Die Hämopyrrollaktamurie (HPU) ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Bildung von Häm teilweise gestört ist, was zu einem Mangel an Häm und einem Verlust wichtiger Mikronährstoffe wie Vitamin B6 und Zink führt. Dies beeinträchtigt viele zentrale Körperfunktionen wie Entgiftung, Sauerstoffversorgung und Hormonhaushalt und führt zu Symptomen wie lähmender Müdigkeit, Hormonstörungen und neuropsychischen Störungen. Eine ganzheitliche Therapie umfasst Mikronährstoff-Supplementierung, Entgiftung, Ernährung, Bewegung und Regulation des Nervensystems, wobei Geduld und schrittweise Anpassung entscheidend sind.
Sonja Schmitzer: Ich glaube, ich habe die typische HPU-Odyssee hinter mir. Schon im Grundschulalter, mit etwa fünf Jahren, hatte ich die ersten Symptome. Es folgte eine jahrzehntelange Odyssee durch die Arztpraxen, ohne klare Antworten zu finden. Erst mit 37 Jahren erhielt ich die Diagnose HPU und das war der Wendepunkt auf meinem persönlichen Gesundheitsweg. Bis dahin habe ich viele gescheiterte Therapieansätze erlebt, viel Verzweiflung und oft das Gefühl, von Ärzten nicht verstanden zu werden.
Schon im Grundschulalter war ich ein ängstliches Kind, dem oft alles zu viel war. Vor allem in der Schule war es mir zu laut, zu voll und ich konnte mit Druck schlecht umgehen. Außerdem hatte ich schon früh viele Nahrungsmittelunverträglichkeiten, litt unter Heuschnupfen und war insgesamt sehr allergiebelastet. In der Pubertät kamen dann weitere Probleme hinzu: extrem starke Regelschmerzen und Migräne mit Sehstörungen. Damals wusste ich gar nicht, dass es Migräne war, denn oft fehlten die typischen Kopfschmerzen. Stattdessen hatte ich Augenflimmern und ein eingeschränktes Gesichtsfeld - für einen ohnehin unsicheren Teenager natürlich extrem belastend. Dazu kam eine starke Erschöpfung.
All diese Symptome führten schließlich zu einer Angst- und Panikstörung, die mich zeitweise sogar daran hinderte, das Haus zu verlassen. Erst viele Jahre später, mit Ende 30, wurde bei mir eine Stoffwechselstörung diagnostiziert - die HPU. Mit der richtigen Behandlung kam dann endlich die große Wende. Heute geht es mir wieder gut!
Sonja Schmitzer: Ich bin Biotechnologin und habe Molekulare Biotechnologie studiert, wodurch ich natürlich schon tiefer in die Materie eingedrungen bin als jemand mit einem anderen beruflichen Hintergrund. Mein ursprünglicher Plan war, in der wissenschaftlichen und medizinischen Forschung zu arbeiten. Leider konnte ich diesen Beruf aufgrund meiner HPU-Symptome nicht mehr ausüben.
Ich habe mich dann gefragt, wie ich mein Studium und meine Fähigkeiten anderweitig nutzen könnte, und bin schließlich Medizinjournalistin geworden - ein Beruf, den ich mehr als 13 Jahre lang ausgeübt habe. Meine intensive Beschäftigung mit der HPU hat sich aus meiner eigenen Geschichte ergeben, denn sie war die logische Konsequenz einer jahrelangen medizinischen Odyssee. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie schwer es ist, ernst genommen zu werden, wenn die Symptome nicht eindeutig erklärbar sind. Viele sagten mir, es sei psychisch bedingt und empfahlen mir eine Psychotherapie. Ich habe insgesamt drei Psychotherapien gemacht, die sehr stark auf Angststörungen ausgerichtet waren, weil mir immer wieder gesagt wurde, dass die Angst die Ursache meiner Beschwerden sei und andere Symptome daraus resultieren würden.
