Unter Selbstmord, auch Selbsttötung oder lateinisch Suizid bezeichnet, versteht man das willentliche Beenden des eigenen Lebens durch beabsichtigtes Handeln oder absichtliches Unterlassen von lebenswichtigen Mitteln wie Medikamente oder Nahrungsmittel. In der modernen Wissenschaftssprache wird das Wort Suizid bevorzugt.
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation begehen weltweit etwa eine Million Menschen Suizid pro Jahr. Die Sterblichkeit durch Suizid ist stark abhängig von Alter und Geschlecht. Der Anteil von Selbsttötungen an den Todesursachen erreicht bei jungen Erwachsenen sein Maximum. Dagegen ist die Häufigkeit von Suizidversuchen bei jungen Frauen am größten und bei älteren Menschen am niedrigsten. Bei jüngeren Menschen dominieren parasuizidale Gesten und Pausen, bei älteren Menschen besteht hingegen eine Selbsttötungsabsicht.
Etwa 90 Prozent aller Suizide in westlichen Gesellschaften werden heute durch diagnostizierbare psychische Erkrankungen verursacht. Leider wird diese Verdachtsdiagnose meist erst nach einem erfolgreichen Suizid gestellt. Auf der anderen Seite gibt es Patienten mit bereits bekannter psychiatrischer Krankheit, die ebenfalls einen hohen Anteil an den Suiziden ausmachen. Demnach kommt Suizid gehäuft bei allen Psychosen vor, vor allem bei Depressionen und manisch-depressiven Erkrankungen.
Des Weiteren spielen Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und chronische Schmerzen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auslösende Faktoren für einen Suizid können Lebenskrisen wie Trennung vom Partner oder Versagensängste sein, als alleiniger Hintergrund kommen sie jedoch nur in ca. 5 bis 10 Prozent der Fälle in vor.
Ein Mensch tötet sich nur dann selbst, wenn das Weiterleben unerwünschter eingeschätzt wird als der Tod. Interessanterweise ist die Suizidrate von Ärzten bis zu 5-mal höher als die anderer Bürger. Eine mögliche Erklärung ist neben der berufsbedingten dauerhaften Beschäftigung mit belastenden Themen wie Krankheit und Tod, dass Ärzte Zugang zu Mitteln zur Ausführung eines Suizids besitzen.
In der Bundesrepublik Deutschland werden folgende Suizidmethoden häufig durchgeführt:
Männer greifen eher zu so genannten harten Suizidmethoden wie Erhängen, Erdrosseln oder Ersticken, Sturz in die Tiefe, Erschießen und Schienen- oder Straßensuizid. Frauen verwenden häufiger weiche Methoden wie eine Vergiftung mit einer Überdosierung von Medikamenten usw.
Suizid ist nicht immer vorhersehbar. Dennoch gibt es in vielen Fällen Anzeichen und Schemata, die auf solche Situationen hindeuten können. Oft werden sie jedoch nicht als ernsthaft genug eingestuft oder aus anderen Gründen im wahrsten Sinne des Wortes „totgeschwiegen".
Der Suizidforscher Ringel beschreibt die Anzeichen als präsuizidales Syndrom. Ein stadienhaft, gesetzmäßig ablaufendes Schemata, um zu zeigen wie der Betroffene suizidal wird (eben noch nicht ist!):
Typische Symptome sind: Rückzug aus dem sozialen Leben (Familie und Freunde), nicht mehr flexibel im Verhalten, Antriebsverlust, gefühlsmäßiger Rückzug und Erleben von Aussichtslosigkeit.
Mangelnde Leitfähigkeit der Gefühle, keine Aggressionsabfuhr, Ausrichtung der Aggression gegen sich selbst usw.
Aktive oder sich passiv aufdrängende Suizidgedanken, ständige Beschäftigung mit dem Thema „Tod" usw.
Grundsätzlich unterscheidet man drei Phasen des Suizids:
In dieser Phase beschäftigt sich der Betroffene allgemein mit dem Thema Suizid, denkt darüber nach, wie es wäre, tot zu sein.
Der Betroffene sieht Selbstmord als Möglichkeit, seine persönlichen Probleme zu lösen. Man sucht nach Gründen für und gegen das Leben. Es handelt sich um eine Phase der Unentschlossenheit und der Abwägung. Eventuell wird mit anderen offen darüber gesprochen. Der Betroffene muss in dieser Phase unterstützt werden, am Leben zu bleiben, da er hier noch unentschlossen und ansprechbar ist.
Der Betroffene hat in dieser Phase eine endgültige Entscheidung getroffen. Während er schon Vorbereitungsmaßnahmen trifft, wirkt er nach außen hin ruhig, kühl und unbeteiligt. Einige verschenken sogar ihr persönliches Eigentum oder schreiben ihr Testament. Der Betroffene wirkt erleichtert, da er seine Entscheidung endlich getroffen hat. Es ist sehr schwer wieder Zugang zum Betroffenen zu finden.
