf liegt vor, wenn man über längere Zeit regelmäßig unter der individuell benötigten Schlafmenge bleibt – also zum Beispiel jede Nacht nur 5 oder 6 Stunden schläft, obwohl man merkt, dass man sich morgens kaum erholt fühlt, tagsüber müde ist, Konzentrationsprobleme hat oder gereizter reagiert. Chronischer Schlafmangel kann auf Dauer nicht nur die Lebensqualität beeinträchtigen, sondern auch das Risiko für ernsthafte Erkrankungen erhöhen – etwa Herz-Kreislauf-Probleme, Übergewicht, Diabetes oder depressive Verstimmungen.
Zu viel Schlaf – das klingt erstmal angenehm, kann aber auch ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt. Wer regelmäßig 10 Stunden oder mehr schläft und trotzdem nicht erholt ist, sollte hellhörig werden. In solchen Fällen steckt manchmal eine schlechte Schlafqualität dahinter – zum Beispiel durch häufiges nächtliches Erwachen, Atemaussetzer oder andere Störungen, die den Schlaf oberflächlich machen. Man schläft dann zwar lange, aber nicht tief genug.
Ein guter Anhaltspunkt ist also nicht nur die Dauer, sondern vor allem das Gefühl danach: Wenn man sich morgens frisch fühlt, tagsüber konzentriert und ausgeglichen ist, und abends in einem natürlichen Rhythmus wieder müde wird – dann passt es in der Regel.
Was viele überrascht: Der Körper "weiß" oft ziemlich genau, wie viel Schlaf er braucht – wenn man ihm die Chance gibt, von allein einzuschlafen und aufzuwachen (zum Beispiel im Urlaub). Wer dann immer wieder bei etwa 8 Stunden landet, hat wahrscheinlich genau das persönliche Maß gefunden.
Der Körper "weiß" oft ziemlich genau, wie viel Schlaf er braucht...
Prof. Heiser: Wenn jemand mal eine oder zwei Nächte schlecht geschlafen hat – sei es durch Stress, kleine Kinder, Schichtarbeit oder Jetlag – dann ist das erstmal kein Grund zur Panik. Der Körper kann mit solchen Phasen gut umgehen. Aber wenn man merkt, dass der Schlafmangel sich sofort auf die Leistungsfähigkeit, die Stimmung oder das Wohlbefinden auswirkt, dann gibt es ein paar einfache Strategien, die schnell helfen können:
Ganz wichtig: Akuter Schlafmangel ist nicht das Gleiche wie chronischer Schlafmangel. Wenn es nur mal ein paar Nächte sind, kommt der Körper meist sehr gut klar – er "holt" sich den Schlaf später wieder. Wenn aber über Wochen zu wenig oder schlechter Schlaf zur Regel wird, sollte man genauer hinschauen. Denn dann geht’s nicht mehr um Sofortmaßnahmen – sondern darum, Ursachen zu finden und langfristig zu verändern.
Prof. Heiser: Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die uns den Schlaf rauben können – manche ganz offensichtlich, andere eher versteckt. Ich teile das gern in zwei Gruppen auf: äußere Störfaktoren (also Gewohnheiten, Umweltreize oder Verhaltensmuster) und innere bzw. körperliche Ursachen, die oft übersehen werden:
Fazit: Nicht jeder "Schlafkiller" liegt im Verhalten. Wenn Schlafstörungen über Wochen bestehen – trotz guter Gewohnheiten – sollte man auch körperliche Ursachen mitbedenken. Als Schlafmediziner schauen wir dann gezielt, ob vielleicht eine Schlafapnoe, ein Restless-Legs-Syndrom oder andere medizinische Auslöser dahinterstecken. Denn wenn man die eigentliche Ursache erkennt, lässt sich auch der Schlaf oft erstaunlich gut wieder verbessern.
Prof. Heiser: Chronischer Schlafmangel ist mehr als nur ein bisschen Müdigkeit. Wenn man über Wochen oder Monate hinweg zu wenig oder schlechten Schlaf bekommt, wirkt sich das auf nahezu alle Bereiche des Körpers aus – auf unsere Leistungsfähigkeit, unsere Stimmung und vor allem auf unsere körperliche Gesundheit. Schlaf ist nämlich kein "Luxus", den man sich gönnt, wenn Zeit übrig ist, sondern eine biologische Notwendigkeit – genauso wichtig wie Essen oder Trinken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein chronischer Schlafmangel wie ein schleichendes Gift für Körper und Geist ist. Man merkt die Auswirkungen nicht sofort – aber mit der Zeit zeigt sich, wie sehr gesunder Schlaf zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, psychischen Beschwerden und sogar neurodegenerativen Erkrankungen beiträgt. Deshalb ist guter Schlaf kein Luxus – sondern die beste Medizin, die wir uns selbst geben können. Und das ganz ohne Nebenwirkungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein chronischer Schlafmangel wie ein schleichendes Gift für Körper und Geist ist.
