Ein Unterkieferbruch kann ein schwerer Bruch sein, bei dem ein operativer Eingriff und eine über Monate dauernde erhebliche Einschränkung die Folge sein kann. Möglich ist aber auch eine Fissur, ein nicht vollständiger Bruch, der zwar ebenfalls schmerzhaft ist und die Funktion des Kiefers behindert, aber für gewöhnlich komplikationslos ausheilt. Die lange Behinderung aber, die Folge einer schwereren Verletzung ist, sorgt für Probleme, die selbst bei regulärem Heilungsverlauf eine zusätzliche Therapie braucht. Dazu gehören Maßnahmen der Physiotherapie, um die Beweglichkeit und Kraft im Kiefer wiederherzustellen. Die Kosten übernehmen für gewöhnlich die Krankenkassen, um eine regelrechte Wiederherstellung und ein schmerzfreies Leben zu ermöglichen.
Ein Unterkieferbruch (Unterkieferfraktur) wird bei einigen Patienten mit einer Operation behandelt, bei anderen wird der Kiefer nur über vier bis sechs Wochen ruhiggestellt. Dazu wird häufig der Oberkiefer mit dem Unterkiefer über Gummibänder befestigt. Gerade bei dieser Ruhigstellung kommt es zu Folgen, die die Muskulatur betreffen.
Schwere Verletzungen und Schmerzen führen immer dazu, dass der Patient eine Schonhaltung einnimmt. Das hat Einfluss auf die Muskulatur. Die Kiefermuskeln sind komplex und stehen miteinander in Wechselwirkung. Eine Störung verursacht daher Probleme mit den weiteren Muskeln. Im Falle des gebrochenen Unterkiefers ist oft die Nackenmuskulatur betroffen, in schweren Fällen auch die Muskulatur der Schultern und weiterer Regionen. Die Probleme entstehen auch dadurch, dass durch die eingeschränkte Beweglichkeit der Organismus versucht, die Einschränkung zu kompensieren. Selbst wenn dann die eigentliche Verletzung zur Ausheilung gekommen ist, braucht die Muskulatur noch lange Zeit, bis die ursprüngliche Beweglichkeit wiederhergestellt ist. Das macht oftmals Unterstützung erforderlich. Bleibt die Unterstützung im Rahmen einer physiotherapeutischen Behandlung aus, kann das dazu führen, dass der Betroffene nicht mehr zur gleichmäßigen Belastung des Kiefers und weiterer beteiligter Muskeln zurückfindet. Auch vor diesem Hintergrund ist die physiotherapeutische Behandlung wichtig.
Schließlich erschlafft die Muskulatur direkt an der verletzten Stelle, wie auch die, die durch die Schonhaltung beeinträchtigt ist. Aufgrund der Umstände wird die Muskulatur nicht richtig trainiert und kann verkümmern. Der Aufbau braucht Zeit. Außerdem kommt in vielen Fällen eine gewisse Angst dazu, den verletzten Unterkiefer wieder zu belasten.
Die Beweglichkeit des Kiefers, die Mundöffnung und der Mundschluss können durch diese Ursachen stark eingeschränkt sein, ebenso wie das Beißen und Kauen.
Die Therapie wird vom behandelnden Arzt verordnet und vom Physiotherapeuten durchgeführt. Physiotherapeuten sind vielseitig ausgebildet und können Risiken und Chancen für den Patienten abschätzen. Spezielle Maßnahmen zur Rehabilitation (Reha) sind meist nicht notwendig.
Die Rückkehr in die Normalität kostet Zeit und eine professionelle Betreuung ist erforderlich. Das ist durch die Begleitung eines Physiotherapeuten gewährleistet, der auf dem speziellen Gebiet geschult ist. Der Therapeut verhilft dem Patienten zu den normalen Bewegungsabläufen zurück, denn durch die beeinträchtigten Bewegungen über eine lange Zeit müssen die Betroffenen oftmals das richtige Kauen und Beißen erst wieder lernen. Möglicherweise sind auch Nerven geschädigt, was das Kauen deutlich erschwert. Der Physiotherapeut kann durch gezielte Trainingsmethoden dem Patienten helfen, die Defizite auszugleichen.
Der Patient lernt, wie er die Beweglichkeit des Kiefers langsam steigern kann. Dazu gehört z. B. das Verschieben von rechts nach links. Außerdem trainiert der Patient mit professioneller Unterstützung, den Unterkiefer langsam nach vorn zu schieben. Mundöffnungsübungen können ebenfalls zum Programm der Physiotherapie gehören. Durch diese Bewegungen wird die Muskulatur gelockert und gedehnt. Erschlaffte Muskeln bauen sich wieder auf.
Der Betroffene bekommt außerdem Handgriffe gezeigt, mit denen er seine verspannte Muskulatur lockern kann, wobei leichte Massagen helfen. Sind die Verspannungen weiter fortgeschritten, löst der Physiotherapeut die Verhärtungen durch gezielten Druck auf die Muskeln. Das kann vorübergehend schmerzhaft sein, führt aber zu einer schnellen Besserung.
Konnte der Patient über lange Zeit keine feste Nahrung aufnehmen, muss er schrittweise wieder mit dem Kauen halbfester und schließlich auch fester Nahrung beginnen. Da der Wunsch groß ist, wieder feste Speisen zu essen, besteht die Gefahr des Verschluckens. Auch hier kann Unterstützung nötig sein.
Die Behandlung muss an die Möglichkeiten des Patienten angepasst sein. Deshalb können unterstützende Therapien sinnvoll sein, wie eine Wärmebehandlung oder eine Therapie auf naturheilkundlicher Basis. Vielen Patienten hilft auch eine Bissschiene. Kinder brauchen zudem eine andere Zuwendung und Begleitung als verständige Jugendliche und Erwachsene. Auch Personen, die in ihrer Aufnahmefähigkeit eingeschränkt sind, sind auf weitere Hilfe angewiesen. Diese Begleitung ist ein wichtiger Schritt zurück in die Selbständigkeit, ganz besonders nach schweren Verletzungen.
aktualisiert am 08.11.2017