Der Begriff Ikterus stammt aus dem Griechischen und bedeutet Gelbsucht. Es handelt sich dabei um ein Symptom verschiedener Erkrankungen, die zu einer Gelbfärbung der Haut, Schleimhaut und Lederhaut der Augen führt. Die Färbung wird durch Bilirubin verursacht. Bilirubin ist ein gelber Gallefarbstoff, der beim Abbau von Hämoglobin (dem roten Blutfarbstoff der roten Blutkörperchen) entsteht.
Die Lebensdauer von roten Blutkörperchen ist im Durchschnitt 120 Tage. Danach werden sie in der Milz über mehrere Zwischenstufen zu Bilirubin abgebaut. An Proteine gebunden, gelangt Bilirubin mit dem Blut in die Leber. Dort folgt die weitere Verarbeitung und Abgabe von Bilirubin in die Gallenflüssigkeit, die in der Gallenblase gespeichert wird. Mit der Galle wird dann der größte Teil von Bilirubin in den Darm abgegeben und mit dem Kot ausgeschieden. Nur ein geringer Teil wird über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden.
Verursacht durch den Abbau der roten Blutkörperchen liegt der Normalwert von Bilirubin im Blut bei 21 μg/l (1,2 mg/dl). Der Bilirubingehalt verändert sich aber im Laufe des Tages und sollte deshalb morgens bestimmt werden.
Ist die Ausscheidung von Bilirubin gestört oder fällt mehr an (zum Beispiel durch erhöhten Abbau roter Blutkörperchen), lagert sich Bilirubin in der Haut ab. Ein Ikterus kann sich entwickeln.
Bei zweifach erhöhten Werten verfärbt sich zunächst die Lederhaut (weiße Haut) der Augen, im fortgeschrittenen Stadium wird auch die restliche Haut gelb. Bei massiven Bilirubin-Erhöhungen können sich letztendlich alle Organe gelb verfärben.
Vielfach wird der Ikterus mit einer Entzündung oder Erkrankung der Leber gleichgesetzt. In vielen Fällen ist dies der Fall, aber auch andere Ursachen können eine Ablagerung von Bilirubin in der Haut verursachen.
Die Gelbsucht selber ist keine Erkrankung, sondern nur ein Symptom, das durch unterschiedliche Erkrankungen verursacht wird. Zur Einteilung der Ursachen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Gängig ist die Unterscheidung nach dem Ort, die zur Störung führt. Unterschieden werden:
Beim prähepatischen Ikterus liegt die Störung vor der Leber (zum Beispiel durch eine Blutung). Erkrankungen der Leber (Lebertumor, Leberzirrhose, Leberentzündung) führen zu einem hepatischen Ikterus, also eine Gelbsucht, die durch eine Störung direkt in der Leber entsteht. Der posthepatische Ikterus entwickelt sich nach der Leber, zum Beispiel wenn bereits in die Gallenflüssigkeit abgegebenes Bilirubin nicht ausgeschieden werden kann (Gallensteine, Entzündung der Gallengänge).
Verschiedene Ursachen führen zu einem erhöhten Abbau oder Zerfall von roten Blutkörperchen (Hämolyse) und damit zum Anstieg von Bilirubin im Blut. Die Leber kommt mit dem Umbau, dem Abtransport und der Ausscheidung von Bilirubin nicht hinterher. Die eigentliche Störung liegt jedoch vor der Leber, daher wird diese Art der Gelbsucht als prähepatischer Ikterus bezeichnet. Mögliche Ursachen sind:
Eine Ausnahme liegt bei der Neugeborenengelbsucht vor. Etwa 60 Prozent aller Neugeborenen entwickeln einen Ikterus. Diese entsteht durch den Abbau von Hämoglobin aus dem fetalen Blutkreislauf. Damit fällt mehr Bilirubin an. Die Leber des Säuglings arbeitet noch nicht vollständig und kommt mit der Ausscheidung nicht hinterher. Die Störung ist in der Regel harmlos und klingt von alleine ab.
Bilirubin wird in der Leber verarbeitet und zur Ausscheidung weitergeleitet. Kommt es durch verschiedene Ursachen zu Leberfunktionsstörungen, ist die Verarbeitung von Bilirubin gestört. Damit steigt der Blutwert von Bilirubin. Man bezeichnet diesen Typ der Gelbsucht als intrahepatischen Ikterus. Zahlreiche Störungen führen zu einer Funktionseinschränkung der Leber:
Alle Ursachen, die zu einer Gelbsucht führen, aber erst auftreten nachdem Bilirubin die Leber passiert hat, werden zum posthepatischen Ikterus gezählt. Diese Form wird auch Verschlussikterus genannt, da eine Abflussstörung der Gallengänge dahinter steckt. Als Auslöser gelten:
Eine Gelbfärbung von Haut und Schleimhaut sollte grundsätzlich vom Arzt abgeklärt werden. Da die Gelbsucht nur ein Symptom der verschiedensten Erkrankungen ist, tritt sie in der Regel gemeinsam mit anderen Beschwerden auf. Diese geben dem Arzt wiederum Hinweise auf die zugrundeliegende Erkrankung und müssen im Patientengespräch erwähnt werden. Häufig kommt es jedoch zu Überschneidungen der Symptome. Im Folgenden sind ein paar besonders häufige Symptome aufgeführt:
Bei Patienten mit einem Ikterus wird der Arzt versuchen, im Patientengespräch Hinweise auf die Ursache der Gelbsucht zu bekommen.
Bei der Befragung (Anamnese) des Patienten wird der Arzt folgende Aspekte abklären:
In der klinischen Untersuchung wird der Arzt eine Veränderung der Leber (Vergrößerung, verändertes Gewebe) möglicherweise ertasten können. Außerdem kann beim Abtasten eine Schmerzauslösung in bestimmten Regionen die in Frage kommenden Ursachen bereits eingrenzen. Ist die Milz vergrößert (Splenomegalie), ist dies ein Hinweis auf einen vermehrten Abbau von roten Blutkörperchen (prähepatischer Ikterus).
Häufig kommt es bei Lebererkrankungen neben der Gelbfärbung zu weiteren Veränderungen der Haut (rote Handinnenfläche, weiße Fingernägel, oder eine glatte rote Zunge). Diese deuten auf eine intrahepatische Ursache hin.
In der Laboruntersuchung wird Urin, Kot und Blut untersucht. Im Blut sind folgende Werte für die Abklärung der Gelbsucht wichtig:
Bei Unklarheiten oder zur Bestätigung der Diagnose werden bildgebende Verfahren folgen. Häufig reicht eine Ultraschall-Untersuchung, um Veränderungen an den Organen zu erkennen. Gleichzeitig kann eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen, um diese im Labor zu untersuchen. Weitere bildgebende Methoden sind die Endoskopie, Kontrastmittelröntgenaufnahmen oder MRT. So können auch die Gallengänge untersucht (ERCP) und Abflusshindernisse erkannt werden.
Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Gallensteine können teilweise endoskopisch oder operativ entfernt werden. Sind Medikamente der Auslöser der Gelbsucht, sollten diese abgesetzt werden. Infektionserkrankungen werden mit Antibiotika oder Virusstatika gezielt behandelt. Generell sollte bei einer Lebererkrankung der Alkoholkonsum komplett eingestellt werden.
Kann die Ursache behandelt werden, verschwindet in der Regel auch die Gelbfärbung der Haut. Schlechtere Heilungsaussichten haben Patienten mit chronischen Lebererkrankungen (Leberzirrhose). Der letzte Ausweg ist schließlich eine Lebertransplantation.
aktualisiert am 02.03.2023