Bei einer Amputation wird eine Gliedmaße oder ein Teil davon entfernt. Die Amputation kann notwendig werden, wenn der jeweilige Körperteil besonders schwer geschädigt ist. Voraussetzung für die Amputation ist, dass bei einer Erhaltung schwerwiegende gesundheitliche Folgeprobleme oder chronische Schmerzen zu erwarten wären, die stärker ins Gewicht fallen als die möglichen funktionellen Vorteile bei Belassung des Körperteils.
Es gibt mehrere Umstände, bei denen eine Amputation durchgeführt werden kann. Häufigster Grund ist eine schwerwiegende Minderdurchblutung, die durch die herkömmlichen Methoden nicht mehr ausreichend behandelt werden kann. Eine solche Störung der Durchblutung kann vor allem durch Verkalkung der Blutgefäße bei Arteriosklerose oder bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) verursacht werden. Risikofaktoren für Arteriosklerose sind unter anderem Rauchen, Bluthochdruck, erhöhtes Körpergewicht und ungünstige Blutfettwerte.
Auch bei bösartigen Tumoren kann es notwendig werden, dass der befallene Körperteil amputiert wird, damit eine Streuung von Tumorzellen verhindert wird. Eine definitive Ursache für solche Tumore wird in der Regel nicht gefunden, allerdings gibt es verschiedene Faktoren, die die Ausbildung von Tumoren fördern.
Besonders schwere Verletzungen, bei denen sehr ausgeprägte Schäden an Blutgefäßen, Nervensträngen, Knochen oder Gelenken entstehen, können es ebenfalls notwendig machen, eine Amputation durchzuführen.
Ebenfalls kann eine besonders schwerwiegende Infektion, z. B. durch bestimmte Bakterien, dazu führen, dass eine Amputation für notwendig gehalten wird. Dies ist kann dann der Fall sein, wenn eine Ausbreitung auf den gesamten Körper beziehungsweise Blutkreislauf droht (Sepsis).
Ein weiterer möglicher Grund für eine Operation zur Entfernung ist eine Veränderung an der Gliedmaße, die starke funktionelle Einschränkungen nach sich zieht. Dies kann beispielsweise bei einem stark gekrümmten, starren Finger der Fall sein, wenn dieser die normale Beweglichkeit der Hand behindert.
Schwerwiegende Durchblutungsprobleme (z. B. die arterielle Verschlusskrankheit, AVK, die bei Arteriosklerose entsteht) äußern sich als Schmerzen, die erst bei Anstrengung (z. B. bei bestimmten Gehstrecken als so genannte Schaufensterkrankheit), später auch in Ruhe auftreten. Das betroffene Bein oder der Arm ist kalt und blass. Im Endstadium kommt es zum Absterben von Gewebe (Nekrose). Auf diesem Boden kann sich eine Entzündung (Gangrän) entwickeln, die sich im Körper verteilen kann (Sepsis) und lebensbedrohlich werden kann.
Bösartige Tumore können sich im Prinzip überall entwickeln, auch in den Gliedmaßen. Bösartige Tumore des Bindegewebes werden Sarkome genannt. Möglich sind beispielsweise Osteosarkom (aus Knochengewebe hervorgehend), Rhabdomyosarkom (aus Skelettmuskelzellen), Angiosarkom (aus Blutgefäßzellen) oder Chondrosarkom (aus Knorpelgewebe). Bösartige Tumore wachsen zerstörend in das umliegende Gewebe ein und können so in einem fortgeschrittenen Stadium zu Schmerzen, tast- und sichtbaren Verdickungen und Funktionseinschränkungen führen. Bösartige Tumore können Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden, die sich in anderen Körperbereichen absiedeln können. So können sich wiederum Metastasen von Tumoren mit anderem Ursprungsort in den Gliedmaßen absetzen.
