In Deutschland ist nach dem Gesetz ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Ein Arzt kann einen Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen durchführen oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Wunsch der schwangeren Frau vornehmen. Der Abbruch kann durch Medikamente oder durch eine Operation geschehen.
Unter einigen Voraussetzungen ist ein Schwangerschaftsabbruch möglich oder kann sogar notwendig werden. Schwangerschaftsabbrüche lassen sich einteilen nach den Gründen beziehungsweise Anlässen (Indikationen).
Eine medizinische Indikation ist gegeben, wenn das Leben der Schwangeren oder ihre körperliche oder psychische Gesundheit erheblich gefährdet ist und eine erfolgreiche Behandlung nicht durch andere Maßnahmen möglich ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn das entstehende Kind Schäden in einem solchen Ausmaß aufweist, dass die seelische Gesundheit der Frau stark beeinträchtigt wird, beziehungsweise wenn dies eine zu starke Belastung für sie bedeutet. Ein Abbruch aus medizinischen Gründen kann während der gesamten Schwangerschaft durchgeführt werden.
Eine kriminologische Indikation liegt dann vor, wenn eine Vergewaltigung zu der Schwangerschaft geführt hat. Der Abbruch ist bis zur 14. Schwangerschaftswoche (12 Wochen nach der Befruchtung) möglich.
Trifft weder eine medizinische noch eine kriminologische Indikation zu, so handelt es sich bei dem Schwangerschaftsabbruch eigentlich um eine rechtswidrige Handlung. Sie bleibt in Deutschland aber straffrei, wenn sie nach der so genannten Beratungsregelung erfolgt. Nach dieser Regelung ist ein Schwangerschaftsabbruch damit ohne Vorliegen einer Indikation (auf eigenen Wunsch) bis zur 14. Schwangerschaftswoche (12 Wochen nach Befruchtung) zulässig, wenn die Schwangere eine eingehende Beratung in Anspruch nimmt. Sie darf den Eingriff erst nach einer Frist von mindestens 3 Tagen nach dem Beratungsgespräch vornehmen lassen. Bei der Beratung muss die Patientin eingehend über Durchführung, mögliche Komplikationen und Folgen informiert werden. Der Abbruch bei Inanspruchnahme der Beratungsregelung ist in Deutschland am weitaus häufigsten, während medizinische oder kriminologische Anlässe zum Schwangerschaftsabbruch viel seltener sind.
Eine Verpflichtung für den Arzt zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches besteht nur in dem Fall, dass es sich um einen Eingriff zur Erhaltung von Leben und Gesundheit der Frau handelt.
Zunächst wird eine Befragung der Schwangeren (Anamnese) vorgenommen. Bevor die Schwangerschaft abgebrochen werden kann, muss der Arzt (bei kriminologischen Gründen und bei der Beratungsregelung) nachweisen, dass überhaupt eine Schwangerschaft vorliegt. Hierzu eignet sich besonders eine Ultraschalluntersuchung. Bei medizinischer Indikation muss festgestellt werden, ob ein Schwangerschaftsabbruch wirklich notwendig ist. Es muss gegebenenfalls nachgewiesen werden, ob tatsächlich eine Fehlbildung oder Behinderung des Kindes (Embryo/Fetus) vorliegt.
Ein medikamentöser Abbruch ist sowohl in der frühen Schwangerschaft als auch zu einem späten Zeitpunkt möglich. Nicht als Schwangerschaftsabbruch gewertet wird die so genannte „Pille danach", die innerhalb von drei Tagen nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Sie soll die Einnistung einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter aufhalten.
In der Frühschwangerschaft wird der Wirkstoff Mifepriston (Mifegyne®, RU 486) verwendet. Mit dem Medikament kann ein Schwangerschaftsabbruch bis zu neun Wochen nach der letzten Regelblutung erfolgen. Die Einnahme erfolgt als Tabletten. Nach zwei Tagen wird ein weiterer Wirkstoff (Prostaglandin) als Tabletten oder als Scheidenzäpfchen verabreicht. Nun muss die Patientin für einige Stunden unter ärztlicher Aufsicht bleiben. In den meisten Fällen geht der Embryo während dieser Zeit, spätestens nach einem oder zwei Tagen von selbst ab.
Ist die Schwangerschaft bereits weiter als 12 Wochen (nach der Befruchtung) oder 14 Wochen (nach der letzten Regelblutung) fortgeschritten, wird mit einem Medikament (Mifepriston, Prostaglandin oder beide Wirkstoffe) eine so genannte Fehlgeburt eingeleitet. Das Prostaglandin-Präparat wird mehrfach in die Scheide gebracht oder als Infusion verabreicht. Nach Stunden bis Tagen ereignet sich in den meisten Fällen die Spontanausstoßung des nicht lebensfähigen oder abgestorbenen Kindes. Nach der Ausstoßung wird oft die Gebärmutter ausgeschabt, um das restliche Schwangerschaftsgewebe komplett zu beseitigen.
