Unter dem Begriff Nykturie versteht man gehäuftes Wasserlassen (Miktion) während der Nacht. Betroffene werden durch starken Harndrang geweckt und müssen die Blase entleeren. Ein oder mehrere nächtliche Toilettenbesuche haben keinen Krankheitswert, wenn die vermehrte Urinproduktion auf eine große Trinkmenge am Abend zurückzuführen ist. Ist dies nicht die Ursache der Nykturie, liegt dem vermehrten nächtlichen Wasserlassen möglicherweise eine Erkrankung zugrunde.
Tritt der vermehrte Harndrang hauptsächlich während der Nacht auf und werden tagsüber keine ungewöhnlich großen Mengen Urin ausgeschieden, kann eine Herzinsuffizienz die Ursache sein. Bei einer Rechtsherz-, Linksherz- oder Globalinsuffizienz kommt es im Laufe des Tages durch die verminderte Pumpleistung des Herzens zu Wasseransammlungen (Ödeme) in den Beinen und Armen. Nachts im Liegen wird der Kreislauf entlastet und die Ödeme können wieder ausgeschwemmt werden. Das überflüssige Wasser wird dann ausgeschieden. Zu dieser Tatsache kommt ein verstärkender Effekt hinzu: Die Nieren werden während der Nacht stärker durchblutet und filtrieren dadurch auch mehr Harn.
Eine weitere mögliche Ursache für gesteigerten Harndrang während der Nacht ist eine Einengung der Harnröhre durch eine meist gutartige Vergrößerung der Prostata (Vorsteherdrüse) beim Mann. Diese Verengung der Harnröhre führt dazu, dass beim Wasserlassen die Blase nicht vollständig entleert werden kann und sich Restharn in der Blase ansammelt, der dann schnell zu erneutem Harndrang führt. Ein wichtiger Hinweis auf eine vergrößerte Prostata ist ein schwacher, dünner Harnstrahl und sehr lange Miktionsdauer.
Möglicherweise liegt der Nykturie auch eine Blaseninkontinenz zugrunde. Dabei ist der Schließmuskel der Harnblase zu schwach oder nur schwer kontrollierbar, sodass auch eine gering gefüllte Blase schon einen starken Harndrang verursacht, der nur schwer zu unterdrücken ist. Meist macht sich eine Harninkontinenz aber nicht nur während der Nacht sondern auch tagsüber durch verstärkten Harndrang, häufige Toilettenbesuche und geringe Mengen Harn beim Wasserlassen bemerkbar. Besteht eine fortgeschrittene Schließmuskelschwäche, kann es auch zu versehentlichem Harnabgang beispielsweise beim Husten, Lachen oder Naseputzen kommen.
Auch eine Blasenentzündung kann eine Nykturie verursachen, wobei diese jedoch dann auf den Zeitraum der Entzündung beschränkt ist und der Harndrang auch tagsüber besteht. Außerdem bestehen bei einer Blasenentzündung meist Schmerzen im Unterbauch und Brennen oder Stechen beim Wasserlassen.
Verschiedene Formen der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus, Diabetes insipidus centralis, Diabetes insipidus renalis) führen dazu, dass die Niere mehr Harn als gewöhnlich produziert. Bei diesen Krankheiten tritt das verstärkte Wasserlassen nur in sehr seltenen Fällen ausschließlich nachts auf. In der Regel ist die Harnmenge über den ganzen Tag verteilt erhöht und der Wasserverlust muss durch vermehrtes Trinken ausgeglichen werden, wobei die meisten Erkrankten unter einem ständigen starken Durstgefühl leiden.
Bestimmte Medikamente, die so genannten Diuretika sollen bei Patienten mit Herzschwäche die Ansammlung von Wasser in Armen und Beinen vermindern und Ödeme ausschwemmen. Ihre Wirkung kann sich insbesondere nachts bemerkbar machen, vor allem wenn die Medikamente am Abend eingenommen werden.
Weitere mögliche Ursachen für verstärkten nächtlichen Harndrang:
Für den Arzt ist es zu Beginn jeder Untersuchung wichtig, mehr über die Beschwerden des Patienten zu erfahren. Dazu stellt er im Anamnese-Gespräch einige Fragen, wie beispielsweise: Seit wann besteht die Nykturie? Wie häufig muss der Betroffene nachts zu Toilette? Wie viel trinkt der Patient am Tag, trinkt er besonders abends viel, auch Alkohol? Leidet der Patient unter anderen Vorerkrankungen wie Herzkrankheiten, Nierenschwäche, Diabetes oder Bluthochdruck? Nimmt der Patient Medikamente, insbesondere solche, die ausschwemmend wirken? Wie ernährt sich der Patient, nimmt er viel Salz zu sich?
Bei der klinischen Untersuchung achtet der behandelnde Arzt besonders auf den so genannten Flüssigkeitsstatus des Patienten. Das bedeutet, der Arzt prüft ob sich Wasseransammlungen in den Füßen, Knöcheln oder Unterschenkeln feststellen lassen oder ob der Patient eher ausgetrocknet erscheint und eine dünne, lederne Haut hat. In der Regel wird der Patient gebeten, über einen oder mehrere Tage seine Urinmenge bei jedem Toilettenbesuch zu messen und zu notieren, ebenso wie die Trinkmenge. An diesen Werten kann der Arzt feststellen, ob der Patient generell zu viel Harn produziert oder ob dies nur während der Nacht auftritt.
Im Labor werden Urin und Blut auf Zucker, Elektrolyte und bestimmte Hormone und Eiweiße überprüft. Anhand dieser Werte und einiger spezifischer Messungen kann meist die Ursache der vermehrten Harnproduktion gut bestimmt werden.
Weiterführend kann je nach Verdachtsdiagnose das Herz im EKG, Ultraschall oder Röntgen untersucht werden. Nieren und ableitende Harnwege können mithilfe bestimmter Kontrastmittel und Ultraschalluntersuchungen dargestellt werden. Bei unklaren Befunden kann auch eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) erstellt werden.
Die Nykturie als Symptom kann nur schwer behandelt werden. Um die Beschwerden zu lindern muss die Ursache für die vermehrte nächtliche Harnproduktion gefunden werden:
aktualisiert am 29.11.2019