Das metabolische Syndrom bezeichnet das gleichzeitige Auftreten mehrerer Stoffwechselstörungen, darunter Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenz. Diese sind eng mit Typ-2-Diabetes verbunden und erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich. Typ-2-Diabetes tritt heute nicht mehr nur im Alter auf, sondern betrifft zunehmend auch jüngere Menschen – vor allem aufgrund von ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht. Ein hoher Konsum von Zucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln begünstigt Insulinresistenz, Fettleibigkeit und chronische Entzündungen im Fettgewebe, die langfristig zu schweren Stoffwechselerkrankungen führen können. Präventiv wirken eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung, ausreichend Bewegung sowie Essenspausen, wie sie beim Intervallfasten praktiziert werden.
Prof. Henkel-Oberländer: Das Metabolische Syndrom ist ein komplexes Krankheitsbild, das durch das Auftreten von verschiedenen Erkrankungen bzw. Veränderungen im Stoffwechsel gekennzeichnet ist. Die aktuellen Kriterien für die Diagnose umfassen das Vorhandensein von mindestens drei von fünf Risikofaktoren, zu denen Übergewicht und Fettleibigkeit, Störung des Lipidstoffwechsels (z. B. erhöhte Blutfettwerte für Triglyceride oder vermindertes HDL-Cholesterol), Bluthochdruck sowie eine gestörte Glucosetoleranz und Insulinresistenz zählen.
Personen, bei denen das Metabolische Syndrom diagnostiziert wurde, haben ein deutliche höheres Risiko für die Entwicklung der koronaren Herzkrankheit und Atherosklerose, die wiederum mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko einhergehen. Typ-2-Diabetes zeichnet sich vor allem durch ein eine gestörte Glucosetoleranz und Insulinresistenz bzw. im späteren Verlauf eine gestörte Insulinproduktion aus. Somit können Personen mit Typ-2-Diabetes auch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Metabolische Syndrom entwickeln, da sie bereits eins der Kriterien erfüllen. Typ-2-Diabetes wird jedoch auch oft von Fettleibigkeit und Lipidstoffwechselstörungen begleitet.
Prof. Henkel-Oberländer: Es gibt verschiedene Formen der Erkrankung Diabetes mellitus, die sich alle durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel auszeichnen. Typ-1-Diabetes, an dem weniger als 10% der Diabetiker leiden, ist eine Autoimmunerkrankung, die sich bereits in jungen Jahren ausbildet und dazu führt, dass das körpereigene Immunsystem die Insulin-produzierenden Beta-Zellen im Pankreas (Bauchspeicheldrüse) zerstört.
Typ-2-Diabetes betrifft inzwischen fast 90% der weltweit über 460 Millionen Diabetiker. Es handelt sich dabei um eine Stoffwechselstörung, die sich früher vor allem im hohen Alter bemerkbar gemacht hat, daher wurde sie als Altersdiabetes bezeichnet. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich dies grundlegend gewandelt. Inzwischen sind ein Drittel der Erkrankten bei der Diagnose unter 40 Jahre alt, ein weiteres Drittel unter 60 Jahre alt und nur noch bei dem verbleibenden Drittel wird die Diagnose nach dem 60. Lebensjahr gestellt.
Neben der genetischen Prädisposition (erbliche Veranlagung) ist vor allem ein ungesunder Lebensstil mit "falscher" Ernährung und mangelnder Bewegung eine häufige Ursache für die frühe Entwicklung der Erkrankung. Jedes fünfte Kind ist übergewichtig, daher werden schon in der Kindheit die Grundsteine gelegt für folgenreiche metabolische Erkrankungen im Erwachsenenalter.
Inzwischen sind ein Drittel der Erkrankten bei der Diagnose unter 40 Jahre alt...
