Eine chronische Wunde ist eine verletzte Hautstelle, die innerhalb von vier Wochen noch nicht verheilt ist. Dies kann aufgrund einer schlechten Wundversorgung oder aufgrund von Erkrankungen wie Diabetes der Fall sein. Chronische Wunden sind häufig, es ist davon auszugehen, dass alleine in Deutschland mehr als zwei Millionen Patienten dieses Problem haben. Um die Wunde wieder zu verschließen, ist eine intensive Wundbehandlung notwendig. In einigen Fällen sind Behandlungsmethoden wie eine Sauerstoffbehandlung (hyperbare Oxygenierung) oder eine Operation erforderlich.
Wunden nach Verletzungen werden in manchen Fällen nicht gut versorgt, sie werden immer wieder belastet oder es treten an der Stelle Komplikationen auf. So kann sich eine chronische Form der Wunde entwickeln und hartnäckig bestehen bleiben.
Sehr oft besteht eine chronische Wunde aber auch wegen einer Grunderkrankung, die die Wundheilung einschränkt. Eine Minderdurchblutung von Gewebe kann die Wundheilung erheblich beeinträchtigen. Die Blutversorgung kann unter anderem aufgrund einer chronisch-venösen Insuffizienz (einer Form der Venenstauung) oder aufgrund einer arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK, Verengung oder Verlegung von Arterien meist am Bein) herabgesetzt sein. So kann ein offenes Bein beziehungsweise Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris) entstehen.
Chronische Wunden entwickeln sich auch oftmals, wenn ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) vorliegt. Auch beim Diabetes spielen Schäden der Blutgefäße eine Rolle. Das diabetische Fußsyndrom kann zu den chronischen Wunden aufgrund von Diabetes gezählt werden. Des Weiteren kann eine ausgeprägte Schwächung des Immunsystems dafür sorgen, dass Wunden chronisch werden. Eine andere Form einer langwierigen Wundstelle ist der Dekubitus, ein Geschwür aufgrund einer einseitigen Druckbelastung meist bei Bettlägerigkeit.
Zur Ausbildung von chronischen Wunden tragen verschiedene weitere Faktoren bei. Beispielsweise stört Rauchen die Abheilung von Wunden. Auch ein Übergewicht kann eine Rolle spielen.
Eine chronische Wunde ist laut der Definition eine Wunde, die schon seit über vier Wochen besteht. Sie kann teilweise aber auch schon ganz erheblich länger bestehen. Die Wunde kann ganz unterschiedlich aussehen, was auch vom Ursprung abhängt. Sie können kleiner oder größer, rund oder länglich, tief oder weniger tief aussehen. Die Wundränder können glatt oder unregelmäßig wirken und auch das Gewebe kann unterschiedlich aussehen. Teils können sich abgestorbene Stellen (Nekrosen) finden. In einigen Fällen verströmt die Wunde einen unangenehmen Geruch. Manche chronische Wunden schmerzen, andere werden kaum verspürt.
Jede offene Wunde kann eine Infektion nach sich ziehen, so auch eine chronische Wunde. Die Wundinfektion kann sich durch verstärkte Schmerzen, Rötung, Eiterbildung oder Fieber bemerkbar machen. Ein übler Geruch kann von der infizierten Wunde ausgehen.
Bei vielen Patienten stehen neben den körperlichen die psychischen Auswirkungen im Vordergrund. Sie schämen sich oft dafür, seit längerer Zeit eine solche Wunde mit sich zu tragen und sie nicht loszuwerden. Sie können sich sozial zurückziehen, weil sie sich davor scheuen, ihre unangenehme Erkrankung vor anderen preiszugeben. Auch die häufigen Arztbesuche können ihnen zu schaffen machen.
Der Arzt führt eine genaue Anamnese durch, also eine Abfrage des Patienten nach den Symptomen, dem Verlauf und der Vorgeschichte des Patienten. Wichtig ist es zu wissen, wie lange die Wunde schon besteht, ob es einen Anlass gab und ob Risikofaktoren (z. B. ein Diabetes) bestehen. Der Arzt beurteilt die Wunde genau und schaut auch an anderen Körperstellen, ob es mögliche weitere unbemerkte Wunden gibt. Das Aussehen der Wunde sowie andere Anzeichen wie der Geruch geben Hinweise auf den Ursprung der Störung. Gegebenenfalls sind weitere Untersuchungen wie z. B. eine bildgebende Untersuchung oder eine Blutuntersuchung erforderlich.
Die Therapie chronischer Wunden ist oft schwierig und nimmt viel Zeit in Anspruch. Ein wesentlicher Punkt ist, die Ursachen der schlecht heilenden Wunden zu bekämpfen. Zum anderen muss aber auch die richtige Wundbehandlung stattfinden.
Durch den Arzt wird die chronische Wunde gesäubert, indem sie mit einer reinigenden Lösung durchgespült wird. Sie muss mit dem richtigen Verband versehen werden, so dass günstige Bedingungen hergestellt werden, dass sie schließlich abheilt.