Prof. Heiser: In der Schlafmedizin unterscheiden wir verschiedene Formen von Schlafstörungen. Manche Menschen schlafen nicht ein, andere schlafen zu viel, wieder andere bewegen sich unruhig oder haben Atmungsaussetzer im Schlaf. All diese Störungen haben unterschiedliche Ursachen – aber gemeinsam ist ihnen, dass sie die Qualität des Schlafs und damit auch die Lebensqualität am Tag deutlich beeinträchtigen können. Hier die wichtigsten Schlafkrankheiten im Überblick:
Schlafstörungen sind somit sehr vielfältig – sie reichen von Einschlafproblemen über nächtliche Atemaussetzer bis hin zu neurologisch bedingten Bewegungs- oder Verhaltensstörungen im Schlaf. Entscheidend ist, die richtige Diagnose zu stellen – denn nur dann kann eine gezielte und wirksame Behandlung erfolgen. Und oft ist es genau das, was den Schlaf – und damit auch das ganze Leben – wieder deutlich verbessert.
Prof. Heiser: Das ist eine wunderbare Frage – denn Träume sind ein faszinierendes Fenster in unsere innere Welt. Viele Menschen fragen sich, ob Träumen ein Zeichen für guten oder schlechten Schlaf ist – und tatsächlich hängt beides eng zusammen. Zunächst einmal: Träume sind ein ganz natürlicher Bestandteil unseres Schlafs. Wir träumen nicht nur in der berühmten REM-Phase (der sogenannten Traumschlafphase), sondern in gewisser Weise auch in anderen Schlafphasen – aber die Träume in der REM-Phase sind besonders lebendig, emotional und manchmal auch etwas bizarr. Und genau diese REM-Phasen sind ein ganz wichtiger Teil eines gesunden, erholsamen Schlafs.
Träume zeigen, dass unser Gehirn aktiv "arbeitet"! Während des Träumens verarbeitet unser Gehirn Emotionen, Erlebnisse und Eindrücke des Tages. Es ist ein bisschen so, als würde es nachts aufräumen, sortieren, speichern und auch "entemotionalisieren". Dinge, die uns tagsüber belastet oder beschäftigt haben, tauchen im Traum oft in veränderter Form wieder auf – das ist ein gesunder und sogar schützender Prozess.
Wenn wir gut schlafen – also in einem natürlichen Rhythmus mit genügend Tiefschlaf- und REM-Phasen – dann träumen wir regelmäßig. Wer also sagt: "Ich träume nie", der meint meist: "Ich erinnere mich nicht an meine Träume" – was völlig normal ist. Manche Menschen erinnern sich häufiger, andere fast nie. Aber geträumt wird eigentlich immer – und das ist ein Zeichen dafür, dass der Schlafzyklus gesund durchlaufen wird.
Der REM-Schlaf als "Traumschlaf" ist wichtig für Gedächtnis, Lernen und Emotionen. In der REM-Phase werden emotionale Erfahrungen verarbeitet und mit bestehenden Erinnerungen verknüpft. Das ist nicht nur für unser emotionales Gleichgewicht wichtig, sondern auch für unser Gedächtnis. Wer beispielsweise vor einer Prüfung gut schläft – inklusive REM-Schlaf – kann am nächsten Tag Gelerntes besser abrufen. In Studien sieht man: Schlaf stärkt das, was wichtig ist, und schwächt das, was unwichtig war. Und Träume sind ein Teil dieses Prozesses.
Träume zeigen, dass unser Gehirn aktiv "arbeitet"!
Prof. Heiser: Wenn der Schlaf häufig unterbrochen ist – zum Beispiel durch Stress, Lärm, Alkohol oder eine Schlafapnoe – dann kommt es oft nicht oder nur verkürzt zu den REM-Phasen. Das heißt: Man träumt weniger oder die Träume werden fragmentiert. Interessanterweise berichten manche Menschen mit Schlafmangel oder REM-Schlaf-Defizit dann plötzlich von sehr intensiven, manchmal auch beängstigenden Träumen, wenn der Körper in der nächsten Nacht versucht, die verpasste REM-Zeit "nachzuholen" – das nennt man REM-Rebound. Auch bestimmte Medikamente (etwa Antidepressiva) können die REM-Schlaf-Architektur verändern – was sich wiederum auf das Träumen auswirken kann.
Prof. Heiser: Träume sind nicht immer angenehm. Alpträume – also sehr beängstigende oder belastende Träume – treten häufig in der REM-Phase auf. Wenn sie gelegentlich auftreten, ist das kein Problem. Wenn sie aber regelmäßig vorkommen und den Schlaf stören, kann das ein Hinweis auf innere Belastungen oder sogar auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sein. In solchen Fällen lohnt sich eine genauere Abklärung. Somit sind Träume ein wichtiger Hinweis darauf, dass unser Gehirn im Schlaf aktiv ist, verarbeitet und reguliert. Sie sind Teil eines gesunden Schlafzyklus – vor allem in der REM-Phase. Wer regelmäßig träumt (ob er sich daran erinnert oder nicht), hat in der Regel auch einen funktionierenden Schlafrhythmus. Und wenn man gar nicht mehr träumt – oder nur noch Alpträume hat – kann das ein Signal sein, dass der Schlaf nicht mehr optimal verläuft.
Gute Träume brauchen guten Schlaf – und guter Schlaf bringt gesunde Träume.
