Sehnen sind bindegewebige Verbindungen des Muskels am Knochen. An Orten wo Sehnen über Gelenke verlaufen sind sie einer höheren Spannung ausgesetzt. Zum Schutz und Reduktion der Reibung sind sie dort von einer mit Synovia (viskose, fadenziehende Körperflüssigkeit, auch „Gelenkschmiere“) gefüllten Schutzhülle, der sogenannten Sehnenscheide, umgeben. Die Schutzhülle ermöglicht der Sehne ein reibungsloses hin und her gleiten. Bei starker und regelmäßiger Überbelastung kann sich diese Schutzhülle entzünden, die Erkrankung wird Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) genannt. Sie tritt vor allem an mittelgroßen bis großen Gelenken auf. Anzeichen für eine Sehnenscheidenentzündung sind starke, ziehende oder stechende Schmerzen im betroffenen Bereich.
Die häufigste Ursache der Sehnenscheidenentzündung ist eine anhaltende oder kurzfristige Überbelastung. Durch eine ständige und übermäßige Belastung reiben die Sehnen vermehrt an der Innenfläche ihrer Schutzhülle. Dadurch entstehen kleine Verletzungen, die Sehnenscheide entzündet sich und schwillt an. Der Durchmesser des Kanals, der sonst eine reibungslose Bewegung der Sehne gewährleisten soll, verringert sich und erhöht so den Widerstand auf die Sehne.
Bei Sportarten wie Tennis, Golf oder Klettern kommt es häufig zu einer Überbelastung im Handgelenk. Weitere Auslöser einer Sehnenscheidenentzündung sind Renovierungsarbeiten, Umzüge oder Gartenarbeiten mit Geräten, die der Körper nicht gewohnt ist. Bei Skilangläufern kommt es häufig zur Sehnenscheidenentzündung der Fußbeuger und -strecker.
Theoretisch kann sich jede Sehnenscheide entzünden, am häufigsten kommt sie allerdings am Handgelenk vor. Bei den oben beschriebenen Ursachen handelt es sich um Überbelastungen als Auslöser der Beschwerden. Aber auch sich ständig wiederholende Bewegungen oder Tätigkeiten können eine Sehnenscheidenentzündung auslösen. Hiervon sind häufig Personen aus Berufsgruppen wie Musiker, Gärtner, Masseure oder aber Menschen, die lange am PC arbeiten (Computertastatur, Arbeiten mit der Computermaus, siehe auch RSI-Syndrom als chronische Folge) betroffen.
Weitaus seltener sind folgende, nicht mechanische, hormonelle oder infektiöse Ursachen. Bedingt durch die Hormonumstellung während Schwangerschaft oder in den Wechseljahren kommt es zu vermehrten Wassereinlagerungen im Gewebe. Hierdurch kann es durch die Einschränkung der Beweglichkeit der Sehne und so bedingter vermehrter Reibung in der Sehnenscheide zu Entzündungen im betroffenen Bereich kommen. Dies normalisiert sich in der Regel mit dem Ende der Schwangerschaft oder im Verlauf der Wechseljahre.
Eine infektiöse Sehnenscheidenentzündung kann sich nach Verletzungen (zum Beispiel Stichverletzungen im Bereich einer Sehnenscheide) oder anderen, systemischen (Krankheiten, die auf ein gesamtes Organsystem wirken) Erkrankungen (zum Beispiel Borreliose) durch abgewanderte Bakterien entwickeln. Häufig ist die Primärerkrankung ohne Symptome abgelaufen und wird daher nicht mit der Sehnenscheidenentzündung in Zusammenhang gesehen. Für die Therapie ist allerdings entscheidend, ob es sich um eine infektiöse oder nicht-infektiöse Sehnenscheidenentzündung handelt. Bei der entzündlichen Form können Bakterien sehr schnell über die Blutbahn in das Lymphsystem gelangen und so eine Blutvergiftung (Sepsis) auslösen.
Eine weitere infektiöse Ursache ist die rheumatoide Arthritis. Hierbei handelt es sich um eine entzündliche Gesamterkrankung, deren Hauptmerkmal die Gelenkentzündung ist. Im Verlauf der Erkrankung kann es zu Gelenkergüssen kommen und sich daraus durch die eingeschränkte Beweglichkeit der Sehne eine Sehnenscheidenentzündung entwickeln.
Sonderformen der Sehnenscheidenentzündung sind der Schnappfinger (Tendovaginitis stenosans) und die Quervain-Krankheit (Tendovaginitis stenosans de Quervain, Hausfrauendaumen). Sie entstehen durch Fehl- oder Überbelastungen an Finger bzw. Daumen.
An der betroffenen Sehne treten bei jeder Bewegung des zugehörigen Gelenks starke Schmerzen auf. Bei einer akuten Entzündung ist der Bereich geschwollen, verhärtet und gerötet. Manchmal ist das Reibegeräusch der Sehnen als knirschen („Schneeballknirschen“) zu hören. In schwereren Fällen kommt es zu Ruheschmerzen, die sich auch durch Ruhigstellung nicht bessern. Die Quervain-Krankheit ist mit starken Schmerzen am Handgelenk unterhalb des Daumens verbunden. Jede Bewegung des Daumens schmerzt, so dass einfachste Arbeiten (das Auswringen eines Handtuchs) zur Belastung werden. Bei schweren Verlaufsformen kann es zur vollständigen Blockade der Sehne kommen, so dass das Gelenk nicht mehr gebeugt werden kann. Auch beim Schnappfinger lässt sich der Finger nur noch unter starkem Kraftaufwand beugen oder strecken. Namensgebend ist das plötzliche Vorschnellen des Fingers bei dem Versuch, ihn zu bewegen. Durch die ständige Reibung können sich kleine Knötchen auf entsprechender Sehne bilden. Sind die Knötchen groß, dann lässt sich der Finger letztendlich gar nicht mehr bewegen.
