Die Histaminintoleranz ist eine besondere Art der Nahrungsmittelunverträglichkeit. Histamin ist eine Substanz, die im menschlichen Organismus als ein körpereigener Botenstoff agiert und bei allergischen Reaktionen eine große Rolle spielt. Histamin befindet sich in gewissen Mengen aber auch in verschiedenen Nahrungsmitteln. Kann das Histamin nicht richtig abgebaut werden, kommt es zu Symptomen ähnlich zu denen einer Allergie - eine Pseudoallergie entsteht. Diese Histaminintoleranz kann zu Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, ebenso zu Schnupfensymptomen, Hautausschlag oder Kopfschmerz (Migräne) führen. Daher ist die Diagnose mitunter schwierig, da oft zuerst an andere Erkrankungen wie eine richtige Nahrungsmittelallergie, andere Unverträglichkeiten, ein Reizdarmsyndrom oder Heuschnupfen gedacht wird.
Weitere Bezeichnungen für die Histamin-Intoleranz sind Histaminunverträglichkeit, Histaminose, die Abkürzung HIT sowie in manchen Quellen auch Namen wie "Weinunverträglichkeit". Frauen sind wesentlich häufiger als Männer von der Histaminintoleranz betroffen (in circa vier von fünf Fällen). Insgesamt tritt die Erkrankung in Mitteleuropa bei etwa ein bis zwei Prozent der Menschen auf.
Histamin ist als Botenstoff im menschlichen Körper für verschiedene Reaktionen zuständig. Histamin kann unter anderem Entzündungsvorgänge auslösen. Es erweitert Blutgefäße, senkt damit den Blutdruck, unterstützt den Tag-Nacht-Rhythmus, die Steuerung des Appetits und weitere Abläufe im Gehirn und fördert die Ausschüttung von Magensaft. Histamin wird insbesondere in den sogenannten Mastzellen gebildet, die sich z. B. auch im Darm befinden. Histamin gehört zur Gruppe der biogenen Amine (von Lebewesen hergestellten Ammoniak-Verbindungen). Nicht nur der Mensch stellt Histamin her, sondern auch andere Organismen wie Tiere und Pflanzen. Daher ist Histamin auch Bestandteil vieler Lebensmittel und wird entsprechend regelmäßig vom Menschen aufgenommen.
Das Histamin kann in entsprechender Menge zu schweren Symptomen führen. Normalerweise hilft ein Enzym des Körpers dabei, mit wirkungserzeugenden Mengen an Histamin klarzukommen. Dieses Enzym heißt Diaminoxidase (DAO) und führt zu einem Abbau von Histamin. Es wird hauptsächlich im Darm des Menschen produziert.
Ein Mangel der Diaminoxidase führt dazu, dass sich schon geringe Mengen an Histamin in der Nahrung bemerkbar machen können. Weshalb die Histaminintoleranz exakt besteht, ist nicht bekannt. Von der Diaminoxidase wird entweder im Darm zu wenig hergestellt oder sie besteht in einer abgewandelten und wirkungslosen Form.
Histamin findet sich in vielen Lebensmitteln in gewisser Menge. Besonders viel Histamin ist beispielsweise in folgenden Lebensmitteln enthalten, nach deren Genuss es zu Symptomen der Intoleranz kommen kann:
Zu beachten ist auch, dass Lebensmittel mit langer Lagerungszeit einen höheren Gehalt an Histamin bekommen. Einige Lebensmittel bewirken auch eine Histaminausschüttung des Körpers, der bei der Intoleranz eine Rolle spielt. Dazu gehören beispielsweise Erdbeeren, Ananas oder auch Lebensmittel-Zusatzstoffe. Tabak beziehungsweise Rauch bewirkt ebenfalls die Freisetzung von Histamin im Körper.
Bestimmte Medikamente haben ebenfalls Auswirkungen auf den Histaminhaushalt im Körper: Sie führen ebenfalls zur Ausschüttung von Histamin oder hemmen die DAO (Diaminoxidase). Deshalb sollte vor jeder Anwendung von neuen Medikamenten eine Absprache mit dem Arzt erfolgen beziehungsweise dem Arzt die Histaminintoleranz mitgeteilt werden. Zu den für Betroffene problematischen Mitteln gehören:
sowie noch viele weitere Medikamente.
Des Weiteren sind Schmerz sowie auch Angst dafür verantwortlich, dass Histamin im Körper freigesetzt wird. Das kann bei der Intoleranz noch zusätzlich die Symptome verschlechtern.
Die Symptome bei einer Histaminintoleranz sind vielgestaltig. Typisch sind Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Übelkeit, aber auch in vielen anderen Bereichen des Körpers können sich durch die Histaminintoleranz Symptome ergeben.
