Das Budd-Chiari-Syndrom ist nach seinen Erstbeschreibern George Budd (englischer Arzt für Innere Medizin, 1808–1882) und Hans Chiari (deutsch-österreichischer Pathologe, 1851–1916) benannt. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung der Leber.
Durch einen Verschluss der Lebervene kommt es zu einer Abflussstörung des Blutes aus der Leber in Richtung Herz. Verursacht wird der Verschluss meist durch ein Blutgerinnsel, das sich in der Lebervene festsetzt. Folge des Verschlusses ist ein Rückstau des Blutes mit Lebervergrößerung, Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen und Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle. Der erhöhte Druck in den Lebervenen führt zu Blutungen oder der Bildung von Krampfadern in der Speiseröhre. Bei chronischem Verlauf kann sich eine Leberzirrhose (bindegewebiger Umbau der Leber mit Funktionsverlust) entwickeln.
Das Budd-Chiari-Syndrom wird durch ein Blutgerinnsel verursacht, das den Durchfluss der Lebervene teilweise oder vollständig verhindert. In den meisten Fällen kann eine Grunderkrankung als Ursache für die Gerinnselbildung gefunden werden. Bei etwa 20 Prozent der Patienten mit Budd-Chiari-Syndrom kann jedoch keine auslösende Ursache festgestellt werden (idiopathisches Budd-Chiari-Syndrom).
Häufigste Grundursache des Budd-Chiari-Syndroms ist eine Blutgerinnungsstörung mit einer vermehrten Blutgerinnungsneigung (Thrombophilie) und damit leichteren Ausbildung von Blutgerinnseln (Thromben). Hierbei unterscheidet man mehrere angeborene Blutgerinnungsstörungen, bei denen verschiedene Faktoren der Blutgerinnung verändert sind. Dazu gehören:
Eine verstärkte Neigung zur Blutgerinnung, die zu einem Budd-Chiari-Syndrom führen kann, kann sich auch aufgrund folgender Faktoren entwickeln:
Neben einem Verschluss der Lebervenen durch ein Blutgerinnsel von innen kann es sehr viel seltener auch durch Einengung der Lebervene von außen zu einem Blutstau kommen. Beispiele sind Lebertumoren, Pilzinfektionen oder die Folgen von Unfällen.
Durch den Rückstau von Blut in der Lebervene wird die Leber druckempfindlich und vergrößert sich. Durch den erhöhten Druck in den Gefäßen wird Flüssigkeit „ausgepresst“, was zu einer Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle (Aszites) führt. Außerdem kommt es durch den reduzierten Blutfluss durch die Leber zu einer mangelnden Sauerstoffversorgung der Leberzellen, die mit der Zeit absterben. Das Lebergewebe verhärtet zunehmend bis zu dem Endzustand der Leberzirrhose. Folge des erhöhten Drucks in den Blutgefäßen ist die Bildung von Umgehungskreisläufen über die sogenannte Pfortader, die Blut aus dem Magen-Darm-Trakt in die Leber befördert. Daraufhin kommt es zur Entstehung von Krampfadern in der Speiseröhre.
Patienten mit Budd-Chiari-Syndrom leiden an Symptomen einer Lebererkrankung:
Weitere Beschwerden als Folge der Leberfunktionsstörung sind:
Bei chronischem Verlauf der Erkrankung sind Patienten häufig beschwerdefrei. Teilweise fallen vergrößerte Venen in der Bauchhaut auf.
Die Verdachtsdiagnose Budd-Chiari-Syndrom kann anhand der Krankengeschichte und den entsprechenden Symptomen gestellt werden (zum Beispiel Wasseransammlung im Bauchraum, vergrößerte Leber oder Gelbfärbung der Haut). Es folgen Untersuchungen zur Feststellung der zugrundeliegenden Ursache. Mit Hilfe von Blutuntersuchungen können Leberfunktionsstörungen sowie Nierenfunktionseinschränkungen und Blutgerinnungsstörungen erkannt werden. Ultraschalluntersuchungen der Leber sichern die Diagnose. Die Lebergröße, die Leberstruktur und die Durchblutung der Gefäße können im Ultraschall dargestellt und beurteilt werden. Weitere bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) können bei Verdacht auf Erkrankungen wie Lebertumoren folgen. Bei Unklarheiten werden Gewebeproben aus der Leber genommen (Biopsie) und im Labor untersucht.
