Gürtelrose ist eine Viruserkrankung mit bestimmten Herpesviren (Varizella-Zoster-Viren), die zu halbseitiger stark schmerzender Hautentzündung mit Bläschen führt. Ursache ist eine Reaktivierung des Virus nach überstandenen Windpocken. Da Komplikationen und Folgen wie beispielsweise bleibende Nervenschmerzen auftreten können, sollte bei einem Verdacht auf Gürtelrose rasch ein Arzt aufgesucht werden.
Bei Erstinfektion – meist im Kindesalter – erkranken Betroffene zunächst an den Windpocken (Varizellen). Nach überstandener Erkrankung ziehen sich die Viren in die Nervenzellen zurück, in denen sie jahrzehntelang überdauern können. Verschiedene Ursachen (wie Stress, geschwächtes Immunsystem) können die Viren in den Nervenzellen reaktivieren. Dies führt zu einer Entzündung der Nervenenden, die sich auf das umliegende Hautgewebe ausbreitet. Es kommt zu (meist) halbseitigem Hautausschlag mit Bläschenbildung und häufig starken Schmerzen. Namensgebend ist die oft gürtelförmige, einseitige Ausbreitung über Rücken und Bauch. Die Gürtelrose kann jedoch auch in einem anderen begrenzten Bereich auf einer Körperseite auftreten und sich zum Beispiel auf Auge, Ohr, Gesicht oder Gehirn ausbreiten.
Das Varizella-Zoster-Virus (VZV, Varicella-Zoster-Virus) stammt aus der Familie der Herpesviren (weitere Vertreter sind Herpes-simplex-Virus 1 und 2, die Lippenherpes beziehungsweise Genitalherpes verursachen). Herpesviren sind bei Mensch und Tier weit verbreitet. Die wichtigste Eigenschaft aller Herpesviren ist ihre Fähigkeit, lebenslang in ihrem Wirt zu verbleiben. Verschiedene Ursachen können das Virus phasenweise reaktivieren. Die Stärke und Dauer der Virusreaktivierung ist abhängig von der Art des Virus, vom Ort, an den es sich nach Erstinfektion zurückgezogen hat, und vom Immunstatus des Wirtes.
Das Varizella-Zoster-Virus verursacht zwei Krankheitsbilder:
Außerhalb des menschlichen Körpers, besonders in feuchter Umgebung, kann das Virus einige Tage infektiös bleiben.
Nur Menschen können mit Varizella-Zoster-Viren infiziert werden, sie sind damit das einzige Reservoir. Die Viren kommen weltweit vor. Vor Einführung der Impfempfehlung gegen Windpocken (2004) wurden in Deutschland etwa 750.000 Neuinfektionen jährlich erwartet. Die Häufigkeit war im Kleinkindesalter besonders hoch.
Bei über 95 Prozent der Erwachsenen konnte eine überstandene Windpockeninfektion durch vorhandene Antikörper nachgewiesen werden. Seit Einführung der Impfempfehlung ist die Zahl der Windpockenerkrankungen um etwa 85 Prozent zurückgegangen.
Die Gürtelrose ist seltener als die Windpocken. Dies liegt daran, dass die Reaktivierung des Virus nur unter bestimmten Bedingungen passiert. Das kann beispielsweise bei Menschen mit Stress, HIV-Patienten, Krebspatienten oder generell Personen über 50 Jahren der Fall sein. Etwa 10 bis 20 Prozent der Virusträger erkranken nach überstandener Windpockeninfektion in höherem Alter an Gürtelrose. In Deutschland gibt es jährlich etwa 350.000 Fälle von Gürtelrose. Gürtelrose kann bei einem Menschen auch mehrfach im Leben auftreten.
Die Erstinfektion mit Varizella-Zoster-Viren erfolgt meist im Kindesalter und verläuft unter dem klinischen Bild der Windpocken. Menschen, die an Windpocken erkrankt sind, verbreiten die Viren über die Atemluft oder durch Bläscheninhalt. Sie sind hochansteckend. Das Virus tritt über die Schleimhäute im Nasenrachenraum oder die Bindehäute ein und verbreitet sich im Körper. Schubweise schädigt das Virus Hautzellen mit den typischen Symptomen.