Prof. Henkel-Oberländer: Es handelt sich um komplexe Erkrankungen, bei denen auch die genetische Veranlagung eine Rolle spielt. Aber durch unseren Lebensstil können wir die Entwicklung beider Erkrankungsbilder maßgeblich beeinflussen. Ungesunde Ernährung, vor allem der häufige Verzehr von Fett- und Zucker-reichen hochkalorischen Lebensmitteln, und wenig körperliche Aktivität führen zu einer Energie-Dysbalance, weil mehr Energie aufgenommen wird, als der Körper verbraucht. Das führt dazu, dass der Energieüberschuss in Form von "Fettpolstern" eingespeichert wird. Evolutionär gesehen war das sehr wichtig, um Hungerphasen zu überleben. In der heutigen Zeit sammeln sich immer mehr Fettpolster an und es entsteht Fettleibigkeit, die langfristig schwerwiegende Folgen haben kann.
Prof. Henkel-Oberländer: Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten, also z. B. Vollkornbrot oder faserreiches Gemüse, müssen durch unser Verdauungssystem erst einmal verarbeitet und in kleinere Nährstoff-Bausteine bzw. Glucose als kleinste Einheit verdaut werden, was natürlich auch etwas Energie kostet. Kurz nach dem Verzehr ist unser Magen-Darmtrakt daher gefüllt, mit der Verdauung beschäftig und signalisiert der zentralen Schaltstelle im Gehirn, dass wir satt sind.
Nach einer gewissen zeitlichen Verzögerung durch die komplexen Verdauungsprozesse steigt der Blutzuckerspiegel an. Die vorhandenen Ballaststoffe, die von unseren körpereigenen Verdauungsenzymen nicht verarbeitet werden können, gelangen in den Dickdarm und haben einen positiven Einfluss auf die dort befindlichen Mikrobiota. Durch den Blutzuckeranstieg wird das Hormon Insulin aus den Beta-Zellen im Pankreas ausgeschüttet und stimuliert die Aufnahme, Verwertung und Speicherung von Glucose in den Organen. Erst nach einigen Stunden, wenn der Blutzuckerspiegel wieder gesunken ist, steigt das Hungergefühl und wir sind bereit für die nächste Mahlzeit.
Anders ist das bei weniger komplexen Lebensmittel mit einem hohen Zuckergehalt. Hier liegt der Zucker schon mehr oder weniger frei vor. Der Kaloriengehalt bzw. die Kaloriendichte ist oft hoch, aber weil unser Verdauungssystem weniger gefordert und beschäftigt ist, müssen wir weniger Energie für die Verarbeitung aufwenden und fühlen uns auch nicht satt. Der Zucker, also die Bausteine Glucose und Fructose, sind nun schnell und in großen Mengen im Blut, was zu einer starken Insulinausschüttung führt. Glucose wird in die Körperzellen aufgenommen und der Blutzuckerspiegel sinkt sehr schnell wieder. Als Folge entsteht erneut ein Hungergefühl, obwohl die letzte Mahlzeit noch nicht lange her war und dem Körper werden dann wieder neue Energiereserven zugeführt.
Der Kaloriengehalt bzw. die Kaloriendichte ist oft hoch, aber weil unser Verdauungssystem weniger gefordert und beschäftigt ist, müssen wir weniger Energie für die Verarbeitung aufwenden und fühlen uns auch nicht satt.
Prof. Henkel-Oberländer: Grundsätzlich ist Glucose ein lebensnotwendiges Energiesubstrat für alle Körperzellen. Die meisten Zellen können auch Fettsäuren als alternatives Substrat zur Energiegewinnung nutzen, aber manche Zellen, z. B. die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) sind nur auf Glucose als Energiequelle angewiesen. Daher ist es lebensnotwendig, dass der Blutzuckerspiegel nicht unter einen bestimmten Schwellenwert fällt (70 mg/mL bzw. 3,9 mmol/L). Ist nun der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit erhöht, nimmt z. B. der Skelettmuskel, der einen großen Teil unserer Körpermasse darstellt, viel Glucose auf und speichert sie in Form von Glykogen.
