Parenterale Ernährung ist eine Zufuhr von Nährstoffen über die Blutbahn. Der Verdauungstrakt wird dabei umgangen. Die parenterale Ernährung kann angewendet werden, wenn eine normale Nahrungsaufnahme nicht möglich oder zu gefährlich ist. Die Gabe der Nährstofflösung erfolgt über Infusionen in eine Vene.
Die parenterale Ernährung dient dazu, Mangelerscheinungen des Körpers zu verhindern, die sonst durch ungenügende Zufuhr von Nährstoffen entstehen würden. Eine Mangelernährung stört die Funktion der Organe und des Immunsystems. Solche Patienten bekommen häufiger Infektionskrankheiten und haben öfter Wundheilungsstörungen. Die Sterblichkeit nimmt zu. Deshalb sollten alle wichtigen Substanzen, egal auf welchem Wege, zugeführt werden. Das gilt im besonderen Maße auch für Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden.
Die parenterale Ernährung ist dann angezeigt, wenn Patienten über eine längere Zeit (in der Regel drei Tage oder mehr) nicht genügend über den Magen-Darm-Trakt ernährt werden können. Es handelt sich damit um Menschen, bei denen die normale Ernährung durch Essen und Trinken oder die Nahrungszufuhr über eine Magensonde nicht ausreicht. Die Ernährung kann durch Erkrankungen beeinträchtigt oder unmöglich sein - oder es bestehen Gegenanzeigen gegen die Ernährung über den Magen-Darm-Trakt.
Eine parenterale Ernährung kann bei einigen Erkrankungen notwendig sein. Die Ernährung über Infusionen muss geschehen, wenn bestimmte Krankheiten die Funktion der Verdauungsorgane massiv beeinträchtigen. Dazu gehören ein akuter Darmverschluss (Ileus) oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis), der Morbus Crohn in einer akuten entzündlichen Phase oder ein Kurzdarmsyndrom (Fehlen großer Teile des Dünndarms). Weiterhin kann ein ständiges Erbrechen oder ein länger andauernder schwererDurchfall eine Nahrungszufuhr über Infusionen nötig machen. Besteht ein starkes Untergewicht, so kann ebenfalls eine parenterale Ernährung in Frage kommen. Bisweilen kann auch eine Magersucht eine Ernährung über Infusionen erfordern.
Im Anschluss an Operationen von Magen oder Darm kann eine parenterale Ernährung erforderlich sein, vor allem wenn dort Verbindungen zwischen Anteilen des Magen-Darm-Rohres angelegt worden sind. Damit diese geschont werden, geschieht die Nahrungszufuhr abseits des Verdauungstraktes. Gleiches gilt, wenn sich in der Magen- oder Darmwand eine Öffnung zur Bauchhöhle hin entwickelt hat, die durch eine Operation verschlossen wurden. Nach entsprechenden Operationen wird durch eine parenterale Ernährung der Heilungsprozess gefördert.
Nährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett), Flüssigkeit und weitere lebenswichtige Stoffe (Vitamine, Spurenelemente, Elektrolyte) werden dem Körper über eine Vene (intravenös) verabreicht. Die Behandlung wird an den Zustand und an die Anforderungen des Patienten angepasst, weshalb es unterschiedliche Zusammenstellungen der Infusionen und mehrere mögliche Zugangswege gibt.
Die Nahrung wird in Form von Flüssiglösungen in die Blutbahn verabreicht. In jedem Fall ist ein Zugang zum Venensystem des Patienten notwendig, entweder eine herkömmliche Kanüle, ein zentraler Venenkatheter oder ein Spezialzugang (Port).
Ein herkömmlicher Venenzugang kann bei einer kurzzeitig notwendigen parenteralen Ernährung angewendet werden. Die Patienten benötigen eine zusätzliche Gabe von Infusionen zu ihrer enteralen Ernährung (Ernährung über Magen und Darm) oder von vornherein eine übergangsweise Ernährung außerhalb des Magen-Darm-Trakts. Der Zugang (periphere Verweilkanüle) wird am Handrücken oder an einer Armvene angelegt. Die Kanüle kann nur für einen gewissen Zeitraum bleiben, solange sich keine Entzündung entwickelt oder sich der Zugang zusetzt. Herkömmliche Venenzugänge am Arm sind nachteilig für eine längere parenterale Ernährung. Die eingebrachte Nährlösung kann zu Brennen und Schmerzen sowie oft bald zu einer Entzündungsreaktion in der Vene führen.
