Das West-Nil-Fieber (WNV) ist eine durch Stechmücken (Culex-Spezies) übertragene Arbovirose. Seit der Einschleppung in die USA und der rasanten Ausbreitung über Nordamerika mit hohen Erkrankungszahlen ist diese Infektion in den USA weiterhin in den Schlagzeilen. Für USA-Urlauber ist diese Infektion inzwischen zunehmend von reisemedizinischer Bedeutung.
Erstmals wurde West-Nil-Virus (WNV) im August 1999 während eines epizootischen Ausbruchs bei Vögeln und Pferden in der Gegend um New York, in dessen Folge es auch zu humanen Erkrankungen mit Meningitis und Enzephalitis kam, isoliert. 2001 kam es zu 66 dokumentierten West-Nil-Virus-Erkrankungen. Im Jahr 2002 stiegen die Fallmeldungen auf 4161 Erkrankungsfälle und 277 Todesfälle an. 99% der Erkrankungen traten zwischen 1. Juli und 31. Oktober 2002 auf. In den Bundesstaaten mit warmen Klima kommt es ganzjährig zur Virusübertragung. Zu einer weiteren Fallzahlsteigerung kam es im Jahr 2003, in dem bereits 8.912 Erkrankungen mit 211 Todesfällen registriert wurden.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) beträgt nach dem Mückenstich 1 bis 6 Tage. Die Erkrankung beginnt mit abrupt einsetzendem Fieber, das für 1 bis 6 Tage andauert und biphasisch sein kann. Gegen Ende der febrilen Phase tritt ein roseoläres oder makulopapulöses, nicht-juckendes Exanthem (Hautausschlag) am Stamm und den Extremitäten auf. Es bestehen Kopfschmerzen, Myalgien (Muskelschmerzen), Arthralgien (Gelenkschmerzen), Lymphadenopathie (Lymphknotenschwellung), gastrointestinale Beschwerden (Beschwerden des Magen-Darm-Trakts), periokuläre Schmerzen und eine konjunktivale Infektion.
Als neurologische Komplikationen treten eine Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Gehirnentzündung) oder Meningoenzenphalitis auf. Der Anteil von Verläufen mit neurologischer Beteiligung ist bisher nicht genau bekannt. Es wird jedoch geschätzt, dass es bei 1 pro 150 bis 200 Infizierten zu einer schweren Form der Erkrankung kommt.
Die Inzidenz der letal verlaufenden Enzephalitis liegt in einer Größenordnung von 1 pro 1.000 Infektionen. Bei Patienten mit Immundefizienz (Abwehrschwäche) oder Tumorerkrankungen sowie älteren Menschen scheint die Infektion schwerer zu verlaufen. Bei einer WNV-Infektion während der Schwangerschaft kann es zu einer Übertragung des Virus auf das Kind kommen.
Die konnatale WNV-Schädigung (Schädigung des ungeborenen Kindes) ist durch eine zerebrale Schädigung mit Lissenzephalie sowie chorioretinalen Vernarbungen charakterisiert. Erfolgt eine Infektion während der Laktation, kann das Virus auch durch Stillen auf das Kind übertragen werden.
Durch die 2002 erstmals bekannt gewordenen transfusions-assoziierten WNV-Infektionen in den USA, gefährdet dieser Erreger inzwischen auch die Sicherheit von Blutkonserven. Zwischen August 2002 und März 2003 wurden den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 61 Fälle einer wahrscheinlichen Übertragung von WNV durch Blutkonserven gemeldet. Als Übertragungswahrscheinlichkeit von WNV durch Blutkonserven errechnet sich eine Inzidenz von 4,3 bis 10,5 pro 10.000 Blutspenden. Übertragungen erfolgten inzwischen auch durch Organspenden.
Die Diagnose eines akuten West-Nil-Fiebers erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern. In Endemiegebieten ist auf konsequenten Schutz vor Mückenstichen zu achten. Dies umfasst das Tragen körperbedeckender Kleidung, die Anwendung von Repellenzien sowie den Schutz des Wohn- bzw. Schlafbereiches durch Mückengitter und Moskitonetze. An der Entwicklung von Impfstoffen gegen WNV wird mit Hochdruck gearbeitet.
Letzte Aktualisierung am 02.12.2022.