Die Gicht ist eine Erkrankung, die zu Ablagerungen im Körper, vor allem an den Gelenken, führt. Die Ablagerungen bestehen aus Harnsäurekristallen (Urat) und können die Gelenke schädigen. Besonders das Großzehengrundgelenk ist ein typischer Körperteil, der von Gicht betroffen ist. Gicht an Finger und Hand sind selten, kommen aber auch vor. Weitere schwere gesundheitliche Folgen an anderen Organen und Geweben können ebenfalls aufgrund einer Gicht auftreten, wie ein Nierenversagen.
Die Harnsäure kann sich ablagern, weil der Harnsäuregehalt des Blutes zu hoch ist. Die Harnsäure entsteht im Körper als ein Abbauprodukt des Purinstoffwechsels. Purine sind Bestandteile des Erbguts (der DNA und der RNA). Sie finden sich im menschlichen Körper sowie in hoher Menge in unterschiedlichen Lebensmitteln. Erhöhte Werte für Harnsäure im Blut (medizinsch: Hyperurikämie) führen nicht zwangsläufig zu Gicht. Oft können sie durch purin-arme Ernährung und eventuell Medikamente wieder normalisiert werden oder gehen von selbst wieder herunter. Ein hoher Harnsäurespiegel verstärkt aber deutlich das Risiko für die Erkrankung.
Unterschieden werden eine akute Gicht (oder Gichtanfall) und eine chronische Gicht. Ein Gichtanfall entsteht bei einer raschen starken Harnsäurespiegel-Erhöhung wie z. B. nach einer äußerst üppigen Mahlzeit und führt zu einer akuten Entzündung an Gelenken. Eine chronische Gicht entwickelt sich allmählich, sie führt zu zunehmenden Ablagerungen im Körper und damit zu dauerhaften Schäden.
Gicht entwickelt sich häufig im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Bei Männern ist die Erkrankung viel häufiger als bei Frauen. In den Industrienationen findet sich bei etwa 20 Prozent der Männer ein erhöhter Wert für Harnsäure im Blut. Die Gicht ist eher eine Wohlstandserkrankung und Betroffene haben nicht selten zugleich Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhte Fettwerte im Blut.
Gicht entsteht bei einem erhöhten Harnsäurespiegel. Harnsäure entsteht als Abbauprodukt im Körper und wird über die Ernährung aufgenommen. Mit dem Urin wird die Harnsäure wieder ausgeschieden.
Bei der Gicht beziehungsweise dem erhöhten Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) besteht in der Regel eine genetische Abweichung (primäre Gicht). Diese führt dazu, dass die Ausscheidung der Harnsäure über die Niere vermindert ist. Die Harnsäure sammelt sich im Körper an. Selten besteht auch ein Enzymdefekt im Purinstoffwechsel, der eine übermäßige Bildung von Harnsäure bewirkt.
Die Ernährung spielt eine große Rolle bei der Entwicklung einer Gicht oder eines Gichtanfalls. Der Verzehr von Nahrungsmitteln mit hohem Puringehalt, eine drastische Fastenperiode, ein sehr hoher Alkoholkonsum sowie ein Übergewicht können den Harnsäuregehalt des Blutes erhöhen und begünstigen die Erkrankung Gicht. Purine finden sich in hoher Menge in Innereien, Fleisch, Fisch und in Gemüse wie Spinat, Erbsen und anderen Hülsenfrüchten, Gurken oder Tomaten. Alkohol verringert die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere, so dass der Blutspiegel der Harnsäure steigt. Deshalb führt übermäßiges Trinken von Alkohol oft zu einer Gichterkrankung. Körperliche Anstrengungen können manchmal ebenfalls einen Gichtanfall hervorrufen.
Eine sekundäre Gicht ist hingegen durch andere Krankheiten bedingt. Erkrankungen, bei denen viele Zellen abgebaut werden, erhöhen den Blutwert für Purin und dessen Abbauprodukt Harnsäure. So können z. B. einige Formen der Anämie (Blutarmut) oder manche Tumore zu Gicht führen. Zu den Erkrankungen, die eine sekundäre Gicht herbeiführen können, gehören weiterhin Nierenleiden und Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Außerdem können einige Medikamente, beispielsweise Diuretika (Mittel, die eine verstärkte Harnausscheidung bewirken), eine Gicht hervorrufen.
Über die Jahre führt die Gicht zu einer Ablagerung von Harnsäurekristallen an unterschiedlichen Stellen des Körpers. Ist der Harnsäurewert nur mäßig erhöht, dann bemerken Patienten oft über sehr lange Zeit keine Symptome. Es kommt oft vor, dass die Gicht erst dann auffällt, wenn ein akuter Gichtanfall auftritt, meist am Großzehengrundgelenk, manchmal an einem anderen Gelenk. Generell kann der Gichtanfall an jedem Gelenk eintreten. Die akute Gicht am Großzehengrundgelenk wird als Podagra bezeichnet. Sollte die akute Gicht an der Hand (oft Daumengrundgelenk) auftreten, heißt sie entsprechend Chiragra. Weitere übliche betroffene Gelenke können das Kniegelenk, ein Fingergelenk, das Handgelenk oder der Ellenbogen sein.
Die akute Gicht führt zu starkem und schnell eintretendem Schmerz am betroffenen Gelenk. Es kommt zur Schwellung, Rötung und Wärmebildung an der Stelle. Das Gelenk ist auch berührungsempfindlich. Bisweilen kommt es zu weiteren Symptomen wie Fieber oder Kopfschmerzen, was auf eine Entzündung hinweisen kann. Gichtanfälle treten am häufigsten nachts ein. Gewöhnlicherweise dauert ein akuter Gichtanfall um die drei Tage. Vor allem weitere Anfälle können aber bedeutend länger anhalten. Ohne Behandlung können Anfälle immer wieder eintreten, neue Gelenke befallen und auch von der Intensität stärker werden. Oft kann ein Auslöser der Beschwerden ausgemacht werden: Vor einem Gichtanfall haben Betroffene oft z. B. besonders üppig gegessen oder haben viel Alkohol getrunken.