Wenn wir dann körperlich aktiv sind, verbrennen wir die gespeicherte Glucose und erzeugen Energie, die für die Muskelbewegung notwendig ist. Die Leber kann bei hohen Blutzuckerspiegeln ebenfalls Glucose als Glykogen speichern und Glucose ins Blut abgeben, wenn der Blutzuckerspiegel zu niedrig ist. Glucose wird natürlich auch als prinzipielle Energiequelle genutzt, aber wenn überschüssige Glucose vorhanden ist, kann diese auch für die Synthese von Fettsäuren genutzt werden, die sich besser und in größerem Umfang speichern lassen als Glucose.
Besonders Fructose, die vielen süßen Lebensmitteln und vor allem Softdrinks in Form von Glucose-Fructose-Sirup zugesetzt wird, kann in der Leber sehr effizient zur Fettsäuren-Synthese genutzt werden. Die Fettsäuren bzw. die Speicherform Triglyceride werden als kleine Fetttropfen in der Leber gelagert und es kann langfristig eine metabolisch Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD) entstehen, an der aktuell 20-30% der Erwachsenen in Deutschland leiden. Parallel verändert sich das Fettgewebe, das nahezu unbegrenzt Triglyceride speichern kann. Diese kommen ja nicht nur aus der Leber, sondern auch verstärkt aus der Nahrung, da eine Zucker-reiche Ernährung auch oft mit einer Fett-reichen Ernährungsweise verbunden ist.
Das Fettgewebe lagert nun die Lipide ein und dehnt sich aus. Die fettspeichernden Zellen, die Adipozyten, können sich in ihrem Durchmesser mehr als verdoppeln und neue Zellen reifen bei Bedarf zu Adipozyten heran. Das hat zur Folge, dass der Kontakt der Adipozyten zu den Blutgefäßen nicht mehr gewährleistet ist. Somit werden die Zellen nicht mehr mir ausreichend Sauerstoff versorgt und können Stoffwechselendprodukte nicht mehr abgeben. Als Folge sind die Adipozyten gestresst und geben Signalsubstanzen ab, die das Immunsystem aktivieren. Daraufhin wandern Immunzellen, vor allem Entzündungs-fördernde Makrophagen, in das Fettgewebe ein, um die gestressten Zellen abzubauen als Prozess des programmierten Zelltods, den die Zelle bei hohem Stress aktiviert.
Diese Immunzellen sezernieren jedoch auch permanent Entzündungs-fördernde Signalstoffe, daher ist extreme Fettleibigkeit (Adipositas) von einer chronischen Entzündung des Fettgewebes begleitet. Das hat weitere Folgen: Die Entzündungs-fördernde Signalstoffe aus den Makrophagen, unter anderem Cytokine wie Tumornekrosefaktor alpha und Interleukin 1 beta, verursachen in den benachbarten Adipozyten eine Insulinresistenz. Das bedeutet, diese Substanzen aktivieren intrazelluläre Signalwege, die dazu führen, dass die Insulinrezeptor-Signalkaskade unterbrochen ist. Insulin kann dann zwar an den Insulinrezeptor binden, aber die nachgeschaltete Signalweiterleitung in der Zelle erfolgt nicht und die zelluläre Antwort tritt somit nicht ein.
Da Insulin in Adipozyten nicht nur die Aufnahmen und Verwertung von Glucose verstärkt, sondern auch die Aufnahme und Speicherung von Fettsäuren, ist das im Prinzip eine adaptive Antwort, die verhindern soll, dass noch mehr im Fettgewebe gespeichert wird. Durch diesen Prozess könnte sich das gestresste Fettgewebe erholen, wenn die Flut von Zucker und Lipiden durch die Ernährung nachlassen würde. Da dies aber oft nicht der Fall ist, müssen nun Fettsäuren in anderen Organen gespeichert werden, deren Funktion damit eingeschränkt wird. Beispielsweise lagern sich dann noch mehr Lipide in der Leber ein, die steatotische Lebererkrankung wird verstärkt und auch die Leber wird insulinresistent, da auch die Speicherung von Fettsäuren als Triglyceride Signalsubstanzen freisetzt, die zur Hemmung der Insulinrezeptor-Signalkaskade führen.
