Bei Morbus Gaucher handelt es sich um eine vererbliche Stoffwechselerkrankung, welche somit aus genetischen Faktoren resultiert. Die Ärzte sprechen hierbei von einer Lipidose (Lipidspeicherkrankheit), einer Gruppe von Störungen, zu welchen noch weitere Erkrankungen zählen.
Bei Patienten mit Morbus Gaucher ist der Fettstoffwechsel gestört, da der Körper ein hierfür wichtiges Enzym nicht ausreichend bildet. Der Körper ist nicht in der Lage, einen bestimmten fettartigen Stoff (ein Lipid) abzubauen. Dieser Stoff mit der Bezeichnung Glukozerebrosid sammelt sich daraufhin in den Fresszellen (Makrophagen) des menschlichen Körpers an. Diese Zellen, auch Gaucher-Zellen genannt, sind im Körper des Menschen für den Abbau von Glukozerebrosid verantwortlich. Das Glukozerebrosid entsteht durch den natürlichen Zerfall von Blutzellen. Die Ansammlung vom Lipid in den Makrophagen führt zu unterschiedlichen Beschwerden. Je nachdem, wo sich im Körper die Fresszellen anreichern, treten unterschiedliche Beschwerden auf. Entsprechend dieser Beschwerden sprechen die Ärzte von drei Formen von Morbus Gaucher.
Die Ursache von Morbus Gaucher ist ein Gendefekt und somit zählt diese Erkrankung zu den vererblichen Krankheiten. Bei einem Gendefekt handelt es sich generell um eine Veränderung des Erbguts, welche von den Eltern an ein Kind weitergegeben wird. Alle Erbinformationen sind beim Menschen in jeder einzelnen Zelle enthalten. In den Zellkernen befinden sich hierfür die Chromosomen, wobei es sich um fadenförmige Gebilde handelt. Auf den Chromosomen liegen die Gene, in welchen alle Erbinformationen abgespeichert sind. Das Erbgut ist beim Menschen auf 23 Chromosomenpaare verteilt. Die meisten dieser Chromosomen sind somit doppelt vorhanden. Eine Ausnahme stellt das Chromosomenpaar für das Geschlecht dar. Dieses Paar ist bei Frauen identisch, beim Mann jedoch nicht. Morbus Gaucher wird durch eine Veränderung (Mutation) des Glukozerebrosidase-Gens ausgelöst. Dieses Gen liegt auf dem sogenannten langen Arm von Chromosom 1, welches kein Geschlechtschromosom ist.
Bei Morbus Gaucher handelt es sich um eine Krankheit, die autosomal-rezessiv vererbt wird. Dies bedeutet, dass die Krankheit nicht ausbrechen kann, sofern ein Defekt nur an einem Gen des Paares 1 auftritt. In diesem Fall ist das zweite, intakte Gen des Chromosomenpaares in der Lage, die Veränderung auszugleichen. Die Erkrankung Morbus Gaucher bricht also nur aus, sofern beide Eltern einem Kind ein mutiertes, verändertes Glukozerebrosidase-Gen vererben. Hierbei kann es sich um eine von über 300 Genmutationen handeln, die für die Krankheit Morbus Gaucher als Ursache bekannt sind. In 50 Prozent aller Fälle handelt es sich jedoch um dieselbe Genveränderung.
Die Krankheit kann sich in Bezug auf den Verlauf in einer Familie trotz derselben Genveränderungen unterschiedlich gestalten. Generell wirkt sich der Gendefekt negativ auf den Fettstoffwechsel des Betroffenen aus. Beim natürlichen Zerfall von Blutzellen wird im Körper das Lipid Glukozerebrosid frei. Das Glukozerebrosid wird dann von den Makrophagen (Fresszellen) im Köper abgebaut. Dem Menschen mit Morbus Gaucher fehlt aufgrund des Gendefekts jedoch ein hierfür nötiges Enzym. Aus diesem Grund reichert sich das Glukozerebrosid in den Fresszellen an. Es entstehen unterschiedliche Krankheitsbilder, welche unter dem Begriff Morbus Gaucher zusammengefasst werden.
Generell wird zwischen drei Formen von Morbus Gaucher unterschieden. Die mit Glukozerebrosid angereicherten Fresszellen können sich in unterschiedlichen Regionen des Körpers anlagern. Es kommt zu Organvergrößerungen in der jeweiligen Region. Je nachdem, welche Organe von dieser Vergrößerung betroffen sind, treten entsprechende Symptome auf. Die Region, in welcher die Schäden der Organe auftreten, entscheidet über die Form von Morbus Gaucher. Die Ärzte unterteilen die Krankheit in folgende drei Formen:
Je nach Typ von Morbus Gaucher treten unterschiedliche Symptome in Erscheinung. Diese können mitunter sein:
Generell gilt es zu den Symptomen von Morbus Gaucher zu sagen, dass diese immer von den betroffenen Organen und deren Funktion abhängen. Wie erwähnt, tritt Typ I zumeist an der Leber und Milz auf. Typ II und III betreffen das Gehirn und das Rückenmark.
