Viele Läufer kennen den unangenehmen Schmerz im Gesäßbereich, der auf das Piriformis-Syndrom zurückzuführen ist, gut. Mitunter sind diese starken Schmerzen bis in den Oberschenkel hinein zu spüren. Doch woher hat das Piriformis-Syndrom seinen Namen und was verbirgt sich dahinter? Das Krankheitsbild entsteht im Muskel, hat aber mehrere Facetten und Auswirkungen.
Das Piriformis-Syndrom wurde in Anlehnung an den Piriformis-Muskel benannt. Der Musculus piriformis gehört zur Hüftmuskulatur und ist unterhalb der Gesäßmuskulatur zu finden. Diese tiefe Muskulatur nimmt ihren Ursprung unmittelbar am Kreuzbein und führt bis in den Oberschenkel hinein. Dort setzt der Muskel an einem Vorsprung des Oberschenkelknochens an.
In unmittelbarer Nähe zum Piriformis befindet sich der größte Nerv des gesamten Körpers, der ebenso dafür bekannt ist, vielen Menschen erhebliche Probleme und Schmerzen zu bereiten. Die Rede ist vom Ischias-Nerv. Dementsprechend handelt es sich beim Piriformis-Syndrom um eine Ischias-Nervenreizung.
Diese Nervenreizung ist darauf zurückzuführen, dass der Piriformis-Muskel sich verdickt, entzündet oder verspannt hat. Aufgrund des Platzmangels wird der Nerv eingeengt, was zu unangenehmen Nervenschmerzen führt. Allerdings handelt es sich bei dem sogenannten Piriformis-Syndrom um eine neuromuskuläre Erkrankung, die selten auftritt.
Dass der Piriformis-Muskel den Ischias einengt, ist in vielen Fällen die Folge von Sport oder anderen körperlichen Tätigkeiten, beispielsweise von schwerem Heben aus der Hocke. Der Muskel wird überlastet oder fehlbelastet. Längeres Sitzen ohne Positionswechsel, etwa im Büro, ist ein weiterer möglicher Auslöser. Bei einem Sturz unmittelbar auf das Hinterteil kann es ebenso zu diesem Krankheitsbild kommen. Dies ist dann auf Gewebevernarbungen in der Hüftmuskulatur zurückzuführen. Sollte das Piriformis-Syndrom durch die Vernarbungen durch einen Sturz ausgelöst werden, dann dauert die Entstehung viele Wochen bis hin zu mehreren Monaten.
Die Betroffenen können die Ursache für das Piriformis-Syndrom häufig nicht korrekt zuordnen, da sie sich an den ursächlichen Sturz kaum erinnern. Darüber hinaus gibt es Menschen, die mit einer Funktionsstörung ihres Kreuzbein-Darmbein-Gelenks (Iliosakralgelenks) zu kämpfen haben. Dies kann auf Dauer zu einer veränderten Muskelspannung führen, die das Piriformis-Syndrom ebenfalls auslösen kann.
In jedem Fall geht das Piriformis-Syndrom mit einer Quetschung im Bereich des Gesäßes einher. Diese Quetschung kann wiederum von unterschiedlichen Faktoren, wie den vorangehenden Beispielen, hervorgerufen werden. Im Übrigen ist der Piriformis-Muskel bei fast allen Sportarten gefordert, da er genutzt wird, um den Oberschenkel zu drehen und anzuheben. Somit kann es bei den verschiedensten Sportarten als Folge einer Verletzung oder Überlastung zum Piriformis-Syndrom kommen.
Die Schmerzen, die mit dem Piriformis-Syndrom einhergehen, ähneln denen eines Bandscheibenvorfalls, so dass die Betroffenen häufig stark leiden. Der eingeengte Ischias führt nicht nur zu starken Gesäßschmerzen sowie Schmerzen im Bereich des Oberschenkels. Vielmehr können die Schmerzen bis in das weitere Bein ausstrahlen und auch folgende Symptome sind keine Seltenheit:
Diese Symptome verspüren die Betroffenen vor allem im Sitzen. Aber auch beim Treppensteigen, Radfahren sowie beim Joggen machen sich die Schmerzen sowie Missempfindungen deutlich bemerkbar. Körperhaltungen, bei denen der Piriformis-Muskel unter Druck gerät, verschlimmern die Symptomatik zusätzlich, da der Ischias-Nerv dann noch mehr eingeengt wird.
Da die Symptome des Piriformis-Syndroms auf den ersten Blick nicht von denen eines Bandscheibenvorfalls zu unterscheiden sind, ist es wichtig, sich an einen fachkundigen Arzt zu wenden. Dieser fragt nicht nur die Beschwerden der Betroffenen ab, sondern untersucht sie auch. Der Arzt testet, ob bei bestimmten Bewegungen Schmerzen innerhalb des Gesäßes auftreten. Mitunter ist ein angespannter, sehr schmerzempfindlicher Piriformis-Muskel sogar von außen zu ertasten.