Prof. Heiser: Stress und Ernährung spielen eine ganz zentrale Rolle für unseren Schlaf – und leider werden beide Faktoren im Alltag oft unterschätzt. Dabei sind sie ganz entscheidend dafür, ob wir überhaupt in den Schlaf finden, wie tief und erholsam dieser verläuft und wie fit wir uns am nächsten Tag fühlen. Gerade chronischer Stress gehört zu den häufigsten Ursachen für Schlafstörungen – und das liegt daran, dass er den Körper in einen dauerhaften Alarmzustand versetzt. Wenn wir gestresst sind, schüttet unser Körper vermehrt Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus. Diese halten uns wach, aktivieren unser Nervensystem und verhindern, dass wir zur Ruhe kommen. Typisch ist dann dieses klassische Bild: Man ist eigentlich müde, aber der Kopf bleibt wach. Die Gedanken kreisen, To-do-Listen laufen im Kopf durch, und man findet einfach nicht in den Schlaf.
Wichtig ist daher, abends gezielt runterzufahren – und zwar nicht erst fünf Minuten vor dem Zubettgehen. Schlaf beginnt nicht erst im Bett, sondern viele Stunden vorher. Regelmäßige Abendrituale können hier sehr hilfreich sein, zum Beispiel eine feste Abfolge aus Licht dimmen, Handy weglegen, eine Tasse beruhigender Tee, vielleicht ein paar Seiten lesen oder ruhige Musik hören. Auch das Führen eines Notizbuchs, in das man vor dem Schlafengehen Gedanken oder Sorgen "auslagert", kann helfen, den Kopf freizubekommen. Darüber hinaus sind Entspannungstechniken wie Atemübungen, Meditation oder progressive Muskelentspannung sehr wirkungsvoll, um das Nervensystem in den "Ruhemodus" zu bringen.
Auch unsere Ernährung beeinflusst die Schlafqualität stärker, als viele denken. Es geht dabei nicht nur darum, was wir essen, sondern auch wann. Wer spät abends eine große, fettige Mahlzeit zu sich nimmt, zwingt den Körper dazu, während der Nacht aktiv zu verdauen – und das kann den Einschlafprozess und die Tiefe des Schlafs deutlich stören. Ideal ist es, die letzte größere Mahlzeit etwa zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen einzunehmen – am besten leicht verdaulich und nicht zu schwer: Gemüse, etwas Eiweiß, eine kleine Portion komplexe Kohlenhydrate. Umgekehrt gibt es auch Lebensmittel, die den Schlaf fördern können – etwa solche, die reich an Tryptophan sind, also der Aminosäure, aus der der Körper das Schlafhormon Melatonin bildet. Dazu zählen zum Beispiel Milchprodukte, Bananen, Nüsse oder Haferflocken. Auch Magnesiumreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, grünes Gemüse oder Mandeln wirken beruhigend auf das Nervensystem.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist Koffein – und hier unterschätzen viele, wie lange es im Körper wirkt. Koffein hat eine Halbwertszeit von mehreren Stunden. Das bedeutet: Ein Kaffee am Nachmittag kann den Schlaf am späten Abend immer noch spürbar beeinflussen, selbst wenn man trotzdem "einschläft". Der Schlaf ist dann oft flacher, unruhiger und weniger erholsam. Ähnliches gilt auch für Alkohol. Viele denken, dass ein Glas Wein beim Einschlafen hilft – was in gewisser Weise sogar stimmt. Aber: Der Schlaf wird in der zweiten Nachthälfte deutlich fragmentierter, die wichtigen REM-Phasen werden unterdrückt, und am nächsten Tag fühlt man sich oft wie gerädert.
Zusammengefasst kann man sagen: Wer gut schlafen möchte, sollte nicht nur das Schlafzimmer gemütlich gestalten oder regelmäßig zu Bett gehen – sondern auch bewusst auf seinen Tagesrhythmus achten, mit Stress achtsam umgehen und die Ernährung gezielt anpassen. Schon kleine Veränderungen, wie ein koffeinfreier Nachmittag, ein leichteres Abendessen oder eine feste Entspannungsroutine am Abend, können einen enormen Unterschied machen. Denn guter Schlaf beginnt oft schon viele Stunden vor dem Zubettgehen – und wir haben viel mehr Einfluss darauf, als wir oft glauben.
Denn guter Schlaf beginnt oft schon viele Stunden vor dem Zubettgehen – und wir haben viel mehr Einfluss darauf, als wir oft glauben.
Prof. Heiser: Der klassische Mittagsschlaf – oder "Powernap", wie man heute oft sagt – hat tatsächlich eine lange Tradition und ist biologisch gesehen gar nicht so unnatürlich, wie man manchmal denkt. Viele Kulturen kennen eine Form der Siesta, und auch in unserem inneren Biorhythmus lässt sich um die Mittagszeit ein ganz natürlicher Leistungstiefpunkt beobachten – selbst wenn wir nachts gut geschlafen haben.
Zwischen etwa 13 und 15 Uhr fällt bei vielen Menschen die Konzentration ab, die Reaktionsgeschwindigkeit verlangsamt sich, und man spürt ein deutliches Müdigkeitsgefühl. Das ist kein Zeichen von Faulheit oder Erschöpfung, sondern Teil unserer zirkadianen Rhythmik – also der inneren Uhr, die uns durch den Tag steuert.
Ob wir nun wirklich einen Mittagsschlaf brauchen, hängt von mehreren Faktoren ab – vor allem vom nächtlichen Schlaf, dem persönlichen Lebensstil und auch vom Alter. Wer regelmäßig gut, ausreichend und tief schläft, kommt in der Regel auch ohne Mittagsschlaf durch den Tag. Aber: Ein kurzer Mittagsschlaf kann die kognitive Leistungsfähigkeit, die Konzentration und das Reaktionsvermögen deutlich verbessern – das ist durch viele Studien belegt. Vor allem Menschen mit einem hohen kognitiven oder emotionalen Pensum profitieren davon, genauso wie Schichtarbeitende oder Eltern kleiner Kinder mit unterbrochenem Nachtschlaf.
