Zwillinge sind beim Menschen zwar nicht die Regel, aber auch nicht überaus selten. Die Wahrscheinlichkeit für Zwillingsgeburten liegt durchschnittlich zwischen ein und zwei Prozent, sie wird aber durch Einwirkungen wie Erbgut und künstliche Befruchtung beeinflusst. Die Rate an Zwillingen steigt derzeit allmählich an, unter anderem durch die zunehmende künstliche Befruchtung. Zwillingsschwangerschaften gelten stets als Risikoschwangerschaften, auch wenn allgemein die Risiken immer noch gering sind. Einige Komplikationen sind bei Zwillingsschwangerschaften häufiger, und die Zwillinge müssen öfter durch einen Kaiserschnitt entbunden werden. Außerdem werden Zwillinge oft einige Wochen eher geboren als einzelne Babys. Während einer Zwillingsschwangerschaft gibt es eine Reihe von Besonderheiten zu beachten.
Zwillinge sind die weitaus häufigste Form von Mehrlingen beim Menschen. Im Wesentlichen lassen sich eineiige und zweieiige Zwillinge unterscheiden. Zweieiige Zwillinge entwickeln sich, wie der Name vermuten lässt, aus zwei verschiedenen Eizellen, die jeweils von einem anderen Spermium befruchtet werden. Die Mutter hat also beim Eisprung zwei Eizellen abgegeben, die beide befruchtet wurden. Zweieiige Zwillinge sind sich sowohl vom Erbgut als auch vom Aussehen und Körper her so ähnlich wie normale Geschwister aus verschiedenen Schwangerschaften. Sie haben sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits unterschiedliche Varianten von Genen bekommen. Zweieiige Zwillinge können deshalb verschiedenen oder gleichen Geschlechts sein.
Eineiige Zwillinge entstehen aus einer einzigen befruchteten Eizelle, aus der sich zwei Anlagen für Embryos bilden. Eineiige Zwillinge tragen die gleiche Erbinformation. Sie sehen deshalb eigentlich genau gleich aus. Lediglich äußere Einflüsse lassen sie doch etwas unterschiedlich sein, beispielsweise bei abweichender Ernährungssituation zwischen den beiden.
Neben Zwillingen sind auch Drillinge, Vierlinge, Fünflinge etc. möglich. Die höchste Anzahl von Mehrlingen mit Überlebensfähigkeit sind bisher Achtlinge. Neunlinge gab es zwar auch schon mehrmals, aber sie haben nur Stunden bis Tage überlebt. Ob die wenigen Fälle von Zehnlingen in der Vergangenheit stimmen oder herbeigedichtet sind, lässt sich nicht mehr nachweisen. So hochgradige Mehrlinge sind ohnehin absolute Raritäten. Bei Drillingen, Vierlingen und so weiter gibt es verschiedene denkbare Kombinationen aus eineiigen und/oder zweieiigen Babys.
Eine grobe Abschätzung, wie häufig Zwillinge, Drillinge oder weitere Mehrlinge im Allgemeinen sind, erlaubt die Hellin-Regel. Diese besagt, dass die Wahrscheinlichkeit für Zwillinge 1:85 beträgt, diejenige für Drillinge 1:85² (1:7225), die für Vierlinge 1:85³ (etwa 1:600000) und so weiter. Die Werte sind jedoch keineswegs genau.
Bei der Häufigkeit von Zwillingen gibt es nämlich erhebliche Unterschiede. In verschiedenen ethnischen Gruppen sind Zwillingsgeburten unterschiedlich häufig. Bei einem afrikanischen Volksstamm (Yoruba) finden sich weit überdurchschnittlich häufig Zwillinge. Japanische Mütter bekommen dagegen wesentlich seltener Zwillinge als etwa Europäerinnen. Warum das so ist, ist nicht genau bekannt. Die Veranlagung, Zwillinge zu bekommen, ist möglicherweise im Erbgut verankert. Frauen, deren Blutsverwandte (z. B. Schwester) Zwillinge hatten, bekommen selbst häufiger Zwillinge als andere Frauen. Vielleicht hängt die Zwillingswahrscheinlichkeit aber auch mit der Ernährung zusammen. Dies wird von der Wissenschaft spekuliert und ist noch nicht ausreichend untersucht worden. Die Wahrscheinlichkeit für eineiige Zwillinge bleibt über die Zeiten und Regionen weitgehend konstant (knapp 0,4 Prozent), nur die Chance auf zweieiige Zwillinge variiert stärker.