Zu Beginn des Diagnoseverfahrens erkundigt sich der Arzt genau über die Krankheitsgeschichte des Patienten: Er führt eine Anamnese durch. Hierbei sind vor allem die akuten und auch die frühen Symptome von Bedeutung. Ferner wird die Krankheitsgeschichte der Familie erfragt. Daraufhin untersucht der Arzt den Patienten körperlich und veranlasst Laboruntersuchungen. Er entnimmt dem Patienten Blut, welches im Labor auf veränderte Werte untersucht wird. Insbesondere erfolgt die Beurteilung in Bezug auf die Stoffe Ferritin, saure Phosphatase und Angiotensin-Converting-Enzym (ACE). Liegt ein Verdacht auf Nervenschäden durch Morbus Gaucher vor, veranlasst der Arzt zudem eine CT-Untersuchung oder eine Kernspintomografie.
Um Morbus Gaucher zielsicher zu diagnostizieren, greifen die Ärzte zudem auf einen speziellen Enzymaktivitätstest zurück. Durch diesen Test kann man erkennen, dass der Gehalt des Enzyms Glukozerebrosidase in den Fresszellen vermindert ist. Diese Untersuchung erübrigt in vielen Fällen eine Gewebeuntersuchung des Knochenmarks, der Leber und der Milz. In einigen Fällen wird ein ergänzender Gentest veranlasst. Hierbei wird das Glukozerebrosidase-Gen auf Veränderungen untersucht. Dieses Verfahren lässt sich sogar vorgeburtlich durchführen.
Morbus Gaucher lässt sich durch den speziellen Enzymaktivitätstest und durch einen Gentest zielsicher diagnostizieren. Dennoch besteht bei dieser Erkrankung aufgrund deren Seltenheit die Gefahr einer Fehldiagnose. Die Ärzte müssen beim geringsten Verdacht die entsprechenden Testverfahren veranlassen, mit deren Hilfe Morbus Gaucher zielsicher diagnostiziert werden. Fallen diese Tests negativ aus, ist es an dem behandelnden Arzt, weitere Diagnoseverfahren anzusetzen, um die tatsächliche Krankheit zu ermitteln.
Die Therapie bei Morbus Gaucher zielt darauf ab, dem Körper das fehlende Enzym Glukozerebrosidase zur Verfügung zu stellen. Erhält der Köper dieses Enzym, ist er wieder in der Lage die durch den Blutzellenzerfall entstehenden Glukozerebroside abzubauen. Das Enzym wird den Patienten medikamentös verabreicht. Vor allem bei der nicht-neuronopathischen Form von Morbus Gaucher erzielt dieser Behandlungsansatz große Erfolge. Bei Patienten mit der chronisch-neuronopathischen Form der Krankheit kann sich ebenfalls die Lebenserwartung deutlich erhöhen. Zur Verfügung stehen in Deutschland bei Morbus Gaucher zwei Präparate mit der Bezeichnung Velaglucerase alfa und Imiglucerase. Die Patienten erhalten alle ein bis zwei Wochen Infusionen, welche einen dieser Wirkstoffe enthält. Diese Wirkstoffe muss der Patient ein Leben lang bekommen. Der Gendefekt selbst lässt sich nicht rückgängig machen. Durch die Präparate treten nur in seltensten Fällen Nebenwirkungen auf.
Gegen spezielle nicht-neuronopathische Formen der Erkrankung bietet sich ein weiterer Therapieansatz an. Die Ärzte sprechen hierbei von einer Substrathemmung. Die Patienten nehmen Medikamente ein, welche die Bildung von Glukozerebrosiden im Körper vermindert. Hierdurch verspüren die Patienten eine Milderung der Symptome. Im Rahmen dieser Therapie nehmen die Patienten die Wirkstoffe Miglustat oder Eliglustat oral ein. Des Weiteren bieten sich in vielen Fällen entsprechend der Symptomatik Begleittherapien an. Sind im Erwachsenenalter beispielsweise die Knochen des Patienten von Morbus Gaucher betroffen, ist häufig eine Therapie mit Bisphosphonaten hilfreich. Dies sind Medikamente, die den Knochenabbau hemmen. In einigen Fällen erhalten die Patienten im Rahmen einer OP zudem ein künstliches Gelenk.
Sofern Morbus Gaucher frühzeitig festgestellt wird, können die Ärzte den Verlauf häufig günstig beeinflussen. Vor allem die nicht-neuronopathische Form lässt sich durch die frühzeitige Behandlung erheblich abmildern. Selbst der Verlauf der chronisch-neuronopathischen Form kann durch eine rechtzeitige Behandlung begünstigt werden. Die Patienten können hierdurch mit einer weitaus höheren Lebenserwartung rechnen.
Generell lässt sich Morbus Gaucher jedoch nicht ursächlich behandeln. Der verantwortliche Gendefekt ist irreparabel. Bei der akut-neuronopathischen Form zeigen die Behandlungen in den meisten Fällen eine schlechte Prognose. Die akute Form von Morbus Gaucher schreitet zumeist schnell voran. Die Patienten versterben in den meisten Fällen bereits im Kleinkindalter.
aktualisiert am 14.05.2021