Die Leukämie (auch Blutkrebs genannt) ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems. Es gibt verschiedene Formen der Leukämie, bei allen kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung veränderter weißer Blutkörperchen (Leukozyten). Wörtlich übersetzt bedeutet der aus dem Griechischen stammende Begriff Leukämie so viel wie Weißblütigkeit (leukos für weiß; haima für Blut). Von diesen Krebserkrankungen des blutbildenden Systems werden diese Formen unterschieden:
Die Leukämie ist eine Krebserkrankung der blutbildenden Organe des Körpers: von Knochenmark und Lymphsystem. Hier entwickeln sich die verschiedenen Zelltypen des Blutes – die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten) – aus gemeinsamen Vorläuferzellen, den Stammzellen.
Normalerweise werden so viele Zellen neu gebildet, wie zugrunde gehen. Eine Überproduktion wird durch verschiedene Mechanismen gehemmt. Dies ist jedoch bei Leukämie-Patienten gestört. Es entsteht eine zu große Anzahl unreifer weißer Blutkörperchen (auch Blasten genannt). Die Zellen reifen nicht aus und sind daher nicht funktionstüchtig.
Ausgehend vom Knochenmark verteilen sich die unreifen weißen Blutkörperchen im Körper. Durch die gestörte Blutbildung verschiebt sich das Gleichgewicht der Blutzellen. Neben zu vielen unreifen weißen Blutkörperchen kommt es zu einem Mangel an reifen weißen und roten Blutkörperchen sowie Blutplättchen (Thrombozyten).
Im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen kommt die Leukämie in Deutschland selten vor. Lediglich etwa 2,4 Prozent aller Krebsfälle sind Leukämien. Jährlich kommt es in Deutschland bei über 13.000 Menschen zu einer Leukämie-Erkrankung. Davon sind drei Viertel über 60 Jahre alt, wobei eine der Formen (akute lymphatische Leukämie) hauptsächlich Kinder betrifft.
Die Ursachen sind bisher weitestgehend unbekannt. Allerdings gibt es einige Faktoren, die das Leukämierisiko erhöhen. Dazu gehören:
Für die meisten Patienten kann jedoch kein auslösender Faktor gefunden werden. Es kommt in irgendeiner Zelle des blutbildenden Systems zu einem zufälligen Fehler in der Erbsubstanz (Mutation) und die Zelle wird zu einer Tumorzelle.
Der Begriff Leukämie steht für eine Gruppe verschiedener Krebserkrankungen, die an Zellen des blutbildenden Systems entstehen. Hinsichtlich Ursachen, Behandlung und Heilungsaussichten weichen die einzelnen Formen deutlich voneinander ab.
Leukämien werden unterteilt:
Die häufigsten Leukämieformen sind:
Diese Form wird auch akute lymphatische Leukämie genannt. Im Blut findet man eine Vielzahl unreifer, nicht funktionierender lymphatischer Zellen (Lymphozyten), die sogenannten Lymphoblasten. Die akute lymphoblastische Leukämie ist die häufigste bösartige Erkrankung im Kindesalter. Sie geht mit schweren Krankheitssymptomen einher.
Diese Form der Leukämie ist eine Erkrankung, die im Gegensatz zur akuten lymphatischen Leukämie vermehrt Erwachsene betrifft. Der Begriff „myeloisch“ bedeutet, dass die Erkrankung aus dem Knochenmark entsteht (Entartung von dortigen Stammzellen). Nach einem Vorstadium, das wenige Wochen dauert, kommt es rasch zu Symptomen wie Abgeschlagenheit, gehäuften Blutungen oder Infekten mit Fieber. Ohne Behandlung können die Patienten innerhalb weniger Wochen an schweren Infektionen versterben.
Es kommt zu einer Veränderung im Erbgut einer Stammzelle des Knochenmarks (auf Chromosom 22, Philadelphia-Chromosom). Der Krankheitsverlauf ist schleichend, nach einiger Zeit kann es jedoch zur starken Vermehrung von unreifen weißen Blutzellen mit der Folge akuter Krankheitssymptome kommen.
Üblicherweise wird eine weitere Form, die chronische lymphatische Leukämie (CLL), nicht zu den Leukämien gezählt.
Ein verändertes Blutbild bedeutet nicht gleich, dass Betroffene Leukämie haben. Andere Erkrankungen des Knochenmarks gehen ebenfalls mit Störungen der Blutbildung einher. Einige der Erkrankungen gelten als Vorstufen, aus denen sich eine Leukämie entwickeln kann.