Histamin, das nicht ausreichend abgebaut werden kann, führt zu unterschiedlichen Verdauungssymptomen. Dazu zählen Bauchschmerzen, Magenkrämpfe, Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen, Blähungen und Durchfall. Betroffene fühlen sich oft besonders müde nach der Einnahme einer betreffenden Mahlzeit. Die Magen-Darm-Beschwerden können rasch nach dem Verzehr, aber durchaus auch erst einige Stunden danach eintreten.
Migräne ist ebenfalls typisch für Menschen mit Histaminintoleranz. Histamin löst umgekehrt sehr oft bei von Migräne betroffenen Personen einen Anfall aus. Oft handelt es sich bei dem Auslöser um alkoholische Getränke wie Rotwein, der eine recht große Menge an Histamin enthält, das die Migräne-Attacke bedingt.
Eine Histaminintoleranz kann einen Schnupfen (ähnlich wie einen Heuschnupfen) auslösen. Dieser beginnt oft mit einer laufenden Nase nach Mahlzeiten und kann später chronisch werden. Auch ein Asthma bronchiale kann sich nach einiger Zeit entwickeln. Das Asthma äußert sich in Anfällen von Luftnot.
Im Zuge der Histaminintoleranz kann es zu einem kurzfristigen Rotwerden der Haut kommen, dem Flush. Betroffenen ist dann meist heiß. Auch der Flush wird häufig durch alkoholische Getränke ausgelöst. Ebenfalls kann es durch die Histaminintoleranz zu Hautausschlägen sowie zu Quaddeln (Nesselsucht) kommen. In vielen Fällen hängt die Intoleranz auch mit einer Neurodermitis (atopische Dermatitis) zusammen, die sich durch Hautausschlag und Juckreiz bemerkbar macht.
Werden Lebensmittel mit hohem Histamingehalt häufig verzehrt, dann kann der Blutdruck niedrig werden (Hypotonie). Dieser kann sich durch Hautblässe, Schweißausbrüche und Schwindel oder auch durch Schwarzwerden vor Augen bemerkbar machen. Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Leistungsschwäche, Nervosität oder Ödeme (Wassereinlagerungen im Gewebe) sind möglich. Herzrhythmusstörungen können eine weitere Folge der Histaminose sein. Bei Frauen können sich Menstruationsstörungen bemerkbar machen.
In der Schwangerschaft werden die Beschwerden der Histaminintoleranz oft besser. Der Grund ist, dass der Organismus über den Mutterkuchen (Plazenta) viel Diaminoxidase herstellt, um frühzeitige Wehen zu verhindern. Nach der Geburt ist jedoch wieder mit den vorherigen Beschwerden bei Histaminaufnahme zu rechnen.
Wenn es nach dem Essen häufiger zu Beschwerden kommt, dann ist eine Abklärung beim Arzt sinnvoll. Der Arzt befragt den Betroffenen nach den möglichen Symptomen (z. B. Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerz) und deren Zeitpunkt des Auftretens sowie des Weiteren nach Vorerkrankungen. Über die verzehrten Lebensmittel sollte vom Patienten Buch geführt werden, um mögliche Auslöser besser ermitteln zu können. Auch Medikamente sollten hier eingetragen werden.
Den Verdacht auf eine Histaminintoleranz kann eine Blutentnahme mit Laboruntersuchung bestätigen, insbesondere die Untersuchung auf Histamin und das wichtige Enzym Diaminoxidase (DAO). Je geringer die Konzentration von DAO im Blut ist, desto wahrscheinlicher ist eine tatsächliche Histaminintoleranz. Die Enzymmenge muss immer auch im Verhältnis zum vorhandenen Histamin gesetzt werden. Zu beachten ist, dass vor der Blutentnahme nicht zu histaminarm gegessen und getrunken werden sollte, um die möglichen Auswirkungen nicht zu kaschieren.
Häufig bringt erst eine Eliminationsdiät Klarheit darüber, ob eine Histaminintoleranz besteht oder nicht. Patienten lassen über circa vier Wochen in ihrer Ernährung alles weg, was höhere Mengen an Histamin enthält. Ebenfalls verzehren sie nichts, was eine Ausschüttung von Histamin im Körper provozieren kann. Bleiben unter dieser Diät die Beschwerden aus, dann ist eine Histaminintoleranz wahrscheinlich.
