In Deutschland werden jährlich zwischen 100.000 und 140.000 Operationen an der Bandscheibe durchgeführt. Die Zahl hat in den letzten 15 Jahren deutlich zugenommen. Das liegt auch daran, dass sich die Operationsmethoden verbessert haben und dadurch mit geringerem Risiko operiert werden kann. Es zeigt sich aber auch, dass die Operationszahlen regional sehr unterschiedlich sind. Immer wieder wird die Frage diskutiert, ob mancherorts auch wirtschaftliche Faktoren dazu beitragen, einem Patienten zu einer Operation zu raten.
Da Bandscheibenvorfälle als Folge degenerativer (abbau- und verschleißbedingter) Veränderungen auftreten, findet man bei vielen Menschen ab einem gewissen Lebensalter in bildgebenden Verfahren (Computertomografie, Magnetresonanztomografie) Bandscheibenvorwölbungen oder auch -vorfälle. Diese Befunde sind häufig Zufallsbefunde, das heißt, sie werden im Rahmen der Diagnostik für eine andere Erkrankung entdeckt. Viele Bandscheibenvorwölbungen oder -vorfälle verursachen wenig oder keine Beschwerden. Es kann also nicht von der Größe eines Bandscheibenvorfalls auf den Schweregrad der Symptomatik und somit auf die Notwendigkeit einer Operation geschlossen werden.
Welche Beschwerden wirklich durch den Bandscheibenvorfall ausgelöst werden und welche durch Begleiterscheinungen wie Muskelverhärtungen, Fehlhaltung oder Ähnliches, ist oft schwer zu sagen. Die Notwendigkeit einer Operation sollte daher immer im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Auch das Einholen einer Zweitmeinung ist vor der Entscheidung für eine Operation oft ratsam.
In bestimmten Situationen ist eine rasche Operation nötig, um dauerhafte Schäden zu minimieren beziehungsweise zu verhindern. Hierzu zählen:
Ein weiterer Grund für eine Operation kann eine über länger als drei Monate anhaltende Schmerzsymptomatik mit hohem Leidensdruck (starker seelischer Belastung) beim Patienten und einer ausgeprägten Minderung der Lebensqualität sein.
In den meisten Fällen wird heute minimalinvasiv, also mit dem kleinstmöglichen Eingriff, operiert. In der Regel wird das ausgetretene Bandscheibenmaterial oder die ganze Bandscheibe entfernt. Hierzu reicht meist ein kleiner Hautschnitt zum Einführen der Operationsinstrumente. Ein größerer Eingriff kann notwendig werden, wenn zum Beispiel eine Bandscheibenprothese (vorwiegend an der Halswirbelsäule) eingesetzt wird oder eine Versteifung des betroffenen Wirbelsäulensegmentes erforderlich ist.
Jede Operation ist ein Eingriff und birgt somit die Gefahr der Verletzung bestimmter Strukturen (zum Beispiel Nerven oder Gefäße) sowie ein Infektionsrisiko und ein Narkoserisiko. Nachblutungen oder Wundheilungsstörungen können ebenfalls auftreten. Nicht selten bleiben Beschwerden auch nach einer Operation bestehen beziehungsweise treten nach einer gewissen Zeit wieder auf. Das Wiederauftreten ist oft durch die Bildung von Narbengewebe, das erneut auf den Nerv drückt, bedingt. Auch kann es vorkommen, dass an einer bereits operierten Bandscheibe zu einem späteren Zeitpunkt erneut ein Bandscheibenvorfall auftritt.
In allen anderen Fällen als den oben genannten sollte zunächst eine konservative (nicht-operative) Therapie durchgeführt werden. Da das ausgetretene Bandscheibenmaterial vom Körper selbst nach und nach abgebaut wird, ist es sinnvoll, alle konservativen Maßnahmen auszuschöpfen, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, „sich selbst zu heilen“. Hierzu zählen:
Die Unterstützung durch einen Psychotherapeuten kann im Einzelfall und bei hohem Leidensdruck sinnvoll sein.
Unabhängig davon, ob ein Bandscheibenvorfall operiert wird oder nicht, ist es ratsam, auf folgende Dinge zu achten, um die Bandscheiben zu entlasten:
Universitätsklinikum Tübingen – Muss jeder Bandscheibenvorfall operiert werden?: https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/patienten-und-besucher/expertentipps/orthopaedie/bandscheibenvorfall-op (online, letzter Abruf: 12.10.2020)
Schmerzwerkstatt München – Zweitmeinung zu Bandscheibenvorfall & Co.: Rund 8 von 10 Rücken-Operationen sind vermeidbar!: https://www.schmerzwerkstatt.de/zweitmeinung (online, letzter Abruf: 12.10.2020)
Inselspital Universitätsspital Bern – Bandscheibenvorfall: http://www.neurochirurgie.insel.ch/spezialgebiete-erkrankungen/neurochirurgische-erkrankungen/wirbelsaeule/bandscheibenvorfall/ (online, letzter Abruf: 12.10.2020)
aktualisiert am 12.10.2020