Die Laktoseintoleranz (Laktose-Intoleranz) ist die Unverträglichkeit gegenüber dem Milchzucker. Die Erkrankung führt zu Beschwerden nach dem Genuss von Milch und Milchprodukten. Hinweise auf die Laktoseintoleranz können krampfartiger Bauchschmerz, Blähungen oder Durchfall sein, die als Folge der Milchzuckeraufnahme entstehen.
Milchzucker, auch bekannt als Laktose, ist in der Milch von Mensch (Muttermilch) und Tier (z. B. Kuhmilch) enthalten. Meist besteht im Darm von Betroffenen mit Laktoseintoleranz ein Mangel eines Enzyms (Laktase, eine sogenannte Disaccharidase), das eine Aufspaltung der Laktose (Milchzucker) bewirkt und dadurch die Aufnahme ins Blut ermöglicht. Fehlt es, dann verbleibt der Milchzucker im Darm und führt dort zu Problemen. Die Therapie besteht im Wesentlichen darin, Produkte mit enthaltenem Milchzucker zu meiden. Außerdem können Präparate mit dem Aufspaltungsenzym Laktase eingenommen werden, um Milchzucker verwerten zu können.
Die Fähigkeit der Milchzucker-Aufspaltung hängt von den Genen beziehungsweise der Abstammung ab. Ein beträchtlicher Teil der Weltbevölkerung (circa drei Viertel aller Menschen) hat eigentlich eine Laktoseintoleranz. Säuglinge aller Ethnien können normalerweise Milchzucker verwerten, damit sie von der Muttermilch ernährt werden können, aber diese Fähigkeit beziehungsweise das Enzym Laktase geht bei vielen Menschen verloren. Beispielsweise haben fast alle erwachsenen Ostasiaten, Schwarzafrikaner und sehr viele Südamerikaner "von Natur aus" eine Laktoseintoleranz. Hingegen haben vor allem europäischstämmige Menschen auch als Erwachsene oftmals keine Milchzuckerunverträglichkeit, weil bei ihnen weiterhin das Enzym Laktase gebildet wird. Dennoch sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung in Europa von der Laktoseintoleranz betroffen.
Personen mit Laktoseintoleranz fehlt das Enzym Laktase, das im Darm die Aufspaltung der Milchzuckerteilchen (Laktose, ein Disaccharid) in die Bestandteile Glucose (Traubenzucker) und Galaktose ermöglicht (beides Monosaccharide). Erst dadurch kann der Zucker vom Darm in das Blut aufgenommen (resorbiert) werden. Ist die Laktase nicht im ausreichenden Maß vorhanden, dann wird der Milchzucker (Laktose) im Dünndarm nicht aufgespalten und wird mit der Darmbewegung weiter in den Dickdarm befördert. Die Beschwerden kommen vor allem dadurch zustande, dass Bakterien im Dickdarm die Laktose zersetzen und Gase entstehen, die den Darm aufblähen. Hinzu kommt, dass die Laktose-Teilchen einen Einstrom von Flüssigkeit über die Darmwand fördern, der Dickdarm noch zusätzlich gedehnt wird und der Stuhl verdünnt beziehungsweise weicher und dünnflüssiger wird.
Das Fehlen des Enzyms Laktase hat in den meisten Fällen genetische Gründe. Bei der häufigsten Form kann der Körper im Kindes- beziehungsweise Säuglingsalter genügend Laktase herstellen, erst später im Leben kommt es zur deutlichen Abnahme der Enzymproduktion. Selten besteht aber auch eine Störung von Geburt an, welche dann Alaktasie genannt wird und schon Säuglinge die Milch nicht vertragen lässt.
Bei manchen Betroffenen ist die Ursache jedoch auch eine andere Erkrankung. Dies wird als sekundäre Laktoseintoleranz bezeichnet. Zu den Gründen zählen Erkrankungen im Darm wie die Zöliakie (Sprue, eine Störung im Dünndarm bei Unverträglichkeit gegen das Eiweiß Gluten), der Morbus Crohn (eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung), Darminfektionen (z. B. mit Bakterien, Pilzen als Krankheitskeimen oder mit Einzellern wie Lamblien/Giardia) oder der Morbus Whipple (eine Erkrankung im Dünndarm mit unklarer Ursache). Darmoperationen, Bestrahlungen oder Medikamente wie bestimmte Antibiotika oder Mittel, die das Zellwachstum hemmen (Zytostatika), sowie Alkoholismus können ebenfalls eine erworbene Laktoseintoleranz auslösen.
Milch enthält Laktose, ebenso wie aus Milch hergestellte Nahrungsmittel. Viel Laktose findet sich beispielsweise in Kondensmilch, Sahne, Milchpulver, Molkeprodukten, Vollmilch und Magermilch, bestimmten Speiseeis-Sorten, vielen Käsesorten, Buttermilch, Frischkäse, Quark oder Joghurt sowie Schokolade. Umgekehrt gibt es inzwischen viele solcher Produkte, die laktosefrei sind.