Die chronische Gicht besteht, wenn ein Gelenk aufgrund wiederholter Gichtanfälle dauerhaft geschädigt ist. Defekte im Gelenk und an den angrenzenden Knochen führen zu Deformierungen, Bewegungsstörungen und Schmerzen. Typisch ist die Ausbildung von Knoten (Gichtknoten), beispielsweise bei Gelenken oder am äußeren Ohr. Im Zuge einer chronischen Gicht kann es auch in der Niere zu Veränderungen kommen. Nierensteine können sich entwickeln. Ein Nierenversagen kann eintreten.
Der Arzt führt ein Untersuchungsgespräch, bei dem er beim Patienten nach den Symptomen, Vorerkrankungen und möglichen Ursachen fragt. Die typischen Beschwerden lassen den Arzt schon an eine Gicht denken. In einer Blutuntersuchung findet sich ein erhöhter Wert für Harnsäure (Hyperurikämie). Bei einem akuten Gichtanfall besteht oft auch kein auffälliger Harnsäurewert, dafür erhöhte Entzündungswerte (z. B. erhöhte Leukozyten und erhöhte BSG = Blutsenkungsgeschwindigkeit). Der Harnsäurespiegel ist auch von der Ernährung abhängig.
Auf dem Röntgenbild können sich charakteristische Veränderungen zeigen, am Anfangsstadium der Gicht fehlen sie aber. Später lassen sich Defekte am Knochen und im Gelenk darstellen. Um mögliche Harnsteine sehen zu können, wird eine Urographie (Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel in den Harnwegen) vorgenommen. Manchmal kann zum Nachweis von Harnsäurekristallen eine Gelenkpunktion (Einstich in das Gelenk) zur Entnahme von Flüssigkeit erfolgen.
Erkrankungen mit Beschwerden an Gelenken gibt es einige. So kann ein Gelenkrheuma (rheumatoide Arthritis) ebenfalls eine Schwellung, Schmerzen und Bewegungsminderungen an Gelenken bedingen. Auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), andere Formen von Gelenkentzündungen (Arthritis), Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyreodismus), einige Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen, bei denen das Abwehrsystem körpereigene Gewebe angreift) oder eine Akromegalie (übermäßiges Wachstum) können Gelenkstörungen verursachen.
Die Therapie bei akuter Gicht ist von der Therapie bei chronischer Gicht beziehungsweise bei einem zu hohen Harnsäuregehalt des Blutes zu unterscheiden.
Ein akuter Gichtanfall wird durch Mittel behandelt, die kurzfristig die Symptome bessern können. Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) wie Ibuprofen oder Diclofenac hemmen die Entzündung und sind zugleich Schmerzmittel. Cortison kann ebenfalls eingesetzt werden, es kann die Entzündung deutlich vermindern. Bisweilen wird das Mittel Colchicin angewendet, das aus der Blume Herbstzeitlose stammt. Colchicin wirkt ebenfalls entzündungshemmend, ist aber auch ursprünglich ein Giftstoff, hat einige Nebenwirkungen und darf z. B. bei schlechter Nierenfunktion nicht angewendet werden. Bei einer akuten Gicht sollte das Gelenk zudem gekühlt und ruhiggestellt werden.
Eine chronische Gicht bedarf zunächst einer purinarmen Ernährung. Lebensmittel, die viel Purin enthalten, sollten nur in geringen Maßen verzehrt werden. Der Harnsäurewert muss regelmäßig kontrolliert werden. Medikamente senken den zu hohen Harnsäurespiegel. Urikosurika sind Medikamente, die in der Niere das Ausscheiden von Harnsäure fördern. Die Rückaufnahme der Substanz in der Niere wird vermindert. Gängige Mittel sind Benzbromaron, Probenecid und Isobromindion. Auf eine genügende Flüssigkeitszufuhr muss bei der Anwendung geachtet werden. Urikostatika sind Medikamente, die der Bildung der Harnsäure im Stoffwechsel entgegenwirken. Dadurch gibt es mehr Vorstufen der Harnsäure im Blut, die leichter über die Niere ausgeschieden werden können. Zu den Mitteln gehören das schon lange eingesetzte Allopurinol, das aber auch einige Nebenwirkungen hat, sowie das neuere Febuxostat, das z. B. bei Nierenschäden oder bei Unverträglichkeit gegen Allopurinol angewendet werden kann.
Die Prognose hängt davon ab, ob eine geeignete Therapie durchgeführt wird sowie ob die Erkrankung chronisch verläuft. Eine chronische Gicht kann zu Gelenkschäden führen, die die Beweglichkeit und die Lebensqualität des Patienten stark reduzieren. Ebenfalls können Nierenschäden entstehen, die bedrohlich sind und dazu führen können, dass dauerhaft eine Dialyse (Blutreinigung) durchgeführt werden muss.
Das Risiko für neue Gichtanfälle können Menschen mit erhöhtem Harnsäurewert gering halten, indem sie sich der Erkrankung entsprechend ernähren und auslösende Umstände vermeiden. Die Gefahr für Nierensteine kann durch eine hohe Trinkmenge von mindestens zwei Litern Flüssigkeit pro Tag reduziert werden.
Informationsseite zur Gicht
Studie: Kirschen helfen gegen Gicht
Fachliche Empfehlungen gegen Gicht und Hyperurikämie
aktualisiert am 02.05.2023