In vielen Fällen werden die Nährlösungen daher über einen zentralen Venenkatheter (ZVK) gegeben. Das ist ein dünner langer Zugang, der über eine Vene eingeführt und weit bis in die Gefäße kurz vor dem Herzen geschoben wird. Der zentrale Venenkatheter eignet sich auch für eine etwas längere parenterale Ernährung. An einem ZVK entstehen häufiger Komplikationen als an einer (peripheren) Verweilkanüle. Der zentrale Katheter kann zwar einige Zeit liegen, sobald er aber nicht mehr gebraucht wird, muss er zeitnah wieder entfernt werden.
Soll über lange Zeit eine parenterale Ernährung angewendet werden, dann wird in der Regel ein Port angelegt. Der Port ist ein spezialisierter Zugang, der unter der Haut über eine Membran immer wieder angestochen werden kann, um dort Infusionen zu geben. Um den Port einzuarbeiten, ist eine kleine Operation erforderlich.
Die Infusionslösungen zur Patientenernährung enthalten Wasser, Kohlenhydrate (Glucose/Zucker oder manchmal weitere Kohlenhydrat-Arten), Fette und Eiweiße (Aminosäuren), Elektrolyte (Salze), Vitamine und Spurenelemente. Hier gibt es unterschiedliche Lösungen mit abweichenden Anteilen. Omega-3-Fettsäuren sind oftmals zu einem guten Anteil vorhanden, weil sie vorbeugend gegen mögliche Entzündungen und Thrombosen wirken.
Wie viel Infusionslösung dem Patienten in welcher Zeit verabreicht wird, ist individuell unterschiedlich. Die benötigte Energie und somit Nährstoffzufuhr wird anhand bestimmter Formeln errechnet. Dabei spielen unter anderem der Grundumsatz und der Verbrauch durch Aktivität eine Rolle. Bei bettlägerigen Patienten liegt die benötigte Zufuhr nur leicht über dem Grundumsatz. Bei Erkrankungen kann sich der Bedarf an Nährstoffen deutlich erhöhen. Auch die benötigte Flüssigkeitszufuhr wird errechnet. Etwaige andere Infusionen (wie Medikamente) oder Flüssigkeitsgaben werden bei der Berechnung ebenso berücksichtigt wie ein Flüssigkeitsverlust über die Nieren, bei Erbrechen oder Durchfall. Weitere Bestandteile wie Elektrolyte, Spurenelemente und Vitamine können ebenfalls mit den Infusionen gegeben werden.
Die Infusionen können als fertige Mischungen mit verschiedenen Anteilen in der Flüssigkeit oder als Komponentensystem mit mehreren Kammern angehängt werden. Als standardmäßige vorgefertigte Infusionen mit mehreren Kammern, die vor Ort erst gemischt werden, gibt es im Wesentlichen Zweikammerbeutel und Dreikammerbeutel. Die Durchmischung bei den Kammersystemen geschieht durch einen gewissen Druck auf den Beutel, so dass die Zwischenverbindung aufgeht. Zusätzlich kann in die Infusionen noch eine weitere Zugabe von Substanzen erfolgen, beispielsweise Lösungen mit Spurenelementen.
In anderen Fällen müssen die Infusionen erst zusammengemischt werden, um den Patienten umfassend und bedarfsgerecht zu versorgen. Bevor eine Infusion als Mischung verwendet wird, muss sichergestellt sein, dass die einzelnen Lösungen miteinander verträglich sind. Die Mischung geschieht in der Regel unter keimfreien Bedingungen etwa in einer Krankenhausapotheke.
Die Infusionsernährung darf nicht zu schnell verabreicht werden, um keinen zu heftigen Anstieg der Blutwerte für die Nährstoffe zu bekommen (Blutzucker, Aminosäuren). Im Idealfall könnte die parenterale Ernährung über 24 Stunden kontinuierlich vonstatten gehen, praktisch ist dies aber meist nicht möglich, so dass wenigstens eine möglichst lange Dauer der Gabe erzielt werden soll.
