Der größte Teil der Bandscheibenvorfälle wird konservativ (ohne Operation) behandelt. Therapiemaßnahmen sind in der Regel die Gabe von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten, Physiotherapie, Massagen, Rückenschulung sowie Kräftigungsübungen für die wirbelsäulenstabilisierende Muskulatur. Diese Therapieformen sind eher schulmedizinisch und ihre Wirksamkeit ist oftmals durch wissenschaftliche Studien belegt. In den letzten Jahren wird der Osteopathie als ganzheitlicher Therapieform immer mehr Aufmerksamkeit zuteil. Als Ergänzung oder Alternative zur Schulmedizin wird sie auch immer häufiger zur Behandlung von Rückenbeschwerden eingesetzt.
Die Osteopathie betrachtet den menschlichen Körper als eine funktionelle Einheit. Der Kopf, die Wirbelsäule, die Arme und Beine, die zugehörigen Gelenke, Muskeln und Bänder und auch die Organe und das Nervensystem werden als eine in Verbindung stehende Einheit betrachtet. Verbunden sind diese Einzelbereiche aus Sicht der Osteopathie durch sogenannte Faszien. Faszien sind Strukturen aus Bindegewebe, die Muskeln und Muskelgruppen, aber auch Knochen, Organe und Nerven umhüllen. Osteopathen gehen davon aus, dass über die Faszien ganz unterschiedliche Gewebe im menschlichen Körper miteinander in Verbindung stehen. Spannungen in einem Bereich des Körpers können somit Auswirkungen auf andere Bereiche haben und dort Symptome auslösen.
Ein wichtiger Grundgedanke in der Osteopathie ist es deshalb, nicht die Symptome, sondern die Ursachen der Symptome zu behandeln. Diese liegen oftmals nicht an dem Ort, an dem die Symptome auftreten. Durch das Lösen vorhandener Spannungen und Blockaden im Fasziensystem werden die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert und eine Selbstregulation kann beginnen. Dies ist ein weiterer wichtiger Grundgedanke in der Osteopathie.
Grundsätzlich werden drei Teilgebiete unterschieden:
Erhöhte Spannungszustände oder Blockaden in allen Teilbereichen können für die Entstehung von Symptomen, auch im Bereich der Wirbelsäule, mit verantwortlich sein.
Zu Beginn führt der Osteopath ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, die sogenannte Anamnese. Hierbei erhält er Auskunft über die momentane Symptomatik, mögliche Stürze oder Unfälle in der Vergangenheit, Arbeitsbelastungen, Gewohnheiten, Sport und Ähnliches. Danach folgt die Inspektion. Im Stand schaut der Therapeut nach Fehlhaltungen, körperlichen Auffälligkeiten und anderen Besonderheiten, die direkt sichtbar sind. Eine Beobachtung der Bewegungsabläufe beim Gehen, die Ganganalyse, kann ebenfalls Hinweise auf Bewegungseinschränkungen, Kompensationsmechanismen und sonstige Auffälligkeiten geben.
In der ausführlichen körperlichen Untersuchung prüft der Osteopath die Beweglichkeit der Gelenke sowohl an der Wirbelsäule als auch an den Extremitäten. Er erspürt Spannungszustände der Haut, der Muskulatur, des Bindegewebes und der Faszien. Ebenso untersucht er die Beweglichkeit der inneren Organe. Auch eine neurologische Untersuchung wird durchgeführt. Hierzu zählen die Überprüfung der Sensibilität (Missempfindungen, Taubheit und Ähnliches), die Testung der Reflexe und die Kraftprüfung der Muskulatur.
Aus all diesen Befunden kann der Osteopath Rückschlüsse ziehen, ob die Beschwerden des Patienten höchstwahrscheinlich von einem Bandscheibenvorfall ausgelöst werden oder ob andere Strukturen für die Symptomatik verantwortlich sind.
