Die Stimmlippen sind schwingungsfähige, paarig angelegte Gewebefalten im Bereich des Kehlkopfs, die für die Stimmbildung verantwortlich sind. Der Spalt zwischen den Stimmlippen wird als Stimmritze (Rima glottidis) bezeichnet, der durch die beiden Stimmlippen unterschiedlich weit verschlossen werden kann. Die Stimmlippen werden landläufig Stimmbänder genannt, wobei das Stimmband genaugenommen nur eine der Gewebsschichten der Stimmlippe darstellt. Die Stellung der Stimmlippen zueinander wird durch den am hinteren Ende sitzenden Stellknorpel (Cartilago arytaenoidea, Aryknorpel) reguliert. Der sogenannte Stimmmuskel (Musculus vocalis) sorgt für eine Eigenspannung der Stimmlippen und kann die Stimmritze vollständig verschließen. Wenn der Luftstrom beim Ausatmen die Stimmlippen in Schwingungen versetzt, entsteht die Stimme. Durch eine hohe Stimmbelastung kann es zur Bildung sogenannter Stimmlippenknötchen kommen. Im Rahmen einer Entzündung können sich Stimmlippenpolypen bilden. Bei beiden Krankheitsbildern handelt es sich um gutartige Gewebeveränderungen.
Stimmlippenpolypen sind gutartige Schleimhautwucherungen der Stimmlippen. Die eindeutige Ursache für ihre Entstehung ist nicht bekannt, vermutlich entstehen sie aus einer andauernden Entzündung heraus. Auffällig häufig sind Männer mittleren Alters und hier besonders Raucher oder solche mit starker Beanspruchung der Stimme betroffen.
Stimmlippenknötchen sind ebenfalls gutartige Zubildungen an den Stimmlippen. Betroffen sind Kinder und Erwachsene mit sehr starker Stimmbeanspruchung. Die Knötchen werden auch Schrei- oder Sängerknötchen genannt. Schwerhörige Menschen neigen durch sehr lautes Sprechen ebenfalls zur Bildung von Stimmlippenknötchen. Bei dauerhafter Überbelastung sind die Stimmlippen so stark gespannt, dass sie nicht mehr frei schwingen können. Ein Zusammenschlagen ist nur noch unter großem Kraftaufwand möglich. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zur Ansammlung von Schleimfäden am Ort des größten Drucks. Werden die Stimmlippen weiterhin mit falschem Druck belastet, bilden sich zunächst weiche und daraus harte Knötchen.
Stimmlippenpolypen können der Stimmlippe breit aufliegen oder kugelig sein, auch können sie gestielt hervorragen. Je nach Größe des Polyps kommt es zu unterschiedlicher Ausprägung der Symptome. Hauptsymptom ist eine permanente oder (bei der Lageveränderung von gestielten Polypen) wiederkehrende Heiserkeit und eine sogenannte Diplophonie der Stimme. Die Diplophonie ist die Doppeltönigkeit der Stimme, das heißt, zwei verschiedene Töne treten gleichzeitig auf. Häufig beschreiben betroffene ein Fremdkörpergefühl oder Räusperzwang.
Hauptsymptome der Stimmlippenknötchen sind
Die Stimme kann nur noch in geringem Maße belastet werden. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Die Untersuchung sollte von einem Spezialisten durchgeführt werden, einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder einem Facharzt für Stimmerkrankungen (Phoniatrie). Für eine gründliche Untersuchung wird der Arzt zunächst eine indirekte Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) durchführen. Während der Untersuchung muss der Patient die Zunge herausstrecken, die durch den Untersucher festgehalten wird. Dies vergrößert den Abstand zwischen Zunge und Rachenhinterwand somit ist der Rachenraum besser einsehbar. Bei Unklarheiten wird der Arzt zur eindeutigen Beurteilung eine direkte Kehlkopfspiegelung mit Endoskop unter Vollnarkose des Patienten durchführen.
Im Falle eines Stimmlippenpolypen wird der Arzt eine grau-bläuliche kugelige Umfangsvermehrung breitbasig oder gestielt auf einer Stimmlippe aufsitzend erkennen. Solche Polypen befinden sich meist am Übergang vom vorderen zum mittleren Drittel der Stimmlippe.
Stimmlippenknötchen sind als Verdickungen ebenfalls am Übergang von vorderem zu mittleren Drittel der Stimmritze (Ort der stärksten Belastung) zu sehen. Meist kann direkt unterschieden werden, ob es sich um weiche oder harte Knötchen handelt.
Des Weiteren können Funktionsprüfungen wie Hörtest oder Stroboskopie zur Untersuchung der Schwingungsfähigkeit der Stimmlippe folgen. Ein Stroboskop ist ein mit Lichtblitzquelle und Lupe ausgestattetes Endoskop. Bei einer Stroboskopie werden die Stimmlippen über das Stroboskop auf einem Bildschirm dargestellt. Wenn der Patient nun Laute in verschiedenen Tonlagen hält, können die vom Stroboskop ausgehenden Lichtblitze mit den Schwingungen der Stimmlippen synchronisiert werden. Dies gelingt über ein Mikrofon am Kehlkopf. Schon kleinste Veränderungen an den Stimmlippen können so erkannt werden.
