Die androgenetische Alopezie ist der häufigste hormonell bedingte Haarausfall bei Männern, der sich durch ein typisches Muster mit Rückbildung der Stirnhaarlinie und Haarausfall im Scheitelbereich auszeichnet. Ursache ist eine erblich bedingte Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber Androgenen, die zu einer Verkleinerung der Haarfollikel und schließlich zum Haarausfall führt, wobei Umweltfaktoren eine untergeordnete Rolle spielen.
Dr. Heilmann-Heimbach: Die männliche androgenetische Alopezie – auch als erblicher hormonell bedingter Haarausfall bezeichnet – ist die häufigste Form des Haarausfalls beim Mann und zeichnet sich durch ein charakteristisches Haarausfallmuster aus. Dabei kommt es zunächst zur Ausbildung von Geheimratsecken, gefolgt von einem Rückschreiten der frontalen Haarlinie und dem zunehmenden Verlust von Haaren am Oberkopf, bis schließlich nur noch ein Haarkranz stehen bleibt.
Dr. Heilmann-Heimbach: Ursache für den Haarausfall ist eine erblich bedingte Überempfindlichkeit der betroffenen Haarfollikel gegenüber männlichen Geschlechtshormonen, den Androgenen. Die betroffenen Haare zeigen ein verändertes Wachstumsverhalten und schrumpfen zunehmend. An Stelle von sichtbaren Kopfhaaren werden farblose, stark verkleinerte Flaumhaare gebildet, die die Kopfhautoberfläche nur noch knapp erreichen.
Dr. Heilmann-Heimbach: Aus Untersuchungen an Zwillingspaaren wissen wir, dass der Beitrag genetischer Faktoren zur androgenetischen Alopezie mit ca. 80% als sehr hoch einzuschätzen ist. Umgebungsfaktoren wurden vielfach diskutiert, bisher gibt es jedoch keine verlässlichen Daten dazu, ob und in welchem Maße Umgebungsfaktoren das Haarausfallrisiko beeinflussen. Häufig diskutierte Einflussfaktoren sind z.B. Rauchen und Alkoholkonsum. Die aktuelle Datenlage erlaubt aus meiner Sicht jedoch keinen Rückschluss auf einen Zusammenhang mit dem männlichen Haarausfall. Nach aktuellem Wissensstand ist davon auszugehen, dass unser Verhalten einen eher geringen Einfluss auf das persönliche Risiko, eine androgenetische Alopezie zu entwickeln hat.
Aus Untersuchungen an Zwillingspaaren wissen wir, dass der Beitrag genetischer Faktoren zur androgenetischen Alopezie mit ca. 80% als sehr hoch einzuschätzen ist.
Dr. Heilmann-Heimbach: Erste Anzeichen der androgenetischen Alopezie können bereits kurz nach der Pubertät und im jungen Erwachsenenalter auftreten. Ob, wann und wie schnell der Haarausfall dann voranschreitet ist individuell sehr unterschiedlich. Erstes Anzeichen ist die Entstehung der sogenannten Geheimratsecken, gefolgt von einem Rückschreiten der frontalen Haarlinie und einer Ausdünnung der Haare am Oberkopf.
Dr. Heilmann-Heimbach: Charakteristisch für die androgenetische Alopezie beim Mann sind die strikte Hormonabhängigkeit und das typische Haarausfallmuster. Dadurch lässt sich die androgenetische Alopezie beim Mann in der Regel gut von anderen Haarausfallarten, wie z.B. dem Kreisrunden-Haarausfall abgrenzen.
