Die brusterhaltende Operation, auch brusterhaltende Therapie (BET) genannt, stellt heute das Standardverfahren in der operativen Behandlung bei Brustkrebs (Mammakarzinom) dar. Bei einer BET wird nur das Tumorgewebe mit einem Sicherheitsabstand aus der Brust entfernt und eventuell befallene Lymphknoten aus der Achselregion entnommen. Dabei bleibt die Brust in Form und Größe weitestgehend erhalten, die Narben sind meist sehr klein. Die brusterhaltende OP ermöglicht also ein ästhetisch gutes Ergebnis, ohne dass die Prognose dadurch schlechter wird. Die Operation mit Brusterhalt kann aber in bestimmten Fällen nicht vorgenommen werden. An die BET kann sich eine Bestrahlung, Chemotherapie oder Hormonbehandlung bei Brustkrebs anschließen.
Der Brustkrebs ist bei Frauen in der westlichen Welt der am häufigsten auftretende Tumor, noch vor Darm- und Lungenkrebs. Jede achte bis zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das Mammakarzinom ist ein bösartiger Tumor, der von Zellen der Brustdrüsen oder Milchgänge ausgeht. Die Ursachen für die Entstehung von Brustkrebs sind bisher nicht bekannt, es wird aber eine familiäre Häufung beobachtet, so dass man von einer erblichen (genetischen) Komponente ausgehen kann. Risikofaktoren für eine Brustkrebserkrankung sind unter anderem Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und fleisch-/fettreiche Ernährung.
Brustkrebs verursacht meist über lange Zeit keine Schmerzen. Die Erkrankung äußert sich meist erst in einem sehr späten Stadium in Symptomen. Die Erkrankung kann jedoch sehr früh entdeckt werden, da der Tumor als fester Knoten im ansonsten weichen und verschieblichen Brustgewebe ertastet werden kann. Es ist daher sehr wichtig, dass alle Frauen regelmäßig ihre Brust selbst abtasten und Vorsorgeuntersuchungen bei Gynäkologen wahrnehmen. Etwa 80 Prozent aller verdächtigen Knoten werden von der Frau selbst oder auch von ihrem Partner entdeckt.
Zur Diagnose eines Mammakarzinoms wird die Brust mittels Mammographie (spezielles Röntgen) und Ultraschall untersucht. Aus verdächtigen Knoten können Gewebeproben entnommen werden, die auf die Zellen (zytologisch und mikroskopisch) untersucht werden.
Entscheidend beim Mammakarzinom ist die frühe Erkennung, da diese Tumorart sich recht schnell in anderen Organen absiedeln kann. Treten diese Metastasen (Tochtergeschwülste) auf, dann verschlechtern sich die Prognose und Heilungschancen.
Etwa 70 Prozent aller Patientinnen mit Brustkrebs können prinzipiell von einer brusterhaltenden Therapie profitieren. Es hat sich gezeigt, dass die BET der kompletten Entfernung der Brust (Mastektomie) im Bezug auf Heilungs- und Überlebenschancen nicht unterlegen ist, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Daher ist die BET (brusterhaltende Brustkrebs-Operation) heute Mittel der Wahl, wenn eine operative Entfernung des Tumorgewebes notwendig ist. Eine brusterhaltende Operation kann allerdings nur unter bestimmten Umständen durchgeführt werden.
Zum einen darf der Tumor nicht zu groß sein, seine Masse muss kleiner sein als das gesunde Restgewebe der Brustdrüse. Zum anderen darf der Krebs nicht in die Haut oder die Muskulatur eingewachsen sein. Entscheidend sind außerdem die Position des Karzinoms und die Frage, ob mehrere Tumorherde gleichzeitig auftreten.
Bei der brusterhaltenden Operation werden zunächst die Lymphknoten in der Achselregion untersucht. Durch diese Lymphknoten fließt das Gewebswasser, das aus dem Brustgewebe kommt und über das möglicherweise Tumorzellen ausgeschwemmt werden können. Die entscheidende Rolle spielt dabei die Untersuchung des so genannten Wächterlymphknotens (Sentinel-Lymphknoten), welcher als erster von der Lymphflüssigkeit aus der Brust erreicht wird. Den Wächterlymphknoten kann man finden, indem man Farbstoffe oder ein geringfügig radioaktives Mittel vor der Operation in die Brustdrüse spritzt. Während der Operation kann der wichtigste Lymphknoten gefunden werden, weil er sich durch den Farbstoff verfärbt oder radioaktiv markiert ist.
Die Operation an der Brust geschieht zumeist in Vollnarkose. Der Wächterlymphknoten wird zuerst entfernt und durch einen Pathologen sofort mikroskopisch untersucht. Der Pathologe beurteilt dann, ob sich Tumorzellen in diesem Lymphknoten befinden oder nicht. Ist er nicht von Tumorzellen befallen, kann man davon ausgehen, dass der Brustkrebs noch nicht über den Lymphweg gestreut hat und sieht daher von einer Entfernung aller Lymphknoten ab. Werden jedoch Tumorzellen im Sentinel-Lymphknoten festgestellt, werden noch mindestens zehn weitere Lymphknoten aus der Brust- und Achselregion entfernt, um Metastasen (Tochtergeschwülste) und Rezidive (Wiederauftreten) zu verhindern.