Stimmlippenknötchen und Stimmlippenpolypen unterscheiden sich in ihren Symptomen nur wenig. Die Krankengeschichte gibt bereits Hinweise, um welche Art der Veränderung es sich handelt (berufliche Stimmbelastung, Alter, Geschlecht). Eine Bestätigung wird der Arzt während einer Laryngoskopie (Kehlkopfspiegelung) erhalten. Stimmlippenknötchen sind typischerweise als beidseitige Verdickungen, Stimmlippenpolypen einseitig kugelig, breitaufsitzend oder gestielt darstellbar.
Weitere Gewebeneubildungen im Bereich der Stimmlippen sind Granulome oder Zysten. Stimmlippengranulome (gutartige knötchenförmige Gewebeneubildung) entstehen durch Verletzungen, wie bei Kehlkopfoperationen oder Intubation. Eine Stimmlippenzyste ist ein mit Flüssigkeit (Schleim) gefüllter Hohlraum. Diese hat eine glatte Oberfläche und eine runde abgekapselte Form, die wie eine Vorwölbung der Stimmlippe aufsitzt. Die Größe variiert, je nachdem, wie viel Schleim produziert und in den Hohlraum der Zyste abgegeben wird. Die Ursache ihrer Entstehung ist unklar, vermutlich spielt eine vorausgehende Entzündung und auch eine gewisse Veranlagung eine Rolle.
Zur Unterscheidung der verschiedenen Umfangsvermehrungen hilft eine ausführliche Patientengeschichte mit anschließender Kehlkopfspiegelung. Auch gutartige oder bösartige Tumoren können an Stimmlippen beziehungsweise Kehlkopf vorkommen. Hier wird der Arzt bei Verdacht während einer direkten Kehlkopfspiegelung Gewebeproben zur weiteren Untersuchung entnehmen.
Besonders weiche Stimmlippenknötchen können sich mit Stimmschonung und Stimmtherapie zurückbilden. Während einer logopädischen Stimmtherapie erlernen Betroffene einen natürlichen Stimmeinsatz mit normaler Muskelspannung. Bei harten Stimmlippenknötchen, Stimmlippenpolypen oder nach erfolgloser Stimmtherapie der weichen Knötchen erfolgt eine chirurgische Entfernung. Zur Schonung der Stimmlippen erfolgt die Operation unter Vollnarkose in direkter Laryngoskopie. Der Eingriff erfolgt endoskopisch mit Hilfe von speziellen Instrumenten über den Mund. Ein Hautschnitt ist nicht notwendig.
In den ersten Tagen bis Wochen nach der Operation ist die Stimme oft heiser oder belegt. In einigen Fällen ist eine anschließende spezielle Stimmbehandlung notwendig. Der Eingriff ist normalerweise nicht schmerzhaft, so dass auf die Einnahme von Schmerzmitteln nach der Operation verzichtet werden kann. Um eine bessere Sprachqualität zu erhalten, gilt nach der Operation ein Sprachverbot für 24 bis 48 Stunden. Für weitere sieben Tage sollte die Stimme durch leises Sprechen weiterhin geschont werden, um den Heilungsprozess nicht zu behindern. Rauchen verzögert die Wundheilung und kann zu dauerhafter Stimmbeeinträchtigung führen. Wenn möglich sollte ganz darauf verzichtet werden.
Weiche Stimmlippenknötchen verschwinden bei konsequenter Stimmschonung und unterstützender Stimmtherapie nach einiger Zeit. Da die Behandlung langwierig ist, wird auch hier oft eine Operation durchgeführt. Der endoskopische Eingriff erfolgt in der Regel ambulant, ein stationärer Aufenthalt ist nicht notwendig. Bei anschließender Stimmschonung dauert die Heilungsphase meist zwei bis drei Wochen. Symptome wie Fremdkörpergefühl, Heiserkeit oder Räusperzwang verschwinden mit eingesetzter Wundheilung. Stimmlippenpolypen bilden sich nach einer erfolgreichen Entfernung normalerweise nicht wieder. Ein erneutes Auftreten von Stimmlippenknötchen sollte durch entsprechende vorbeugende Maßnahmen verhindert werden.
Stimmlippenknötchen entstehen durch eine Überbelastung der Stimmlippen. Bei Kindern können sie durch häufiges und lautes Schreien, bei Erwachsenen bei beruflicher Überbelastung oder auch Schwerhörigkeit auftreten. Nach operativer Entfernung wird bei Kindern pädagogische Hilfe angeboten, wenn das Schreien weiterhin und dauerhaft anhält. Sind die Kinder bereits groß genug, kann eine Stimmtherapie zusätzlich unterstützend helfen. Bei Erwachsenen wird in einer logopädischen Sprachtherapie der Abbau der Stimmbelastung und eine Optimierung der Stimmtechnik erlernt. Schwerhörigkeit sollte im Hörtest festgestellt und wenn möglich behandelt werden. All diese Maßnahmen zielen darauf ab, eine erneute Überbelastung zu vermeiden.
Damit es gar nicht erst zur Entstehung von Überbelastungen der Stimmlippen kommt, gibt es gezielte Übungen, die am besten durch einen Logopäden oder Facharzt für Stimmerkrankungen erlernt werden. Generell sollte bei länger anhaltender oder wiederkehrender Heiserkeit ein Spezialist aufgesucht werden, um Fehlbelastungen frühzeitig zu erkennen.
aktualisiert am 12.12.2022