Einen eindeutigen Test, der klar auf das Piriformis-Syndrom schließen lässt, gibt es bisher jedoch nicht. Vielmehr wird der Arzt eine Ausschlussdiagnose stellen. Das bedeutet, dass der Arzt sichergeht, dass die Beschwerden von keiner der nachfolgenden Krankheitsbilder verursacht werden. Diese gehen, genau wie ein Bandscheibenvorfall, nämlich mit sehr ähnlichen Symptomen einher:
Als Teil dieses Ausschlussverfahrens unterziehen sich die Betroffenen daher mitunter verschiedenen bildgebenden Verfahren. Denn nur mittels einer Röntgenuntersuchung oder dank einer Kernspintomographie (MRT) kann der Arzt die genannten Erkrankungen entweder diagnostizieren oder sie ausschließen.
Bei der Therapie des Piriformis-Syndroms geht es zunächst darum, Bewegungen zu vermeiden, welche die Schmerzen auslösen oder sie noch schlimmer machen. Joggen oder Radfahren sind daher eine Weile zu meiden. Sofern die Schmerzen im Sitzen besonders schlimm sind, sollten die Betroffenen eine andere Haltung einnehmen. Entspannung sowie Wärme- und Kältepackungen tragen darüber hinaus zu eine spürbaren Schmerzlinderung bei.
Besonders im Anfangsstadium des Piriformis-Syndroms werden die Betroffenen häufig von extremen Schmerzen geplagt. Daher kann der Arzt Schmerzmittel verordnen, die gleichzeitig eine entzündungshemmende Wirkung haben. Auch Muskelrelaxanzien (muskelentspannende Mittel) sind neben den Schmerzmitteln wie Diclofenac und Ibuprofen sinnvoll. Allerdings kann nur der behandelnde Arzt über die genaue Medikamenteneinnahme entscheiden.
Mitunter werden die Schmerzmittel sogar direkt in das Gesäß gespritzt. Dabei kommen unter anderem entzündungshemmende Glukokortikoide (zu denen das Cortison gehört) zum Einsatz. Selbst ein Gang zum Physiotherapeuten kann sehr sinnvoll sein, damit die Muskeln rund um den Ischias gedehnt werden können und diesen weniger einengen. Außerdem können die Betroffenen die korrekte Körperhaltung zusammen mit ihrem Therapeuten trainieren.
Daheim lässt sich der Piriformis-Muskel wie folgt selbst dehnen:
Darüber hinaus besteht in manchen Fällen die Möglichkeit einer Ultraschallbehandlung. Wenngleich eine Operation denkbar ist, wird diese nur in sehr schweren Fällen des Piriformis-Syndroms angeraten. Dabei durchtrennt der behandelnde Chirurg den Piriformis-Muskel. Generell sollten sich die Betroffenen darauf einstellen, dass es sich beim Abheilen des Piriformis-Syndroms um eine längere Angelegenheit handelt.
Viele Betroffene fragen sich, ob es besser ist Kälte oder Wärme bei der Behandlung der Symptome einzusetzen. Ziel ist es, die Glutealmuskulatur und vor allem den Piriformis-Muskel zu entspannen. In der Regel werden Wärmebehandlungen eingesetzt. Eine äußere Wärmebehandlung dringt nicht so tief ein, wie es für eine gezielte Behandlung nötig wäre.
Die Entspannung der Muskulatur wird hauptsächlich mit Entspannungsübungen und Massagen erzielt. Ebenso werden Medikamente eingesetzt und in seltenen Fällen wird eine Operation durchgeführt.
Kälte dagegen wird vor allem dann eingesetzt, wenn eine Entzündung vorliegt. Kälte wirkt dabei schmerzlindernd. Beim Piriformis-Syndrom liegt keine Entzündung, deshalb ist die Anwendung von Kälte nicht wirksam. Allerdings spricht nichts dagegen bei anhaltenden Symptomen auch auszuprobieren, ob die Kühlung der betroffenen Region Linderung verschafft.
Wer sich vor dem Training ausreichend aufwärmt, kann dem Piriformis-Syndrom vorbeugen. Außerdem sollten sich alle Hobbysportler bei ihrem Training eher langsam steigern, um keine Piriformis-Verletzung oder -Überlastung zu riskieren. Wer beim Joggen unebene Böden sowie Steigungen meidet, ist auf der sicheren Seite. Außerdem ist auf eine möglichst gute Körperhaltung beim Laufen sowie die korrekte Ausführung und Haltung bei anderen Sportübungen zu achten.
Sofern es zu Schmerzen beim Sport kommt, ist eine Pause unbedingt zu empfehlen, um den eigenen Körper nicht zu stark zu beanspruchen. Erst wenn die Schmerzen nachgelassen haben, sollte das Training fortgesetzt werden. Sofern es bereits zu Piriformis-Schmerzen gekommen ist, ist eine längere Trainingspause sinnvoll.
Da in Deutschland zu viele Bandscheiben-Operationen durchgeführt werden, die sich hätten vermeiden lassen, ist eine umfassende Diagnosestellung so wichtig. Die Beschwerden am Piriformis-Muskel werden oft vermeintlich für Bandscheibenprobleme gehalten. Gerade Menschen, die viel Sport treiben oder einen Sturz auf das Gesäß hinter sich haben, sprechen ihren Arzt auf diese vorangegangenen Einwirkungen oder am besten gezielt auf das Piriformis-Syndrom an. In Zweifelsfällen ist das Einholen einer Zweitmeinung möglicherweise sinnvoll.
aktualisiert am 10.12.2019