Vorsicht ist auch bei verschiedenen verarbeiteten Lebensmitteln geboten. Sie können Laktose enthalten, ohne dass daran gleich zu denken ist. Laktose findet sich beispielsweise manchmal in Fertignahrungsmitteln, Kuchen und Backwaren, Milchbrötchen, Wurst und verarbeitetem Fleisch, in Soßen, Brühe und sogar bisweilen in Süßstoff. Außerdem können Medikamente als Zusatzstoff Laktose enthalten. Über die Packungsbeilage beziehungsweise die aufgelisteten Zutaten können sich Betroffene informieren, ob Laktose beigemengt ist.
Betroffene mit einer Laktoseintoleranz bekommen Beschwerden, nachdem sie Milch oder Milcherzeugnisse verzehrt haben. Charakteristisch sind Blähungen und Völlegefühl, krampfartige Schmerzen (Darmkoliken) oder Durchfälle. Auch Übelkeit oder Erbrechen sind möglich. Die Symptomatik kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich schwer sein. Die Menge der aufgenommenen Lebensmittel mit Laktose sind ebenfalls ausschlaggebend. Langfristig sind sogar Schäden im Darm möglich, die eine verminderte Aufnahme von lebenswichtigen Substanzen zur Folge haben können.
Zu den Magen-Darm-Symptomen können weitere Beschwerden hinzukommen, die das allgemeine Wohlbefinden betreffen. Patienten klagen bisweilen über Symptome wie Müdigkeit und Leistungsabfall, depressive Stimmungslage, Unruhe und Nervosität, Schlafprobleme, Schwindel, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen.
Ein angeborenes und seit Geburt bestehendes Fehlen der Laktase (Alaktasie) führt bereits bei betroffenen Säuglingen zu schweren Störungen. Bereits geringe Mengen von Milchzucker (Laktose) bewirken heftigen Durchfall und folglich eine Dehydratation (Flüssigkeitsverlust) und Mangelerscheinungen bis hin zu ausgeprägten Schäden des Gehirns. Die Muttermilch kann die betroffenen Säuglinge nicht ernähren.
Der Arzt bekommt Hinweise auf die Störung durch die Anamnese, das ist das Untersuchungsgespräch mit dem Patienten. Typisch ist eine jahrelange Folge von uncharakteristischen Magen-Darm-Beschwerden.
Patienten können zunächst selbst versuchen zu testen, ob sie eine Milchzuckerunverträglichkeit haben. Werden alle Lebensmittel mit Laktose weggelassen, dann kann eine Beschwerdefreiheit in diesem Zeitraum darauf hinweisen, dass die Laktoseintoleranz besteht.
Unter Kontrolle durch den Arzt kann daraufhin der gegenteilige Test erfolgen, nämlich die Einnahme einer bestimmten Menge Laktose (z. B. über ein Glas Milch). Die Bezeichnung dafür ist Provokationstest oder Expositionstest. Wenn sich in der Folge davon Symptome ergeben, dann kann dies ein deutliches Anzeichen der Laktoseintoleranz sein.
Ein Laktose-Toleranz-Test (auch: Laktose-Intoleranz-Test) ist eine Untersuchung zum Nachweis der Störung. Es gibt die Möglichkeit eines Bluttests und eines Atemtests auf Laktoseintoleranz. Meist wird der Bluttest vorgenommen: Der Blutzuckerspiegel (Gehalt an Glukose) wird bestimmt, nachdem der zuvor nüchterne Patient eine bestimmte Menge Laktose geschluckt hat. Das Blut wird zu festen Zeitpunkten nach der Glukoseaufnahme aus einer Vene gewonnen. Nach spätestens zwei Stunden sollte der Blutzucker deutlich gestiegen sein. Liegt tatsächlich eine Laktoseintoleranz vor, dann kommt es zu keinem oder nur zu einem geringfügigen Anstieg des Blutzuckers. Eine weitere Möglichkeit ist der Atemtest (H2-Atemtest), die Bestimmung von Wasserstoffgas (H2) in der Ausatemluft nach dem Verzehr von Laktose. H2 wird gebildet, wenn die Laktose nicht im Dünndarm aufgespalten wird, sondern erst von Bakterien im Dickdarm, was bei Menschen mit Laktoseintoleranz der Fall ist. Es wird bei Gesunden fast nicht abgeatmet. Der H2-Atemtest geschieht über das Hineinpusten in ein Gerät, mit dem die H2-Konzentration in der Luft bestimmt werden kann.
Eine genetische Analyse erbringt den Nachweis einer erblichen Laktoseintoleranz und dient daher der Unterscheidung zwischen der erblichen und der erworbenen Variante der Störung. Dazu kann ein Abstrich von innen aus der Wange genommen und im Labor untersucht werden. Auch Apotheken bieten den Test an, mit dem Patienten selbst einen Abstrich nehmen können und diesen zur Untersuchung einschicken können.
Sehr selten wird eine Laktoseintoleranz festgestellt, indem eine Probeentnahme von Gewebe aus dem Dünndarm gewonnen wird (Biopsie).
Beschwerden nach dem Verzehr von Milch oder Milcherzeugnissen können nicht nur durch eine Laktoseunverträglichkeit ausgelöst werden. Es kann sich auch um eine Milcheiweißallergie handeln. Diese ist eine echte Allergie und erfordert den Verzicht auf alle Produkte, die Milcheiweiß enthalten.