In der Behandlung nimmt der Osteopath auf alle Körperstrukturen, die bei der körperlichen Untersuchung Auffälligkeiten in der Beweglichkeit oder im Spannungszustand gezeigt haben, Einfluss. Hierzu stehen ihm zahlreiche Behandlungstechniken und Handgriffe zur Verfügung. Ziel der Behandlung ist die Linderung der Schmerzsymptomatik, die Normalisierung von Spannungszuständen in den unterschiedlichen Geweben sowie die Verbesserung der Beweglichkeit von Haut, Bindegewebe, Muskulatur, Faszien und Gelenken. All dies hat einen positiven Einfluss auf die Verringerung der Schonhaltung und sorgt dafür, dass die Symptomatik dauerhaft gelindert werden kann. Alle Maßnahmen des Osteopathen dienen dazu, die Selbstheilungskräfte und die Eigenregulation des Körpers zu aktivieren und zu unterstützen. Die Ursachen des Bandscheibenvorfalls sollen dauerhaft behoben werden, um die Entstehung erneuter Bandscheibenvorfälle in der Zukunft zu verhindern.
Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von osteopathischen Behandlungen stehen vielfach noch aus. Für die Linderung chronischer Wirbelsäulenschmerzen gibt es erste Studienergebnisse, die eine Wirksamkeit von Osteopathie nachweisen können. Vor diesem Hintergrund ist der osteopathische Therapieansatz auch bei Bandscheibenvorfällen eine Möglichkeit, die in Ergänzung zur Schulmedizin Linderung erreichen kann.
Bei vielen gesetzlichen Krankenkassen gibt es mittlerweile Regelungen für eine zumindest teilweise Kostenübernahme. Wie die genauen Modalitäten sind, sollte vor Therapiebeginn mit der jeweiligen Krankenkasse abgesprochen werden. Vielfach wird von der Kasse eine ärztliche Verordnung gewünscht, die die osteopathische Behandlung befürwortet. Diese kann in der Regel durch den Hausarzt ausgestellt werden.
Im Bereich der Osteopathie gibt es sehr unterschiedliche Ausbildungen und auch zahlreiche Berufsverbände. Bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten hilft es manchmal, Kontakt zu den Berufsverbänden aufzunehmen. Sie verfügen meist über Therapeutenlisten, die nach Postleitzahlen sortiert sind. Ebenso kann es hilfreich sein, bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen. Hier gibt es ebenfalls oft Listen, bei welchen Therapeuten die Kasse eine Therapie teilweise mitfinanziert.
Ratgeber Nerven, Jan Zimmermann – Osteopathie: die ganzheitliche Heilmethode: https://www.ratgeber-nerven.de/rueckenschmerzen/hilfe/welcher-arzt/osteopathie/ (online, letzter Abruf: 29.10.2020)
Gesundheitsjournal – Osteopathie bei Bandscheibenvorfall hilfreich und sinnvoll oder nicht?: https://www.gesundheitsjournal.de/412/osteopathie-bei-bandscheibenvorfall-sinnvoll-und-hilfreich-oder-nicht (online, letzter Abruf: 29.10.2020)
Spiegel Gesundheit, Tom Nebe – Osteopathie Was sie kann - und was nicht: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/osteopathie-was-die-therapie-kann-und-was-nicht-a-1044905.html (online, letzter Abruf: 29.10.2020)
Osteopathie Berlin – Faszien, Faszienmobilisation und Faszientraining: http://www.osteopathie-berlin-wolke.de/osteopathie/faszien.htm (online, letzter Abruf: 29.10.2020)
Dr. Thomas Grindel – Hilft Osteopathie wirklich bei einem Bandscheibenvorfall: https://www.thomas-grindel.de/ (online, letzter Abruf: 02.11.2020)
Osteomedicum, Dr. Artur Teichgräber – Osteopathie bei Bandscheibenvorfall, Rückenschmerzen und mehr: https://osteomedicum.de/osteopathie/ (online, letzter Abruf: 02.11.2020)
medon, Mario Habersack – Osteopathie Bandscheibenvorfall: https://www.medon.de/
aktualisiert am 02.11.2020