Ein Astigmatismus wird üblicherweise als Hornhautverkrümmung bezeichnet, auch wenn es noch andere Formen von abweichend gekrümmter Hornhaut gibt. Ein etwas besserer Ausdruck für den Astigmatismus ist Stabsichtigkeit. Die Hornhaut des Auges ist in einer Ausrichtung stärker gekrümmt als in der anderen. Das führt zu einem verzerrten Sehen, Betroffene sehen einen Punkt als eine Linie oder eben als einen Stab. Wie die Kurzsichtigkeit und die Weitsichtigkeit gehört auch die Stabsichtigkeit (Astigmatismus) zu den möglichen Fehlsichtigkeiten. Die Stabsichtigkeit ist oft mit einer Kurzsichtigkeit oder einer Weitsichtigkeit kombiniert. Korrigieren lässt sich die Hornhautverkrümmung durch eine Brille oder Kontaktlinse. Auch mit einer Operation der Hornhautverkrümmung, insbesondere dem Augenlasern (LASIK), ist bis zu einem gewissen Grad der Hornhautverkrümmung eine dauerhafte Korrektur möglich.
Das verzerrte Sehen bei der Stabsichtigkeit entsteht dadurch, dass die eintreffenden Lichtstrahlen in einer Ebene stärker gebrochen werden als in der senkrecht dazu liegenden Ebene. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Hornhautverkrümmung, bei der die Hornhaut in einer Richtung eine stärkere Beugung aufweist als in der anderen.
Die Hornhautverkrümmung ist wiederum angeboren (die Augenform variiert etwas) oder entsteht im Laufe der Zeit durch den leichten Druck, den die Lider ausüben. Dies erklärt, dass die Hornhaut beim Astigmatismus in vielen Fällen in senkrechter Richtung (etwa bei 90°) stärker verbogen ist als in waagerechter. Eine waagerecht stärkere Krümmung (etwa bei 0°) ist hingegen seltener, aber kommt ebenfalls vor. Natürlich sind auch alle Zwischenstufen zwischen 0° und 180° möglich.
Die Abweichungen von der optimalen Brechkraft kommen oft durch eine eigentliche Verkrümmung der Hornhaut zustande. Eine mehr oder weniger große Rolle können aber auch die anderen Strukturen des Auges spielen, wie die Linse oder der hintere Teil des Augapfels sowie die innere Oberfläche der Hornhaut.
Insgesamt führt die verschieden große Lichtbrechung dazu, dass parallele Lichtstrahlen hinter Hornhaut und Linse nicht in einem Brennpunkt zusammenkommen. Sie werden in einer Ebene stärker abgelenkt und in der anderen schwächer. Daher finden sie sich auf einer Brennlinie zusammen, dahinter findet sich ein unscharfer Bereich und noch weiter hinten eine weitere Brennlinie rechtwinklig zur vorne liegenden. Das bedeutet, dass der Patient mit Astigmatismus entweder ein stabförmig verzerrtes oder ein unregelmäßiges, unscharfes Bild sieht. Dies ist davon abhängig, wie lang das Auge im Verhältnis zur Brechkraft ist.
Als eine Art Astigmatismus kann auch ein Zustand bezeichnet werden, bei dem eine unregelmäßige Brechkraft des Auges besteht. Genauer wird hier von einem irregulären Astigmatismus gesprochen. Die Abweichungen der Lichtbrechung lassen sich in einem solchen Fall nicht mehr durch einfache Formeln darstellen. Ein stärkerer irregulärer Astigmatismus findet sich etwa bei Narben der Hornhaut oder bei der Krankheit Keratokonus, die eine kegelförmige Ausziehung und Verdünnung der Hornhaut zur Folge hat. Außerdem können Störungen an der Linse wie ein bestimmter Grauer Star (Katarakt) zu unregelmäßigen Brechkraftänderungen führen.
Der Astigmatismus (Stabsichtigkeit) kann die alleinige Fehlsichtigkeit eines Auges sein, ansonsten ist das Auge normalsichtig. Der Astigmatismus kann aber auch „über" einer Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit bestehen. Die Hornhautverkrümmung findet sich oftmals auf beiden Augen in ähnlicher Stärke.
Betroffene mit Astigmatismus hat eine verzogene, unscharfe Sicht. Manche Betroffene sehen einen Punkt länglich verzogen, viele sehen auf andere Weise unscharf. Je stärker die Hornhautverkrümmung, umso schlechter ist die Sehschärfe.
Wie bei anderen Fehlsichtigkeiten kann auch eine Stabsichtigkeit zu weiteren Folgen führen. Einige Betroffene haben durch das verschwommene Bild Kopfschmerzen oder ein angestrengtes, brennendes Gefühl an den Augen.
Wird im Kindesalter eine Hornhautverkrümmung nicht rechtzeitig korrigiert, dann kann eine so genannte Schwachsichtigkeit (Amblyopie) daraus resultieren. Das betroffene Auge bekommt nie ein scharfes Bild geliefert und verlernt gewissermaßen dauerhaft, eine optimale Sehschärfe auszubilden. Bei Kindern ist es deshalb besonders wichtig, eine stärkere Fehlsichtigkeit zu erkennen und auszugleichen.