Wichtig ist allerdings, wie der Mittagsschlaf gestaltet wird. Ideal ist ein Powernap von 10 bis maximal 20 Minuten. In dieser Zeit kommt man nicht in den Tiefschlaf, sondern bleibt in leichteren Schlafphasen, sodass man danach schnell wieder fit ist. Wer länger schläft – etwa 30 bis 60 Minuten – durchläuft bereits tiefere Schlafstadien, was zwar körperlich erholsam sein kann, aber häufig mit einem "Schlafträgheitsgefühl" endet: Man fühlt sich danach benommen, müde oder sogar schlechter als vorher. Ein Powernap hingegen wirkt wie ein kurzer Neustart für Gehirn und Körper.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Zeitpunkt: Der Mittagsschlaf sollte nicht zu spät am Tag stattfinden, sonst verschiebt sich der Schlafdruck für die Nacht und das Einschlafen am Abend kann schwieriger werden. Ideal ist der Zeitraum zwischen 13 und 15 Uhr – da fällt die innere Körpertemperatur leicht ab, was das Einschlafen zusätzlich erleichtert. Und: Auch Menschen mit Schlafstörungen sollten sehr bewusst mit dem Mittagsschlaf umgehen – hier kann er, wenn er zu lang oder zu spät stattfindet, das Problem eher verstärken.
Spannend ist übrigens auch: Im höheren Alter wird der Mittagsschlaf oft natürlicher Bestandteil des Tages. Viele ältere Menschen schlafen nachts nicht mehr durchgängig so tief oder lange, sodass der Mittagsschlaf eine wichtige Ergänzung darstellt. Auch hier gilt: besser kurz und regelmäßig als lang und unkontrolliert.
Ein kurzer Mittagsschlaf ist kein Zeichen von Schwäche – sondern kann ein echtes Gesundheits-Upgrade sein. Richtig eingesetzt, steigert er die Leistungsfähigkeit, senkt das Stresslevel und hilft sogar, das Herz-Kreislauf-System zu entlasten. Wichtig ist, dass er kurz, geplant und nicht zu spät stattfindet. Wer ihn gut in den Tagesablauf integriert, kann damit eine wunderbare Balance schaffen – zwischen Aktivität und Regeneration. Und manchmal sind es genau diese 15 Minuten Ruhe, die den ganzen Tag verändern können.
Prof. Heiser: Schlaf ist kein passiver Zustand, sondern ein hochkomplexer biologischer Prozess, der durch verschiedene Hormone fein gesteuert wird. Man kann sich das fast wie ein Zusammenspiel von Musikern in einem Orchester vorstellen – jedes Hormon hat seine eigene Rolle, aber nur gemeinsam ergibt sich ein harmonischer Schlafrhythmus. Besonders wichtig sind dabei das Schlafhormon Melatonin, das Aktivierungshormon Cortisol, sowie Substanzen wie Adenosin, Serotonin und das Wachstumshormon.
Melatonin ist wahrscheinlich das bekannteste Hormon im Zusammenhang mit Schlaf. Es wird in der Zirbeldrüse im Gehirn produziert, und zwar nur dann, wenn es dunkel wird. Es signalisiert dem Körper, dass die Nacht beginnt, und hilft, in den "Ruhemodus" umzuschalten. Die Körpertemperatur sinkt, der Stoffwechsel verlangsamt sich, und wir werden schläfrig. Man könnte sagen: Melatonin macht uns nicht direkt müde, aber es bereitet den Körper optimal auf den Schlaf vor. Das Problem heute ist: Durch künstliches Licht – vor allem durch Bildschirme – wird die Melatoninproduktion oft gehemmt. Deshalb ist es so wichtig, in den Abendstunden auf "Lichtdisziplin" zu achten.
Ein Gegenspieler von Melatonin ist das sogenannte Cortisol. Es wird am frühen Morgen vermehrt ausgeschüttet und hilft uns, in den Tag zu starten. Es sorgt für Aktivität, Konzentration und Energie. Bei Stress allerdings – sei es psychischer, beruflicher oder körperlicher – bleibt der Cortisolspiegel oft auch abends hoch. Dann kommt man schwer zur Ruhe, liegt lange wach oder schläft unruhig. In diesen Fällen ist es entscheidend, Techniken zu finden, die den Cortisolspiegel abends natürlich absenken – wie Atemübungen, Meditation oder einfach eine gute Abendroutine.
Dann gibt es noch Adenosin – eine Substanz, die sich während des Tages im Gehirn ansammelt und den sogenannten "Schlafdruck" erzeugt. Je länger wir wach sind, desto mehr Adenosin entsteht – und desto größer wird das Bedürfnis zu schlafen. Wird der Schlafdruck abends nicht gestört, schlafen wir leicht ein. Spannend ist: Koffein wirkt, indem es die Adenosin-Rezeptoren blockiert. Deshalb spüren wir oft die Müdigkeit gar nicht mehr, obwohl sie eigentlich längst da wäre. Genau das ist der Grund, warum spätes Koffein den Schlaf massiv beeinträchtigen kann.