Zunächst wird der Arzt anhand der Krankengeschichte, Auftreten und Art der Schmerzen eine Verdachtsdiagnose stellen. Hinweisend sind die Ausübung bestimmter Sportarten (Tennis, Golf) oder berufsbedingte Belastungen. Beim Abtasten der Sehne achtet der Arzt besonders auf Entzündungszeichen wie Schwellung, Rötung oder Wärme. Durch entsprechende Beugetests kann er letztendlich recht sicher eine Sehnenscheidenentzündung erkennen. Bei Unklarheiten kann eine Ultraschalluntersuchung der Sehne durchgeführt werden.
Röntgenaufnahmen sind nicht hilfreich, da Knochen am Krankheitsprozess nicht beteiligt sind. Sie werden höchstens bei anhaltenden Beschwerden zum Ausschluss anderer Erkrankungen gemacht. Zur genauen Lokalisierung der Entzündung kann eine Magnetresonanztomographie hilfreich sein. Besteht der Verdacht auf eine infektiöse Ursache, wird eine Blutuntersuchung durchgeführt.
Wichtig für den Therapieverlauf ist zunächst bei Verdacht auf eine infektiöse Ursache diese, durch eine Blutuntersuchung sicher zu diagnostizieren. Eine Erkrankung mit ähnlichen Symptomen ist das Karpaltunnelsyndrom. Durch Druckschädigung eines Nervs im Handgelenksbereich leiden Betroffene unter Kribbeln oder Taubheitsgefühl der Finger (besonders Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen). Die Beweglichkeit ist eingeschränkt. Meist kann der Arzt anhand der Symptome leicht zwischen den Erkrankungen unterscheiden.
Ist eine Überbelastung Auslöser der Sehnenscheidenentzündung wird das betroffene Gelenk zunächst ruhig gestellt. Durch weitere Reibung wird der Entzündungsprozess sonst aufrecht gehalten. Unterstützend werden passende Schienen angelegt. Sämtliche Tätigkeiten, die als Auslöser gelten, sollten bis zur vollständigen Ausheilung eingestellt werden. Kühlende Salben oder Verbände lindern akute Entzündungsanzeichen wie Schwellung, Rötung und Erwärmung. Bei anhaltenden oder starken Schmerzen können nach Rücksprache mit dem Arzt kurzfristig Salben oder Tabletten mit entzündungshemmenden Wirkstoffen angewendet werden. Bewährt haben sich nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) wie Diclofenac oder Ibuprofen.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit des Arztes sind Injektionen in die entzündete Region mit Cortison und einem lokal wirkenden Betäubungsmittel einzuspritzen. Der entzündliche Prozess wird so sehr schnell unterbrochen. Da der Eingriff aber auch mit Risiken verbunden ist, sollte zunächst ein intensives Beratungsgespräch zwischen Arzt und Patient erfolgen. Wenn alle aufgeführten Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen oder der Krankheitsprozess chronisch verläuft, kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Die verengte Stelle wird chirurgisch erweitert und so entlastet. Der Eingriff lässt sich in der Regel ambulant und unter lokaler Betäubung durchführen.
Ist die rheumatoide Arthritis Ursache der Sehnenscheidenentzündung, richtet sich die Behandlung nach der Grunderkrankung. Bei bakteriellen Infektionen wird ein Antibiotikum verordnet.
Die Beschwerden einer akuten Sehnenscheidenentzündung verschwinden bei Ruhigstellung und Entlastung der betroffenen Stelle nach wenigen Tagen. Bei anhaltenden Schmerzen sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden, denn bei chronischer Verlaufsform leiden Betroffene ohne passende Therapie über Wochen bis Monate. Ist die Ursache der Sehnenscheidenentzündung infektiös oder rheumatisch, hängt der Heilungsverlauf von der Behandlung der Grunderkrankung ab und kann sehr unterschiedlich sein.
Um ein erneutes Auftreten zu verhindern oder einer Sehnenscheidenentzündung bei ersten Anzeichen entgegen zu wirken, sollten bei entsprechenden Belastungen vorbeugende Maßnahmen getroffen werden. Lockerungsübungen der Muskulatur und Dehnungsübungen der Sehne können helfen, den betroffenen Bereich auf die Belastung vorzubereiten. Grundsätzlich sollten ausreichend Pausen eingehalten werden. Sportarten wie Tennis oder Golf werden zur Entlastung mit einer Stützbandage durchgeführt. Handwerker profitieren von ergonomisch geformten Werkzeugen. Bei sitzenden Tätigkeiten und Computerarbeit sollte der Arbeitsplatz ergonomisch ausgestattet sein (Tastatur mit Polsterung, ergonomisch geformte Maus, Überprüfung der Sitzposition).
Dehnübungen können durch Physiotherapeuten erlernt werden und sollten stets bei oder vor entsprechender Belastung und so oft wie möglich durchgeführt werden.
Hilfreichen Übungen zur Entlastung zeigen folgende Videosequenzen: https://www.youtube.com/watch?v=PI4GmAvRTZo
aktualisiert am 18.11.2021