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) zählt trotz des Namens nicht zu den Leukämien. Hier verändern sich reife Lymphzellen (Lymphozyten), die sich normalerweise im lymphatischen Gewebe (Lymphknoten, Milz, Rachenmandeln, Leber) befinden. Da bei den Patienten vermehrt reife Lymphozyten auch im Blut auftreten, findet sich im Namen der Erkrankung der Begriff Leukämie. Mediziner zählen die chronische lymphatische Leukämie zu den bösartigen Lymphomen (Krebserkrankungen des lymphatischen Systems). Die Erkrankung entwickelt sich schleichend und oft symptomlos. Sie wird daher häufig zufällig während einer routinemäßigen Untersuchung oder aus anderen Gründen entdeckt.
Myelodysplatisches Syndrom bezeichnet mehrere Erkrankungen des Knochenmarks, bei denen zu wenig Blutzellen vorliegen. Die Stammzellen werden nicht richtig zu reifen Zellen, so dass gebildete rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen oder Thrombozyten (Blutplättchen) nicht intakt sind, nur in geringer Zahl gebildet werden oder früh absterben. Die Erkrankung entwickelt sich sehr langsam und wird manchmal vor dem Auftreten von Beschwerden durch eine Blutuntersuchung entdeckt. Durch die geringe Anzahl an Blutzellen kommt es zu erhöhter Infektanfälligkeit, Abgeschlagenheit oder Gerinnungsstörungen.
Myeloproliferative Neoplasie ist der Begriff für unterschiedliche bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, bei denen zu viele rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen oder Blutplättchen gebildet werden. Manchmal werden auch verschiedene Blutzellen vermehrt gebildet. Die übermäßige Bildung funktionstüchtiger Blutzellen kann zu Komplikationen wie Blutgerinnseln oder Blutungen führen.
Die Leukämie beginnt oft mit Problemen wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit oder zeigt sich durch Blässe. Solche Symptome können auch durch andere, weitaus harmlosere Erkrankungen verursacht sein.
Nach dem Krankheitsverlauf werden chronische und akute Leukämieformen unterschieden. Bei der akuten Leukämie kommt es schnell zu heftigen Symptomen, unbehandelt führt sie oft innerhalb weniger Wochen zum Tod. Die chronische Leukämie nimmt einen allmählichen Verlauf und besteht oft über einen langen Zeitraum, in welchem dem Patienten die Erkrankung nicht auffällt.
Die Symptome entstehen durch den Mangel an intakten Blutzellen oder durch den Überschuss an nicht ausgereiften Blutzellen:
Bei den einzelnen Leukämiearten treten daher verschiedene Symptome auf.
Am häufigsten erkranken Menschen zwischen 40 und 50 Jahren an dieser Form der Leukämie. Die Erkrankung entwickelt sich über Jahre und kann in drei Phasen (chronische Phase, Übergangsphase, Blastenschub) eingeteilt werden. Wie lange eine Phase anhält und ob es zu allen Phasen kommt, ist individuell unterschiedlich:
Die Symptome sind bei Leukämien unspezifisch. Eine zweifelsfreie Diagnose kann nur anhand einer Blutuntersuchung oder einer Knochenmarkuntersuchung gestellt werden. Eine akute Leukämie kann sehr schnell voranschreiten, dadurch wird der Zustand von Betroffenen im Laufe weniger Tage schlechter. Daher ist es wichtig, entsprechende Beschwerden kurzfristig durch einen Arzt kontrollieren zu lassen. Ohne Behandlung führt eine akute Leukämie zu lebensbedrohlichen Zuständen.
Erster Kontakt ist der Hausarzt, der gegebenenfalls eine Überweisung an spezielle Fachärzte (Innere Medizin oder Onkologie) veranlasst.
In der Anamnese (Krankengeschichte) fragt der Arzt nach der Art und Dauer der Beschwerden. Er tastet dann die Lymphknoten, Milz und Leber auf Vergrößerungen ab. Außerdem überprüft der Arzt Symptome wie Blässe der Haut, kleine Blutungen oder Fieber.
Am wichtigsten für die Diagnose der Leukämie ist die Blutuntersuchung. Im kleinen Blutbild wird die Anzahl an roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen und Blutplättchen festgestellt. Bei Leukämie-Patienten weicht die Zahl der Blutzellenarten von den Normalwerten ab:
Bei anderen Erkrankungen kann es zu ähnlichen Blutbildveränderungen kommen. Für die Diagnose sind daher weitere Untersuchungen des Blutes und in der Regel Knochenmarkuntersuchungen nötig. Die Zellen aus Blut und Knochenmark werden mit Hilfe spezieller Tests untersucht, so dass Tumorzellen erkannt werden können.