Anschließend wird der eigentliche Tumor mithilfe eines Ultraschallgeräts oder durch Röntgen (Mammographie) aufgesucht und mit einer Sonde markiert. Dieses Vorgehen gewährleistet einen möglichst kleinen Hautschnitt. Dieser verläuft in der Regel entlang der Hautspalten, die speichenförmig zur Brustwarze angeordnet sind. So bleibt die Narbe später möglichst unauffällig. Das Tumorgewebe wird mit einem Sicherheitsabstand von einigen Millimetern entfernt, so dass also auch ein wenig gesundes Gewebe mit herausgenommen wird. Dies ist entscheidend, damit keine Tumorreste in der Brust verbleiben. Wird nur der Tumor (mitsamt Gewebe in geringem Sicherheitsabstand) entfernt, spricht man von einer Lumpektomie. Wird der Tumor mit einem größeren Sicherheitsabstand herausgenommen, bezeichnet man die Operation als Segmentresektion, bei einem Viertel der Brust als Quadrantenresektion.
In einigen Fällen, insbesondere wenn der Tumor groß ist oder mehrere Herde aufgetreten sind, kann eine Chemotherapie vor der Operation notwendig sein. Man spricht dann von einer neoadjuvanten Therapie. Die Chemotherapie dient der Verkleinerung des Tumorgewebes, damit dieses in der OP besser entfernt werden kann.
Die brusterhaltende Therapie hat vorrangig das Ziel, den Tumor vollständig zu entfernen, die Brust der Patientin aber äußerlich möglichst wenig zu verändern. Allerdings kann es bei einer Segment- oder Quadrantenresektion trotzdem zu einer Veränderung der Brust in Form und Größe kommen. In solchen Fällen können plastische Verfahren wie etwa die Transplantation von körpereigenem Unterhautfettgewebe von Bauch oder Oberschenkel zu einem kosmetisch guten Ergebnis führen.
Des Weiteren können bei der brusterhaltenden Therapie wie bei anderen Operationen auch weitere Komplikationen vorkommen. So sind unter anderem Blutungen und Nachblutungen möglich. Über den Schnitt kann es zu einer Infektion kommen. Wundheilungsstörungen können sich einstellen, Narben können sich bilden.
In der Regel wird nach einer brusterhaltenden Brustkrebs-OP eine Bestrahlung durchgeführt. Dabei wird die erkrankte Brust oder die Region mit Tumormetastasen (Tochtergeschwülsten) mit ionisierender Strahlung beschossen. Die Strahlung schädigt die Tumorzellen und tötet sie ab. Mit der Bestrahlung kann begonnen werden, wenn die Wundheilung nach der BET abgeschlossen ist, etwa drei Monate nach der Operation.
Bei großen Tumoren und befallenen Lymphknoten können zusätzlich Chemotherapien und Hormonbehandlungen durchgeführt werden. Zur Nachbehandlung werden chemotherapeutische Medikamente verwendet, die das Wachstum von sich schnell teilenden Zellen behindern. Damit werden Tumorzellen, die möglicherweise verblieben sind, daran gehindert, sich wieder zu teilen und erneut einen Tumor auszubilden. Allerdings werden durch diese Medikamente auch andere, gesunde Körperzellen geschädigt, so dass es beispielsweise zu Haarausfall kommen kann. In der Regel spricht der Brustkrebs (Mammakarzinom) gut auf die Chemotherapie an.
Eine vielversprechende Weiterentwicklung im Bereich der Chemotherapie bietet der Einsatz so genannter monoklonaler Antikörper. Sie ähneln den Antikörpern, die der Körper bei Infekten mit Viren und Bakterien produziert. Sie können die Tumorzellen erkennen und besetzen. Sie hemmen das Wachstum der Tumorzellen und lassen sie zugrunde gehen.
Bei der endokrinen Therapie werden Stoffe eingesetzt, die ebenfalls das Wachstum der Tumorzellen beeinflussen. Die meisten Mammakarzinome weisen Zellen auf, die in der Nähe des Zellkerns Rezeptoren für die weiblichen Hormone besitzen. Setzen sich Östrogene oder Progesteron (beides wichtige weibliche Geschlechtshormone) an diese Rezeptoren, wird das Wachstum der Tumorzellen angeregt. Bei der endokrinen Therapie wird dieser Vorgang unterbunden. Entweder wird die Produktion der Östrogene mit Medikamenten unterdrückt, so dass sich keine stimulierenden Hormone mehr auf die Tumorzellen setzen können (z. B. mit Aromatasehemmern), oder Medikamente werden gegeben, die die Rezeptoren besetzen und damit blockieren (z. B. Tamoxifen).
aktualisiert am 14.12.2020