Eine wichtige Rolle spielt auch Serotonin, das sogenannte Wohlfühlhormon. Es wird durch Tageslicht, Bewegung und positive Erlebnisse gesteigert – und es ist gleichzeitig eine Vorstufe von Melatonin. Wer tagsüber wenig draußen ist, sich wenig bewegt oder emotional belastet ist, hat häufig auch einen niedrigen Serotoninspiegel – was dann wiederum den Einschlafprozess erschwert.
Und schließlich ist da noch das Wachstumshormon, das während des Tiefschlafs ausgeschüttet wird. Es ist verantwortlich für die körperliche Regeneration, den Zellaufbau, die Immunfunktion und vieles mehr. Vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, die körperlich stark beansprucht sind, profitieren enorm davon. Der Tiefschlaf – also die Phase, in der dieses Hormon gebildet wird – ist also eine echte Reparatur- und Regenerationszeit für unseren Körper.
Somit braucht ein gesunder Schlaf eine ausgewogenes Zusammenspiel dieser Hormone. Gerät einer dieser Prozesse aus dem Gleichgewicht – etwa durch zu viel Licht, zu viel Stress, mangelnde Bewegung oder falsche Ernährung – leidet die Qualität des Schlafs. Aber die gute Nachricht ist: Wir können über unseren Lebensstil aktiv Einfluss auf dieses Hormonorchester nehmen – und damit auf unseren Schlaf, unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.
Somit braucht ein gesunder Schlaf eine ausgewogenes Zusammenspiel dieser Hormone.
Prof. Heiser: Melatonin ist in den letzten Jahren regelrecht populär geworden – man bekommt es in vielen Ländern rezeptfrei als Kapsel, Spray oder Gummibärchen, und es wird gerne als sanftes "Schlafmittel" vermarktet. Aber: Melatonin ist in erster Linie kein Schlafmittel, sondern ein Taktgeber für unsere innere Uhr. Es signalisiert dem Körper, dass Nacht ist – aber es macht uns nicht automatisch schläfrig, so wie ein Beruhigungsmittel oder ein klassisches Schlafmedikament es tun würde.
Grundsätzlich kann die Einnahme von Melatonin in bestimmten Situationen sehr sinnvoll sein – aber sie sollte gezielt, in der richtigen Dosierung und zur passenden Zeit erfolgen. Die häufigste und wissenschaftlich gut belegte Anwendung ist bei Jetlag oder bei Schichtarbeit, also wenn der Schlaf-Wach-Rhythmus aus dem Gleichgewicht geraten ist. In solchen Fällen kann eine niedrige Dosis Melatonin – oft reichen schon 0,5 bis 1 Milligramm – dabei helfen, die innere Uhr neu zu synchronisieren, vor allem, wenn man es zur richtigen Zeit einnimmt, meist ein bis zwei Stunden vor dem gewünschten Einschlafzeitpunkt.
Auch bei älteren Menschen kann Melatonin unter bestimmten Voraussetzungen hilfreich sein – denn mit dem Alter nimmt die körpereigene Produktion oft ab. Hier kann eine ärztlich begleitete Einnahme helfen, den Schlafrhythmus zu stabilisieren. Ebenso gibt es spezielle Situationen, etwa bei Blinden, bei denen der Tag-Nacht-Rhythmus fehlt – auch hier kann Melatonin therapeutisch eingesetzt werden.
Aber – und das ist mir als Schlafmediziner wichtig zu betonen – Melatonin ist kein Wundermittel, das einfach bei jeder Form von Schlaflosigkeit hilft. Viele Menschen greifen dazu, ohne die eigentliche Ursache ihrer Schlafprobleme zu kennen – etwa Stress, schlechte Schlafhygiene oder eine unerkannte Schlafapnoe. In solchen Fällen bringt Melatonin oft wenig oder sogar gar nichts. Zudem wird es häufig in viel zu hohen Dosierungen genommen. In den USA gibt es Präparate mit 5 oder 10 Milligramm – das ist weit über dem, was der Körper selbst produzieren würde, und kann zu unerwünschten Effekten führen, etwa Tagesmüdigkeit, Albträumen oder einer Verstärkung von Schlafstörungen.
Auch bei Kindern und Jugendlichen sehe ich den Einsatz von Melatonin kritisch. Zwar wird es bei bestimmten Entwicklungsstörungen (wie ADHS oder Autismus) manchmal gezielt eingesetzt, aber im allgemeinen Gebrauch – etwa bei Einschlafproblemen durch zu späte Bildschirmnutzung – sollte man nicht mit Hormonen, sondern mit Gewohnheiten arbeiten. Denn sonst lernt der Körper: Schlaf funktioniert nur mit Tablette – und das kann langfristig zu einer psychologischen Abhängigkeit führen.
Gefährlich kann Melatonin dann werden, wenn es unreflektiert, dauerhaft und ohne ärztliche Begleitung eingenommen wird. Es kann den natürlichen Rhythmus eher stören als helfen, vor allem wenn Zeitpunkt und Dosierung nicht stimmen. Außerdem gibt es Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten – etwa bei Menschen mit Epilepsie, Blutgerinnungsstörungen oder bei gleichzeitiger Einnahme von Antidepressiva oder Blutdruckmitteln.