Der Anteil der Zwillinge an den Geburten steigt kontinuierlich etwas an. Das liegt daran, dass immer öfter von der Möglichkeit der künstlichen Befruchtung Gebrauch gemacht wird, ebenso wie von Hormonbehandlungen. Diese Maßnahmen, die bei eingeschränkter Fruchtbarkeit eingesetzt werden können, führen häufig zu Zwillingen oder Mehrlingen.
Von den möglichen Beschwerden her unterscheidet sich die Zwillingsschwangerschaft kaum von der einfachen Schwangerschaft. Viele Beschwerden treten jedoch häufiger, früher oder stärker auf. Der Bauch der Mutter wächst verständlicherweise schneller bei Zwillingen als bei einzelnen Babys. Das bedeutet auch, dass es für die Mutter eher beschwerlich wird als in einer herkömmlichen Schwangerschaft. Die Frau kann rasch erschöpft sein, sie wird schnell kurzatmig, die Gelenke und die Wirbelsäule werden zusätzlich belastet. Außerdem übt die große Gebärmutter einen Druck auf Magen und Darm aus, so dass Verdauungsstörungen verhältnismäßig häufig sind. Übelkeit in der Schwangerschaft und Erbrechen sind typische Symptome, die bei angehenden Müttern von Zwillingen sehr oft auftreten. Ebenfalls kann es zu Schwellungen durch Wassereinlagerungen an den Händen und Füßen kommen. Oftmals werden die Beschwerden aber auch von Zwillingsmüttern als nicht so stark empfunden.
Die Geburt von Zwillingen findet im Durchschnitt nach weniger Schwangerschaftswochen statt als die von einzelnen Babys. Wenn sie bis zur 38. oder 39. Schwangerschaftswoche nicht stattfand, dann leitet der Arzt sie oftmals künstlich ein. Einzelgeburten werden meist erst in der 42. Schwangerschaftswoche eingeleitet, falls das Kind noch nicht kam. In der Regel werden Zwillinge nur dann normal (vaginal) entbunden, wenn beide Babys mit dem Kopf nach unten in der Gebärmutter liegen. Das ist bei knapp der Hälfte der Zwillingsgeburten so. Auch sonst sollten keine weiteren Risikofaktoren für die Geburt vorliegen und keine Komplikationen aufgetreten sein, damit über die Scheide entbunden werden kann. Ansonsten werden die Zwillinge mittels Kaiserschnitt entbunden. In der Regel ist bei Zwillingsgeburten mehr Personal vor Ort als bei unkomplizierten Einzelgeburten.
Auch wenn die meisten Zwillingsschwangerschaften ohne Probleme verlaufen, werden sie als Risikoschwangerschaften eingestuft. Die Gefahr für Komplikationen unterschiedlicher Art ist erhöht. Deshalb finden bei werdenden Zwillingsmüttern häufiger Vorsorgeuntersuchungen statt als bei anderen Schwangeren. Natürlich können auch alle diejenigen Komplikationen vorkommen, die es bei herkömmlichen Einzelschwangerschaften gibt.
Viel öfter als bei einfachen Schwangerschaften kommen Zwillinge in einer Frühgeburt zur Welt. Das lässt sich ganz einfach damit erklären, dass der Platz im Mutterleib früher knapp wird als bei einem einzelnen Baby. Frühgeborene können unter Umständen medizinische Probleme bekommen, besonders wenn sie zu einem Zeitpunkt zur Welt kommen, bei dem die Lunge noch nicht richtig entwickelt und funktionsfähig ist. Nicht selten wird auch die Geburt von einem Arzt zu einem relativ frühen Zeitpunkt eingeleitet, wenn der vorhandene Platz in der Gebärmutter zu gering wird.
Bei eineiigen Zwillingen kommt es häufig vor, dass beide an einem einzigen Mutterkuchen (Plazenta) hängen, anstatt unabhängig voneinander von zweien versorgt zu werden. Im Falle dieser gemeinsamen Plazenta kann es dazu kommen, dass das eine Baby viel mehr Blut zieht als das andere. Diese Erkrankung heißt fetofetales Transfusionssyndrom. Eines der Babys ist dadurch unterversorgt. Doch auch unabhängig von dieser Gegebenheit kann einer der Zwillinge Mangelerscheinungen aufweisen und zu klein und zu leicht sein. Nicht selten findet sich auch bei beiden Babys im Mutterleib ein Minderwachstum.