Ein Provokationstest kann durchgeführt werden, um eine Reaktion wie z. B. die Asthma-Symptomatik durch Überempfindlichkeit der Bronchien nachzuweisen. Bei einem Provokationstest muss ein Arzt anwesend sein, um notfalls Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Symptome wie bei der Histaminintoleranz können durch recht viele Erkrankungen ausgelöst werden, insbesondere weil Histamin auch bei Allergien oder weiteren Störungen im Körper eine wichtige Substanz ist. Der Arzt muss diese anderen Erkrankungen mit seinen Untersuchungen von der Histaminintoleranz abgrenzen. Besonders Nahrungsmittelallergien kommen für die Beschwerden in Frage, aber auch andere Allergien wie z. B. die Pollenallergie, die Symptome eines Schnupfens hervorruft. Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) führen zu vergleichbaren Beschwerden wie die Histaminintoleranz, oft wird diese erst für eine andere Unverträglichkeit gehalten. Magen-Darm-Beschwerden können bei einer Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie, Sprue) bestehen, ebenso bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) oder beim Reizdarmsyndrom.
Zum einen ist bei der Histaminintoleranz ein weitgehender Verzicht auf Lebensmittel erforderlich, die stärkere Histaminquellen sind oder eine Histaminfreisetzung im Körper verursachen können. Zum anderen kann mit Medikamenten eine Behandlung der Intoleranz erfolgen.
Die Schwere der Störung und der Symptome legt fest, wie streng die histaminfreie Ernährung eingehalten werden muss. Bei einigen Patienten reicht es, auf das eine oder andere besonders histaminhaltige Lebensmittel zu verzichten. Andere Patienten müssen sehr genau auf Histaminquellen achten. In der Regel führen Mahlzeiten mit nur kleinem Histaminanteil auch nur zu sehr wenigen oder gar keinen Symptomen.
Zuerst halten Betroffene eine Eliminationsdiät ein, die Nahrungsmittel (und Arzneimittel) mit nennenswertem Histamingehalt ausklammert. Es eignet sich beispielsweise die Kartoffel-Reis-Diät. Nach etwa vier Wochen kann nach und nach wieder Essen oder Trinkbares mit Histamin zu der Diät hinzugefügt werden. Das muss aber immer unter der Betreuung eines Arztes oder Diätassistenten beziehungsweise Ernährungsberaters erfolgen. Neben dem Meiden der stärker histaminhaltigen Lebensmittel sollten auch möglichst keine Fertiggerichte verzehrt werden - besser sind frische Lebensmittel oder auch Tiefkühlprodukte (wenn diese nicht ebenfalls stark verarbeitet sind).
Der Patient sollte außerdem selbst nicht rauchen und Zigarettenrauch vermeiden, da dieser eine vermehrte Ausschüttung von Histamin im Körper bewirkt. Ohne den Verzicht auf das Rauchen verschwinden die Symptome der Histaminintoleranz meist auch dann nicht, wenn ausreichend auf die Ernährung geachtet wird.
Bei einigen Betroffenen ist eine Therapie mit Medikamenten notwendig. Sie haben auch bei geringer Zufuhr von Histamin erhebliche Symptome und komplett verhindern lässt sich die Histaminaufnahme über die Ernährung auch nicht. Solche Betroffene können verschiedene Mittel als Tabletten einnehmen, entweder wenn dies nötig wird oder auch in regelmäßigem Abstand.
Wichtig zur medikamentösen Therapie sind Antihistaminika. Antihistaminika sind Mittel, die die Histaminwirkung abschwächen. Sie werden unter anderem auch gegen Allergien angewendet und reduzieren Symptome wie Schnupfen und Asthma bronchiale, Kopfschmerzen, Schwindel und Quaddelbildung.
Diaminoxidase (DAO) kann im Rahmen einer Enzymersatztherapie verabreicht werden. Es übernimmt die Aufgabe der fehlenden körpereigenen DAO, Histamin abzubauen. Präparate mit Diaminoxidase werden als Kapseln unter anderem auch dann angewendet, bevor etwas stärker Histaminhaltiges gegessen oder getrunken wird, wenn sich Betroffene doch einmal etwas gönnen möchten.
Vitamin B6 und Vitamin C unterstützen die Diaminoxidase. Deshalb können diese Vitamine ebenfalls zur Behandlung zum Einsatz kommen.
Manche Patienten leiden neben der Histaminintoleranz auch an anderen Unverträglichkeiten (z. B. Laktoseintoleranz), an Nahrungsmittelallergien oder chronischen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Bei ihnen ist eine Behandlung durch einen spezialisierten Arzt erforderlich, damit eine angemessene Ernährung eingehalten und Beschwerden verhindert werden können.
Die Störung ist normalerweise dauerhaft, doch können die Betroffenen die Symptome sehr deutlich herabsetzen oder verhindern. Dazu ist eine gewissenhafte Ernährung notwendig. Meist lässt sich dann ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen. Unbedingt sollten Patienten auch bei anderen Behandlungen und Untersuchungen dem Arzt mitteilen, dass sie an der Histaminintoleranz leiden. Medikamente, die sonst eingesetzt werden und für Betroffene unangenehm werden können, können in der Regel durch andere Mittel ersetzt werden.
aktualisiert am 16.10.2020