Melatonin ist ein sehr spannendes Werkzeug in der Schlafmedizin – aber eben genau das: ein Werkzeug. Es gehört nicht in jede Hausapotheke und schon gar nicht in den Selbstversuch ohne Beratung. Wer überlegt, Melatonin einzunehmen, sollte vorher klären, warum der Schlaf gestört ist – und ob vielleicht andere Ursachen im Hintergrund stehen. Denn Schlaf ist ein komplexes Zusammenspiel aus Körper, Psyche, Verhalten und Umwelt – und die Lösung liegt oft nicht in der Pille, sondern in einem besseren Verständnis dieses Zusammenspiels.
Prof. Heiser: Schlafmittel – das ist ein Thema, das viele Menschen sehr beschäftigt, vor allem dann, wenn sie über längere Zeit schlecht schlafen. Und ich verstehe das gut: Wer Nacht für Nacht wach liegt, ist irgendwann verzweifelt und sucht nach schneller Hilfe. Aber genau hier liegt das Problem – denn Schlafmittel können kurzfristig Erleichterung bringen, sind aber langfristig selten die Lösung. Deshalb ist mir ein differenzierter Blick darauf sehr wichtig. Grundsätzlich unterscheide ich zwischen verschreibungspflichtigen Schlafmitteln, die auf das zentrale Nervensystem wirken – also etwa Benzodiazepine oder sogenannte Z-Substanzen wie Zolpidem oder Zopiclon – und pflanzlichen oder freiverkäuflichen Präparaten, etwa mit Baldrian, Passionsblume oder Melatonin.
Die verschreibungspflichtigen Medikamente haben eine starke Wirkung – sie können das Einschlafen erleichtern oder das Durchschlafen fördern. Aber: Sie tun das nicht, indem sie natürlichen Schlaf erzeugen, sondern eher eine Art künstlichen Dämmerzustand. Die Tiefschlaf- und REM-Phasen werden oft unterdrückt, was bedeutet: Der Schlaf wirkt oberflächlich und ist nicht wirklich erholsam. Dazu kommt: Diese Medikamente bergen ein erhebliches Abhängigkeitsrisiko, besonders wenn sie regelmäßig oder über längere Zeit eingenommen werden. Der Körper gewöhnt sich daran – man braucht immer mehr, und beim Absetzen treten oft sogenannte "Rebound-Schlafstörungen" auf, also eine Verschlechterung der Schlafprobleme. Deshalb ist für mich ganz klar: Solche Medikamente sind nur in absoluten Ausnahmefällen sinnvoll – etwa bei einer akuten Belastungssituation wie einem Trauerfall, einem Schockereignis oder in sehr schweren, vorübergehenden Krisen. Und selbst dann: nur für kurze Zeit, in enger ärztlicher Begleitung, und mit dem klaren Ziel, sie wieder abzusetzen.
Viel besser geeignet – gerade bei chronischen Schlafstörungen – sind nicht-medikamentöse Verfahren, allen voran die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (CBT-I). Sie ist wissenschaftlich sehr gut belegt, wirkt langfristig und hilft Menschen dabei, gesündere Schlafgewohnheiten zu entwickeln, innere Anspannung zu lösen und dem Schlaf wieder zu vertrauen. Denn oft entsteht eine Art Teufelskreis: Man kann nicht schlafen, wird nervös, liegt wach, grübelt – und macht es dadurch nur noch schlimmer. Genau hier setzt die Verhaltenstherapie an.
Was viele Menschen auch nicht wissen: Selbst scheinbar harmlose Präparate – etwa rezeptfreie Antihistaminika aus der Apotheke – können Nebenwirkungen haben, besonders bei älteren Menschen. Sie machen nicht nur müde, sondern auch benommen, beeinträchtigen die Konzentration, erhöhen das Sturzrisiko – und sie lösen, wie viele andere Schlafmittel auch, nicht die Ursache, sondern überdecken nur das Symptom. Pflanzliche Mittel wie Baldrian oder Hopfen sind für viele Menschen besser verträglich und können – in Kombination mit einer guten Schlafhygiene – unterstützend wirken.
Aber auch hier gilt: Sie sind kein Ersatz für echte Ursachenforschung. Wer über Wochen oder Monate schlecht schläft, sollte nicht auf eigene Faust herumprobieren, sondern sich an ein Arzt oder Schlafmediziner wenden. Schlafmittel sind kein Teufelszeug – aber auch keine Dauerlösung. In Ausnahmesituationen können sie hilfreich sein, aber sie sollten nie das erste Mittel der Wahl sein. Viel wichtiger ist es, die Gründe für die Schlafprobleme zu verstehen – und dann gezielt, individuell und nachhaltig zu behandeln. Denn guter Schlaf lässt sich meist nicht "erzwingen" – aber mit der richtigen Begleitung und den richtigen Strategien fast immer wiederfinden.
Wer über Wochen oder Monate schlecht schläft, sollte nicht auf eigene Faust herumprobieren, sondern sich an ein Arzt oder Schlafmediziner wenden.
Prof. Heiser: Das ist eine ganz zentrale Frage – denn ein stabiler Schlafrhythmus ist so etwas wie das Fundament für gesunden Schlaf. Wenn dieser Rhythmus einmal aus dem Takt geraten ist – zum Beispiel durch Schichtarbeit, Jetlag, Stress, häufiges Aufwachen oder unregelmäßige Schlafenszeiten – dann braucht es etwas Geduld, aber man kann ihn in den meisten Fällen sehr gut wiederherstellen. Der Körper hat nämlich eine innere Uhr, die erstaunlich präzise arbeitet – sie muss nur die richtigen Signale bekommen.