Wenn mehrere Organe insulinresistent sind, kann der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit nicht mehr gesenkt werden. Die Person hat dann eine gestörte Glucosetoleranz und es entsteht eine Hyperglykämie – eine ständig erhöhte Blutglucosekonzentration, die langfristig schwerwiegende Folgen hat (diabetische Spätkomplikationen).
Prof. Henkel-Oberländer: Es ist wissenschaftlich nicht klar, ob erst das Fettgewebe insulinresistent wird und danach andere Organe wie Leber und Skelettmuskel, oder ob es sich um parallele Prozesse handelt. Worin sich jedoch die Forscher einig sind, ist das Zusammenspiel der Organe. Wenn das Fettgewebe in der Nähe der Leber ist, also bei abdomineller Adipositas (Bauchfett), gelangen die Entzündungs-fördernden Signalsubstanzen aus dem Fettgewebe schnell zur Leber und können dort die Entwicklung einer chronischen Entzündung beschleunigen und so beispielsweise die Entwicklung des Metabolischen Syndroms begünstigen.
Steigt der Blutglukosespiegel stärker und länger an, weil durch die Insulinresistenz die Aufnahme und Verwertung von Glucose in die Körperzellen nicht mehr erfolgt, schütten die Beta-Zellen zunächst mehr Insulin aus. Diese sogenannte kompensatorische Hyperinsulinämie sorgt erst einmal dafür, dass die Insulinresistenz etwas abgeschwächt wird, weil höhere Insulinmengen im Blut zirkulieren. Manche Personen können so über Monate oder sogar Jahre ihren Blutzuckerspiegel wieder gut regulieren, bei anderen funktioniert diese Kompensation nur für ein kurzes Zeitfenster, bevor der Blutzuckerspiegel wieder unkontrolliert ansteigt.
Das Hormon Insulin reguliert nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern sorgt auch dafür, dass Lipide aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen und gespeichert werden. Es ist außerdem ein wichtiges Sättigungssignal, dass im Hypothalamus entsprechende Schaltstellen beeinflusst, sodass wir weniger Appetit haben. Wenn eine Insulinresistenz vorliegt, funktioniert das nicht mehr und das Risiko der erhöhten Kalorienaufnahme durch ständiges Essen ist noch höher. Die Umwandlung von Glucose in Fettsäuren und die Speicherung von Lipiden in der Leber funktionieren jedoch paradoxerweise trotzdem, man spricht von einer selektiven Insulinresistenz. Daher nimmt die Fettspeicherung auch bei Insulinresistenz und Hyperinsulinämie oft zu.
Langfristig werden die Beta-Zellen im Pankreas durch die erhöhten Anforderungen an die Insulinproduktion zunehmend gestresst. Parallel sammeln sich auch in diesen Zellen Glucose und Fettsäuren durch die Ernährungsweise an und führen unter anderem zu oxidativem Stress, dem dieser Zelltyp über einen längeren Zeitraum nicht gewachsen ist. Als Konsequenz werden die Beta-Zellen zerstört und die Insulinproduktion ist nicht mehr möglich. In diesem späteren Stadium des Typ-2-Diabetes wird dieser insulinpflichtig, daher müssen Betroffene dann ähnlich wie bei Typ-1-Diabetes Insulin spritzen oder durch subkutane Insulinpumpen zuführen, um der Hyperglykämie entgegenzuwirken.
Das Hormon Insulin reguliert nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern sorgt auch dafür, dass Lipide aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen und gespeichert werden.