Im Nachhinein habe ich aber erkannt, dass es genau umgekehrt war: Meine körperlichen Probleme waren die Ursache der Angst. Diese Erkenntnis war ein Wendepunkt für mich. Ich fand es so faszinierend, dass die Diagnose HPU und das Wissen um diese Stoffwechselstörung quasi der Schlüssel zur Veränderung war. Aus diesem Aha-Moment heraus hatte ich das dringende Bedürfnis, dieses Wissen in die Welt zu tragen. Ich begann mit einer Informationsseite über HPU, die genau die Art von Plattform sein sollte, die ich mir damals, als ich meine Diagnose erhielt, gewünscht hatte. Damals war es unglaublich schwierig, überhaupt verlässliche Informationen zu finden.
Sonja Schmitzer: HPU steht für Hämopyrrollaktamurie und ist eine Stoffwechselstörung, bei der das Molekül Häm teilweise nicht richtig gebildet werden kann. Dieses "teilweise" ist entscheidend, denn Häm ist ein essentielles Molekül im menschlichen Stoffwechsel. Wäre der Körper gar nicht in der Lage, Häm zu bilden, wäre kein Leben möglich. Bei Menschen mit HPU funktioniert die Bildung von Häm jedoch nur eingeschränkt. Es entsteht ein fehlerhaftes Molekül, das für den Körper giftig ist. Der Stoffwechsel versucht, dieses Molekül schnell wieder loszuwerden, indem er es wasserlöslich macht. Dazu heftet er Vitamin B6 und oft auch Zink an das defekte Molekül. Dieser neu entstandene Komplex kann dann über die Nieren und den Urin ausgeschieden werden.
Das erste Problem bei HPU ist, dass oft nicht genügend korrekt gebildetes Häm zur Verfügung steht. Häm spielt aber eine zentrale Rolle im Körper. Es wird beispielsweise für Entgiftungsenzyme benötigt, ist für die Funktion der Schilddrüse unerlässlich und wird für den Aufbau wichtiger Moleküle wie Hämoglobin und Myoglobin benötigt. Hämoglobin transportiert Sauerstoff im Blut, während Myoglobin Sauerstoff in den Muskeln speichert. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig Häm ist. Ist es nicht in ausreichender Menge vorhanden, können viele Stoffwechselvorgänge nicht optimal ablaufen.
Neben dem Mangel an Häm gibt es noch ein weiteres Problem: Durch die Ausscheidung des defekten Häm-Moleküls verliert der Körper auch große Mengen an Vitamin B6. Auch dieses Vitamin ist äußerst wichtig, da es an über 180 Stoffwechselvorgängen beteiligt ist. Ein Mangel an Vitamin B6 beeinträchtigt unter anderem die Bildung von Neurotransmittern und Magensäure. Diese beiden Probleme - Mangel an Häm und Mangel an Vitamin B6 - führen zu einer Vielzahl von Symptomen, die die HPU charakterisieren.
HPU steht für Hämopyrrollaktamurie und ist eine Stoffwechselstörung, bei der das Molekül Häm teilweise nicht richtig gebildet werden kann.
Sonja Schmitzer: Leider ist die HPU bisher nur wenig erforscht. Die wenigen Studien, die wir haben, stammen aus den 1960er Jahren - und das wars auch schon. Das ist eines der großen Probleme der HPU. Obwohl es viele Erfahrungswerte gibt, die zeigen, dass die HPU-Therapie vielen Menschen hilft, fehlt es an fundiertem Hintergrundwissen. Es wird vermutet, dass die HPU zumindest eine genetische Komponente hat, da sie häufig familiär gehäuft auftritt. Wir wissen aber noch nicht genau, wie diese genetische Komponente aussieht und wie sie vererbt wird. Darüber hinaus gibt es Stimmen, die darauf hinweisen, dass auch eine instabile Halswirbelsäule und die damit verbundenen biochemischen Prozesse im Körper einen Einfluss auf die Entstehung der HPU haben könnten. Vieles ist noch ungeklärt.
Sonja Schmitzer: Das Hauptsymptom der HPU ist eine ausgeprägte, fast lähmende Müdigkeit, die bei etwa 80 bis 90% der Betroffenen auftritt. Dabei handelt es sich nicht um eine Müdigkeit, die durch einen längeren Schlaf - etwa 9 bis 10 Stunden - behoben werden kann. Häufig schlafen die Betroffenen ausreichend lange, fühlen sich aber trotzdem dauerhaft erschöpft und haben nicht genügend Energie, um den Alltag zu bewältigen.
