Das menschliche Herz ist aus zwei Vorhöfen und zwei Herzkammern aufgebaut. Zwischen Vorhof und Kammer jeder Seite sowie zwischen Kammer und Aorta (Hauptschlagader) beziehungsweise Lungenarterienstamm (Truncus pulmonalis) befinden sich die Herzklappen, die den Blutstrom in eine Richtung ermöglichen. Eine Herzklappe besteht normalerweise aus zwei oder drei segelartigen Anteilen. Sehnige Fäden halten die Klappen in eine Richtung fest.
Jede der vier Herzklappen muss sich je nach der Herzphase korrekt öffnen und schließen, damit die Pumpfunktion optimal funktioniert. Ist dies nicht der Fall, so liegt ein Herzklappenfehler vor.
Prinzipiell werden die Klappenfehler in zwei Formen aufgeteilt:
Kombinationen aus Stenose und Insuffizienz sind ebenso möglich.
Ein Teil der Herzklappenfehler ist angeboren. Sie können durch die Auswirkung schädlicher Stoffe in der Schwangerschaft entstehen, etwa Alkohol, Medikamente oder bei Krankheiten der Mutter wie Röteln oder Diabetes mellitus. Bei anderen angeborenen Klappenfehlern bestehen Erbgutdefekte wie beim Down-Syndrom (Trisomie 21).
Erworbene Herzklappenfehler entstehen nach Krankheiten, beispielsweise nach einem Herzinfarkt (Vorderwandinfarkt oder Hinterwandinfarkt), nach einer Herzentzündung, durch Kalkablagerungen, bei Tumorerkrankungen, nach Verletzungen oder bei Drogenmissbrauch (Einspritzen in die Venen).
Liegt ein Herzklappenfehler vor, so muss bei beiden Formen das Herz eine Mehrarbeit leisten, um das Blut weiterhin befördern zu können. Dadurch ergibt sich eine höhere Belastung der Herzwand und des Herzmuskels, so dass es in schweren Fällen zum Herzversagen kommen kann. Auch Herzrhythmusstörungen können verursacht werden.
Durch die verminderte Kreislauffunktion ergeben sich Wassereinlagerungen (Ödeme) im Gewebe, was sich als Atembehinderungen (Lungenödem), Beinschwellung oder Leberschwellung äußern kann. Allgemein besteht eine körperliche Schwäche. Blau verfärbte Lippen oder Haut können auffällig werden, Blutungen können verstärkt werden. Es kann zu Bewusstseinsverlusten kommen. Die Beschwerden nehmen bei körperlicher Anstrengung zu.
Die Aussagen des Patienten, die Symptomatik und die körperliche Untersuchung deuten darauf hin, dass ein Herzklappenfehler vorliegt. Beim Abhören mit dem Stethoskop kann der Arzt oft den jeweiligen Klappenfehler feststellen. Weitere Untersuchungen, die in der Regel durchgeführt werden, sind das EKG, die Echokardiographie (Herzultraschall) sowie Röntgenaufnahmen des Brustraums. Eine Herzkatheteruntersuchung kann weitere Erkenntnisse bringen.
Die verschiedenen Formen der Herzklappenfehler müssen voneinander unterschieden werden. Im Wesentlichen können folgende Befunde vorliegen:
Bei angeborenen Klappenfehlern liegen oftmals noch weitere Fehlbildungen, etwa eine abnorme Verbindung zwischen Lungen- und Körperkreislauf (Rechts-Links-Shunt oder Links-Rechts-Shunt), vor.
Bei weniger stark ausgeprägten Klappenfehlern kann durch Arzneimittel eine symptomatische Therapie erfolgen. Die Ödeme (Wassereinlagerungen) können oftmals damit ausgeschwemmt werden. Ebenfalls können Allgemeinmaßnahmen hilfreich sein, beispielsweise bestimmte Diäten und Verringerung des Körpergewichtes.
In einigen Fällen kann durch einen Herzkatheter eine Klappensprengung erfolgreich sein, um eine Verengung zu behandeln.
Ist das Klappenleiden fortgeschritten beziehungsweise lassen sich die Symptome nicht ausreichend durch Medikamente abmildern, dann ist oft eine Operation empfehlenswert. Diese sollte möglichst erfolgen, bevor es zu Beeinträchtigungen des Herzmuskels kommt, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Die Herzklappen-Operation wird in Vollnarkose durchgeführt.
Durch den Brustkorb wird ein Zugang zum Herzen geschaffen. Dann muss eine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt werden, um das Blut des Körpers weiter zu pumpen und dieses mit Sauerstoff anzureichern. Eine Ruhigstellung des Herzens wird somit ermöglicht.
Die Herzklappe kann bei dem Eingriff beibehalten und ausgebessert werden (Klappenrekonstruktion). In einigen Fällen muss die Herzklappe ausgetauscht werden (Klappenersatz). Prinzipiell ist es besser, eine Rekonstruktion vorzunehmen, dies ist jedoch nicht immer realisierbar.
Eine Klappenrekonstruktion gestaltet sich bei Verengung und Undichtigkeit unterschiedlich. Liegt eine zu geringe Öffnung der Klappe vor, so wird diese bei der Operation weiter gemacht, je nach Befund durch Auftrennen von Verklebungen der Klappensegel untereinander oder durch Entfernen von verkalkten Anteilen. Bei einer Erweiterung, bei der das Blut durch die Klappe zurückströmt, werden die Sehnenfäden oder die Klappensegel verkürzt. Bisweilen muss ein Segel, falls es Lücken aufweist, durch Naht, eventuell mit abdichtendem Material, verschlossen werden. Auch können künstliche Strukturen eingebracht werden, wie Dichtungsringe aus Kunststoff.
