Die Operation am Grauen Star (Katarakt-Operation) wird mit circa 600.000 Eingriffen im Jahr in Deutschland sehr oft durchgeführt. Der Graue Star (Katarakt) ist eine Augenkrankheit, bei der die Linse eine Trübung aufweist. Je nach Ausprägungsgrad können Betroffene trüb sehen, die Sehschärfe (Visus) wird dadurch beeinträchtigt. Zusätzlich zur Trübung kann eine verstärkte Blendungsempfindlichkeit bestehen. In den meisten Fällen ist ein Grauer Star eine altersbedingte Erkrankung, die sich im Laufe des Lebens nach und nach verstärkt. Als Ursache können jedoch auch andere Erkrankungen oder äußere Einflüsse eine Rolle spielen.
Die Katarakt-Operation als Routineeingriff in der Augenheilkunde verbessert das Sehen in den meisten Fällen deutlich. Das Grundprinzip der OP ist, die getrübte Linse zu entfernen und (in aller Regel) eine neue Linse aus Kunststoff in das Auge einzusetzen.
Der Graue Star (Katarakt) gehört zu den Erkrankungen, die nicht von alleine wieder zurückgehen und sich auch nicht durch andere Maßnahmen wie Medikamente bessern lassen. Die Operation ist aktuell die einzige erfolgreiche Methode, den Grauen Star zu behandeln.
Die meisten Fälle von Grauem Star sind altersabhängig. Die Trübung der Linse kann jedoch auch durch andere allgemeine Krankheiten (wie Diabetes mellitus), Augenerkrankungen (wie Entzündungen im Augeninneren) oder weitere Einflüsse wie Medikamente oder Strahlung entstehen. Außerdem kann ein Grauer Star angeboren sein.
Die Operation ist empfehlenswert, wenn die Trübung der Linse ein Ausmaß angenommen hat, das im Alltagsleben stört. Zum einen wird zur Beurteilung das Sehvermögen herangezogen, das im Sehtest herauskommt (Visus). Zum anderen ist die eigene Bewertung wichtig, inwiefern das Sehen durch den Grauen Star subjektiv schlechter geworden ist. Eine große Rolle spielt, ob die Linsentrübung wichtige Aktivitäten beeinträchtigt – bei der Arbeit, im Haushalt, in der Freizeit oder bei der Fortbewegung.
Personen, die in bestimmten Berufen tätig sind, müssen ein Mindestmaß an gutem Sehvermögen mitbringen. Das gilt zum Beispiel bei Piloten oder bei Fahrern. Um Auto fahren zu dürfen, müssen Führerscheininhaber ebenfalls ausreichend gut sehen können. Aus diesen Gründen kann eine frühzeitige Behandlung des Grauen Stars sinnvoll sein.
Verschlechtertes Sehen birgt zudem Gefahren. Gerade bei älteren Betroffenen eines Grauen Stars können Stürze ein Risiko darstellen. Einigen Betroffenen bereitet die Dosierung und richtige Einnahme von Medikamenten Probleme. Schwere Fälle einer weit fortgeschrittenen Katarakt können bis zur Erblindung reichen.
Leidet ein Kind an einer angeborenen Katarakt (Linsentrübung), dann ist baldmöglichst eine Operation notwendig. Ansonsten „trainiert“ das Kind das Sehen auf dem betroffenen Auge nicht richtig und eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie) kann sich entwickeln. Das setzt die Sehkraft dauerhaft herab, selbst wenn der Graue Star entfernt wird und die Netzhaut intakt ist.
Eine Linsenquellung durch Wassereinlagerung (Cataracta intumescens) kann einen hohen Augendruck (Glaukom) hervorrufen und muss dringend operiert werden.
Die Entfernung der Linse mit Ersatz durch eine Kunstlinse kann auch im Rahmen von anderen Eingriffen am Auge (etwa an Glaskörper und Netzhaut) sinnvoll sein.