Dr. Heilmann-Heimbach: Ob und inwieweit es sich bei der „androgenetische Alopzie“ bei Mann und Frau um die gleiche Haarausfallerkrankung handelt, ist immer wieder Gegenstand der Diskussion. Gemeinsam ist beiden Formen, dass der Haarausfall einem bestimmten Muster folgt, welches beim Mann jedoch wesentlich klarer zu erkennen ist, als bei betroffenen Frauen. Auf genetischer Ebene konnten bisher keine wesentlichen Übereinstimmungen in den Risikogenen für männlichen und weiblichen Haarausfall gefunden werden, sodass aktuell eher davon auszugehen ist, dass es sich bei Männern und Frauen um unterschiedliche biologische Mechanismen handelt.
Gemeinsam ist beiden Formen, dass der Haarausfall einem bestimmten Muster folgt, welches beim Mann jedoch wesentlich klarer zu erkennen ist, als bei betroffenen Frauen.
Dr. Heilmann-Heimbach: Für die medikamentöse Behandlung der androgenetischen Alopezie beim Mann sind aktuell zwei Medikamente zugelassen. Finasterid und Minoxidil. Die Medikamente können in Form von Tabletten oder auch als Schaum oder Lotion zum Einreiben verabreicht werden. Beide Medikamente scheinen jedoch nicht bei allen Betroffenen gleichermaßen gut zu wirken und führen primär zu einem Aufhalten des Haarverlusts.
Einmal verlorene Haare können nur in sehr geringem Maße wiedergebracht werden. Auch gibt es Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen, die insbesondere die Einnahme von Finasterid betreffen. Finasterid hemmt das Enzym 5-alpha Steriodreduktase, das an der Umwandlung von Testosteron in die im Körper aktive Form Di-Hydrotestosteron (DHT) beteiligt ist. Die Unterbrechung diese Kaskade bedeutet einen deutlichen Eingriff in den männlichen Hormonhaushalt und muss gut abgewogen werden. Sowohl Finasterid als auch Minoxidil müssen dauerhaft eingenommen bzw. angewendet werden, um ein erneutes Fortschreiten des Haarausfalls zu vermeiden.
Neben der medikamentösen Behandlung, kommen auch Haartransplantationen zum Einsatz. Auch hier ist jedoch ein frühzeitiger Behandlungsbeginn sinnvoll, damit ausreichend Spenderhaare vorhanden und die betroffenen Areale nicht zu groß sind und durch Verpflanzung eigener Haarfollikel aus nicht betroffenen Bereichen gut abgedeckt werden können. Ob und wann sich Betroffene für eine Therapie des Haarausfalls entscheiden, hängt oftmals vom Alter bei Auftreten der ersten Haarausfallanzeichen und der persönlich Empfundenen Belastung ab.
Dr. Heilmann-Heimbach: In unserer Forschung am Institut für Humangenetik am Universitätsklinikum und der Universität Bonn beschäftigen wir uns seit vielen Jahren mit der Erforschung der genetischen Ursachen der androgenetischen Alopezie beim Mann. Über die Jahre konnten wir, in großangelegten Studien und in Zusammenarbeit mit Kollegen weltweit, einen wesentlichen Beitrag zur Identifizierung genetischer Risikofaktoren für den männlichen Haarausfall leisten. Heute kennen wir mehr als 350 Genorte, die eine Rolle bei der Entstehung des Haarausfalls spielen. An einigen dieser Genorte konnten wir zudem Hinweise auf beteiligte biologische Signalwege und molekulare Mechanismen finden.
Langfristig werden die genetischen Daten und die daraus gewonnenen Einblicke in die zugrundeliegende Biologie zu einem besseren Verständnis der Haarbiologie und der Ursachen des Haarausfalls führen. Dies ist auch wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung neuer, wirksamerer Medikamente. Darüber hinaus interessieren sich viele Männer natürlich auch für Ihr persönliches Risiko, einmal an Haarausfall zu leiden. Auch hier bieten die genetischen Daten und unsere Studien eine wichtige Grundlage, um geeignete Vorhersagemodelle zu entwickeln und mittel- bis langfristig die Vorhersage des Haarausfallrisikos auf persönlicher Ebene zu ermöglichen.
Vielen Dank für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 30.08.2024.