Die Therapie bei der Milchzuckerunverträglichkeit besteht vor allem darin, die Laktose wegzulassen. Auf Produkte, die den Milchzucker enthalten, sollte weitgehend verzichtet werden. Patienten selbst können testen, wie viel an Milchprodukten sie verzehren können beziehungsweise wie viel Laktose sie aufnehmen können, ohne dass Beschwerden eintreten. Danach können sie ihre grundsätzliche Ernährung ausrichten. In der Regel bleiben unter der laktosearmen beziehungsweise laktosefreien Ernährung die Symptome aus.
Bei dem Verzicht auf Milchprodukte muss allerdings darauf Wert gelegt werden, keinen Mangel an Nährstoffen zu erleiden. Insbesondere gilt das für Calcium. Ohne eine genügende Calciumzufuhr kann es zu verminderter Stabilität der Knochen kommen. Calcium findet sich in Mineralwässern, Broccoli, Grünkohl oder in speziellen Säften sowie in Nahrungsergänzungsmitteln (Tabletten, Kapseln, Pulvern). In laktosefreien Milchprodukten ist Calcium ebenfalls noch in guten Mengen enthalten, nicht aber in Ersatzprodukten wie Sojamilch (es sei denn, sie sind damit angereichert).
Der Lebensmittelhandel bietet diverse Lebensmittel an, die nahezu ohne Laktose auskommen, darunter auch spezielle Milch, Käse, Sahne, Joghurt, Pudding oder Eis sowie Fertiglebensmittel. Diese laktosefreien Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass die Laktose schon gespalten ist, also stattdessen Glucose und Galaktose enthalten. Das wird erreicht, indem die Produkte vorher mit dem Enzym Laktase behandelt werden. So verbleibt nur noch eine sehr geringe Menge Laktose. Auch gibt es für Milch und Milchprodukte Ersatzerzeugnisse auf pflanzlicher Basis, z. B. Sojamilch, Mandelmilch oder Getreidemilch (meist mit Reis oder Hafer hergestellt).
Die Diät ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit gegen die Laktoseintoleranz. Medikamente, die eingenommen werden und das fehlende Enzym Laktase ersetzen, helfen den Milchzucker aufzuspalten. Er kann dann wie beim Gesunden verwertet und aufgenommen werden. Diese Mittel müssen vor der jeweiligen Nahrungsaufnahme eingenommen werden. Die Laktase-Präparate sind beispielsweise nützlich, wenn es schwierig oder unmöglich ist, laktosefrei zu essen (z. B. bei Festlichkeiten, im Restaurant, auf Reisen). Die Mittel gibt es z. B. in Form von Tabletten oder Pulvern.
Bei weitergehenden Ursachen wie Erkrankungen (z. B. Darmerkrankungen) ist eine ursächliche Behandlung erforderlich. Bei einer erfolgreichen Behandlung der jeweiligen Erkrankung sollten sich auch die Beschwerden durch die Laktoseintoleranz bessern. So können viele dieser Patienten im Laufe der Zeit wieder laktosehaltige Lebensmittel problemlos verzehren.
Die von Geburt an bestehende Laktoseintoleranz (Alaktasie) mit Beschwerden schon beim Neugeborenen erfordert eine strenge Spezialernährung. Betroffene Säuglinge dürfen keine Milch beziehungsweise Muttermilch erhalten, sondern brauchen die Zufuhr von spezieller Nahrung mit schon aufgespaltenem Zucker (Glukose).
Die häufigste Form der Laktoseintoleranz bleibt bestehen, so dass die Betroffenen dauerhaft eine Ernährung ohne Laktose oder nur wenig Laktose einhalten müssen. Sie müssen weitgehend auf Milchprodukte verzichten oder laktosefreie Produkte oder Ersatzpräparate verwenden. Unter der Diät lassen sich die Symptome vermeiden. Abgesehen davon können Betroffene ein ganz normales Leben führen.
Eine sekundäre Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit mit anderer Erkrankung als Ursache) nimmt meist einen günstigen Verlauf. Wird die Erkrankung erfolgreich behandelt, dann bestehen normalerweise auch keine Symptome nach Verzehr von Milchprodukten mehr.
Schwere Komplikationen durch eine Laktoseintoleranz sind nicht zu erwarten. Lediglich bei ständigen Durchfällen können Mängel an Flüssigkeit, Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen auftreten.
Allerdings ist die von Geburt an bestehende Alaktasie (angeborenes Fehlen von Laktase) eine sehr schwerwiegende Ausnahme, die sogar tödlich enden kann und schwere Schäden z. B. im Gehirn verursachen kann. Betroffene Säuglinge bekommen bei weitem nicht genug Energie, wenn sie nur durch Muttermilch ernährt werden, und auch die Symptome sind dann heftig. Kinder mit dieser Störung benötigen eine Ersatzernährung mit Glucose statt mit Laktose.
Studie zum Verzehr von Milch und Milchersatz bei Laktoseintoleranz
aktualisiert am 30.03.2023