Ein operativer Abbruch der Schwangerschaft erfolgt in Vollnarkose oder in örtlicher Betäubung. Zunächst wird der Muttermund mit abgerundeten Stiften aufgeweitet. Daraufhin werden mit einer so genannten Saugkürette oder mit einem „scharfen Löffel" (Kürette) der Embryo und das übrige Schwangerschaftsgewebe aus der Gebärmutter herausgeholt (Kürettage). Zuvor kann ein Wirkstoff (Prostaglandin) in die Scheide gegeben werden, damit der Gebärmutterhals einfacher erweitert werden kann.
Manchmal ist es sinnvoll, eine Sterilisation zusätzlich zum Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Dies kann aus medizinischer Sicht angezeigt sein oder auf Wunsch der Patientin erfolgen.
Ernste Komplikationen sind selten. Je später die Schwangerschaft entfernt wird, desto höher ist die Gefahr für Komplikationen. Insbesondere ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft steigt die Möglichkeit, dass das Kind lebendig beziehungsweise überlebensfähig geboren wird. Es muss dann eventuell wiederbelebt werden und trägt oft schwere oder sehr schwere Behinderungen davon.
Blutungen und Nachblutungen treten vor allem nach operativem, aber auch nach medikamentösem Schwangerschaftsabbruch auf. Bei der Operation ist es möglich, dass die Gebärmutter und sehr selten auch weitere Organe in der Nähe geschädigt werden. Sehr selten kann es zu dauerhaft bestehenden Schädigungen von Gebärmutter und anderen Geschlechtsorganen kommen, was Störungen der Regelblutung oder eine Unfruchtbarkeit der Frau (z. B. durch Verklebungen der Eileiter) bedingen kann. Schwangerschaftsgewebe kann manchmal in der Gebärmutter verbleiben und Probleme bereiten. Beim Schwangerschaftsabbruch können Infektionen vorkommen. Allergische Reaktionen können nicht ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt können sich durch die „Abtreibung" psychische Probleme bei der Patientin ergeben, beispielsweise Schuldgefühle oder depressive Verstimmungen. Bei erneuter Schwangerschaft kann ein leicht erhöhtes Risiko bestehen, dass eine Fehlgeburt oder eine Frühgeburt eintritt.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Meist kann die Schwangerschaft durch den Abbruch erfolgreich beendet werden. In seltenen Fällen misslingt der operative Schwangerschaftsabbruch und eine erneute Kürettage wird erforderlich. Beim medikamentösen Abbruch kann eine weitere Gabe des Wirkstoffs Prostaglandin notwendig werden. Falls sich heftige Blutungen ergeben oder sich nach 10 Tagen in der Ultraschalluntersuchung zeigt, dass der Abbruch nicht komplett erfolgte, so muss ein operativer Eingriff durchgeführt werden, also eine Ausschabung oder Absaugung.
Die Schwangere sollte sich vor der „Abtreibung" über die mögliche Kostenübernahme bei der Krankenversicherung informieren. In Deutschland werden in aller Regel Schwangerschaftsabbrüche bei medizinischen und kriminologischen Indikationen von den Krankenkassen getragen, alle anderen Fälle jedoch nicht. Allerdings ist bei gewissen Voraussetzungen eine Kostenübernahme vom Sozialhilfeträger möglich.
Die Schwangere sollte sich gründlich überlegen, ob sie selbst hinter dem Schwangerschaftsabbruch steht. Risiken und (positive und negative) Folgen sollten abgewägt werden. Die Entscheidung sollte der Schwangeren nicht durch andere Personen aufgedrängt werden. Die möglichen psychischen Auswirkungen sollten ihr bewusst werden. Als Unterstützung für eine gewissenhafte Entscheidung dient die Beratung.
Falls der Eingriff unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so muss die Patientin beachten, dass sie aufgrund der teils noch bestehenden Medikamentenwirkung für 24 Stunden kein Auto, keine anderen Verkehrsmittel und keine Maschinen selbst bedienen darf. Daher sollte sie sich abholen lassen. Bedeutsame Entscheidungen sollten ebenfalls vertagt werden.
Nach dem Schwangerschaftsabbruch sollte die Patientin keine zu schweren körperlichen Tätigkeiten ausführen. Geschlechtsverkehr, das Einlegen von Tampons sowie Spülungen der Scheide sollten in der ersten Zeit unterlassen werden. Kontrolltermine sollten unbedingt eingehalten werden. Bei Auffälligkeiten, die auf Komplikationen hinweisen könnten, sollte baldmöglichst der Arzt kontaktiert werden.
aktualisiert am 16.11.2023