Hinzu kommen zahlreiche Begleitsymptome. Dazu gehören Migräne, Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die Histaminintoleranz, die häufig mit HPU einhergeht. Auch der Hormonhaushalt ist betroffen, vor allem bei Frauen. Die Menstruation kann sehr schmerzhaft sein und häufig treten hormonelle Störungen wie Progesteronmangel und Östrogenüberschuss auf, die wiederum weitere ungünstige Prozesse im Körper auslösen.
Auch der Neurotransmitterspiegel ist häufig gestört. Depressive Verstimmungen können auftreten, weil der Serotoninstoffwechsel gestört ist. Für die Produktion von Serotonin wird Vitamin B6 benötigt, aus Serotonin wiederum entsteht das Schlafhormon Melatonin. Liegt bereits ein Serotoninmangel vor, kann auch der Schlaf erheblich gestört sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass HPU keinen klar definierten Schwerpunkt in Form eines einzelnen Symptoms hat. Vielmehr handelt es sich um einen Zustand tiefer Erschöpfung mit zahlreichen Begleitsymptomen. Der gesamte Stoffwechsel gerät aus dem Gleichgewicht und der Körper kann nicht mehr richtig funktionieren.
Sonja Schmitzer: Ja, ich glaube, dass es vor allem Hilflosigkeit und Verzweiflung auslöst, wenn man spürt, dass etwas nicht stimmt. Viele Menschen spüren intuitiv, dass etwas nicht stimmt und können oft sogar Ursache und Wirkung erahnen. Aber wenn man von außen immer wieder gesagt bekommt, dass alles in Ordnung ist und alle Werte in Ordnung sind, hinterlässt das Spuren. Das führt zu einem Gefühl der Ohnmacht. Ich weiß nicht, ob der Begriff "Trauma" hier schon zutrifft, aber ich denke, dass viele Menschen dauerhaft in einem Zustand leben, der sie überfordert - psychisch, physisch und emotional. Das ist im Grunde die Definition eines Traumas: ein Zustand, der einen überwältigt. Es ist eine verzweifelte Situation, die kaum anders als mit Hoffnungslosigkeit und tiefer Verzweiflung beschrieben werden kann.
Ich erinnere mich, dass ich selbst einmal kurz vor dem Abitur für vier Tage in unser städtisches Krankenhaus eingeliefert wurde. Das war in den 90er Jahren, als es noch kein Internet und nur wenige Informationsquellen gab. Ich dachte, wenn ich mich einmal richtig durchchecken lasse, werde ich sicher herausfinden, was mit mir los ist. Im Krankenhaus wurden damals viele Untersuchungen gemacht, aber am Ende wurde ich mit der Diagnose "somatoforme Störung" entlassen - also mit der Aussage: "Wir finden nichts, es muss etwas Psychisches sein". Eine solche Diagnose, vor allem in jungen Jahren, ist alles andere als leicht zu verkraften. Sie hinterlässt tiefe Spuren und beeinflusst einen nachhaltig.
Sonja Schmitzer: Die HPU kann sehr einfach durch einen Urintest diagnostiziert werden, den man auch bequem zu Hause durchführen kann. In Deutschland kann dieser Test z.B. beim Labor Medivere bestellt werden. Die Durchführung ist sehr einfach. Ich empfehle aber dringend, ein akkreditiertes und seriöses Labor zu wählen. In Europa ist Medivere in Deutschland eine der besten Optionen, da sie mit Ganzimmun in Mainz zusammenarbeiten - einem der größten und etabliertesten Diagnostiklabore.
Die HPU kann sehr einfach durch einen Urintest diagnostiziert werden, den man auch bequem zu Hause durchführen kann.
Sonja Schmitzer: Der häufigste Mangel bei HPU ist Vitamin B6, und dieser ist besonders schwer zu diagnostizieren. Wenn man einfach zu seinem Hausarzt geht und ihn bittet, Zink und Vitamin B6 zu messen, um zu sehen, wo man steht, wird das leider oft nicht richtig gemacht. Zink zum Beispiel wird häufig im Blutserum gemessen, wenn man nicht ausdrücklich etwas anderes verlangt. Das Problem: Über 90% des Zinks befindet sich physiologischerweise in den Zellen. Ein im Serum gemessener Wert gibt daher kaum Auskunft über den tatsächlichen Zinkstatus.