Im Rahmen einer augenärztlichen Untersuchung wird in einem Gespräch (Anamnese) erfasst, inwieweit der Patient das Sehen als gestört empfindet. Eventuelle Vorerkrankungen werden erfragt. Wichtig bei den Untersuchungen ist ein eingehender Sehtest, der dem Arzt auch Auskunft über die erforderliche Stärke der eingesetzten Linsen gibt. Der Augenmediziner beurteilt beide Augen an der sogenannten Spaltlampe und achtet neben den Veränderungen der Linse auch auf mögliche Erkrankungen der Netzhaut oder anderer Augenabschnitte. Dazu ist auch eine Beurteilung des Augenhintergrundes bei erweiterter Pupille (durch Gabe spezieller Augentropfen) erforderlich.
Das Auge muss zudem vermessen werden (Biometrie). Die Augenlänge, die Tiefe der Vorderkammer des Auges und die Eigenschaften der Hornhaut sind zur Berechnung einer künstlichen Linse relevant. Für die Messung stehen moderne Gerätschaften zur Verfügung.
Je nach Patient und Betäubungsart (Anästhesie) finden gegebenenfalls weitere Voruntersuchungen statt, auch zum allgemeinen Gesundheitszustand.
In einem Vorgespräch klärt der Arzt den Patienten über die Risiken der OP, aber auch über die zu erwartende Sehverbesserung und weitere Vor- und Nachteile auf. Welche Linse in das Auge eingesetzt werden soll und ob danach eine Brille für scharfes Sehen in der Nähe oder Ferne erforderlich ist, wird ebenfalls besprochen.
Gerinnungshemmende Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel oder Cumarine sollten abgesetzt werden, was jedoch immer mit dem Arzt abgesprochen werden muss. Falls die Operation in Vollnarkose durchgeführt wird, ist es erforderlich, mindestens sechs Stunden vorher nichts mehr zu essen oder zu trinken (klares Wasser darf bis zwei Stunden vorher noch getrunken werden). Ob und wie Medikamente am OP-Tag eingenommen werden, ist mit dem Arzt abzuklären.
Die Operation am Grauen Star wird meist ambulant durchgeführt. Ein stationärer Eingriff kann vor allem bei Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder verschiedenen Erkrankungen des Auges sinnvoll sein. Der Heilungs- und Gesundheitszustand lässt sich in der Klinik besser überwachen als zu Hause. Wenn eine Nachbetreuung (Versorgung daheim, niedergelassener Augenarzt) nicht richtig möglich ist, kann sich ebenfalls eine stationäre OP empfehlen.
Der Eingriff kann unter drei verschiedenen Betäubungsarten durchgeführt werden:
Eine Vollnarkose ist normalerweise nicht erforderlich, kann aber bei starker Ängstlichkeit vor dem Eingriff am Auge sinnvoll sein. Patienten, bei denen ein Stillhalten aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, benötigen eine Vollnarkose.
Die Katarakt-Operation erfolgt immer nur an einem Auge – in der Regel zuerst dem schwerer betroffenen Auge. Das andere Auge kann, wenn dort ebenfalls ein Grauer Star vorliegt, später bei gutem Heilungsverlauf des ersten Auges nach einigen Wochen operiert werden.
Der Operateur setzt als Zugang einen Schnitt am Rand der Hornhaut im oberen oder seitlichen Bereich des Auges. Über diesen wenige Millimeter langen Schnitt werden die Operationsinstrumente eingeführt. Die Kapsel der Augenlinse wird eröffnet. Bei der gängigen Methode (Phakoemulsifikation) wird mit einem feinen Ultraschall-Saug-Instrument die Linse nach und nach verflüssigt und ausgesaugt. Der Kapselsack der Linse verbleibt im Auge.
Daraufhin wird die passende Kunstlinse in das Auge eingeführt und in den Kapselsack befördert. Dort setzt sich die Kunstlinse im Normalfall von selbst fest. Eine solche Kunstlinse (Intraokularlinse) besteht aus Kunststoffmaterialien und weist eine vorher festgelegte Brechkraft auf. Von den Kunstlinsen gibt es verschiedene Varianten. Die übliche Form der Hinterkammerlinse wird in gefaltetem Zustand ins Auge geschoben und klappt sich innerhalb des Kapselsackes auseinander.
Nach dem Einsetzen der Linse zieht der Operateur das verwendete Instrument heraus, der Schnitt am Auge verheilt von alleine. Für den ersten Tag und die Nacht bekommt der Patient einen Augenverband.
