Prof. Böcker: Die Colitis ulcerosa ist eine mit Geschwüren einhergehende Dickdarmentzündung. Sie gehört zu den chronischen entzündlichen Darmerkrankungen. Typischerweise findet sich eine Entzündung im Enddarm, die unterschiedlich weit bis zum Übergang vom Dünn- zum Dickdarm reicht.
Prof. Böcker: Die Colitis ulcerosa kann in jedem Lebensalter auftreten. Eine Häufung findet sich aber im Alter von 15-30 Jahren.
Prof. Böcker: Typische Symptome einer Colitis ulcerosa sind blutige Stuhlgänge. Darüber hinaus kommt es zu krampfartigen Bauchschmerzen, die vor allem im Zusammenhang mit dem Stuhlgang auftreten. Ein Stuhldrang, also die Notwendigkeit, rasch die Toilette aufzusuchen, kann zudem ein sehr belastendes Symptom der Erkrankung sein. Über die Blutverluste kann eine Blutarmut entstehen.
Typische Symptome einer Colitis ulcerosa sind blutige Stuhlgänge.
Prof. Böcker: Die Lebenserwartung bei Menschen mit Colitis ulcerosa wird als leicht eingeschränkt eingeschätzt. Ein Lebensrisiko kann insbesondere bei schwerer Entzündungsaktivität im ersten Krankheitsjahr bestehen. Insgesamt wird aber aufgrund der Behandlungsfortschritte von einer rückläufigen, mit der Erkrankung verbundenen Sterblichkeit ausgegangen.
Prof. Böcker: Die Krankheitssymptome können die körperliche Leistungsfähigkeit einschränken. Neben der Darmentzündung selbst können Krankheitssymptome an anderen Körperstellen dazu beitragen. Sehr belastend kann auch eine mit der chronischen Erkrankung verbundene Müdigkeit (Fatigue) sein. In Abhängigkeit von dem Schweregrad der Colitis ulcerosa kann es erforderlich sein, eine Behandlung im Krankenhaus vorzunehmen oder auch zu operieren. In sehr unterschiedlichem Ausmaß kann die Colitis ulcerosa daher die private und berufliche Aktivität eines Menschen reduzieren. Umso wichtiger ist eine konsequente Behandlung, um diese Einschränkungen zu vermeiden oder zumindest zu verringern.
Prof. Böcker: Die Verträglichkeit von Nahrungsmitteln im Allgemeinen und bei chronischen entzündlichen Darmerkrankungen unterscheidet sich zwischen den Betroffenen. Es gibt keine Nahrungsmittel, die die Erkrankung spezifisch auslösen. Je nach Ausmaß der Dickdarmentzündung kann es aber zum Beispiel sinnvoll sein, den Anteil unverdaulicher Komponenten der Nahrung zu reduzieren, bis die Entzündung erfolgreich behandelt ist.
Prof. Böcker: Die wichtigsten Bausteine bei der Behandlung der Colitis ulcerosa sind Medikamente, die die akute und chronische Entzündung unterdrücken. Je nach Schweregrad und Ausdehnung der Erkrankung werden verschiedene Substanzen eingesetzt, teils als Tabletten, Injektionen oder auch als Infusionen. Bei bestimmten Komplikationen oder bei einer Colitis ulcerosa, die auf die medikamentöse Therapie nicht anspricht, kann es erforderlich sein, den Dickdarm operativ zu entfernen. In der Regel wird dann eine Dünndarmtasche mit dem After verbunden, sodass weiterhin kontrollierte Stuhlentleerungen möglich sind. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, die psychische und soziale Belastung der Erkrankung zu erfassen und in das Behandlungskonzept einzubeziehen.
Die wichtigsten Bausteine bei der Behandlung der Colitis ulcerosa sind Medikamente, die die akute und chronische Entzündung unterdrücken.
Prof. Böcker: Verschiedene Substanzklassen können verwendet werden. Dazu zählen Aminosalicylate als Medikamente der ersten Wahl bei geringer bis mäßiggradiger Entzündungsaktivität. Bei mäßiggradiger bis schwerer Aktivität kommen Glukokortikosteroide infrage. Bei schweren und fulminanten Verläufen können zudem Calcineurininhibitoren und Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor, die auch bei chronischer Aktivität eingesetzt werden können, verwendet werden. Darüber hinaus stehen Immunsuppressiva wie Azathioprin und 6-Mercaptopurin, Integrinantikörper, Antikörper gegen die Untereinheiten p19 und p40 der Interleukine 12 bzw. 23 zur Verfügung. Ferner gibt es Inhibitoren der Januskinase und Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptormodulatoren. Schließlich gibt es auch ein Probiotikum, Escherichia coli Stamm Nissle, das in der Remissionserhaltung der Colitis ulcerosa eingesetzt werden kann.
Prof. Böcker: Die Möglichkeiten der medikamentösen Therapie haben sich deutlich erweitert, sodass auch Alternativen zur Verfügung stehen, wenn eine bestimmte Substanzklasse nicht oder nur unzureichend wirkt. Darüber hinaus wurden die Ziele der Therapie erweitert, von der Besserung bzw. der Beseitigung der Symptome hin zur Abheilung der Entzündung im Gewebe. Schließlich wird konsequenter mit den betroffenen Patienten erarbeitet, welche Therapieziele bestehen und nach welcher Zeit diese überprüft werden, um die Behandlung falls erforderlich anpassen zu können. Für die Patienten relevante Behandlungsfortschritte wurden insgesamt stärker in den Mittelpunkt gerückt.
Prof. Böcker: Die Colitis ulcerosa kann bisher nicht geheilt werden, sie kann also während des gesamten Lebens aktiv werden. Auf der anderen Seite sind durch die deutlich verbesserten Behandlungsmöglichkeiten auch langfristige Ruhephasen der Erkrankung gut erreichbar.
Prof. Böcker: Ich rate Betroffenen, mit einer sorgfältigen Untersuchung die Diagnose stellen zu lassen und somit die damit verbundenen Symptome erfassen zu lassen. Wichtig ist es, dass ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Erkrankten und Behandelnden entsteht. Wichtig ist es ebenso, gemeinsam die Ziele der Behandlung festzulegen und diese entsprechend im Verlauf zu überprüfen, um eine Anpassung der Behandlung vorzunehmen. Wichtig ist es ferner, die Auswirkungen der Erkrankung auf die sozialen, privaten und beruflichen Aktivitäten zu thematisieren. Es kann sehr sinnvoll sein, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Dazu stehen Selbsthilfeorganisationen wie z. B. die Deutsche Morbus Crohn Colitis ulcerosa Vereinigung e.V. zur Verfügung.
Wichtig ist es, dass ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Erkrankten und Behandelnden entsteht.
Prof. Böcker: Ein wichtiger Teil der Forschung ist die Klärung der Frage, warum es überhaupt zu der Erkrankung kommt. Aktuell geht man von einem Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren aus, Umweltfaktoren, immunologischen Faktoren und einer genetischen Bereitschaft. Welche Faktoren bei welchem Betroffenen am wichtigsten sind, soll besser verstanden werden. Auch die Rolle des Mikrobioms wird intensiv untersucht. Dies alles hat auch das Ziel, den Krankheitsverlauf besser vorhersagen zu können und gezielter einzuschätzen, ob eine bestimmte Behandlung besser oder schlechter wirken wird. Die Forschung will zudem dazu beitragen, die Erkrankung früher zu erfassen und sie verlässlicher in eine langfristige Ruhephase zu überführen.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 05.02.2024.