Verletzungen können prinzipiell in jeglicher Ausprägung vorliegen. Bei sehr schweren Verletzungen kann es zu Durchblutungsstörungen, zu Nervenschäden mit Lähmungen und Sensibilitätsstörungen oder zu einer direkten Gewebeschädigung kommen. Schwere Knochenbrüche und Gelenkschäden, bei denen die normale Funktion nicht wiederhergestellt werden kann, können aus einer Verletzung resultieren. Ein Gewebeuntergang (Nekrose) mit eventueller Entzündung (Gangrän) ist möglich.
Bei Infektionen kommt es zur schmerzhaften Schwellung und Rötung mit Überwärmung des Gewebes und eventueller Bewegungseinschränkung. Breitet sich die Entzündung in der Blutbahn aus (Sepsis), kommt es zu hohem Fieber und Schüttelfrost. Es kommt bald zu einer Schocksymptomatik mit Blutdruckabfall und erhöhter Pulsfrequenz. Schließlich kann es zum Kreislaufversagen mit möglicherweise tödlichem Ausgang kommen.
Durch diverse Umstände kann es zu einer mangelnden normalen Beweglichkeit einer Gliedmaße kommen, die stark stören und ungünstige Folgeerscheinungen mit sich bringen kann.
Der Patient wird eingehend befragt (Anamnese) und vom Arzt gründlich körperlich untersucht. Bei Durchblutungsstörungen wird der Blutfluss untersucht, z. B. durch eine Gefäßdarstellung im Röntgenbild mit Kontrastmittel (Angiographie) oder im Ultraschall (Duplex-Sonographie). Auch bei Tumoren kommen bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Computertomographie (CT) zum Einsatz. Eine Blutuntersuchung wird bei Entzündungen beziehungsweise auch vor einer Amputation aus anderen Gründen durchgeführt. Der Arzt legt anhand seiner Untersuchungen fest, welche Anteile der Gliedmaße entfernt werden.
Vor der Amputation wird des Weiteren oft die betroffene Gliedmaße ausgemessen, um später eine Prothese möglichst gut anpassen zu können.
Je nach den Symptomen müssen verschiedene Erkrankungen voneinander unterschieden werden. Wichtig ist es, festzustellen, ob es nicht eventuell sinnvoller ist, den betroffenen Körperteil doch zu erhalten.
Eine Amputation ist natürlich ein extremer Fall einer Behandlung. Vorher werden andere Methoden ausgereizt. Bei Gefäßeinengungen oder -verschlüssen kann die Gabe von Medikamenten sinnvoll sein. Die Engstelle kann über einen Katheter oder operativ überbrückt werden. Bei Tumoren kann neben einer Operation auch eine Bestrahlung oder eine Chemotherapie sinnvoll sein. Entzündungen werden unter anderem durch antibiotische Medikamente behandelt, die auch zusätzlich zu einer Operation gegeben werden.
Wenn nichtoperative Therapieverfahren nicht mehr ausreichen, muss eine Operation beziehungsweise gegebenenfalls eine Amputation erfolgen.
In den meisten Fällen wird eine Vollnarkose vorgenommen, um die Amputation durchzuführen. Zusätzlich zur Narkose empfiehlt sich gelegentlich eine Regionalanästhesie, bei der größere Körperbereiche betäubt werden.
Oftmals wird am Arm oder am Bein eine stramme Manschette angelegt, um die Durchblutung vorübergehend zu stoppen (Blutsperre). Damit können Blutungen verringert und die Sicht auf den Operationsbereich gebessert werden.
Die Ausdehnung der Gewebeentfernung ist abhängig von der Art und Größe des jeweiligen Befundes. Der Operateur sollte so viel gesundes Gewebe wie möglich erhalten, aber das krankhafte oder defekte Gewebe vollständig entfernen. Haut, Muskeln, Blutgefäße und Nerven werden durchtrennt. Die Gefäße werden so verschlossen, dass eine Blutung verhindert wird. Knochen muss gegebenenfalls durchgesägt werden und die entstehenden Kanten geglättet werden. Muskulatur und Haut wird dann über den entstandenen Knochenstumpf gezogen und vernäht. Falls der Eingriff aufgrund einer schwerwiegenden Gliedmaßeninfektion vorgenommen wird, wird diese Deckung meist in einer weiteren Operation durchgeführt (so genannte offene Wundbehandlung bei einer Infektion).
