Babys und Kleinkinder möchte man am liebsten die ganze Zeit mit Zärtlichkeiten überschütten. Mit einer akuten Herpesinfektion sollte man dies jedoch strikt vermeiden. Durch eine Ansteckung mit Herpes drohen lebensgefährliche Zustände und bleibende Schäden. Vor und während der Geburt kann sich ein Kind außerdem bei der Mutter mit Herpes anstecken.
Die meisten Erwachsenen tragen das Herpes-simplex-Virus Typ 1 in sich. Bei rund einem Drittel kommt es regelmäßig zum Ausbruch, meistens in Form von Lippenherpes. Die Lippe beginnt zu kribbeln und zu jucken, bald bilden sich die typischen Herpesbläschen, die nach ein paar Tagen verkrusten, bis nach zwei Wochen nichts mehr davon zu sehen ist.
Lippenherpes kann für Erwachsene schmerzhaft sein, ist in erster Linie aber lästig und ein kosmetisches Problem. Für Babys und Kleinkinder hat eine Herpesinfektion eine ganz andere Bedeutung. Für Neugeborene kann sie lebensbedrohlich werden oder bleibende Schäden hinterlassen.
Am häufigsten stecken sich Babys bereits bei der Geburt mit Herpes an. Leidet die Mutter an Genitalherpes, das in den meisten Fällen durch das Herpes-simplex-Virus Typ 2 ausgelöst wird, kann sich das Kind im Geburtskanal bei der Mutter infizieren. Am höchsten ist die Gefahr für das Baby, wenn sich die Mutter spät in der Schwangerschaft mit Herpes ansteckt. Ist bekannt, dass die Mutter zum Zeitpunkt der bevorstehenden Geburt an akutem Genitalherpes leidet, sollte das Kind deshalb sicherheitshalber per Kaiserschnitt entbunden werden. Aber auch das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (Haupterreger von Lippenherpes) kann durch Berührung in die Scheide übertragen werden. Leidet die werdende Mutter während der Schwangerschaft an Lippenherpes, muss sie besonders auf Hygiene achten, um das Verschleppen der Viren in den Genitalbereich zu vermeiden.
Besonders gefährdet sind neugeborene Babys, da ihr Immunsystem noch nicht vollständig entwickelt ist. Das Herpesvirus kann sich ausbreiten und den kleinen Körper auf vielfältige Weise schädigen. Das Herpesvirus kann, wie bei Erwachsenen, die Haut und die Schleimhäute befallen. Besonders gefährlich wird es dann, wenn die Augen betroffen sind. Die Sehfähigkeit des Babys kann dauerhaft geschädigt werden, im schlimmsten Fall kann es zur Erblindung kommen. Treten die Herpesbläschen im Mund und im Rachen auf, kann das Kind häufig nur unter Schmerzen Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen, was zur Nahrungsverweigerung führen kann. Dann kann eine intravenöse Ernährung (Gabe von Nährstoffen über Infusionen) notwendig werden.
Eine zweite Gefahr besteht darin, dass das Herpes-simplex-Virus das zentrale Nervensystem befällt und eine Gehirnentzündung auslöst. Die sogenannte Herpes-Enzephalitis kann zwar auch Erwachsene treffen, aufgrund des unreifen Immunsystems sind Säuglinge aber besonders gefährdet. Die Erkrankung äußert sich zunächst mit Grippesymptomen wie Apathie, Trinkschwäche und Fieber. Bei zwei Dritteln der Kinder zeigen sich Herpesbläschen auf der Haut. Gefährlich sind die Herpesviren, die ins Gehirn gelangen und dort unwiderruflichen Schaden anrichten können. Die Sterblichkeitsrate der Herpes-Enzephalitis liegt bei 50 bis 80 Prozent. Wird die Diagnose frühzeitig gestellt, ist die Überlebenschance höher, allerdings kann das Gehirn des Kindes bleibende Schäden zurückbehalten.
Ein weiterer, sehr ernster möglicher Verlauf ist eine Ausbreitung der Herpesinfektion über das Blut. Dann können wesentliche Organe wie Lunge, Leber und zentrales Nervensystem von der Infektion betroffen sein. Dies endet in den meisten Fällen mit einem Multiorganversagen.
Eine Übertragung von Herpes geschieht am häufigsten durch direkten Kontakt beim Küssen oder dadurch, dass die Bläschen berührt werden. Speichel, der Viren enthält, kann auch durch eine Tröpfcheninfektion übertragen werden, also durch Husten oder Niesen oder sogar beim Sprechen. Eine Schmierinfektion über Gegenstände ist möglich, vor allem wenn das Baby sie in den Mund steckt, wie zum Beispiel einen Schnuller, einen Beißring oder Spielzeug.
Mit einer akuten Herpesinfektion sollte man Abstand zu einem Baby halten und es damit vor Ansteckung schützen. Am größten ist die Gefahr, wenn der Lippenherpes voll erblüht ist und die gefüllten Bläschen sich jederzeit öffnen können. Bereits wenn die ersten Symptome wie das charakteristische Kribbeln oder Jucken auftreten, können Viren übertragen werden. Und auch wenn die Bläschen ausgetrocknet sind, besteht noch eine geringe Ansteckungsgefahr.
Je jünger das Baby ist, desto mehr Sicherheit sollte man bei Herpes walten lassen. Säuglinge, die jünger als drei Monate sind, sind besonders gefährdet, wenn sie sich anstecken. Wer Lippenherpes hat, sollte im Umgang mit Neugeborenen immer einen Mundschutz und am besten auch Handschuhe tragen. Zumindest aber sollten die Hände vor dem Umgang mit dem Baby desinfiziert werden. Zum Wohle des Kindes sollte man das Küssen des Babys auch einige Tage nach Abklingen des Lippenherpes vermeiden.
Ist das Baby trotzdem mit einer Person mit einer akuten Herpesinfektion in Kontakt gekommen, sollte man es aufmerksam beobachten und bei Krankheitsanzeichen oder Trinkschwäche sofort den Arzt aufsuchen. Gegebenenfalls können Virostatika (Medikamente, die gegen die Herpesviren vorgehen) auch prophylaktisch gegeben werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Pharmazeutische Zeitung – Herpes-Infektion ist lebensgefährlich: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-252016/herpes-infektion-ist-lebensgefaehrlich/ (online, letzter Abruf: 13.01.2020)
Kinderärzte-im-Netz – Mit Lippenherpes kein Baby küssen: https://www.kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/mit-lippenherpes-kein-baby-kuessen/ (online, letzter Abruf: 13.01.2020)
WHO – Herpes simplex virus: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/herpes-simplex-virus (online, letzter Abruf: 13.01.2020)
Baby und Familie, Andrea Schmidt-Forth – Herpes: Ansteckung für Babys gefährlich: https://www.baby-und-familie.de/Gesundheit/Herpes-Ansteckung-fuer-Babys-gefaehrlich-516527.html (online, letzter Abruf: 13.01.2020)
MSD Manual, Brenda L. Tesini – Herpes-simplex-Virusinfektion bei Neugeborenen: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/p%C3%A4diatrie/infektionen-des-neugeborenen/herpes-simplex-virusinfektion-bei-neugeborenen (online, letzter Abruf: 13.01.2020)
aktualisiert am 13.01.2020