Wer einmal an Windpocken erkrankt, ist ein Leben lang vor einer Infektion mit Windpocken geschützt. Allerdings verbleiben Varizella-Zoster-Viren nach überstandener Windpockenerkrankung in bestimmten Nervenzellen des Körpers und können unter verschiedenen Bedingungen eine erneute Entzündung verursachen und das Krankheitsbild der Gürtelrose auslösen. Dies kann in jedem Alter passieren, betrifft aber meist ältere Menschen (weit über 50 Jahre). Während Windpocken sehr häufig vorkommen, ist die Gürtelrose vergleichsweise seltener. Grund ist, dass die Reaktivierung nur unter bestimmten Bedingungen vorkommt wie zum Beispiel:
Auch die Gürtelrose ist bei Kontakt zu virushaltigem Bläscheninhalt (nicht über Tröpfchen) ansteckend. Menschen, die bereits eine Windpockenerkrankung durchgemacht haben, können sich nicht mehr an einem Patienten mit Gürtelrose anstecken. Sie sind vor einer neuen Infektion geschützt. Wer noch nie Windpocken hatte und sich mit Herpes-Zoster-Viren ansteckt, erkrankt zuerst an Windpocken und nicht an der Gürtelrose.
Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten der Symptome) dauert bei Windpocken zwölf bis 23 Tage. Für die Gürtelrose dauert es von der Reaktivierung des Virus bis zum Auftreten der typischen Rötung der Haut mit Bläschenbildung etwa 14 bis 16 Tage (in Ausnahmefällen acht bis 21 Tage).
Die Dauer der Gürtelrose-Erkrankung von der Bläschenbildung bis zum Abheilen der Krusten ist etwa eine Woche.
Bei Erstansteckung mit Varizella-Zoster-Viren im Erwachsenenalter dauert die dann entstehende Windpockenerkrankung länger, ist in der Regel schwerer und verläuft gelegentlich mit Komplikationen.
Patienten mit Gürtelrose sind mit dem Auftreten der Hautrötung (Exanthem) bis zum vollständigen Verkrusten der Bläschen ansteckend. In der Regel beträgt diese Dauer der Ansteckungsfähigkeit etwa fünf bis sieben Tage. Jedoch besteht eine Ansteckungsgefahr nur für Menschen, die noch nie an Windpocken erkrankt sind.
Wer an Gürtelrose erkrankt, hatte vorher – in der Regel als Kind – die Windpocken. Die typischen Symptome einer Windpockenerkrankung sind:
Nach der Erstinfektion zieht sich das Virus in Nervenzellen zurück und verbleibt dort ein Leben lang. Bei Schwächung des Immunsystems, Stress und anderen Einflüssen kann es zu Reaktivierung des Virus kommen. Es wandert entlang des Nervs aus und führt zu einer Entzündung des zugehörigen Hautbereichs. Hier vermehrt sich das Virus, es kommt zu folgenden Symptomen:
Komplikationen, die im Zusammenhang mit Gürtelrose auftreten können, sind:
Etwa drei bis fünf Prozent der Frauen in Europa gehen ohne Antikörper gegen Varizella-Zoster-Viren in die Schwangerschaft. Dies bedeutet, sie sind bisher noch nicht an Windpocken erkrankt und nicht geimpft. Stecken sie sich während der Schwangerschaft mit Varizella-Zoster-Viren an, was auch durch Kontakt zu einem Gürtelrose-Patienten passieren kann, besteht die Gefahr, dass sie im Zuge der dann eintretenden Windpocken eine schwere Lungenentzündung oder weitere Komplikationen entwickeln. Grundsätzlich wird bei Frauen im gebärfähigen Alter ohne frühere Windpocken vorbeugend eine Impfung gegen Varizella-Zoster-Viren empfohlen. Diese darf allerdings nicht während der Schwangerschaft erfolgen.
In der Frühschwangerschaft (bis zur 20. Schwangerschaftswoche) können Varizellen sehr selten zu schweren Fehlbildungen beim Fötus führen (fetales Varizellensyndrom). Kontakt zu Patienten mit Windpocken oder Gürtelrose sollte daher unbedingt vermieden werden.
Infiziert sich die Mutter in den letzten drei Schwangerschaftswochen, kann das Neugeborene bis zum zwölften Lebenstag an Windpocken erkranken. Die größte Gefahr besteht, wenn die Schwangere um den Geburtszeitraum erkrankt (fünf Tage vor bis zwölf Tage nach der Geburt). Neugeborene erhalten in dem Fall umgehend Antikörper injiziert und entsprechende Medikamente bei auftretenden Symptomen.