Prof. Henkel-Oberländer: Wenn wir in der Entwicklungsgeschichte des Menschen zurückblicken, haben sich innerhalb kurzer Zeit die Lebensbedingungen von energiearmer und ballaststoffreicher Nahrung mit geringer Verfügbarkeit zu einer ständigen Verfügbarkeit von energiereicher und eher ballaststoffarmen Nahrung gewandelt. Zeitgleich ist der Energiebedarf der Bevölkerung stetig gesunken. Besonders in den letzten 200 Jahren hat sich neben der Verfügbarkeit von Nahrung durch Landwirtschaft und verbesserte Anbaubedingungen insbesondere auch die Lebensmittelqualität aufgrund von technologischen Prozessen bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln drastisch erhöht.
Vor allem der Verzehr von energiedichter Nahrung, die reich an raffinierten Zuckern und verarbeiteten Ölen ist, wird mit dem Anstieg von Übergewicht und Fettleibigkeit in der Bevölkerung assoziiert. Gleichzeitig bewegen wir uns weniger, da wir unsere Nahrung nicht mehr als Jäger und Sammler beschaffen müssen. In der heutigen Zeit müssen wir nicht einmal mehr in den Supermarkt gehen, sondern können per Smartphone oder Mausklick den Lebensmitteleinkauf bequem nach Hause liefern lassen. Ohne einen entsprechenden sportlichen Ausgleich ist eine Energie-Dysbalance schnell erreicht und die überschüssigen Kalorien werden als Fett gespeichert.
Prof. Henkel-Oberländer: Viele Personen unterschätzen den Zuckergehalt von Lebensmitteln - aus meiner Sicht vor allem bei Getränken. Auch der Apfelsaft und der einfache Smoothie ist reich an Zucker. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt maximal 50 g Zucker pro Tag für Erwachsene, bei Kindern ist es noch weniger. Dies wird sehr häufig überschritten. Im Gegensatz zu den schnell verfügbaren Zuckern werden die unverdaulichen Ballaststoffe in zu geringer Menge aufgenommen. Empfohlen sind 30 g pro Tag. Ballaststoffe befinden sich vor allem in Vollkornprodukten, Gemüse und Obst, die auch reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sind.
Ein anderer Punkt sind die Nahrungsfette. Hier spielen Menge und Art der Fette eine wichtige Rolle. Tierische Fette, z. B. in Schmalz und fettem Fleisch, sind reich an gesättigten Fettsäuren und Cholesterol, beides fördert die Entwicklung von Störungen im Lipidstoffwechsel (Dyslipidämie). Pflanzliche Produkte sind frei von Cholesterol und viele Pflanzliche Öle sind reich an mehrfach-ungesättigten Fettsäuren. Hier ist jedoch auf ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu achten, da Omega-3-Fettsäuren deutlich positivere Eigenschaften haben und nur in wenigen Lebensmitteln in höheren Mengen vorkommen.
Insgesamt ist die Energiedichte von Lebensmitteln, gerade bei Fertigprodukten, ein unterschätzter Fakt, der schnell zur Überernährung führen kann. Zusätzliche Stressoren wie Rauchen und Alkohol belasten unseren Körper parallel zur Ernährung und verschlimmern bzw. beschleunigen die Entwicklung von verschiedenen metabolischen Erkrankungen.
Insgesamt ist die Energiedichte von Lebensmitteln, gerade bei Fertigprodukten, ein unterschätzter Fakt, der schnell zur Überernährung führen kann.
Prof. Henkel-Oberländer: Intervallfasten in verschiedenen Zeitfenstern (z. B. 16 h pro Tag oder zweimal 24 h pro Woche) können sich positiv hinsichtlich der Prävention von metabolischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabets auswirken. Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen eine Verbesserung der Glucosetoleranz und Abschwächung der Insulinresistenz, da der Körper durch die Pause in der Nahrungsaufnahme den Fastenstoffwechsel anschalten kann, was u. a. die Verwertung von Fettsäuren initiiert. Personen, die bereits Typ-2-Diabetes oder andere metabolische Erkrankungen haben, sollten jedoch in Rücksprache mit dem medizinischen Fachpersonal den Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrollieren, um Unterzuckerungen und deren Folgen zu vermeiden.
