Unter Perforation ist in der Chirurgie eine „undichte Stelle“ in Geweben zu verstehen. Löcher oder Risse können überall im Körper auftreten: Augapfel oder Trommelfell können von außen perforiert werden, dann leiden Seh- oder Hörfähigkeit. Abszesse (begrenzte Entzündungsherde) durchbrechen die Haut und entleeren Eiter nach außen. Perforierte Blutgefäße führen zu Hämatomen und Blutverlust, auch eine Verdrängung von anderen Geweben im Körperinneren (Kompartmentsyndrom) ist bei schweren inneren Blutungen möglich. Kompliziert und oft lebensbedrohlich sind Perforationen in Hohlorganen wie Magen oder Darm.
Die möglichen Ursachen sind vielfältig. In Frage kommen beispielsweise:
Einige Probleme und erhöhte Verletzungsrisiken entstehen durch eine schlechte gesundheitliche Verfassung des Patienten vor einem chirurgischen Eingriff oder nach langfristiger Medikation mit Blutgerinnungshemmern. Auch spröde, verkalkte Blutgefäße können eine Rolle spielen.
Freie Perforationen führen dazu, dass zum Beispiel Magen- oder Darminhalt in freie Körperhöhlen gelangt. Die häufige und schlimme mögliche Folge ist eine Bauchfellentzündung, in diesen Fällen als Perforationsperitonitis bezeichnet.
Gedeckte Perforationen verlaufen weniger stark. Der Inhalt tritt nur in einen kleinen, deutlich abgegrenzten Bereich aus oder gelangt gar nicht aus dem betroffenen Organ heraus. Adhäsionen, also Verwachsungen oder Verklebungen von Gewebe, oder angrenzende Gewebestrukturen verhindern in diesen Fällen, dass Magen- oder Darmflüssigkeiten austreten.
Das größte Problem bei Perforationen im Magen-Darm-Trakt sind die Entleerungen von Inhalten in andere Körperhöhlen und das Ausbreiten in der Bauchhöhle durch:
Verdauungsflüssigkeiten wirken aggressiv auf Gewebe außerhalb von Darm und Magen. Andere austretende Substanzen lösen dort, wo sie nicht hingehören, Reizungen aus. Bakterien führen zu gefährlichen Infektionen. Häufig tritt auch Luft in den Bauchraum ein.
Die Symptome oder Anzeichen einer Perforation im Magen-Darm-Trakt sind unterschiedlich. Dies hängt von der jeweiligen Ursache ab. Nicht immer löst die Perforation selbst starke Schmerzen aus. Diese setzen ein, wenn die ausgetretenen Substanzen eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) in Gang bringen. Ist dies der Fall, ist die Situation bereits dramatisch und ärztlicher Noteinsatz ist dringend erforderlich.
Je nach Position der „undichten Stelle“ breiten sich die Schmerzen aus: Ein Blinddarm-Durchbruch (besser gesagt ein Durchbruch des Wurmfortsatzes) macht sich beispielsweise zuerst im rechten Unterbauch bemerkbar. Eine Verletzung der Speiseröhre führt zu Entzündungsschmerzen im und unterhalb des Brustkorbes, im Mittelfellraum. Bei einem Blinddarm-Durchbruch besteht allerdings häufig die Besonderheit, dass direkt nach dessen Eintreten zunächst die Beschwerden geringer werden, denn der gedehnte Darm wird durch das Aufplatzen erst einmal entlastet.
Das Peritoneum, das Bauchfell, ist eine Gewebeschicht, die von zahlreichen Nerven durchzogen ist. Kommt das Bauchfell mit Speisebrei, Magensäure oder Stuhl in Berührung, wird das Gewebe sofort stark gereizt. Die Schmerz-Intensität steigt sehr schnell und heftig an und kann sogar zu einer gefährlichen Schockreaktion beim Patienten führen. Bakterien aus dem Darminhalt können eine Infektion des Bauchfells auslösen.
Schmerzen im Bauch, gepaart mit Fieber, Erbrechen und Verstopfung oder Darmlähmung sind Alarmzeichen. In der Folge der Bauchfellentzündung droht eine lebensgefährliche Sepsis (Blutvergiftung), die den gesamten Organismus betrifft. Sie führt zum Zusammenbruch des Kreislaufs und Organversagen. Ältere und durch Krankheit geschwächte Patienten sind besonders gefährdet, wenn derartige Komplikationen auftreten.
Betroffene, die nach Operationen oder mit bekannten, einschlägigen Erkrankungen unter Beobachtung stehen, können im Krankenhaus gut überwacht werden. Blutuntersuchungen zeigen beispielsweise, wenn die Entzündungsparameter unvermittelt stark ansteigen.
Das Zeitfenster zwischen sicherer Diagnose und notwendiger Behandlung ist denkbar klein, wenn der Verdacht auf eine Perforation im Verdauungstrakt besteht. Jede Minute zählt. Aufschlussreich ist die Auswertung von Blut und Urin im Labor. Sie gibt Hinweise auf einen Entzündungsherd im Körper. Zeitnah, schnell und schonend für den Patienten sind sonographische Untersuchungen (Ultraschall): Mit ihrer Hilfe lässt sich der besagte Entzündungsherd gut lokalisieren.