Beim Klappenersatz wird zunächst die defekte Herzklappe herausgenommen. Die neue Herzklappe, die eingebaut wird, kann verschieden aufgebaut sein und aus verschiedenen Materialien bestehen. Oftmals werden Kunstklappen aus Fremdmaterial eingesetzt, meist aus Kunststoff, Metall oder Kohlenstoffkristallmaterial (Graphit). Ebenso kann menschliches oder tierisches Gewebe eingepflanzt werden, welches vorher speziell behandelt werden muss, damit es vom Körper angenommen wird.
Bei Schäden der Aortenklappe kann auch die Lungenstammklappe (Pulmonalklappe) an dessen Stelle gesetzt werden. Ein Anteil des Gefäßes wird mitgenommen und vernäht. Die Pulmonalklappe und der Stamm der Lungenarterie wird durch ein weiteres Blutgefäß mit Klappe ersetzt, oftmals ebenfalls von einem Menschen stammend (Homograft).
Noch im Verlauf der Operation kann die Klappentätigkeit durch eine Ultraschalluntersuchung durch die Speiseröhre kontrolliert werden.
Am Ende des Eingriffs werden Drainageschläuche in den Brustraum eingeführt, um Wundflüssigkeit aufzunehmen. Die Schläuche können nach einigen Tagen wieder herausgezogen werden. Des Weiteren werden gelegentlich Schrittmacherdrähte, die die Herzaktionen verschnellern können, eingebracht, auch diese können bald wieder entfernt werden. Zum Schluss wird das Brustbein mit Drähten zusammengeklammert und die Haut zusammengenäht.
Stellt sich der Befund während der Operation anders dar als durch die vorhergehenden Untersuchungen, muss manchmal eine andere oder erweiterte Vorgehensweise oder Klappentechnik gewählt werden. Auch Komplikationen können zu einer Erweiterung der Operation zwingen.
Es besteht die Gefahr von Blutungen und Nachblutungen, die durch den direkten Eingriff an einer Schlagader verstärkt wird. Ebenfalls können in der Nähe liegende Strukturen geschädigt werden, z.B. Nerven mit möglichen Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl oder anderen Ausfällen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Herzmuskel geschädigt wird. Bisweilen werden Herzrhythmusstörungen durch den Eingriff verursacht. Auch die Lunge kann unter Umständen in Mitleidenschaft gezogen werden, bei Defekten im Rippenfell kann es zu Luftansammlungen kommen, die die Atmung behindern (Pneumothorax). An dieser Stelle sowie um das Herz herum kann es auch zu Ergüssen kommen, die die Funktion stark beeinträchtigen können.
Gehirnstörungen können vorkommen, sind aber meist nicht dauerhaft. Entzündungen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können ebenfalls ausgelöst werden. Besonders im Bereich des durchtrennten Brustbeins kann dies schwerwiegende Konsequenzen haben, beispielsweise Infektionen des Knochens oder Instabilität des Brustkorbs.
Auch allergische Reaktionen sind möglich. Blutgerinnsel können sich bilden, die zu einer Mangeldurchblutung in verschiedenen Körperbereichen, wie auch der Lunge (Lungenembolie), führen können.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Eine Herzklappen-Operation wird relativ häufig vorgenommen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Eingriffs sind als wesentlich höher zu bewerten als die Gefahren. Durch die Operation werden in den meisten Fällen das Leistungsvermögen und die Lebensprognose gesteigert.
Ist eine Herzklappe aus Kunstmaterialien eingesetzt worden, so ist mit einer sehr langen Haltbarkeit zu rechnen. Jedoch müssen blutgerinnungshemmende Arzneimittel, wie Marcumar, regelmäßig verabreicht werden, um zu verhindern, dass Blutgerinnsel entstehen.
Neue Klappen aus menschlichem oder tierischem Gewebe haben eine etwas geringere Haltbarkeit, da sie abnutzen und verkalken können. Allerdings sind nach 15 Jahren noch mehr als die Hälfte dieser Ersatzklappen intakt.
Oftmals müssen Arzneimittel, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Aspirin® oder Marcumar®, abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Rücksprache mit dem Arzt.
Im Anschluss an die Operation erfolgt eine Beobachtung und Nachbehandlung auf der Intensivstation.
Oftmals muss die Blutgerinnung durch Medikamente wie Marcumar® gehemmt werden. Die Gerinnungswerte werden regelmäßig überprüft. Die Vitamin-K-Zufuhr (etwa durch Salat) muss begrenzt werden, da die Blutgerinnung verstärkt werden kann.
Leichte sportliche Betätigung kann für den Genesungsprozess und für die Gesundheit förderlich sein. Dies sollte jedoch nicht übertrieben werden, und der Arzt sollte immer zuerst sein Einverständnis geben.
Da Infektionen des Körpers, auch bei Halsentzündungen, Zahnproblemen oder bestimmten Hautkrankheiten, zu einer Schädigung der Herzklappen führen können, müssen gegebenenfalls antibiotische Medikamente gegeben werden.
Der Patient bekommt gegebenenfalls einen speziellen Ausweis für die eventuell eingesetzte Herzklappe und über die Marcumartherapie. Im Verlauf kann eine Reha-Behandlung sinnvoll sein. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen (EKG, Blutdruck) sind notwendig.
Bei Auffälligkeiten, die auf Komplikationen oder Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes hindeuten, sollte kurzfristig der Arzt kontaktiert werden.
aktualisiert am 24.02.2022