Bei jeder augenärztlichen Untersuchung erfolgt normalerweise ein kurzes Untersuchungsgespräch (Anamnese), ein Sehtest und eine Betrachtung der Augen unter Vergrößerung an der Spaltlampe. Eine ausführliche Variante des Sehtests erfolgt, um die Stärke und die Ausrichtung der Hornhautverkrümmung zu bestimmen und ein Korrekturmittel (Brille) anzupassen. Der Arzt testet mit verschieden geschliffenen Gläsern, unter welcher Korrektur der Patient am besten sieht (subjektive Refraktionsbestimmung). Beim Astigmatismus muss auch der Winkel in Grad bestimmt werden, wie die Achsen der Hornhautverkrümmung liegen. Dazu werden entsprechend geschliffene Gläser vor dem Auge gedreht.
Ist ein Sehtest auf die übliche Weise nicht genau möglich, wie bei manchen Menschen mit Behinderung, eignet sich eine Untersuchung namens Skiaskopie dazu, eine Fehlsichtigkeit zu bestimmen.
Eine Hornhautverkrümmung kann auch mittels einer so genannten Placido-Scheibe genauer beurteilt werden. Die Placido-Scheibe leuchtet in mehreren Ringen, die sich an der Hornhaut des zu untersuchenden Auges widerspiegeln. In der Mitte der Scheibe ist ein kleines Loch, durch das der Arzt gerade auf das Auge des Patienten sehen kann. Anhand der Verzerrung der gespiegelten Ringe kann der Arzt die Form der Hornhautverkrümmung beurteilen.
Die klassische Vermessung der Hornhautkrümmung geschieht mit einem speziellen Gerät, dem Ophthalmometer (auch „Zeiss-Bombe" genannt). Die Lichtbrechung kann damit am Auge für jede Richtung gemessen werden. Inzwischen werden meist Computergeräte eingesetzt, um die Hornhautverkrümmung und die Brechkraft zu messen (Hornhauttopographie, objektive Refraktionsbestimmung).
Die Stabsichtigkeit (Astigmatismus) kann mit auf bestimmte Weise brechenden Gläsern ausgeglichen werden, den Zylindergläsern. Diese lenken das Licht nur in einer Ausrichtung ab. In der senkrecht dazu stehenden Ebene wird das Licht dagegen nicht gebeugt. Das Zylinderglas wird so ausgerichtet, dass dessen Krümmung senkrecht zu der Krümmung der Hornhaut liegt und sie somit ausgleicht. Das Licht, das auf das Glas und dann auf das Auge trifft, kommt wieder in einem Brennpunkt zusammen.
Die Werte werden in ein Brillenglas „eingebaut". Genauso lassen sich Kontaktlinsen herstellen, die die Hornhautverkrümmung korrigieren. Sie nennen sich torische Linsen und sind als weiche oder harte (formstabile) Variante erhältlich. Die Kontaktlinsen richten sich auf der Augenoberfläche so aus, dass sie in dem Winkel gedreht sind, der für die genaue Korrektur des Astigmatismus notwendig ist. Eine eventuelle Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit wird in die Linse oder in das Brillenglas mit eingearbeitet. So kann die bestmögliche Korrektur für ein kurz- oder weitsichtiges und gleichzeitig stabsichtiges Auge vorgesetzt werden.
Wenn ein irregulärer Astigmatismus (ganz ungleichmäßige Brechkraft auf dem Auge) vorliegt, gestaltet sich die Korrektur bei weitem nicht so einfach. Bis zu einem gewissen Grad können Unregelmäßigkeiten auf der Hornhautoberfläche durch Kontaktlinsen ausgeglichen werden, die formstabil sind und sich ganz anlegen.
Ausgeprägte Hornhautschäden und -unregelmäßigkeiten, wie sie unter anderem bei der Krankheit Keratokonus oder bei Vernarbungen vorliegen können, können operiert werden. Dazu eignet sich eine Hornhauttransplantation (Keratoplastik). Haben Unregelmäßigkeiten in der Augenlinse eine Fehlsichtigkeit bedingt, kann eine Entfernung der Linse mit Einsetzen einer Kunstlinse helfen (Katarakt-Operation).
Moderne Verfahren wie LASIK und andere Varianten der so genannten Refraktiven Chirurgie können auch bei der Hornhautverkrümmung eingesetzt werden. Es handelt sich um Operationen beziehungsweise Laserbehandlungen, die eine Fehlsichtigkeit dauerhaft korrigieren. Die LASIK oder Femto-Lasik ist zum Beispiel eine Methode zum Abtragen eines geringen Teils der Hornhaut mit dem Laser, so dass die ungünstige Krümmung verschwindet und der Patient normal sieht. Dies kann sich bis zu einem gewissen Grad für einen regulären und einen irregulären Astigmatismus eignen. Des Weiteren können manchmal andere Laseroperationen oder auch Linsenoperationen durchgeführt werden, die die Hornhautverkrümmung beziehungsweise Stabsichtigkeit ausgleichen.
aktualisiert am 07.10.2022