Fisteln kommen in allen Bereichen des Körpers vor. Sie sind fast immer Zeichen einer Entzündung. Die Diagnose Fistel wird in Arztpraxen häufig gestellt. Das liegt vor allem daran, dass kaum ein Körperteil von der möglichen Fistelbildung verschont bleibt. Die Fistel ist meist ein Symptom für eine andere Erkrankung im Körper. Der Begriff Fistel leitet sich ab vom lateinischen Wort fistula, was Pfeife oder Röhre bedeutet.
Eine Fistel ist eine röhrenartige Verbindung, durch die Eiter oder anderes Körpersekret abgeführt wird. Besteht diese Verbindung zwischen zwei Organen, spricht man von einer inneren Fistel. Führt die Fistel von einem Organ an die Körperoberfläche, bezeichnet man dies als äußere Fistel.
Fisteln können überall im Körper auftreten und zwischen den verschiedensten Organen entstehen: zwischen Darm und Harnblase, zwischen Gallenblase und Magen, zwischen Bronchien und Speiseröhre, zwischen Gebärmutter und Scheide und zwischen vielen anderen Körperbereichen. Die meisten Fisteln sind pathologisch, also ein Hinweis auf eine andere Erkrankung, auf eine Entzündung im Körper. Darüber hinaus gibt es angeborene Fisteln.
Mediziner unterscheiden zwischen Röhren- und Lippenfisteln. Röhrenfisteln sind von Granulationsgewebe umgeben. Granulationsgewebe ist Bindegewebe, das sich bei Wunden oder Entzündungen neu bildet und nach einiger Zeit vernarbt. Lippenfisteln sind mit Epithel (Deckzellschicht) ausgekleidet. Der Vorteil von Röhrenfisteln besteht darin, dass sie nicht entfernt werden müssen. Sofern man ihre Ursache beseitigt hat, bilden sie sich von selbst zurück. Lippenfisteln hingegen müssen chirurgisch entfernt werden.
An einigen Körperstellen treten häufiger als an anderen Bereichen Fisteln auf. Für diese häufigeren speziellen Formen von Fisteln gibt es eigene Behandlungsmethoden und Vorgehensweisen.
Analfisteln sind die häufigsten Fisteln. Sie entstehen in Folge einer Entzündung im Bereich der Analdrüsen oder der Darmwand.
Erkrankungen, die den Anus betreffen, sind immer noch für viele Menschen schambehaftet. Nichtsdestotrotz sollte niemand den Gang zum Proktologen (Arzt für After- und Enddarmerkrankungen) scheuen. Wird eine Analfistel frühzeitig behandelt, ist dies ein kleiner Eingriff, der ohne Folgen bleibt. Wird die Analfistel jedoch „verschleppt“, breitet sie sich weiter aus. Sie kann auf die Schließmuskulatur übergreifen. Langfristig kann daraus eine Stuhlinkontinenz entstehen (der Stuhlgang kann nicht mehr gesteuert werden).
Je nach Lage und Ausprägung können Analfisteln mit einer Fadendrainage behandelt werden statt mit einer Operation. Die Behandlung erfordert jedoch die Geduld des Patienten. Bei der Fadendrainage werden die Fistelgänge mit Silikonfäden durchzogen. Auf diese Weise werden die Fistelgänge offen gehalten, sodass das Sekret laufend abfließen kann. Sobald das Sekret abfließen kann, lassen bei vielen Patienten bereits die Beschwerden nach. Die Fäden sind für die Betroffenen kaum spürbar. Die Fäden verbleiben mehrere Monate in der Fistel am After, so lange, bis die Fistel langsam austrocknet.
Bei einer Zahnfistel bildet sich eine Verbindung zwischen einer entzündeten Zahnwurzel und der Mundhöhle. Die Ursache dafür ist meist in einer Zahnentzündung zu suchen, zum Beispiel in einer Wurzelentzündung, Karies oder Parodontose. Verletzungen oder permanenter Druck durch Zahnspangen oder Zahnersatz kann aber ebenso eine Fistelbildung zur Folge haben.
Dentalfisteln verursachen häufig starke Schmerzen. Wenn die Fistel aufgeht und sich in den Mundraum entleert, lässt der Schmerz nach. Allerdings ist damit das Problem nicht beseitigt, denn die Entzündung breitet sich trotzdem weiter aus und kann den Kieferknochen angreifen. Selbst wenn der akute Schmerz beseitigt ist, ist es deshalb trotzdem zwingend notwendig, den Entzündungsherd zu beseitigen.
Verursacht werden Steißbeinfisteln vermutlich durch Haare, die in die Pofalte hineinwachsen. Durch das Haar wird ein Kanal geschaffen, der es Keimen ermöglicht, in die Haut einzudringen. Zusammen mit dem für Bakterien günstigen feucht-warmen Klima in der Pofalte kann leicht eine Entzündung entstehen. Ein enges Gesäß, Übergewicht, langes und häufiges Sitzen, starkes Schwitzen und mangelnde Hygiene begünstigen den Prozess. In der Folge bildet sich ein Abszess. Wird dieser nicht entfernt, bahnt sich der Eiter neue Wege und eine Fistel entsteht.
Steißbeinfisteln bleiben für den Betroffenen nicht unbemerkt. Einerseits kann sich die Fistel nach außen als Hautschwellung bemerkbar machen. Andererseits ist der komplette Bereich stark schmerzhaft. Sitzen, Liegen oder Laufen ist nur unter Schmerzen möglich.