Bei Vitamin B6 ist die Situation noch komplizierter, insbesondere bei Menschen mit HPU. Wenn der Hausarzt Vitamin B6 testen lässt, findet er oft einen zu hohen Wert im Blut - genau das Gegenteil von dem, was man bei HPU erwarten würde. Der Grund: Die Standardmessung ist ungeeignet. Vitamin B6 ist keine einzelne Substanz, sondern ein Stoffgemisch aus sechs Molekülen, die sich ineinander umwandeln können. Im Stoffwechsel ist aber nur eine dieser Substanzen aktiv. Menschen mit HPU haben eine Besonderheit: Sie können diese aktive Form nicht in ausreichender Menge aus dem Stoffgemisch herstellen und in die Zellen transportieren. Dadurch reichert sich die inaktive Form des Vitamin B6 vor den Zellen an. Das führt zu hohen Blutwerten, obwohl in den Zellen, wo es gebraucht wird, ein Mangel herrscht. Dieser scheinbare Überschuss verschleiert das eigentliche Problem.
Deshalb ist es wichtig, bei HPU eine spezielle Messung durchzuführen: die bioaktive Messung von Vitamin B6. Dabei wird im Labor gezielt die aktive Form des Vitamin B6 analysiert. Dies ist technisch sehr anspruchsvoll, da nur diese eine Substanz aus dem Stoffgemisch isoliert werden muss. Nach derzeitigem Stand kann dies in Deutschland nur das Labor IMD in Berlin leisten. Es zeigt sich also, dass es bei HPU nicht ausreicht, einfach Zink und Vitamin B6 zu testen. Vielmehr kommt es darauf an, die richtigen Messmethoden anzuwenden, um ein aussagekräftiges Laborbild zu erhalten. Nur so können Mangelzustände richtig erkannt und behandelt werden.
Sonja Schmitzer: Meiner Erfahrung nach kennen sich nur sehr wenige Hausärzte mit der HPU aus. Deshalb bilden wir gezielt Ärzte, Heilpraktiker und Gesundheitscoaches in diesem Bereich aus, um das Wissen zu verbreiten und sicherzustellen, dass keine Fehlmessungen mehr durchgeführt werden. Auf unserer Website hpuandyou.de finden Sie eine Therapeutenliste. Dort kann man nach Spezialisten suchen, die sich wirklich auf HPU spezialisiert haben. Ich empfehle aber allen Betroffenen, sich zunächst selbst umfassend zu informieren. Das ist bei der HPU besonders wichtig, da diese Stoffwechselstörung noch nicht so etabliert ist, dass man sich bei standardmäßig ausgebildeten Therapeuten gut aufgehoben fühlen könnte. Umso wichtiger ist es, dass sich die Betroffenen selbst gut auskennen.
Der richtige Therapeut beginnt mit einer umfassenden Diagnostik. Ein einfacher Bluttest reicht nicht aus, um direkt mit der Therapie zu beginnen. Ich habe in den letzten Jahren viele diagnostische Ergebnisse gesehen und eines ist klar: Nicht allen HPU-Betroffenen fehlen die gleichen Mikronährstoffe. Manche haben sogar zu viel davon, was auch berücksichtigt werden muss. Deshalb ist es wichtig, einen Therapeuten zu finden, der sich mit der HPU-spezifischen Diagnostik auskennt - eine Diagnostik, die in der Regel nicht vom Hausarzt durchgeführt wird.
Ich empfehle aber allen Betroffenen, sich zunächst selbst umfassend zu informieren.
Sonja Schmitzer: Sobald die notwendigen Analysen vorliegen, kann ein gezielter Mikronährstoffplan erstellt werden. Dieser wird dann Schritt für Schritt umgesetzt. Wichtig ist, die Werte regelmäßig zu kontrollieren: Kommen die Mikronährstoffe gut an? Stimmt die Dosierung noch? Anpassungen werden solange vorgenommen, bis die Mikronährstoffwerte wieder im optimalen Bereich liegen. Dadurch normalisiert sich mit der Zeit auch die Häm-Produktion, ein zentraler Faktor bei HPU. Sobald der Körper wieder ausreichend funktionsfähiges Häm bilden kann, verschwinden die typischen HPU-Symptome.