Prof. Henkel-Oberländer: Auch wenn dies einfacher gesagt ist, als es sich umsetzten lässt: Fertigprodukte vermeiden und Mahlzeiten frisch zubereiten, das verringert die Notwendigkeit von versteckten Zuckern und Zusatzstoffen für eine gute Konsistenz nach dem Auftauen oder Erwärmen sowie für eine längere Haltbarkeit.
Prof. Henkel-Oberländer: Zucker vermeiden heißt aus meiner Sicht nicht, einfach nur auf Zuckerersatzstoffe auszuweichen. Früher wurde Fructose als Zucker für Diabetiker empfohlen, inzwischen weiß man, wie schädlich Fructose in isolierter Form sein kann, da es die Entwicklung der metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) machweislich fördert. Für viele dieser Stoffe gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien zu Langzeiteffekten oder die Evidenz ist zu gering, um entsprechende Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen. Gerade Zero-Zucker Getränke enthalten hohe Mengen von Zuckerersatzstoffen wie Aspartam, Acesulfam und Natriumcyclamat, die zwar keine oder nur wenige Kalorien, aber eine sehr hohe Süßkraft haben, was unter anderem unser Geschmacksempfinden und wahrscheinlich auch unser Darmmikrobiom negativ beeinflusst.
Früher wurde Fructose als Zucker für Diabetiker empfohlen, inzwischen weiß man, wie schädlich Fructose in isolierter Form sein kann...
Prof. Henkel-Oberländer: In meiner Wahrnehmung ist der Umgang mit den alternativen Produkten oder das Bewusstsein etwas anders. Oft wird in dem Fall auf zuckerarme Lebensmittel geachtet und dann mit Honig oder Sirup in geringen Mengen nachgesüßt. Aber ja, chemisch gesehen handelt es sich auch um Zucker.
Prof. Henkel-Oberländer: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Ich würde empfehlen, bewusst auf den Zuckerkonsum zu achten, ggf. auf Zuckeraustauschstoffe in geringeren Mengen zurückgreifen (da diese im Vergleich zu Glucose auch das Kariesrisiko reduzieren), aber Zuckerersatzstoffe vermeiden.
Prof. Henkel-Oberländer: Der Einfluss des Mikrobioms ist aus meiner Sicht sehr groß, aber wissenschaftlich noch nicht vollständig aufgeklärt. Das kommt auch daher, dass kaum gute Modellsysteme existieren und es große individuelle Unterschiede im Menschen gibt und wir nicht wissen, was im Detail die "gute" und was die "schlechte" Zusammensetzung der Mikrobiota ist.
Was aber in den letzten Jahren sehr klar gezeigt wurde, ist der negative Einfluss von zuckerreichen (vor allem Fructose) und fettreichen, aber ballaststoffarmen Ernährungsweisen auf das gastrointestinale Mikrobiom im Dickdarm. Während die Bakterien Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren fermentieren, die positive Wirkungen auf die Mukosazellen und Immunzellen im Darm haben, entstehen durch diese ungesunde Ernährungsweise andere Verbindungen in den Bakterien, die u.a. die Darmbarriere stören.
Als Folge gelangen kleinere Substanzen aus dem Darm unkontrolliert ins Blut (Leaky Gut) und können zur Aktivierung des Immunsystems und zu chronischen Entzündungen beitragen. Dies ist ein weiterer Risikofaktor bei der Entstehung von Typ-2-Diabetets und dem Metabolischen Syndrom.