Dies gilt nur für Frauen, die sich neu mit Windpocken infizieren. Von Frauen, die während der Schwangerschaft eine Gürtelrose entwickeln, geht keine Gefahr für das Ungeborene aus.
Der Verdacht auf Gürtelrose besteht bei entsprechenden klinischen Symptomen. Besonders wenn eine halbseitige gürtelförmige Ausdehnung von Bläschen auf stark geröteter Haut besteht, ist dies ein deutlicher Hinweis auf die Gürtelrose. Häufig reichen die charakteristischen Veränderungen für eine Diagnose aus. Nur in Ausnahmefällen werden folgende Untersuchungen zur Diagnosesicherung und zur Unterscheidung von anderen Erkrankungen (Differenzialdiagnose) durchgeführt:
Je nachdem, welcher Bereich des Körpers betroffen ist und welche Symptome vorliegen, können weitere Untersuchungen folgen. Dazu können beispielsweise eine gründliche Untersuchung beim Augenarzt, HNO-Arzt oder Neurologen gehören.
Sobald Betroffene die typischen Bläschen oder Schmerzen bemerken, sollten sie einen Arzt aufsuchen, um Komplikationen zu vermeiden. Bei unkomplizierten Fällen wird die Erkrankung rein symptomatisch behandelt.
Bei Windpocken zählen zu den geeigneten Maßnahmen Baden, juckreizstillende Medikamente und gegebenenfalls Verbände.
Die Gürtelrose wird bei Menschen mit intaktem Immunsystem durch gute Hautpflege und die Einnahme von einem Medikament behandelt, das die Virenvermehrung unterbindet (Virostatikum, Wirkstoffe wie Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir, Brivudin). Dadurch wird die Abheilung beschleunigt und Schmerzen gelindert. Zusätzlich erhalten Betroffene Schmerzmittel über die Dauer der Erkrankung. Teilweise helfen unterstützend Pflaster mit Schmerzmitteln oder lokal betäubende Salben.
Bei immungeschwächten Personen oder schweren Verlaufsformen werden sowohl Windpocken als auch Gürtelrose durch Injektionen behandelt. Diese enthalten ebenfalls Virostatika als Medikamente.
Wenn Augen oder Ohren, das Gehirn oder innere Organe betroffen sind, wird die Behandlung von den jeweiligen Fachärzten durchgeführt, um Spätschäden zu vermeiden.
Anhaltende Schmerzen über die Erkrankungsdauer hinaus (Post-Zoster-Neuralgie) werden mit stärkeren (nicht frei verkäuflichen) Schmerzmitteln behandelt. Gegebenenfalls sind weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich.
Seit 2004 gilt in Deutschland eine Impfempfehlung gegen Windpocken. Vor der Einführung der Impfempfehlung kam es jährlich etwa zu 750.000 Neuinfektionen. Besonders bei Kindern unter zehn Jahren ist das Auftreten der Windpocken seitdem deutlich zurückgegangen (um etwa 85 Prozent). Die Impfung (mit Lebendimpfstoffen) ist die sicherste Maßnahme, um sich vor einer Infektion zu schützen. Die Impfung erfolgt im Alter von elf bis 14 Monaten, die zweite Teilimpfung im Alter von 15 bis 23 Monaten. Außerdem wird Frauen mit Kinderwunsch eine Impfung empfohlen.
Die Impfung schützt wirksam vor dem Auftreten von Windpocken, selten kann dennoch eine Gürtelrose mit meist milderem Verlauf vorkommen. Mittlerweile sind Impfstoffe vorhanden, die aufbauend auf eine durchgemachte Windpockenerkrankung oder Windpockenimpfung vor Gürtelrose schützen. Da es sich um Totimpfstoffe handelt, können sie auch bei immungeschwächten oder älteren Menschen eingesetzt werden. Bisher wird die Impfung nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Im Umfeld der an Gürtelrose Erkrankten sind in der Regel keine besonderen vorbeugenden Maßnahmen nötig. Menschen mit geschwächtem Immunsystem sollten den Kontakt zu Erkrankten meiden. Herpes Zoster wird hauptsächlich zu Kontakt mit Bläscheninhalt übertragen. Durch Abdeckung der entsprechenden Hautstellen kann die Ansteckung vermieden werden.
aktualisiert am 19.07.2019