Häufig entstehen Fisteln als Folge eines Abszesses. Ein Abszess ist eine Eiteransammlung im Bereich der Haut oder der inneren Organe, die von Bakterien verursacht wird. Ein Abszess muss medizinisch versorgt werden, um auszuheilen. Das heißt, die Eiterhöhle muss fachmännisch geöffnet und ausgeräumt werden, um zu verhindern, dass sich ein neuer Abszess bildet. Geschieht dies nicht, bricht der Abszess irgendwann auf und der Eiter ergießt sich in die Körperhöhle oder es bildet sich eine Fistel, ein Eitergang. Da Abszesse, die nicht medizinisch versorgt werden, sich immer wieder neu bilden können, können sich immer mehr Fisteln bilden oder vorhandene Fisteln größer werden.
Auch eine chronische Entzündung kann zur Bildung einer Fistel führen. Analfisteln sind zum Beispiel eine häufige Begleiterscheinung chronischer Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.
Fisteln können sich auch aus anderen Gründen bilden, zum Beispiel durch eine Verletzung. Dies kann ein kleiner Unfall im Alltag sein, aber auch im Rahmen einer medizinischen Untersuchung kann eine Schädigung mit anschließender Fistelbildung geschehen, so zum Beispiel bei einer Endoskopie (Spiegelung). Nach einem Dammriss, der bei einer schweren Geburt entsteht, können ebenfalls Fisteln entstehen. Die Forschung zur Ursache von Fisteln ist noch nicht abgeschlossen.
Eine Fistel an der Haut sieht mitunter aus wie ein Pickel. An der Stelle kann eine straffe Schwellung gespürt werden. Sie kann mit starken Schmerzen im Bereich der Fistel einhergehen. Die Hautstelle ist gerötet und warm. Die Fistel kann sich aber auch auf das Allgemeinbefinden auswirken: Betroffene fühlen sich abgeschlagen oder haben Fieber. Aus der Fistel können Blut und Eiter austreten. Fisteln zwischen inneren Organen können unterschiedliche Beschwerden hervorrufen.
Eine Fistel, die im äußeren Körperbereich liegt, kann sich in Form einer kleinen Öffnung, einer sichtbaren Schwellung und am Abgang von Sekret zeigen. Eine Fistel im Körperinneren kann manchmal ertastet werden, zum Beispiel im Analbereich. Ferner werden bildgebende Verfahren herangezogen, um innere Fisteln zu diagnostizieren.
Um den Verlauf einer Fistel zu erkennen, muss ein Kontrastmittel in die Fistel gespritzt werden. Anschließend wird eine Röntgenaufnahme gemacht. Alternativ kann die Fistel mit Wasserstoffperoxid gefüllt werden, sodass man ihren Verlauf in einer Ultraschallaufnahme erkennen kann.
Eine Fistel muss operativ entfernt werden. Geschieht dies nicht oder nicht rechtzeitig, besteht die Gefahr, dass sich neue Fistelgänge bilden (Fuchsbaufistel). Bei dem Eingriff wird die Fistel geöffnet, ausgeräumt und gereinigt. Befindet sich die Fistel gut zugänglich, kann die Operation meist schnell und einfach mit lokaler Betäubung beseitigt werden. Bei Fisteln in den inneren Organen ist ein Krankenhausaufenthalt notwendig. Wichtig ist, dass die Infektionsquelle gefunden und beseitigt wird, damit sich keine neuen Fisteln bilden. Je nach Fistelart kann eine anschließende Antibiotika-Behandlung sinnvoll sein.
Fisteln sind Zeichen eines Entzündungsherdes im Körper. Bleiben sie unbehandelt, kann sich die Entzündung im Körper weiter ausbreiten. Fisteln sollte man niemals selbst öffnen. Auch wenn sie gut erreichbar liegen, sollte immer ein Arzt das Spalten und Reinigen der Fistel übernehmen. Austretender Eiter sollte abgesaugt werden, sodass er sich nicht ins Körperinnere ergießen kann und keine Keime in die Blutbahn gelangen. Hierbei kann eine Sepsis (Blutvergiftung) drohen. Vor allem Abszesse und Fisteln im Bereich des Kopfes bergen die Gefahr, eine Hirnhautentzündung auszulösen.
Fisteln heilen gut aus, wenn sie fachmännisch gespalten und ausgeräumt werden und gleichzeitig der Auslöser beseitigt wird. Der Heilungsprozess verläuft in den meisten Fällen problemlos. Es dauert jedoch einige Wochen, bis die Fistel komplett verheilt ist. Fisteln können jedoch wiederkommen (Rezidiv). Auch Fisteln, die behandelt werden, können sich wieder neu bilden. Das kann der Fall sein, weil sie nicht gründlich genug gereinigt wurden oder weil der Infektionsherd, der die Fistelbildung verursacht hat, nicht beseitigt werden konnte.
Die Bildung von Fisteln kann man nicht verhindern. Man kann aber sein Immunsystem stärken, sodass Keime, die in den Körper gelangen, bekämpft werden und keine Entzündungen auslösen. Ein starkes Immunsystem speist sich vor allem aus gesunder Ernährung, Bewegung, Verzicht auf Nikotin und einer guten Work-Life-Balance.
Spürt man Entzündungsanzeichen im Körper, sollte man diese ernst nehmen und einen Arzt aufsuchen. Abszesse, die ein häufiger Auslöser für Fisteln sind, sollten ärztlich behandelt werden.
aktualisiert am 09.04.2019