Abgestorbenes oder entzündliches Gewebe an der Wunde muss entfernt werden (Débridement). Dies kann als chirurgische Abtragung mit dem Skalpell geschehen oder unter Verwendung eines starken Wasserstrahls (Jet-Lavage). Auch kann ein Débridement mit Hilfe von Enzymen geschehen, die auf die Wunde gegeben werden und abgestorbenes Material auflösen. Diese Enzyme fördern zugleich die weitere Wundheilung. Bei manchen Patienten mit hartnäckigen oder schwerwiegenden Wunden wird eine Behandlung mit Maden (Fliegenlarven) durchgeführt, die das abgestorbene Material aufnehmen. Die Methode wird biochirurgisches Débridement genannt.
Falls eine Wundinfektion besteht, dann werden Antibiotika angewendet. Ebenfalls empfiehlt sich das Auftragen von Mitteln, die die Krankheitserreger abtöten und deren Vermehrung verhindern (Antiseptika).
Die chronische Wunde muss mit einem geeigneten Verband beziehungsweise einer Wundauflage versorgt werden. Die Abdeckung sorgt dafür, dass keine Krankheitserreger in die Wunde gelangen und dass sie feucht bleibt. Die Wundauflage nimmt andererseits entstehende Wundflüssigkeit auf.
Die herkömmliche Mullkompresse ist eine gute Möglichkeit der Wundabdeckung, sie habt aber auch Nachteile gegenüber neueren Materialien. Die Mullkompresse nimmt zwar relativ viel Flüssigkeit auf, aber an der Wunde trocknet sie oft an und verklebt mit dem Gewebe. Beim Abnehmen des Verbandes kann es leicht passieren, dass Gewebe von der Wunde weggerissen wird. Um das Milieu feucht zu halten, wird der Mullverband daher zusätzlich mit einem Plastikbeutel überdeckt. Mullkompressen und ähnliche Mittel werden als inaktive Wundauflagen bezeichnet, da sie lediglich die Flüssigkeit aufsaugen.
Interaktive Wundauflagen werden heutzutage häufig verwendet, da sie nur sehr gering mit dem Untergrund verkleben und ebenfalls die Wunde feucht halten. Zu den Materialien gehören Schaumstoff, Hydrogel oder Hydrokolloid. Sie fördern die Abheilung und schützen die Wunde vor Infektionen. Der Nachteil ist in den höheren Kosten gegenüber dem klassischen Mullverband zu sehen. Insgesamt lässt sich nicht eindeutig sagen, ob ein ursprünglicher oder ein moderner Wundverband angelegt werden sollte.
Als bioaktive Wundauflagen werden biologische Materialien wie z. B. ein Hauttransplantat bezeichnet.
Bei einigen Wunden, insbesondere bei größeren Befunden, eignet sich eine Vakuumtherapie. Dazu wird der Wundbereich versiegelt und ein Unterdruck (kein echtes Vakuum) an der Wunde erzeugt, so dass diese sich zusammenzieht, abschwillt und besser durchblutet wird. Wundsekret wird herausgesaugt. Die Vakuumtherapie (Vakuumversiegelung) begünstigt die Gewebevermehrung und Heilung und hält Krankheitserreger ab. Sie wird über eine oder mehrere Wochen fortgeführt.
Eine verbesserte Wundheilung vor allem bei diabetischem Geschwür oder arterieller Verschlusskrankheit als Ursache kann mit einer Sauerstoffbehandlung erzielt werden. Diese hyperbare Oxygenierung (HBO) geschieht in einer Überdruckkammer mit reinem Sauerstoff, den der Patient einatmet. Allerdings ist das Verfahren noch nicht ausreichend untersucht worden, um definitiv bestimmen zu können, ob sich die hyperbare Oxygenierung positiv auf die Wunde auswirkt.
Umstritten sind weitere Verfahren zur Unterstützung der Wundheilung, darunter z. B. die Verwendung von Nano-Silber in einem Verband.
Falls die Wunde sehr schmerzhaft ist, kann der Arzt ein Schmerzmedikament verschreiben. Falls notwendig, können auch weitere Methoden der Schmerztherapie angewendet werden.
Sollte eine Abheilung einer großen chronischen Wunde nicht zu erwarten sein, dann ist eine Operation ratsam. Eine Hauttransplantation wird durchgeführt, indem ein Stück Haut aus einer anderen Region (z. B. Oberschenkel) auf die offene Stelle verpflanzt wird. Statt eines herkömmlichen Hauttransplantats können auch spezielle Materialien verwendet werden, die beispielsweise aus menschlichen Zellen aufgebaut sind.
Chronische Wunden bestehen Wochen bis Monate und heilen oftmals von selbst nicht wieder zu. Unter einer konsequenten Wundbehandlung verschließen sich viele Wunden wieder. Unter Umständen können aber umfangreichere Maßnahmen wie eine Spezialtherapie oder eine Operation erforderlich sein. Nach der Abheilung einer chronischen Wunde besteht die Gefahr, dass sie erneut aufgeht oder an anderer Stelle eine weitere Wunde schlecht heilt. Deshalb ist es sehr wichtig für Betroffene, in Zukunft die Risiken zu vermindern. Sie sollten auf das Rauchen verzichten, sich gesund ernähren und den Diabetes gut unter Kontrolle haben. Patienten sollten, auch an anderen als den betroffenen Stellen, eine gewissenhafte Hautpflege ausüben. Gut eignen sich pH-neutrale Salben.
aktualisiert am 30.03.2023