Die Ernährungslösung kann als herkömmliche Infusion bereitgestellt werden, die höher hängt als der Patientenkörper und mit der Schwerkraft ins Blut fließt, oder mit Infusionspumpen eingespritzt werden. Dabei erweisen sich Infusionspumpen als überlegen, da sich die Geschwindigkeit der Infusion exakt einstellen lässt und eine kontinuierliche, langandauernde Infusion erfolgen kann.
Zwischendurch können an den Zugang auch andere Infusionen gehängt werden, etwa mit Arzneimitteln, die der Patient braucht.
Die Laborwerte des Patienten müssen immer wieder überprüft werden, um eine mögliche Entgleisung erkennen zu können und Komplikationen frühzeitig entgegenwirken zu können.
Die Gabe der Infusionen mit Nahrung kann über viele Jahre fortgeführt werden, wenn dies bei einem Patienten notwendig ist.
Eine parenterale Ernährung kann nicht nur in der Klinik erfolgen, sondern wird inzwischen oft auch bei Menschen zu Hause vorgenommen. Speziell ausgebildete ambulante Versorgungsdienste machen dies möglich. Voraussetzung für die heim-parenterale Ernährung ist das Einverständnis des Patienten und dessen Bereitschaft und Disziplin, dass die Ernährungstherapie korrekt durchgeführt wird.
Patienten, die eine parenterale Ernährung bekommen, sollten möglichst von Ernährungsfachleuten betreut werden wie spezialisierten Ärzten, Pharmazeuten, Pflegepersonal, Diätassistenten und Ernährungswissenschaftlern. Sie stellen sicher, dass der Patient die richtige Zusammensetzung der Infusion bekommt und einen geeigneten Zugang hat. Bei Problemen kann das Team entgegenwirken, so dass es zu weniger Komplikationen kommt.
Anstelle einer parenteralen Ernährung kann bei einigen Patienten auch eine Zufuhr von Nahrung über eine Magensonde erfolgen. Für eine längerfristige Ernährung kann eine spezielle Sonde über die Bauchwand in den Magen gelegt werden (PEG, perkutane endoskopische Gastrostomie). Spezielle Formen der Ernährung über eine Vene (halbkalorische Ernährung) stehen ebenfalls zur Verfügung. Eine Infusion mit Flüssigkeit kann zudem unter die Haut (subkutan) geschehen.
An dem Zugang beziehungsweise der Kanüle, dem Katheter oder Port können Komplikationen wie Blutungen, Infektionen und Thrombosebildung entstehen. Auch kann sich der Zugang verschließen, so dass er gespült oder gegebenenfalls neu angelegt werden muss. Über den Venenkatheter können Krankheitserreger eindringen wie Bakterien. Der Katheter muss daher nach einigen Wochen gewechselt werden, falls die Zufuhr nicht über ein Portsystem erfolgt.
Infusionen, die zu schnell gegeben werden, können zu Problemen wie einem hohen Blutzucker, zu hohem Aminosäuren-Anteil mit folgender Übelkeit, zu einem Fettanstieg (Triglyzeride im Blut) und zu veränderten Eigenschaften des Blutserums (Osmolarität) führen. Sind die Nährstoffe nicht richtig ausbalanciert, dann kann es zu Stoffwechselproblemen kommen, beispielsweise eine Fettleber, wenn zu viele Kohlenhydrate gegeben werden.
Bestimmte Patienten benötigen die parenterale Ernährung unbedingt zum Überleben. Teils ist eine bessere Genesung möglich als bei der herkömmlichen oder Sondenernährung, so dass der Zustand des Patienten unter parenteraler Ernährung besser ist. Die Nahrung über Infusionen ist teils lebensverlängernd. Inzwischen kann eine parenterale Ernährung über viele Jahre fortgeführt werden.
Wenn möglich, sollte aber eine enterale Ernährung (Ernährung über den Magen-Darm-Trakt) vorgenommen werden. Die parenterale Nahrungszufuhr hat zum einen eine recht hohe Rate an teils schweren Komplikationen und ist zum anderen kostenintensiv.
aktualisiert am 21.04.2023