Der wichtigste Signalgeber für diese innere Uhr ist das Tageslicht. Wer morgens direkt nach dem Aufstehen Licht tankt – idealerweise natürliches Sonnenlicht – setzt damit ein starkes Zeichen: Jetzt ist Tag. Das unterdrückt die Melatoninproduktion und hilft dem Körper, den Wach-Modus zu aktivieren. Schon ein Spaziergang am Vormittag, selbst bei bedecktem Himmel, kann hier Wunder wirken. Genauso wichtig ist es, abends helles Licht zu vermeiden – insbesondere das blaue Licht von Smartphones, Tablets oder Fernsehern. Dieses hemmt die Melatoninbildung und verzögert das Einschlafen. Hier können Bildschirmfilter, gedimmtes Licht und bewusste "Offline-Zeiten" am Abend sehr helfen.
Ein zweiter, enorm wichtiger Faktor ist die Regelmäßigkeit. Der Körper liebt Routinen – also sollte man versuchen, jeden Tag zur gleichen Zeit aufzustehen, auch am Wochenende. Viele Menschen machen den Fehler, am Wochenende "Schlaf nachzuholen" und schlafen dann deutlich länger. Das fühlt sich kurzfristig gut an, bringt aber die innere Uhr wieder durcheinander – ähnlich wie ein kleiner Jetlag. Besser ist es, den Schlafdruck gleichmäßig aufzubauen, indem man jeden Tag etwa zur gleichen Zeit aufsteht – dann kommt auch die Müdigkeit am Abend zur richtigen Zeit.
Auch Bewegung spielt eine große Rolle beim Wiederaufbau eines gesunden Schlafrhythmus. Wer sich tagsüber ausreichend bewegt – vor allem an der frischen Luft – verbessert nicht nur die Schlafqualität, sondern reguliert auch den Melatonin- und Cortisol-Rhythmus. Besonders hilfreich ist leichte körperliche Aktivität am Vormittag oder Nachmittag. Anstrengender Sport am späten Abend hingegen kann das Einschlafen eher erschweren.
Ein häufiges Problem bei gestörtem Schlafrhythmus ist, dass Betroffene zu früh ins Bett gehen, weil sie hoffen, den Schlaf "nachholen" zu können. Das kann aber dazu führen, dass sie stundenlang wach liegen und den Druck weiter erhöhen. Besser ist es, den Schlafdruck gezielt aufzubauen, also erst dann ins Bett zu gehen, wenn wirklich eine deutliche Müdigkeit da ist – auch wenn das zunächst etwas später ist. Der Schlaf sollte nicht "erzwungen", sondern zugelassen werden. In manchen Fällen hilft es, sich abends bewusst wachzuhalten, um den Rhythmus wieder zu stabilisieren – das klingt kontraintuitiv, ist aber eine bewährte Methode in der Verhaltenstherapie.
Auch eine konsequente Abendroutine kann helfen, dem Körper das Einschlafen wieder zu erleichtern. Das können einfache Dinge sein: jeden Abend zur gleichen Zeit das Licht dimmen, ein warmes Getränk ohne Koffein, Lesen, ruhige Musik oder Atemübungen. Der Körper lernt dadurch: Jetzt beginnt die Ruhephase. Und wenn man nachts aufwacht und nicht wieder einschlafen kann, sollte man nicht stundenlang im Bett liegen und sich ärgern – besser ist es, kurz aufzustehen, etwas Ruhiges zu tun (z. B. ein Buch lesen) und erst dann wieder ins Bett zu gehen, wenn man wirklich schläfrig ist.
Wenn der Schlafrhythmus durch Jetlag, Schichtarbeit oder andere äußere Einflüsse gestört ist, kann in bestimmten Fällen auch eine gezielte Lichttherapie oder eine Melatonin-Einnahme in niedriger Dosierung helfen – aber immer unter fachlicher Begleitung und in Kombination mit verhaltensbasierten Maßnahmen. Ein gestörter Schlafrhythmus lässt sich in den meisten Fällen durch einfache, aber konsequente Maßnahmen wieder stabilisieren: viel Tageslicht am Morgen, regelmäßige Aufstehzeiten, Bewegung, gute Abendroutinen und der Verzicht auf "Schlafdrängeln". Der Körper reagiert sehr positiv auf Rhythmus und Verlässlichkeit – und wer ihm diese Struktur gibt, wird oft schon nach wenigen Tagen merken, dass der Schlaf sich von selbst wieder beruhigt.
Prof. Heiser: Mit der "Rushhour des Lebens" meine ich eine ganz bestimmte Lebensphase, die viele Menschen irgendwann zwischen etwa 30 und 50 Jahren durchlaufen – also genau dann, wenn berufliche Anforderungen, familiäre Verpflichtungen und private Herausforderungen gleichzeitig aufeinanderprallen. Man steckt mitten im Beruf, baut vielleicht gerade eine Karriere auf, hat Kinder, vielleicht auch pflegebedürftige Eltern, übernimmt Verantwortung – in der Partnerschaft, im Job, im Alltag. Man möchte allem gerecht werden, am besten gleichzeitig, und dabei auch noch "funktionieren" – leistungsfähig, präsent, organisiert. Genau wie im Straßenverkehr zur Hauptverkehrszeit: Es ist laut, eng, hektisch – und alles läuft auf Hochtouren.