Was aber in den letzten Jahren sehr klar gezeigt wurde, ist der negative Einfluss von zuckerreichen (vor allem Fructose) und fettreichen, aber ballaststoffarmen Ernährungsweisen auf das gastrointestinale Mikrobiom im Dickdarm.
Prof. Henkel-Oberländer: Das lässt sich pauschal schwer sagen, dabei spielen viele individuelle Faktoren eine Rolle. Wenn Gewebe zerstört ist, wie im späten Stadium des Typ-2-Diabetes, kann dies nicht mehr geheilt werden. Aber aus meiner Sicht ist es wichtig, bereits in der frühen Phase der Erkrankung den Lebensstil entsprechend umzustellen, was eine ausgewogene und kalorisch angepasste Ernährung und eine angemessene körperliche Aktivität umfasst.
Prof. Henkel-Oberländer: Genug Evidenz gibt es nur für die Mediterrane Ernährungsweise, die in ihrer ursprünglichen Form reich an Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Nüssen und Fisch ist. Es werden aber auch positive Effekte einer pflanzenbasierten Ernährung und Low-Carb-Ernährung diskutiert. Diese Ernährungsformen sind jedoch nicht klar definiert, daher sind vergleichende Studien schwierig. Ketone Diäten mit hohen Mengen an Protein, aber auch Fett, werden teilweise kritisch diskutiert, hier scheint die Gesamtkalorienzahl ein wichtiges Kriterium zu sein. Bei einigen Menschen führt diese Diät schnell zur Gewichtsabnahme und zur Verbesserung der Glucosetoleranz, bei anderen kommt es zum gegenteiligen Effekt.
Aus meiner Sicht ist die langfristige Umstellung der Ernährung wichtiger als das Durchhalten strenger Diäten, die meist einen Jojo-Effekt verursachen. Bei einer (kalorien)bewussten und abwechslungsreichen Ernährungsweise muss man nicht zwangsläufig auf Lebensmittel verzichten, da Genuss auch ein wichtiger Wert ist. Es sollte das Bewusstsein dafür vorhanden sein, was gegessen wird, und auf die Menge geachtet werden. Es sollte immer die körperliche Aktivität mitbeachtet werden. Empfohlen sind für Erwachsenen insgesamt 150 min Aktivität mit mittlerer Intensität pro Woche.
Prof. Henkel-Oberländer: Hier müssen aus meiner Sicht nicht nur die Kinder lernen, sondern auch die Eltern einbezogen werden. Ich bin immer wieder gern in Schulen, vor allem im Grundschulbereich, und sehe, wie neugierig und begeisterungsfähig die Kinder sind, wenn ich interaktive Workshops zu gesunder Ernährung mache. Die Kids berichten oft, was und wie zu Hause gegessen wird, sind aber zumindest bei der Veranstaltung offen für Änderungen und probieren auch gern mal gesunde Alternativen aus.
Dass sich Kinder von der Werbung stark beeinflussen lassen, ist schwer zu verhindern. Aber ich sehe hier auch viel Einfluss auf und durch die Eltern. Auch wenn Gummibärchen laut Verpackung viele Vitamine enthalten, so bleiben es doch Süßigkeiten mit viel Zucker und anderen Zusatzstoffen. Ein frisch aufgeschnittener Apfel würde mehr Vitamine (und auch Ballaststoffe) enthalten, wäre auch süß und würde dazu auch noch satt machen. Auch sind Cerealien und wertvolles Milchprotein nicht die Hauptzutat in Milch- und Schokoriegeln, auch wenn die Werbung es suggeriert, sondern vor allem Zucker.
Kinder sollen früh auf angemessene Art und Weise lernen, welche grundsätzlichen Inhaltsstoffe bestimmte Lebensmittel haben, um einschätzen zu können, ob diese eher gesund oder eher bedenklich sind. Eine gute Ernährungsbildung bei Kindern und Erwachsenen würde helfen, das Auftreten ernährungsmitbedingter Erkrankungen zu reduzieren.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 19.08.2025.