Vor der Suizidhandlung suchen viele Menschen noch einen Arzt auf, ohne aber die Suizidabsicht selbst anzusprechen. Sie klagen vielmehr über körperliche Beschwerden oder psychische Verstimmung. Der eigentliche Hilferuf steht nicht im Vordergrund der Beschwerden. Insgesamt werden etwa 75 Prozent der Suizidhandlungen angekündigt.
Als Risikofaktoren können insbesondere aufgelistet werden:
Alter, Vereinsamung, körperliche Erkrankungen, psychische Störungen (vor allem Depression oder Schizophrenie), belastende Faktoren (z.B. finanzielle Sorgen, Scheidung, Umzug, Erfolgsdruck, Alkohol- oder Suchtprobleme), traumatische Erlebnisse, Vorliegen einer Suchterkrankung, Suizide oder Suizidversuche in der Familie sowie bereits erfolgte Suizidversuche.
Im akuten Fall oder bei Verdacht auf einen Suizidversuch, sollte der sozialpsychiatrische Dienst der Gemeinde oder die Polizei verständigt werden. Unter Umständen kann ein stationärer Aufenthalt oder eine ambulante Behandlung erforderlich sein.
Doch wie soll man mit Personen umgehen, die noch nicht akut gefährdet sind, aber sich schon ziemlich konkret mit diesem Thema beschäftigen? Wichtig ist vor allem, über das Thema offen zu sprechen.
Es handelt sich meist um eine Lebenskrise, die der Betroffene nicht mehr selbständig bewältigen kann. Der Suizid dient vielmehr der Erlösung von seelischem und körperlichem Leid. Es ist ein Appell bzw. ein Hilferuf an die Umwelt oder aber sie dient der Entlastung von Schuldgefühlen und der Bestrafung der eigenen Person. Egal welcher Grund dahinter liegt, Tatsache ist, dass der Betroffene mit einer Situation überfordert ist und diesem ein Ende setzen will.
Wichtig ist ein offenes Gespräch, um Gelegenheit zu geben, andere Lösungswege aus der Krise zu finden. Das schlimmste was man tun kann, ist Nichts zu tun. Man sollte dem Gegenüber zuhören, ihn ernst nehmen, entlasten, sein Selbstvertrauen fördern, ihm keine Schuld zuweisen und Vertrauen, Sicherheit und Respekt schenken.
In den meisten Fällen wird ein Suizid vorher angekündigt. Daneben gibt es auch einige Zeichen, die einem Suizid vorausgehen können und als präsuizidales Syndrom bezeichnet werden. Zu diesen Symptomen gehören insbesondere Einengung des Denkens, Aggressionshemmung bzw. Aggressionsumkehr und Suizidfantasien. Solche Ankündigungen und Warnzeichen sind immer ernst zu nehmen und der Betroffene ist beim Verdacht einer Suizidalität offen darauf anzusprechen.
Menschen, die einen Suizid begehen wollen argumentieren, dass sie meist niemanden finden, mit dem sie über diese Gedanken sprechen können. Ein zentraler Punkt der Prophylaxe besteht darin, über die Probleme und Suizidgedanken dieser Menschen zu reden, damit sie nicht in eine noch stärkere Isolation geraten. Aus diesem Gedanken entstand auch die Telefonseelsorge als Einrichtung der Suizidprävention.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erstmals im Jahre 2003 den 10.September als Welt-Suizid-Präventionstag ausgerufen. Mit diesem Jahrestag soll in der Öffentlichkeit auf dieses Tabuthema aufmerksam gemacht werden. Nach Auffassung der WHO stellt der Suizid eines der größten Gesundheitsprobleme der Gegenwart dar. Suizidversuche könnten durch eine umfassende Aufklärung über Suizidmethoden und Konsequenzen des Scheiterns vermieden werden.
In Deutschland ist der Suizidversuch als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts straffrei, ebenso die Teilnahme (Beihilfe und Anstiftung). Strafbar ist jedoch die Verleitung eines Schuldunfähigen oder die „Anstiftung" mittels einer Täuschung, welches zum Tod führt.
Ist jemand aufgrund einer Garantenpflicht verpflichtet (z.B. Ärzte oder Angehörige), eine Selbsttötung zu verhindern, so kann dieser wegen Totschlags durch Unterlassen bestraft werden, wenn er die gebotene Rettungshandlung unterlässt. Aber auch jeder rein zufällige Zeuge oder Gehilfe kann ferner, wenn er keine Hilfe leistet, nachdem der Suizident die Tatherrschaft verloren hat, wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323 c StGB bestraft werden.
Wenn Sie depressiv sind und Selbstmord-Gedanken haben, dann kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222.
Letzte Aktualisierung am 15.12.2020.