Zwillinge werden sehr häufig per Kaiserschnitt entbunden. In vielen Fällen liegt zumindest eines der Kinder für eine normale Geburt ungünstig, und auch weitere Gründe wie eine ungünstige Lage des Mutterkuchens können den Kaiserschnitt erforderlich machen. Teils ist aber auch bei Zwillingen eine Geburt auf herkömmlichem Wege möglich. Trotzdem führen einige Ärzte auch ohne weitere Probleme eine Kaiserschnittentbindung bei Zwillingen durch, um eventuellen Risiken aus dem Weg zu gehen. Der Kaiserschnitt kann auch bei Komplikationen notwendig werden. Manchmal wird sogar das zweite Zwillingsgeschwister per Kaiserschnitt entbunden, wenn das erste schon über den Geburtskanal auf die Welt gekommen ist. Drillinge und höhergradige Mehrlinge werden praktisch immer mittels Kaiserschnitt geholt.
Für eine Reihe von Krankheiten ist bei werdenden Müttern von Zwillingen oder Mehrlingen das Risiko erhöht. Sie bekommen eher einen Bluthochdruck als andere Mütter und auch eher die Erkrankung Präeklampsie, bei der sich unter anderem auch ein erhöhter Blutdruck findet. Weil ein erhöhter Bedarf an Nährstoffen, Mineralien, Vitaminen und anderen Stoffen besteht, kommt es bei einer Zwillingsschwangerschaft häufiger zu Mangelerscheinungen. Beispielsweise zeigt sich relativ oft eine Anämie (Blutarmut) in der Schwangerschaft. Auch Komplikationen innerhalb der Gebärmutter sind etwas häufiger möglich, beispielsweise eine vorzeitige Lösung des Mutterkuchens (Plazenta). Ein Zwilling hat gegenüber einzelnen Kindern unter der Geburt ein etwa fünffach erhöhtes Risiko, zu versterben. Bei Drillingen und Vierlingen ist die Gefahr noch etwas höher.
Eine bekannte Auswirkung, wenn Zwillinge entstehen, ist die Doppelfehlbildung, die so genannten siamesischen Zwillinge. Eineiige Zwillinge haben sich dabei unvollständig geteilt und sind an Kopf, Rumpf oder Hüfte zusammengewachsen. Siamesische Zwillinge sind extrem selten, unter ungefähr einer Million Geburten findet sich ein siamesisches Zwillingspaar. Ein großer Teil der siamesischen Zwillinge verstirbt kurze Zeit nach der Geburt oder bereits im Mutterleib. Des Weiteren ist auch die Rate an anderen Fehlbildungen ein wenig erhöht, wenn es sich um Zwillinge oder Mehrlinge handelt.
Wie andere Schwangerschaften können auch Zwillingsschwangerschaften durch einen Schwangerschaftstest erkannt werden. Dass es sich um Zwillinge beziehungsweise Mehrlinge handelt, kann im handelsüblichen Test nicht gesehen werden. Die Ultraschalluntersuchung beim Arzt gibt Klarheit darüber, dass eine Schwangerschaft vorliegt. Nicht immer können schon beide Embryos gesehen werden. Meist sind sie ab etwa der sechsten Schwangerschaftswoche erkennbar, was dann ein eindeutiger Nachweis ist. Erwiesen ist eine Zwillingsschwangerschaft außerdem dann, wenn zwei verschiedene Herztöne der Babys ermittelt werden können. Es ist wichtig, die Zwillingsschwangerschaft zu erkennen, weil sie als Risikoschwangerschaft eingestuft wird.
Schwangere, die Zwillinge erwarten, werden wie üblich regelmäßig kontrolliert. Die Termine der Schwangerschaftsvorsorge umfassen die Messung von Blutdruck und Körpergewicht, körperliche Untersuchung, oftmals eine Blut- oder eine Urinuntersuchung und teilweise Ultraschall oder CTG (Cardiotokographie, so genannter Wehenschreiber). Die Kontrollen von Schwangeren mit Zwillingen erfolgen häufiger als die von anderen werdenden Müttern. Zunächst findet etwa alle zwei bis drei Wochen eine Untersuchung statt, im Laufe der Schwangerschaft sind oft wöchentliche Kontrollen notwendig. In vielen Fällen können Zusatzuntersuchungen erforderlich werden, insbesondere wenn sich auffällige Befunde oder Beschwerden zeigen.