Ein Drainageschlauch kann in das Operationsgebiet eingeführt werden, um Wundflüssigkeit abzufangen. Die Drainage kann nach wenigen Tagen wieder gezogen werden. Im Anschluss an den Eingriff wird häufig ein Druckverband angelegt.
Manchmal kann erst im Laufe des Eingriffs das komplette Ausmaß der Gewebeschädigung erkannt werden, beispielsweise durch den Anblick im tiefen Gewebe oder auch durch eine feingewebliche Untersuchung (Histologie) im Schnellschnittverfahren. Daher kann es notwendig sein, die Operation zu erweitern oder gegebenenfalls auch die Methode abzuändern. Des Weiteren können Komplikationen dazu zwingen, weitere Maßnahmen durchzuführen.
Durch die Operation können auch Gewebeanteile in der Nähe geschädigt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Infektionen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können auftreten, insbesondere wenn das Gewebe am Stumpf ebenfalls bereits vorgeschädigt ist. Mitunter kann auch Gewebe zugrunde gehen. Eine Druckbelastung auf den Stumpf kann solche Problematiken fördern. Durch eine eventuelle Blutstauungsmanschette können Druckschäden oder Lähmungen verursacht werden. An einer amputierten Gliedmaße kommt es oft zu einem so genannten Phantomschmerz, bei dem Schmerzen und Missempfindungen vermeintlich in einem Bereich verspürt werden, der nicht mehr vorhanden ist. Des Weiteren können sich bei Nerven an der Abtrennungsstelle Knoten (Amputationsneurome) bilden, die Schmerzen verursachen. Es können sich unnatürliche Verbindungen zwischen Arterien und Venen entwickeln (Shunts). Durch die veränderte Statik kann es zu Folgeschäden, z. B. an den Gelenken oder an der Wirbelsäule, kommen. Allergische Reaktionen jeden Schweregrades sind möglich.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Meist kann der krankhafte Prozess beziehungsweise das stark geschädigte Gewebe durch die Amputation beseitigt werden. Folgeschäden werden in den meisten Fällen damit verhindert. Dies kann jedoch nicht immer garantiert werden, z. B. wenn Entzündungen sich bereits in der Blutbahn verteilt haben (Sepsis) oder wenn sich Tochtergeschwülste (Metastasen) von Tumoren schon in anderen Körperteilen abgesiedelt haben.
Eine Amputation lässt sich nicht wieder rückgängig machen. Durch plastische Rekonstruktion oder durch Prothesen kann ein relativ gutes funktionelles Ergebnis erreicht werden. Dennoch können die zu erwartenden funktionellen Verhältnisse niemals vollständig dem Ursprungszustand entsprechen.
Oftmals müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Bei auftretenden Schmerzen ist die Gabe von Schmerzmedikamenten durch den Arzt sinnvoll. Mitunter müssen (z. B. bei Phantomschmerzen) weitere Maßnahmen der Schmerztherapie durchgeführt werden.
In den meisten Fällen wird nach einer Amputation eine Prothese angepasst. Dazu gibt es verschiedene Hersteller, die den Gliedmaßenersatz genau auf die Verhältnisse des Patienten abstimmen. Bei hoher Amputation des Beines kann manchmal eine Prothese angepasst werden, mit der der Patient dennoch nicht gehen kann. Eventuell ist ein Rollstuhl sinnvoll.
Durchgeführt werden sollte ebenfalls ein Bewegungstraining mit Krankengymnastik, damit die Funktion und Gesundheit der noch vorhandenen Gelenke und weiteren Gliedmaßenstrukturen erhalten bleibt.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchzuführen.
aktualisiert am 15.12.2023