Tumorzellen können in andere Organe eindringen und diese schädigen. Mit Hilfe bildgebender Untersuchungsverfahren wie Ultraschall oder Röntgenaufnahmen können veränderte Lymphknoten, eine vergrößerte Milz oder Leber sowie Veränderungen an Organen wie Lunge und Herz dargestellt werden. In seltenen Fällen sammeln sich Tumorzellen im Nervensystem an. Wenn Betroffene an entsprechenden Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Krampfanfällen leiden, leitet der Arzt eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) ein.
Eine akute Leukämie muss umgehend behandelt werden, sonst nimmt sie innerhalb weniger Tage und Wochen einen schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Verlauf. Bei chronischer Leukämie hängt die Behandlung von dem jeweiligen Gesundheitsstatus und Allgemeinzustand des Patienten ab. Hier sollte aber ebenfalls vom Zeitpunkt der Feststellung an eine Therapie eingeleitet werden, um den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen. Ziel aller Therapien ist es, die Krebszellen aus dem Körper möglichst vollständig zu entfernen.
Die Behandlung der akuten Leukämien besteht grundsätzlich aus drei Phasen: Induktionstherapie, Konsolidierungstherapie und Erhaltungstherapie. Allerdings ist der Therapieablauf nicht generell festgelegt, sondern immer individuell auf Punkte wie das Lebensalter und die allgemeine Verfassung des Patienten angepasst.
Durch sogenannte Zytostatika (Medikamente, die die Vermehrung von Zellen stoppen) werden im Rahmen einer Chemotherapie die entarteten Zellen aus dem Körper beseitigt. Ziel ist es, die Leukämie komplett zu verdrängen und die Beschwerden rasch zu reduzieren. Begleitend erhalten Patienten Medikamente, die die auftretenden Nebenwirkungen bessern oder diese verhindern. Mit Antibiotika soll verhindert werden, dass es zu Infektionen kommt. Teilweise folgt nach der Chemotherapie oder begleitend dazu eine Strahlentherapie. Die Bestrahlung ist zum Beispiel bei Patienten sinnvoll, bei denen auch das zentrale Nervensystem betroffen ist.
In den anschließenden drei bis sechs Monaten erfolgen weitere Zyklen von Behandlungen mit Chemotherapie-Medikamenten. Das dient dazu, alle noch verbliebenen Leukämie-Zellen zu „erwischen“. Dabei werden die Patienten in kurzen Abständen kontrolliert. Proben aus Blut und Knochenmark werden entnommen, um den Therapieerfolg zu überwachen. Beispielsweise wird überprüft, ob sich ausreichend frische Blutzellen gebildet haben. Diese Behandlungsphase ist erforderlich, da trotz erfolgreicher Einleitungsphase (Induktionsphase) einzelne Leukämie-Zellen überlebt haben können, selbst wenn zunächst keine mehr nachweisbar waren.
In der Folgezeit nach der Konsolidierung kann eine bis zu einem Jahr dauernde Erhaltungstherapie durchgeführt werden. Mittel zur Chemotherapie werden hier ebenfalls oft eingesetzt, damit der Erfolg der Therapie erhalten wird. Die Erhaltungstherapie gestaltet sich sehr unterschiedlich und derzeit befassen sich viele wissenschaftliche Untersuchungen damit.
Nach der Erhaltungstherapie werden die Blutwerte der Patienten immer wieder kontrolliert. Wenn die Werte der Krebszellen im Blut ansteigen, kann eine erneute Therapiephase folgen. Kommt es immer wieder zu Rückfällen, kann eine Stammzelltransplantation eine verbleibende Behandlungsmöglichkeit sein. Diese Therapie ist jedoch risikoreich und bringt zahlreiche Nebenwirkungen mit sich.
Bei der Stammzelltherapie erhalten Patienten zunächst Mittel zur Chemotherapie, die die Tumorzellen und Zellen des Immunsystems aus dem Körper zerstören. Dabei lässt es sich nicht verhindern, dass auch gesunde Blutzellen mit zerstört werden. Betroffene bekommen dann sehr leicht Infektionen, auch ansonsten ungefährliche Keime können zu lebensbedrohlichen Infektionen führen. Diese Therapie wird nur unter genauester Überwachung des Betroffenen und in Isolierung durchgeführt. Im Anschluss erhält der Patient Stammzellen injiziert, die von einem gesunden Spender (naher Verwandter, passender anderer Spender) gewonnen wurden.
