Blut (xue) ist in der traditionellen chinesischen Medizin wie das Qi eine nachgeburtliche Substanz. Im Gegensatz zur Essenz (jing), die eine vorgeburtliche Substanz ist, also eine Substanz, die wir durch unsere Eltern erhalten. Bei der Betrachtung von Yin und Yang ist Blut im Verhältnis zu Qi stärker yin. Gemeinsam mit den Körperflüssigkeiten bildet Blut die Yin-Wurzel unseres Körpers.
In der TCM wird dem Blut eine größere Bedeutung zugeschrieben als in der Schulmedizin. Blut wird die Funktion des Nährens und Befeuchtens zugeschrieben. Trockene Augen und brüchige Nägel können die Folge eines Leber-Blut-Mangels sein, weil der Funktionskreis der Leber, die Augen befeuchtet und die Nägel nährt. Außerdem hat das Blut auch einen energetischen Aspekt. Es versorgt uns nicht nur mit Nährstoffen und befeuchtet den Körper, es nährt auch das Qi. Qi dagegen ist notwendig, um das Blut zu bewegen. Qi und Blut sind in der Vorstellung der TCM voneinander abhängig.
Der Blut-Aufbau ist auch wesentlich von unserer Ernährung abhängig. Aus Sicht der TCM ist der Funktionskreis der Milz an der Entstehung des Blutes wesentlich beteiligt. Die Milz hat die Aufgabe, die Nahrung und Getränke umzuwandeln und zu Lunge und Herz zu transportieren. Das erklärt auch, warum aus Sicht der chinesischen Medizin die Ernährung wichtig für den Blut-Aufbau ist. Im Herzen selbst wird das Blut produziert und vom Herzen in den gesamten Körper transportiert. So werden alle Körperteile befeuchtet und mit Nährstoffen versorgt. In der Leber wird das Blut gespeichert. Bei Bedarf stellt die Leber Blut zur Verfügung.
Diese Vorstellungen decken sich nicht mit den Erkenntnissen der Schulmedizin. Sie müssen es auch nicht. In der TCM geht es nicht darum, einzelne Organe aus schulmedizinischer Sicht zu betrachten, sondern Zusammenhänge erkennen und behandeln zu können. Man muss sich vom Begriff der Funktionen der Milz im schulmedizinischen Kontext lösen, um den Funktionskreis der Milz zu verstehen. Der Begriff der Milz ist nicht vergleichbar mit den anatomischen Organen und ihren Funktionen in der Schulmedizin. Das gilt auch für alle anderen Organe wie Herz, Lunge und Leber.
Ein allgemeiner Blut-Mangel kann zeigt sich beim Menschen durch Blässe, Abgeschlagenheit und Schwindel. Da Qi und Blut voneinander abhängig sind, tritt ein Blut-Mangel auch häufig mit einem Qi-Mangel auf. Die TCM kennt aber auch einen Blut-Mangel, der sich auf einzelne Funktionskreise bezieht. Neben dem Leber-Blut-Mangel gibt es auch einen Herz-Blut-Mangel. Der Leber-Blut-Mangel zeigt sich durch eine trockene Haut, trockene Augen, brüchige Nägel und eine spärlichen Menstruation. Der Herz-Blut-Mangel zeigt sich unter anderem in Herzklopfen, Einschlafstörungen, Gedächtnisschwäche, Angstzustände und Schreckhaftigkeit.
Wie bei einem Blut-Mangel treten auch bei einem Qi-Mangel Müdigkeit und Blässe auf. Der Unterschied ist, dass die Blässe beim Qi-Mangel hell und glänzend erscheint. Beim Blut-Mangel wirkt die blasse Haut gräulich und schmutzig. Ebenso unterscheidet sich die Art der Müdigkeit. Menschen mit Qi-Mangel sind träge und schlapp. Menschen mit Blut-Mangel sind auch träge, aber werden von einer inneren Unruhe und emotionaler Instabilität begleitet. Ein Blut-Mangel zeigt sich zusätzlich durch Zeichen der Trockenheit.
aktualisiert am 23.02.2022