Röntgenaufnahmen können allenfalls helfen, einen Darmverschluss zu bestätigen oder auszuschließen. Die sichersten Ergebnisse liefert ein CT unter Einsatz eines Kontrastmittels.
Ob eine Operation notwendig ist, kann nur nach der gründlichen Diagnose entschieden werden. In der Mehrzahl der Fälle ist ein Eingriff notwendig. Besonders bei Perforationen im Magen-Darm-Bereich muss fast immer zeitnah eine Operation durchgeführt werden. Doch es gibt Ausnahmen. Ist nur Luft von einem Organ in die Bauchhöhle gelangt und treten keine Symptome auf, ist mitunter zunächst kein Eingriff erforderlich. Ein Blinddarm beziehungsweise Wurmfortsatz, der sich entzündet und nur einen örtlichen Abszess (abgekapselte Entzündung) ausbildet, muss nicht zwingend sofort entfernt werden. Antibiotika oder Punktion (Entfernen des Eiters über eine Hohlnadel) können helfen, den Operationszeitpunkt hinauszuzögern. Meist wird dann ein geplanter Eingriff beispielsweise nach sechs Wochen anberaumt.
Einige Formen gedeckter Perforation erfordern ebenfalls keine sofortige Operation. Dies kann der Fall sein bei einer Sigmadivertikulitis: Hier bilden sich Schleimhaut-Ausstülpungen mit Entzündungen aus. Darmperforationen können die Folge sein. Überdecken andere Gewebe die Stelle des Durchbruchs und weisen keine Symptome auf eine Bauchfellentzündung hin, muss gegebenenfalls kein Eingriff erfolgen und der Zustand kann zunächst beobachtet werden.
Ziel eines chirurgischen Eingriffs nach einer Perforation im Bauchraum ist es, die Undichtigkeit zu finden und die Quelle der Entzündungsprozesse auszuschalten, eine Herdsanierung durchzuführen. Abhängig von Vorerkrankung und Situation des Patienten sind unterschiedliche Methoden und Schritte erforderlich. In einigen Fällen kann laparoskopisch und minimalinvasiv vorgegangen werden (Bauchspiegelung). In vielen anderen Fällen muss der Bauchraum in größerem Rahmen eröffnet werden. Dies ist dann der Fall, wenn viel Organsubstanz zu entfernen und größere Bereiche des Bauchraumes zu reinigen sind.
Im ersten Schritt gilt es, die Stelle der Perforation zu finden und die undichte Stelle sicher zu verschließen. Je schneller dies geschieht, desto besser sind die Heilungsaussichten. Je mehr Zeit zwischen der Perforation und den Anzeichen einer Bauchfellentzündung verstreicht, desto gefährlicher ist die Situation: Das stark entzündete Gewebe verliert an Stabilität und ist in diesem Stadium nicht mehr mit einer Naht zu verschließen. Angegriffene Substanz muss entfernt werden. Dies kann sogar größere Teile von Organen betreffen, beispielsweise ganze entzündete Darmabschnitte. Tumore und ihre Umgebung müssen vollständig ausgeschnitten werden.
Ist die Perforation eine Unfallfolge, gilt es zunächst, alle Risse in Gefäßen und Organen zu lokalisieren und weiteren Blutverlust aufzuhalten.
Ein zweiter wichtiger Schritt ist die vollständige Reinigung des Bauchraumes von Ausflüssen aller Art durch die Perforation (Lavage). Eine Drainage wird meist eingelegt, über deren Schlauch nach der Operation weitere Flüssigkeit abgehen kann. Häufig sind mehrere Operationen notwendig, um den Bauchraum zu reinigen und um die Dichtigkeit der operierten Stelle zu kontrollieren. Eine Behandlung mit Antibiotika ist bei einer Perforation mit Bauchfellentzündung unvermeidlich.
Eine Perforation kann nicht nur an Organen im Bauchraum auftreten: Je nach dem betroffenen Organ, das eine Perforation aufweist, kommen gegebenenfalls andere Behandlungsmethoden zum Einsatz. Ein Beispiel ist die Augapfel-Perforation, bei der eventuelle Fremdkörper beseitigt werden und die verletzten Strukturen des Auges vernäht werden. Hierbei sind ebenfalls Antibiotika wichtig, die schwere Infektionen verhindern können.
Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich, besonders solche, die Entzündungen zur Folge haben, sollten gründlich auskuriert werden. Ist dies nicht möglich, etwa bei chronischen Beschwerden, ist die Medikamentierung wichtig: Nicht alle Schmerzmittel und Entzündungshemmer eignen sich für eine Langzeit-Therapie. Bei Symptomen wie Bauchschmerzen mit Fieber, Erbrechen, Unwohlsein sollte immer eine gründliche Untersuchung stattfinden, um die Ursachen abzuklären.
aktualisiert am 11.12.2023