Die Giardiasis ist eine Infektion des Dünndarms durch den einzelligen Parasiten Giardia intestinalis. Menschen infizieren sich durch die Aufnahme der Giardien mit verunreinigtem Trinkwasser oder Nahrungsmitteln. Mit dem Kot gelangen erneut infektiöse Stadien des Erregers in die Außenwelt. In Deutschland kommt die Erkrankung hauptsächlich nach Urlaubsreisen in südliche Länder vor.
Die Infektion kann symptomlos verlaufen oder zu wässrigen, übelriechenden Durchfällen führen, die unbehandelt mehrere Monate immer wiederkehren.
Giardien (Lamblien), die diese Erkrankung auslösen, gehören zu den Parasiten des Menschen. Parasiten sind Lebewesen, die sich zeitweise oder ständig auf oder in einem anderen, artfremden und meist größerem Lebewesen (Wirt) aufhalten, auf dessen Kosten leben und krankmachende Eigenschaften besitzen. Die Giardien sind parasitisch lebende Protozoen: Protozoen sind frei oder parasitisch lebende einzellige Mikoorganismen. Giardia intestinalis gehört zum Stamm Metamonada, zur Klasse Diplomonadida, zur Gattung Giardia.
Die Art Giardia intestinalis, die auch Giardia lamblia oder Giardia duodenalis genannt wird, ist ein weltweit verbreiteter Dünndamparasit des Menschen. Im Lebenszyklus der Giardien unterscheidet man Trophozoiten und Zysten:
Giardia intestinalis ist weltweit verbreitet. In der industrialisierten Welt sind etwa zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung mit Giardien befallen. In Entwicklungsländern sind mehr als 50 Prozent betroffen. 2013 wurden in Deutschland 4000 Giardien-Infektionen festgestellt. Meistens handelte es sich um Reiserückkehrer, die sich in südlichen Ländern infiziert haben.
Gegenden, in denen sich Reisende häufiger anstecken, liegen in Afrika, der Türkei oder Indien. Zysten gelangen mit dem Kot in die Außenwelt und sind in feuchter Umgebung lang überlebensfähig. Sie kommen demnach vor allem in Gewässern vor (auch Seen und Flüsse, die sauber erscheinen).
In den Vereinigten Staaten ist die Giardiasis die häufigste parasitäre Darminfektion. Dort sind trinkwasservermittelte Ausbrüche für die Ausbreitung verantwortlich.
Giardia intestinalis (Giardia duodenalis) kommt ebenso bei Haustieren wie Hund, Rind und Katze als Reservoir vor. Eine Übertragung von Tier auf Mensch ist bei einigen Stämmen demnach möglich (Zoonose).
Menschen infizieren sich durch die Aufnahme von Zysten mit verunreinigtem (beziehungsweise unzureichend behandeltem) Trinkwasser oder über kontaminierte Lebensmittel. Für die Infektion des Menschen bedarf es der oralen Aufnahme von mindestens 10 infektiösen Zysten. Eine direkte Übertragung von Giardia intestinalis von Mensch zu Mensch über Fäkalien ist als Infektionsweg beispielsweise bei Kindern oder Sexualpartnern beschrieben.
Im Darm entwickeln sich aus den Zysten erwachsene Trophozoiten. Diese können sich durch Zweiteilung vermehren oder als Zyste ausgeschieden werden und fäkal-oral erneut andere Menschen infizieren. Besonders gefährdet sind Kinder in Kindergärten, Menschen, die oral-analen Verkehr praktizieren, oder Reisende in Entwicklungsländer.
Bei den meisten Erkrankungen wird bei der Befragung des Patienten (Anamnese) eine Tropenreise festgestellt oder eine Reise in ein Land mit schlechten Hygieneverhältnissen. Personen, die die gleiche Nahrung zu sich genommen haben, zum Beispiel am Salatbuffet, erkranken häufig gleichzeitig. Die Infektion ist selbstlimitierend.
Bei vielen Menschen verläuft die Giardien-Infektion ohne Symptome. Bei anderen kommt es nach einer Inkubationszeit von etwa ein bis zwei Wochen nach der Infektion zu Magen-Darm-Beschwerden.
Zu Beginn der Erkrankung kommt es unter anderem zu Unwohlsein, Erbrechen und Oberbauchschmerzen. Diese Symptome verschwinden nach wenigen Tagen. Sehr häufig leiden Betroffene unter wässrigem, faulig riechendem Durchfall, der unbehandelt über mehrere Wochen bist Monate bestehen kann. Die Infektionsdauer kann jedoch noch länger sein: In schweren Fällen leiden Betroffene unter wiederholten Durchfällen, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust. Bei dieser chronischen Giardiasis ist die Heilung unbestimmt lange verzögert.
Solange erwachsene Stadien (Trophozoiten) im Darm leben und Zysten ausgeschieden werden, ist der Mensch ansteckend. Mit dem Kot gelangen die behüllten Zysten ins Freie, wo sie bei geeigneten Bedingungen für mehrere Monate infektiös sind. In der Regel werden die Trophozoiten innerhalb weniger Wochen durch das Immunsystem aus dem Darm eliminiert.
Die Parasiten können bei einigen Patienten aber auch jahrelang im Darm verweilen. Die mögliche Ansteckungsdauer ist demnach abhängig von Immunstatus und Begleiterkrankungen und individuell sehr unterschiedlich.