Die Therapie bei der chronischen myeloischen Leukämie richtet sich nach dem jeweiligen Gesundheitszustand des Patienten und danach, in welcher Phase der Krankheit sich der Patient befindet.
Die chronische myeloische Leukämie wird meistens in der chronischen Phase festgestellt. Betroffene erhalten dann Medikamente, die sogenannten Tyrosinkinasehemmer. Dies sind Wirkstoffe, die gezielt gegen die Tumorzellen vorgehen und sie am Wachstum hindern. Dadurch kann der Verlauf der Leukämie über Jahre aufgehalten werden und die Symptome werden mit Hilfe der Medikamente ausgeschaltet. Eine dauerhafte Einnahme der Tyrosinkinasehemmer ist jedoch nötig, sonst kommt es erneut zu einer Erkrankung.
Untersuchungen von Blut und Knochenmark müssen regelmäßig durchgeführt werden, um den Patienten zu überwachen. Wenn die Werte wieder auffällig werden oder der Zustand des Patienten schlechter wird (dies deutet eine Akzelerationsphase an), kommen andere Wirkstoffe aus der Gruppe der Tyrosinkinasehemmer zum Einsatz. Die Erkrankung kann damit in die chronische Phase zurückgeführt werden.
Wenn die Tyrosinkinasehemmer nicht erfolgreich wirken, Betroffene jedoch jung sind und der Gesundheitszustand gut, kann in der Akzelerationsphase der Erkrankung die Stammzelltherapie in Betracht kommen. Die Therapie weist Risiken auf, kann aber unter Umständen noch eine vollständige Heilung bewirken.
Erreichen Patienten mit einer chronischen myeloischen Leukämie das Stadium der Blastenkrise, verschlechtert sich der Allgemeinzustand umgehend. Die Therapie entspricht der akuten Leukämie mit Chemotherapie. Wenn die Erkrankung wieder in kontrollierte Bahnen gelenkt werden kann, wird je nach allgemeinem Zustand auch hier eine Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen.
Die Überlebensaussichten sind für Menschen mit Leukämie heutzutage viel besser als noch vor wenigen Jahrzehnten. Bei weit fortgeschrittener Leukämie-Erkrankung kann mit der geeigneten Therapie zumindest erreicht werden, die Symptome stark zu bessern. Die Prognose ist letztendlich abhängig von der Form der Leukämie, dem Zeitpunkt der Diagnose und dem gesundheitlichen Zustand des Patienten.
Eine akute Leukämie kann prinzipiell geheilt werden, sofern die Erkrankung früh erkannt und behandelt wird. Wenn sie nicht behandelt wird, kann es bereits nach wenigen Monaten zum Tod kommen. Mit einer Behandlung aus Bestrahlung, Chemotherapie und gegebenenfalls Stammzelltransplantation ist die Überlebensrate besonders bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie sehr hoch (über 95 Prozent der Patienten leben noch nach fünf Jahren). Bei der akuten myeloischen Leukämie ist ebenfalls der umgehende Beginn der Behandlung entscheidend für die Prognose. Die Überlebensrate ist deutlich erhöht, wenn eine Stammzelltransplantation vorgenommen wird. Bei Betroffenen über 20 Jahren verschlechtert sich die Prognose jedoch.
Durch die langsame Vermehrung der Tumorzellen bei der chronischen myeloischen Leukämie dauert es meist Jahre, bis die Erkrankung festgestellt wird (oft bis zu 20 Jahre). Dann ist eine lebenslange Behandlung der Leukämie notwendig, womit das Fortschreiten gestoppt wird und die Symptome reduziert werden. Eine Heilung der Erkrankung ist jedoch nur mit einer risikobehafteten Stammzelltransplantation möglich, welche lediglich bei Patienten mit stabilem Zustand durchgeführt wird, bei denen andere Therapiemaßnahmen keinen Erfolg haben.
DKFZ Krebsinformationsdienst – Leukämie bei Erwachsenen: https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/leukaemien/index.php (online, letzter Abruf: 10.03.2020)
Deutsche Krebsgesellschaft – Leukämie: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/leukaemie.html (online, letzter Abruf: 10.03.2020)
DKMS – Leukämie - Eine Form von Blutkrebs: https://www.dkms.de/de/leukaemie (online, letzter Abruf: 10.03.2020)
aktualisiert am 12.03.2020