Die Standardmethode wird als ECCE (extrakapsuläre Katarakt-Extraktion) bezeichnet. Neben der Ultraschall-Absaugung (Phakoemulsifikation) kann eine ECCE auch mit dem älteren Verfahren der manuellen Entfernung der Linse durchgeführt werden. Dieses wird nur noch selten durchgeführt, weil es mehr Risiken aufweist. Der OP-Schnitt ist größer und muss vernäht werden. Das Risiko für Infektionen ist erhöht und durch die Naht kann eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) gefördert werden. Der Vorteil der manuellen ECCE ist, dass sie auch bei verhärteten Linsen durchgeführt werden kann, die im Ganzen entfernt werden müssen. Weiterhin kann sie bei vorgeschädigter Hornhaut (zum Beispiel als Folge des Grauen Stars) sinnvoll sein. Die Hornhaut wird dann weniger stark belastet als bei der moderneren, gängigen Methode.
Ebenfalls zu den Möglichkeiten der ECCE gehört die Operation mit dem Laser (Femtosekundenlaser-Katarakt-OP). Diese Methode arbeitet präzise und ist auch schonend für die Hornhaut. Darüber hinaus kann mit dem Laser eine Hornhautverkrümmung im selben Eingriff korrigiert werden. Die Laser-Operation ist jedoch noch kein standardmäßig angewendetes Verfahren und benötigt spezielle Gerätschaften. Die Operation dauert länger und kann zudem nicht bei allen Patienten vorgenommen werden (beispielsweise darf die Hornhaut nicht vernarbt sein).
ICCE (intrakapsuläre Katarakt-Extraktion) ist ein weiteres Verfahren der Operation am Grauen Star. Ein langer Schnitt am Auge ist notwendig. Die Linse wird mit einem Vereisungsstift gefroren und mitsamt der Linsenkapsel komplett aus dem Auge geholt. Daher muss die Kunstlinse in die Vorderkammer eingesetzt werden oder mit einer Naht in der Hinterkammer fixiert werden. Die ICCE kann bei weit vorangeschrittenem Grauen Star sinnvoll sein.
Ohne das Einsetzen einer Kunstlinse anstelle der entfernten natürlichen Linse müsste der Patient eine sogenannte Starbrille tragen (oder eine spezielle Kontaktlinse). Bei fehlender Linse hat das Auge insgesamt eine Brechkraft im sehr stark weitsichtigen Bereich. Das wird durch die künstliche Linse im Auge wieder ausgeglichen.
Üblicherweise wird eine Hinterkammerlinse eingesetzt, sie sitzt an der Stelle der natürlichen Linse hinter der Iris (Regenbogenhaut) und vor dem Glaskörper. Selten bekommt das Auge eine Vorderkammerlinse, sie sitzt zwischen der Hornhaut und der Iris.
Die modernen Hinterkammerlinsen bestehen aus Silikon oder Acryl und lassen sich zunächst gefaltet ins Auge einsetzen. Der Zugang zum Auge kann damit sehr klein bleiben. Eine Linse aus PMMA (Polymethylmethacrylat) behält ihre Form bei und kann sowohl als Vorderkammerlinse als auch als Hinterkammerlinse verwendet werden.
Die meisten Operierten haben Monofokallinsen. Diese weisen nur einen Brennpunkt auf und lassen ein scharfes Sehen entweder im nahen oder im fernen Bereich zu. Es gibt auch Multifokallinsen – Linsen, die mehrere Brennpunkte haben. Scharfsehen ist damit in den meisten Entfernungsbereichen möglich. Dafür muss ein schwächeres Kontrastsehen und eine stärkere Blendungsempfindlichkeit in Kauf genommen werden.
Die Operation am Grauen Star ist im Allgemeinen ein komplikationsarmes Verfahren. Zu den Risiken gehören:
Die Katarakt-OP ist ein Standardeingriff, der in aller Regel ohne dauerhafte Schädigung des Auges durchgeführt werden kann. Eine bleibende Beeinträchtigung der Sehschärfe oder sogar eine Erblindung ist dennoch nicht auszuschließen.
Wird die Operation ambulant vorgenommen, ist es am besten, sich abholen zu lassen. Auf keinen Fall sollte man selbst Auto fahren.