Ruhe und Erholung sind ganz wichtige Elemente in einer Zwillingsschwangerschaft. Die werdende Mutter sollte immer wieder Pausen zum richtigen Zeitpunkt einlegen, sich nicht überanstrengen und nicht stressen. Es ist nicht unsinnig, sich im Alltag von anderen helfen zu lassen. Sport ist in der Schwangerschaft zu empfehlen, wenn er in einem gesunden Maß betrieben wird und nicht risikoreich oder unfallträchtig ist. Das gilt auch für Zwillingsschwangerschaften, sofern sonst nichts dagegen spricht.
Zwillingsschwangere sollten ganz besonders darauf achten, genügend lebenswichtige Substanzen (Vitamine, Mineralien, Nährstoffe) aufzunehmen. Sie müssen genau auf eine ausgewogene und ausreichende Ernährung schauen. Allerdings bedeutet das auch nicht, jetzt für drei essen zu müssen. Sonst droht eine zu große Gewichtszunahme mit weiteren Problemen. Am besten ist es, vom Arzt oder Ernährungsberater einen Ernährungsplan ausarbeiten zu lassen. Werdende Mütter mit Zwillingen im Bauch müssen auch auf ihren Flüssigkeitshaushalt Acht geben. Empfohlen werden zwei Liter Mineralwasser pro Tag.
Trotzdem kommt es oft schon relativ früh dazu, dass die Schwangere bis zur Geburt endgültig geschont werden muss. Nicht selten wird ihr Bettruhe verordnet, um das Risiko für Frühgeburten und andere Komplikationen zu reduzieren. Unklare Symptome sollten die Schwangere dazu veranlassen, zur Kontrolle beim Arzt zu gehen.
Schon früh während der Schwangerschaft sollte sich die Mutter eine Hebamme suchen und sich bei einem Krankenhaus anmelden. Die Klinik sollte die nötige Infrastruktur haben, um eine gute Versorgung auch bei Notfällen oder Frühgeburten zu gewährleisten. In jedem Fall sollte die Mutter mitteilen, dass es sich um Zwillinge (oder Drillinge, Vierlinge...) handelt. Die werdende Mutter von Zwillingen sollte an einem Kurs zur Schwangerschaftsgymnastik teilnehmen und rechtzeitig einen Kursplatz reservieren.
Einige Hinweise können darauf hindeuten, dass eine Frau schwanger mit Zwillingen oder Mehrlingen ist. Sichere Zeichen können nur in der ärztlichen Untersuchung zum Vorschein kommen.
Die Zwillingsschwangerschaft zeigt sich oft daran, dass das Körpergewicht schon früh hoch ist. Der Bauchumfang wird schneller größer als bei anderen Schwangeren. Viele Zwillingsmütter berichten über stärkere Schwangerschaftsbeschwerden als bei anderen Schwangerschaften. Außerdem kommt es bei Fällen von Zwillingen in der Familie bei einer Frau eher zu einer Zwillingsschwangerschaft, ebenso wie nach künstlicher Befruchtung. Diese Wahrscheinlichkeiten können als Hinweise in Betracht gezogen werden. Weitere Hinweise sind dem Arzt ersichtlich, wie z. B. ein besonders hoher Blutgehalt des Hormons HCG.
Der Arzt kann ab etwa der sechsten Schwangerschaftswoche eine Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaft im Ultraschall erkennen. Es kann allerdings sein, dass einer der Zwillinge im Laufe der frühen Schwangerschaft noch abstirbt.
Der Mutterschutz nach der Geburt geht bei Zwillingen über zwölf Wochen statt über acht Wochen bei Geburten einzelner Babys. Nach der Geburt von Zwillingen oder Mehrlingen sollte sich die Mutter genügend Zeit und Ruhe gönnen. Weil sie mit der Betreuung mehrerer Kinder auf einmal ohnehin sehr viel zu tun hat, sollte sie sich von anderen Menschen helfen lassen. Vielleicht mag sich der Vater etwas länger Urlaub nehmen. Eine Hebamme kann für die Zeit nach der Geburt der Zwillinge nützlich sein. Meist kann auch eine Hilfe für den Haushalt beantragt werden. Rückbildungsgymnastik kann nach etwa acht Wochen betrieben werden, nach einem Kaiserschnitt sollte zwölf Wochen gewartet werden. Mit Sport sollte sich eine junge Zwillingsmutter erst einmal zurückhalten. In den ersten vier Monaten sind meist nur leichte Bewegungsübungen möglich.
aktualisiert am 29.01.2021