Einige Erkrankungen können zu typischen Symptomen einer Leberfunktionsstörung führen und sehr unterschiedliche Ursachen haben. Neben dem Budd-Chiari-Syndrom gehören dazu:
Die Behandlung des Budd-Chiari-Syndroms richtet sich nach der auslösenden Ursache und der Schwere der Erkrankung. Zum Einsatz kommen medikamentöse oder operative Behandlungsmöglichkeiten, die individuell auf den Patienten angepasst werden. Eine nichtoperative Therapie mit blutverdünnenden (gerinnungshemmenden) Medikamenten kann ausreichend sein, wenn das Budd-Chiari-Syndrom in einem frühen Stadium entdeckt wird.
Die medikamentöse Therapie kann gegebenenfalls mit einem Gefäßkatheter-Eingriff kombiniert werden: Ein Ballonkatheter wird durch die Haut in ein Blutgefäß eingeführt und bis in die Lebervene vorgeschoben. Dann wird der Ballon aufgeblasen und die Lebervene dadurch geweitet. Um einen Wiederverschluss der Vene zu verhindern, wird anschließend ein Stent (Drahtröhrchen) in die Lebervene eingeführt. Eine weitere Möglichkeit der Katheterbehandlung ist die Herstellung einer Gefäßumgehung (Shunt) zwischen der Pfortader und der Lebervene. Ziel dieser Maßnahme (TIPS) ist es, das Blut an der Leber vorbeizuleiten, damit es sich nicht staut.
Die Möglichkeiten der operativen Therapie sind die Shuntoperation, die Teilentfernung der Leber und die Lebertransplantation:
Eine Vorbeugung des seltenen Budd-Chiari-Syndroms ist nur bedingt möglich, indem ursächliche Erkrankungen behandelt werden. Vor allem bei Patienten, bei denen das Syndrom bereits eingetreten ist, sind vorbeugende Maßnahmen wichtig: Unabhängig von der gewählten Behandlungsform sind sie auf eine lebenslange Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten (beispielsweise Phenprocoumon) angewiesen, um eine erneute Gerinnselbildung zu verhindern.
Unbehandelt können Patienten mit vollständigem Verschluss einer Lebervene innerhalb weniger Jahre oder sogar Monate sterben. Gefährlich sind vor allem die Blutungen im Bereich der Speiseröhre, zu denen es aufgrund des hohen Blutdrucks im Leberkreislauf kommt. Das Budd-Chiari-Syndrom führt auch zu einem Leberversagen. Bei nicht vollständigem Verschluss der Vene ist der Krankheitsverlauf individuell sehr unterschiedlich. Wird das Budd-Chiari-Syndrom früh erkannt und behandelt, ist die Prognose gut. Allerdings ist ein erneuter Verschluss der Lebervene unabhängig von der gewählten Therapieform möglich. Daher sind Patienten auf eine lebenslange Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten angewiesen.
Medizin-kompakt.de – Budd-Chiari-Syndrom: https://www.medizin-kompakt.de/budd-chiari-syndrom (online, letzter Abruf: 06.03.2023)
Deutsche Leberstiftung – Budd-Chiari-Syndrom - Thrombose der Lebervenen: https://www.deutsche-leberstiftung.de/presse/pressemappe/lebererkrankungen/seltene-erkrankungen/budd-chiari-syndrom/ (online, letzter Abruf: 06.03.2023)
Lebertransplantierte Deutschland e.V., Thomas Becker; Margarete Müller; Björn Nashan; Jürgen Klempnauer – Das Budd- Chiari- Syndrom: https://lebertransplantation.eu/die-leber/andere-erkrankungen/das-budd-chiari-syndrom (online, letzter Abruf: 06.03.2023)
Deximed, Markus Plank– Budd-Chiari-Syndrom: https://deximed.de/home/klinische-themen/magen-darm-trakt/patienteninformationen/leber/budd-chiari-syndrom (online, letzter Abruf: 06.03.2023)
aktualisiert am 06.03.2023