Die Kinderchirurgie ist ein eigenständiges medizinisches Fach aus dem Gebiet der Chirurgie. Es befasst sich mit der Diagnostik und Therapie bestimmter Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren. Dazu zählen beispielsweise Fehlentwicklungen, Baucherkrankungen (z. B. Blinddarmentzündung), Verletzungen und Unfallfolgen. Auch die vorgeburtliche (pränatale) Chirurgie am Kind im Mutterleib gehört zur Kinderchirurgie. Die Kinderchirurgie steht sehr eng mit dem Fach der Kinderheilkunde (Pädiatrie) in Verbindung.
Das Kindesalter ist ein sehr dynamischer Lebensabschnitt. Der junge Mensch steht in ständiger Entwicklung. Viele Vorgänge im Bereich des Körpers und der Organsysteme unterscheiden sich deshalb sehr stark von denen eines Erwachsenen. Da es sich bei Kindern somit nicht um „kleine Erwachsene" handelt, befassen sich Kinderchirurgen mit andersgearteten Problemen als Organchirurgen des Erwachsenenalters. Besonders wichtig sind Kenntnisse des Wachstums und der Reifung, sowie des Zusammenspiels der verschiedenen Organsysteme. Nur so können auch komplexe Krankheiten (z. B. angeborene Fehlbildungen) sowie Erkrankungen mit besonderer Dynamik im Wachstumsalter erfolgreich behandelt werden. Zudem betrachtet der Kinderchirurg seine Patienten ganzheitlich: Er konzentriert sich nicht nur auf ein einzelnes Organ oder Körperteil, sondern versucht, den altersabhängigen Besonderheiten jedes Kindes gerecht zu werden.
Die häufigste Erkrankung, die in der Kinderchirurgie behandelt wird, ist die Gehirnerschütterung. Weitere häufige Diagnosen sind Blinddarmentzündung (Appendizitis), Leistenbruch, Unterarmbrüche (Unterarmfrakturen). Ebenso werden sehr oft Bauchschmerzen abgeklärt. Zu den häufigsten Operationen gehören Leistenbruchoperation, die Versorgung von Knochenbrüchen (mit und ohne Metallstabilisierung), Blinddarmentfernung (Appendektomie), Entfernung der Rachenmandeln (Tonsillektomie), Operationen an der Vorhaut (Phimose) sowie die Hodenverlagerung.
Die Narkose bei operativen Eingriffen wird in der Kinderchirurgie von einem speziell ausgebildeten Kinderanästhesisten durchgeführt. Um den Kindern die Angst während des operativen Eingriffs zu nehmen, werden die meisten Operationen bei Kindern heute in Vollnarkose durchgeführt. Die Narkosetechnik ist mittlerweile sehr weit fortgeschritten, so dass Zwischenfälle bei Kindern nur noch sehr selten auftreten.
Jeder operative Eingriff ist sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenalter mit Risiken verbunden. Die wichtigsten Komplikationen sind Blutungen, Nachblutungen und Blutergüsse im Operationsgebiet. Seltener entstehen Entzündungen (wie beispielsweise Abszesse) oder Infektionen, die in seltenen Fällen auch über die Blutbahn im Körper verteilt werden (Sepsis). Wird ein Nerv geschädigt, so kann es zu Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen kommen. Weitere mögliche Komplikationen unterscheiden sich nach der Art der Operation.
Eine Besonderheit bei Operationen an einem Kind ist, dass das Wachstum noch im Gange ist. Wird beispielsweise am Knochen operiert, so kann es zu einem abnormen Wachstum mit Verkürzung oder Verlängerung (etwa einer Gliedmaße) und damit einer Körperasymmetrie kommen.
Neben den Risiken durch die Operation selbst können auch durch die Narkose Komplikationen verursacht werden, wobei schwerwiegende Auswirkungen inzwischen sehr selten sind. Bei versehentlicher Injektion der Medikamente in eine Arterie (Schlagader) können deren Wirkungen verstärkt werden und es kommt nicht selten zu allergischen Reaktionen sowie Übelkeit und Erbrechen. In manchen Fällen zieht sich die Luftröhre krampfartig zusammen. Eine ausgesprochen seltene, aber lebensgefährliche Komplikation ist die maligne Hyperthermie, bei der es durch Stoffwechselverschiebungen zu starker Temperaturerhöhung kommt. Durch spezielle Narkosegeräte, die es ermöglichen, Herzschlag, Sauerstoffsättigung, Blutdruck, Körpertemperatur und Beatmungswerte des Kindes laufend zu überwachen, werden solche Zwischenfälle jedoch früh erkannt und behandelt.
Durch die Verwendung eines Beatmungsschlauches für die Dauer der Narkose (Intubation) kann ein Reizzustand im Hals mit Schmerzen und Husten ausgelöst werden. Nicht auszuschließen sind Verletzungen im Rachenbereich, an den Stimmbändern sowie auch an den Zähnen. Es gibt jedoch mittlerweile spezielle Tuben und Beatmungsmasken, die je nach Alter und Entwicklungsstand auf die Kinder angepasst sind. Probleme bei der Beatmung treten somit nur noch selten auf.
aktualisiert am 17.12.2020