Aber es geht nicht nur um Mikronährstoffe. HPU ist eine Entgiftungsstörung, denn das fehlerhaft gebildete Häm ist ein zentraler Bestandteil der Entgiftungsenzyme. Deshalb spielt auch die Entgiftung eine zentrale Rolle in der Therapie. Der erste Schritt besteht darin, die Aufnahme von Giftstoffen so weit wie möglich zu reduzieren. Das bedeutet oft eine grundlegende Änderung der bisherigen Lebensweise. Viele alltägliche Dinge, wie die Wahl des Duschgels, des Shampoos oder des Essens, werden mit der Diagnose HPU in einem neuen Licht betrachtet. Die Minimierung der Schadstoffbelastung ist eine sinnvolle Ergänzung zur Mikronährstofftherapie.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Ernährung, gefolgt von moderater Bewegung. Die HPU-Therapie ist ein ganzheitlicher Ansatz, bei dem alle Säulen gleich wichtig sind. Es geht nicht nur darum, die Mikronährstoffe zu ergänzen, sondern den gesamten Stoffwechsel wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ein besonders wichtiger Faktor ist das Nervensystem, das bei vielen HPU-Betroffenen stark gestört ist. Häufig befinden sich diese Menschen dauerhaft im sympathischen Modus des Nervensystems, der für Konzentration und Anspannung sorgt. Dies kann zwar kurzfristig leistungsfördernd sein, führt aber auf Dauer dazu, dass andere Systeme im Körper nicht mehr richtig funktionieren. Deshalb muss auch hier angesetzt werden, um den Parasympathikus zu stärken, der für die Entspannung zuständig ist.
Zusammenfassend umfasst die HPU-Therapie fünf zentrale Säulen:Mikronährstoffe, Entgiftung, Ernährung, Bewegung und Regulation des Nervensystems. Nur wenn alle Bereiche gleichermaßen berücksichtigt werden, kann der Körper wieder ins Gleichgewicht kommen.
Sonja Schmitzer: Wenn ein Mensch viele Jahre lang unbehandelt an einer HPU leidet, kommt es häufig zu zahlreichen Entzündungen im Körper. Diese sind jedoch nicht sichtbar, wie zum Beispiel rote oder schmerzende Stellen, sondern es handelt sich um innere Entzündungen. Diese setzen den Stoffwechsel unter erheblichen Stress und bringen die Körpersysteme stark aus dem Gleichgewicht. In der Therapie beginnen wir deshalb mit einer Mikronährstoffbehandlung und kombinieren diese immer mit einer entzündungshemmenden Ernährung. Das bedeutet, dass wir zunächst alle entzündungsfördernden Stoffe aus der Nahrung entfernen. Da viele Betroffene aufgrund ihrer starken Erschöpfung häufig große Mengen an Koffein zu sich nehmen, um den Tag zu überstehen, setzen wir bei diesen Menschen zusätzlich auf den Verzicht von Koffein.
Auch wenn der Verzicht auf Koffein anfangs oft auf Widerstand stößt - viele können sich ein Leben ohne ihre fünf Tassen Kaffee kaum vorstellen - führt die Umstellung nach einer kurzen Entwöhnungsphase oft zu einer erstaunlich positiven Erfahrung. Der Körper beginnt, seine eigenen Ressourcen wieder besser zu nutzen, und die Betroffenen merken, dass sie auch ohne Koffein gut durch den Tag kommen. Diese Aspekte sind ein wichtiger Bestandteil der HPU-Therapie.
Sonja Schmitzer: Die Darmgesundheit ist essenziell - eigentlich bei allen Erkrankungen. Sehr viele Menschen mit HPU haben einen Leaky Gut. Dieser tritt bei HPU-Betroffenen deutlich häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Das hat eine kleine Studie des IMD Berlin gezeigt. Leaky Gut beschreibt einen Zustand, in dem die Darmschleimhaut erkrankt ist und bereits Entzündungen vorliegen. Aus diesem Prozess müssen wir unbedingt wieder heraus, denn sonst kann die Aufnahme von Mikronährstoffen aus dem Darm in die Blutbahn und damit in den Stoffwechsel nicht mehr richtig funktionieren.