Am Folgetag kontrolliert der Augenarzt den Zustand und das Sehvermögen des operierten Auges und misst den Innendruck. Gibt es keine Probleme, kann der Verband danach meist weggelassen werden.
Patienten müssen sich und das Auge so lange schonen, bis der Schnitt verheilt ist. Das bedeutet: für bis zu zwei Wochen kein Sport, kein Schwimmen, kein Tauchen, keine Sauna, Verzicht auf Make-up. Duschen ist möglich, aber Seife oder Shampoo darf nicht ins Auge gelangen. Fernsehen und Lesen ist üblicherweise nach einem Tag wieder möglich, dies sollte mit dem Arzt besprochen werden.
Die herkömmliche (monofokale) Kunstlinse kann, anders als die natürliche Linse, ihre Form und Brechkraft nicht an das nahe oder ferne Sehen anpassen (Akkommodation). Ein scharfes Sehen ist daher entweder nur in der Nähe oder nur in der Ferne möglich. Operierte benötigen eine Fernbrille oder eine Lesebrille. Je nach den eigenen Ansprüchen kann es einigen Patienten helfen, das eine Auge für die Nähe und das andere für die Ferne zu optimieren. Die Anpassung der Brille ist ab vier bis sechs Wochen nach der Operation möglich.
Wird das Sehen nach der OP schlechter, dann ist eine erneute Vorstellung beim Arzt notwendig. Das gilt auch, wenn heftige Schmerzen auftreten, das Auge sehr gerötet ist, eine Nachblutung oder Fieber entsteht.
Die Grauer-Star-Operation als häufig durchgeführter Eingriff ist in fast allen Fällen erfolgreich und ohne gravierende Komplikationen. Mit dem Auge ist wieder ein klares, ungetrübtes Sehen möglich. Farben können kräftiger wahrgenommen werden. Nach der Operation am Grauen Star steigt für die meisten Patienten die Lebensqualität. Vielen Menschen hilft der Eingriff, sich sicher und selbstständig zu bewegen.
Andere vorliegende Augenerkrankungen können allerdings zur Folge haben, dass nicht die volle Sehschärfe erreicht wird. Dazu gehören beispielsweise die altersabhängige Erkrankung der Netzhautmitte (altersabhängige Makuladegeneration, AMD) oder eine Netzhauterkrankung durch Diabetes (diabetische Retinopathie). Dennoch kann bei diesen Erkrankungen eine Grauer-Star-OP lohnenswert sein und einen deutlichen Gewinn an Sehschärfe herausholen – inklusive den Vorteilen, sich besser im Umfeld orientieren zu können.
Darüber hinaus bessert sich nach der Operation am Grauen Star häufig auch ein erhöhter Augeninnendruck (Glaukom). Weiterhin ist es für den Augenarzt einfacher, Krankheiten am Augenhintergrund zu betrachten und eine Therapie vorzunehmen.
DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) – Leitlinie Nr. 19
Katarakt (Grauer Star) im Erwachsenenalter: https://www.dog.org/wp-content/uploads/2009/09/Leitlinie-Nr.-19-Katarakt-Grauer-Star-im-Erwachsenenalter.pdf (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
Deutsches Ärzteblatt, Thomas Kohnen; Martin Baumeister; Daniel Kook; Oliver K. Klaproth; Christian Ohrloff – Kataraktchirurgie mit Implantation einer Kunstlinse: https://www.aerzteblatt.de/archiv/66446/Kataraktchirurgie-mit-Implantation-einer-Kunstlinse (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
AAO (American Academy of Ophthalmology), Kierstan Boyd – Cataract Surgery: https://www.aao.org/eye-health/diseases/what-is-cataract-surgery (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
BAO (Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V.) – Operation des Grauen Stars (Katarakt-Operation): https://www.operieren.de/e3224/e10/e589/e594/e667/ (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
Harvard Health Publishing – Considering cataract surgery? What you should know: https://www.health.harvard.edu/diseases-and-conditions/considering-cataract-surgery-what-you-should-know (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
Amboss – Katarakt (Grauer Star): https://www.amboss.com/de/wissen/Katarakt (online, letzter Abruf: 24.09.2020)
aktualisiert am 02.10.2020