In dieser Phase wird der Schlaf oft systematisch zurückgedrängt. Es passiert selten bewusst, aber der Effekt ist klar: Man geht später ins Bett, weil abends erst Zeit für sich bleibt. Man steht früher auf, um den Tag zu schaffen. Vielleicht wird man nachts noch von kleinen Kindern geweckt oder liegt wach, weil der Kopf nicht abschalten kann. Schlaf wird in dieser Zeit als verhandelbare Größe gesehen – als etwas, das man zugunsten anderer Aufgaben reduzieren kann, "weil es eben gerade nicht anders geht". Und genau das ist das Problem!
Denn gerade in dieser so fordernden Lebensphase brauchen wir den Schlaf besonders dringend – um regenerieren zu können, um klar denken zu können, um emotional ausgeglichen zu bleiben. Wer dauerhaft zu wenig oder schlecht schläft, wird nicht einfach nur müde – sondern verliert Stück für Stück an Konzentration, Belastbarkeit, Immunstärke und auch an Lebensfreude. Und das Perfide daran ist: Viele Menschen merken es erst, wenn sie längst im roten Bereich sind – weil man sich an das Funktionieren gewöhnt hat, obwohl man innerlich erschöpft ist.
Ich sage oft: Wer in der "Rushhour des Lebens" unterwegs ist, muss nicht alles perfekt machen – aber er oder sie sollte den Schlaf nicht zum Verlierer erklären. Es geht darum, ihm wieder Bedeutung zu geben. Das kann schon mit kleinen Dingen beginnen: regelmäßig zur selben Zeit ins Bett gehen, die letzte Stunde des Tages bewusst ruhig gestalten, den Blick vom Bildschirm abwenden, sich kurze Inseln der Entlastung gönnen. Es geht auch darum, sich selbst zu erlauben, Pausen zu machen – ohne schlechtes Gewissen. Denn Schlaf ist nicht Zeitverschwendung – Schlaf ist Lebenspflege.
Die "Rushhour des Lebens" ist intensiv, voller Energie, aber auch voller Anforderungen. Wer in dieser Zeit den Schlaf ausklammert, bringt sein gesamtes System aus dem Gleichgewicht. Und wer ihm wieder Raum gibt, merkt oft, wie viel leichterund klarer sich auch der Rest des Tages anfühlen kann.
Prof. Heiser: Die "Schlafformel nach Heiser & Sommer" ist ein Konzept, das mein Kollege Prof. Dr. Ulrich Sommer und ich entwickelt haben, um Menschen einen einfachen, alltagstauglichen Leitfaden an die Hand zu geben, mit dem sie ihren Schlaf verbessern können – unabhängig davon, ob sie unter Einschlafproblemen, Durchschlafstörungen oder einfach unter einem diffusen Gefühl von Schlaflosigkeit leiden. Vielleicht würde ich die Formel heute etwas anders beschreiben. Vom Inhalt her hat sich jedoch nichts geändert. In der Praxis haben wir immer wieder gesehen: Viele Menschen wissen zwar, dass Schlaf wichtig ist, aber sie wissen nicht, wo sie konkret ansetzen sollen, wenn er nicht funktioniert. Es fehlt häufig ein strukturiertes, verständliches Modell, das Orientierung gibt. Und genau da setzt unsere Schlafformel an – sie bringt die wichtigsten Stellschrauben für gesunden Schlaf auf den Punkt.
Die Formel lautet: "R³ + K + Z = Guter Schlaf"
Das klingt erst einmal mathematisch, ist aber ganz einfach – ich erkläre es gern im Einzelnen:
Die Schlafformel ist kein starres System, sondern ein praktischer Kompass. Sie erinnert uns daran, dass guter Schlaf nicht aus einer einzigen Maßnahme entsteht, sondern aus dem Zusammenspiel vieler kleiner Elemente. Wenn Rhythmus, Ritual, Ruhe, Körper und Zeit zusammenspielen, hat der Schlaf die besten Chancen, sich wieder ganz natürlich einzustellen. Und das ist letztlich unser Ziel – nicht perfekter Schlaf auf Knopfdruck, sondern ein gesunder, stabiler, lebbarer Schlaf im echten Leben.
Prof. Heiser: Wenn jemand schon seit längerer Zeit unter schlechtem Schlaf leidet – sei es durch Einschlafprobleme, ständiges Aufwachen oder das Gefühl, morgens wie gerädert aufzuwachen – dann ist das nicht nur körperlich belastend, sondern auch psychisch sehr zermürbend. Viele Betroffene erleben irgendwann eine große Hilflosigkeit: Sie haben "alles schon ausprobiert", nichts hilft dauerhaft, und der Schlaf wird zu einem ständigen Thema – oft mit einer gewissen Angst vor der nächsten Nacht. Genau in dieser Situation ist es besonders wichtig, wieder Zuversicht und Struktur in den Prozess zu bringen.
Schlechter Schlaf ist keine Schwäche, sondern ein Signal – und dieses Signal verdient Beachtung. Mit Geduld, Struktur, der richtigen Haltung und ggf. professioneller Unterstützung ist es in den allermeisten Fällen möglich, den Schlaf nachhaltig zu verbessern. Und wenn man das einmal erlebt hat – wie der Schlaf zurückkehrt, wie die Nächte wieder ruhiger werden – dann ist das oft ein richtiger Wendepunkt im Leben. Es lohnt sich, dranzubleiben.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 17.04.2025.