Bei einigen Patienten verläuft die Giardiasis (Lambliasis) symptomlos. Bei anderen führen die Giardien zu Entzündungen, die sich durch Magen-Darm-Beschwerden bemerkbar machen. Diese ähneln den Symptomen bei anderen Infektionskrankheiten, die den Magen und Darm betreffen. In der Folge der Giardia-Infektion kann es zu Aufnahmestörungen der Darmschleimhaut kommen.
Bei den Patienten zeigen sich folgende Symptome:
Die Krankheitsbeschwerden beginnen 4 bis 7 Tage nach der Infektion mit Durchfall. Der unregelmäßige Durchfall ist das Leitsymptom der Giardiasis. Der Stuhl ist meist etwas heller gefärbt und von breiiger Konsistenz, aber nicht wässrig. Schleim- und Blutspuren kommen in der Regel nicht vor. Vor allem nach dem Essen haben die Betroffenen das Gefühl, dringend auf die Toilette zu müssen (drängender Stuhlgang). Ein weiteres Leitsymptom dieser Erkrankung ist eine verstärkte Bewegung des Darms (Hyperperistaltik). Diese macht sich durch Rumoren und Plätschern im Darm bemerkbar.
Eine akute Giardiasis kann sich zu einer chronischen Infektion entwickeln. Dabei wechseln sich Phasen von normalem Stuhlgang mit Durchfallperioden ab. Sehr störend für die Patienten sind die Blähungen (Flatulenz), die durch einen fauligen Geruch auffallen.
Patienten mit chronischen Lamblien-Befall haben oft auch eine unterschiedlich ausgeprägte Malabsorption, also eine schlechtere Aufnahme von vorverdauten Speisen.
Vor allem bei Personen mit Immunglobulinmangel (Was ist das spezifische Immunsystem?) findet sich ein Lamlien-Befall häufig. Da die Abwehr von Erregern im Magen-Darm-Trakt durch Immunglobulin A (IgA) erfolgt, sind die Betroffenen nicht in der Lage, die Gardien zu eliminieren.
Hartnäckige Durchfallerkrankungen, besonders in Verbindung mit einer Urlaubsreise in südliche Länder, können einen Verdacht auf Giardiasis hervorrufen. Zum Ausschluss anderer Durchfallerreger wird normalerweise eine Kotuntersuchung angefertigt. Standardverfahren zum Nachweis von Giardien ist die Kotuntersuchung mittels Flotation zum Nachweis von Zysten und (seltener) Trophozoiten, die in einer Flüssigkeit oben schwimmen.
Außerdem gibt es Schnelltests zum Nachweis von für Giardien spezifischen Antigenen (bestimmte Strukturen auf Oberfläche der Giardien) im Kot. Für die Kotuntersuchungen sollte Stuhl von drei aufeinanderfolgenden Tagen im Labor untersucht werden, da Giardien unregelmäßig ausgeschieden werden.
In seltenen Fällen ist zur sicheren Diagnose bei Unklarheiten eine Probenentnahme (Biopsie) der Darmschleimhaut nötig.
Giardien werden mit sogenannten Antiprotozoika, also Mittel gegen Protozoen (Einzellern) oder Antibiotika (wirksam, obwohl es keine Bakterien sind) behandelt. Eingesetzt werden vor allem Nitroimidazole. Gängige Wirkstoffe sind Metronidazol, Nitazoxanid und Tinidazol. Am häufigsten wird Metronidazol eingesetzt. Die Behandlung wird auch bei Menschen durchgeführt, die keine Symptome zeigen. Allerdings ist die Therapie recht aufwendig und teuer und damit nicht immer umsetzbar.
Die Behandlungsdauer ist abhängig vom Medikament. Tinidazol wird einmalig genommen, Metronidazol dreimal täglich für fünf bis sieben Tage. Nitazoxanid wird besonders bei Kindern angewendet, da es weniger Nebenwirkungen hat als die anderen Mittel und leichter zu dosieren ist (flüssig).
Durch eine Wiederholungsbehandlung kann die Heilungsrate noch mal verbessert werden. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist, dass die Kontaktpersonen des Erkrankten mitbehandelt werden. Sie können Träger der Erkrankung sein, obwohl sie keine Symptome zeigen.
Wenn die Behandlung keinen Erfolg hat, kann mit einigen anderen Medikamenten ein Behandlungsversuch durchgeführt werden. Nicht allen Medikamente sind in Deutschland dafür zugelassen oder erhältlich. Zum Einsatz kamen früher und zum Teil auch heute noch die Medikamente: Albendazol, Quinarcrin, Furazolidon und Chloroquin.
Auf den Konsum von Alkohol sollte während der Behandlung verzichtet werden. Sonst kommt es häufig zu Nebenwirkungen (Erbrechen, Übelkeit, Kopfschmerzen).
Bei starken Durchfällen werden Elektrolytlösungen oder in schweren Fällen Infusionen verabreicht, um Folgen wie Austrocknung oder Mangelerscheinungen zu vermeiden. Bei Übelkeit und Erbrechen können Antiemetika (brechreizhemmende Mittel) eingenommen werden.
Betroffene, die Appetit haben, sollten bei Durchfallerkrankungen etwas essen, da der Körper viel Energie, Flüssigkeit und Nährstoffe verliert. Die Ernährung sollte leicht verdaulich sein, verzichten sollte man auf blähende, zuckerhaltige und fette Speisen. Zu empfehlen sind:
Vorbeugende Maßnahmen sind insbesondere für Menschen wichtig, die sich in Ländern aufhalten, die mit Giardia intestinalis belastet sind. Gleiches gilt für Personen, die mit Betroffenen zusammenleben oder Personal von Gemeinschaftseinrichtungen mit Patienten.
aktualisiert am 29.05.2019