Sehr viele Menschen mit HPU haben einen Leaky Gut.
Sonja Schmitzer: Einer der häufigsten Fehler bei der Behandlung der HPU ist folgender: Viele Menschen lesen sich kurz ein, finden heraus, dass sie eine HPU haben, machen den Test und beginnen bei einem positiven Ergebnis sofort mit der Einnahme eines HPU-Kombinationspräparates. Das sehe ich immer noch sehr häufig. Diese Kombinationspräparate enthalten in der Regel Zink, Vitamin B6, Mangan und oft auch etwas Magnesium. Viele denken dann, damit sei das Problem gelöst - aber das stimmt in mehrfacher Hinsicht nicht.
Erstens: Mit einem HPU-Kombipräparat allein lässt sich die Erkrankung nie vollständig in den Griff bekommen. Zweitens: Viele Betroffene können nicht direkt mit einer Therapie mit Vitamin B6 beginnen, selbst wenn ein erheblicher Mangel vorliegt. Denn eine zu schnelle oder zu hohe Dosierung führt oft zu starken Nebenwirkungen. Ein sanfter Einstieg in die Therapie ist daher entscheidend. Die Devise „viel hilft viel“ ist bei HPU nicht angebracht - oft ist sogar das Gegenteil der Fall, denn zu viel kann schnell zu starken Nebenwirkungen führen. Es ist wichtig, die Einnahme von Mikronährstoffen schrittweise anzupassen und die Therapie langsam und behutsam zu beginnen.
Sonja Schmitzer: Das ist leider nicht so einfach zu beantworten, da es oft sehr lange dauert, bis die ersten Verbesserungen sichtbar werden. Im Durchschnitt sind es etwa vier bis sechs Monate. Es gibt aber auch Menschen, bei denen es deutlich schneller geht, während es bei anderen noch länger dauern kann. Ich halte es für sehr wichtig, sich dieser Tatsache bewusst zu sein und sie im Hinterkopf zu behalten. Wir sind es oft gewohnt, nach vier oder sechs Wochen Ergebnisse zu sehen, wenn wir etwas in unserem Leben ändern. Bei der HPU ist es jedoch oft so, dass der Stoffwechsel mehr Zeit braucht, um sich umzustellen und anzupassen. Es kann bis zu einem halben Jahr dauern, bis erste Erfolge sichtbar werden. Besonders wenn die HPU über einen längeren Zeitraum unbehandelt geblieben ist, kann es entsprechend länger dauern, bis sich der Zustand verbessert.
Im Durchschnitt sind es etwa vier bis sechs Monate.
Sonja Schmitzer: Was mich betrifft, kann ich sagen, dass es mir wieder gut geht und ich keine Symptome mehr habe. Trotzdem halte ich mich weiterhin konsequent an die Empfehlungen, die man bei HPU beachten sollte. Ich nehme regelmäßig meine Mikronährstoffe ein, achte gut auf mich und darauf, dass mein Darm in Ordnung ist. Außerdem achte ich darauf, was ich esse, und halte mein Nervensystem im Gleichgewicht. Ich bin überzeugt, dass die HPU heilbar ist, wenn man all diese Faktoren dauerhaft berücksichtigt.
Sonja Schmitzer: Es geht vor allem darum, sich zu informieren und mit anderen auszutauschen. Ich habe zum Beispiel eine Webseite namens hpuandyou.de oder eine Facebook-Gruppe, die völlig kostenlos ist. Dort sind bereits über 6.000 Mitglieder aktiv, die sich regelmäßig vernetzen. Das ist unglaublich wertvoll, weil man so mit anderen Betroffenen in Kontakt kommt. Der wichtigste Rat ist aber, nichts zu überstürzen. Es ist wichtig, alles in Ruhe anzugehen und wieder Selbstvertrauen zu gewinnen. Denn gerade dieses Selbstvertrauen ist es, was vielen Betroffenen auf dem Weg verloren geht.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 06.01.2025.