Das Prostatitis-Syndrom gehört zu den multifaktoriellen Erkrankungen und beschreibt einen Symptomenkomplex, der drei Krankheitsbilder umfasst:
Gleichzeitig sind häufig auch die Bläschendrüse (Prostatovesikulitis) und die hintere Harnröhre (Prostatourethrovesikulitis) entzündet.
In den meisten Fällen handelt es sich um eine abakterielle Entzündung der Prostata, auch Prostatodynie genannt. Die Ätiologie (Krankheitsentstehung) ist derzeit noch recht unbekannt.
Eine Prostatitis kann in jedem Lebensalter auftreten, betrifft meistens jedoch jüngere Männer. Akute und chronische Form werden von Bakterien, Pilzen oder dem Zytomegalie-Virus verursacht. Die Prostatodynie (Prostataschmerz, chronisches abakterielles Schmerzsyndrom des Beckens, Prostatopathie), die gehäuft im Alter von 25 bis 40 Jahren vorkommt, zählt zu den psychosomatischen Erkrankungen. Ihr sind zwei Krankheitsbilder zugeordnet:
Da die Prostata (Vorsteherdrüse) eine gut durchblutete Drüse ist, direkt mit der nach außen hin offenen Harnröhre verbunden ist und beim Wasserlassen, Stuhlgang und Geschlechtsverkehr regelmäßig anschwillt, kann sie sich leicht entzünden. Bei der akuten Prostatitis handelt es sich um eine aszendierende (aufsteigende), bakterielle Infektion, die durch einen Urinreflux (Rückstau des Urins) in die Prostatagänge hervorgerufen werden kann. Die Krankheitserreger gelangen hierbei über die Harnröhre in die Prostata. Heilt eine akute Prostatitis nicht komplett aus, kann sie in die chronische Form übergehen.
Vorausgegangene Erkrankungen wie eine Harnröhrenentzündung (Urethritis), eine Blasenentzündung (Zystitis), eine Entzündung der Drüsen in der Umgebung der Harnröhre oder Bakterien an der Vorhaut stellen weitere mögliche Entzündungsherde dar. Entzündungen der Nebenhoden (Epididymitis) oder der Samenbläschen (Vesikulitis) können ebenso zu einer Prostatitis führen. Über Lymph- oder Blutwege gelangen selten Bakterien aus anderen Bereichen des Körpers in die Prostata. Urologische Eingriffe wie Katheterisierung oder Blasenspiegelung (Zystoskopie) können ebenfalls eine Prostatitis auslösen.
Äußern kann sich die akute Prostatitis in Beschwerden mit dumpfem Schmerzcharakter, Druck und Schmerz im Dammbereich oder der Leistenregion, in Schmerzausstrahlung und Ziehen bis in den Hoden/Nebenhoden oder auch in Stuhldrang und schmerzhafter Defäkation (Stuhlgang). Außerdem treten Miktionsstörungen in Form von imperativem (unwiderstehlichem) Harndrang, Dysurie (schmerzhaftes und erschwertes Wasserlassen), Pollakisurie (häufiges Wasserlassen), brennende Schmerzen vor allem am Ende der Miktion und Nykturie (vermehrtes nächtliches Wasserlassen) auf. Begleitet werden diese Beschwerden von hohem Fieber mit Schüttelfrost und allgemeinem Krankheitsgefühl.
Weiterhin können ein leichter Ausfluss aus der Harnröhre, Schmerzen bei der Ejakulation, evtuell Pyospermie (eitriges Sperma), Hämospermie (blutiges Ejakulat) oder Prostatorrhoe (trübes Prostatasekret während der Miktion oder beim Stuhlgang) vorkommen.
Chronisch-bakterielle Prostatitis, chronisch-abakterielle Prostatitis und Prostatodynie können nur schwer von ihrer klinischen Symptomatik her unterschieden werden.
Zusätzlich zur akuten Form treten ein Brennen hinter dem Schambein, Kreuzschmerzen nach längerem Sitzen, Kältesensibilität und verschiedene Störungen der Sexualfunktion (verminderte Libido, Erektionsstörungen, vorzeitiger Samenerguss, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) auf. Letztere werden vor allem bei der Prostatodynie beobachtet, die die Entzündungszeichen bei 50 Prozent der Betroffenen begleiten.
Neben den symptomatischen Befunden bedient sich der Urologe zur Diagnosefindung der rektalen digitalen Untersuchung der Prostata. Eine vergrößerte, druckschmerzhafte Drüse mit gespannter, glatter Kapsel weist auf eine akute oder chronische Entzündung hin. Sonographisch sichtbare, akute Einschmelzungen und Abszesse unterstreichen den Verdacht auf eine Prostatitis. Der Urinstatus mit reichlich Blut-, Entzündungs- und Schleimhautzellen sowie Schleim und Zelltrümmer im Mittelstrahlurin, eine Uroflowmetrie (Nachweis eines verminderten Harnflusses und einer verlängerten Miktion) und eine Laboranalyse des Ejakulats, bei unklarem Befund, liefern zusätzliche Hinweise.
Mittels der Drei- und Viergläserprobe werden bei einer Prostatainfektion zahlreiche Bakterien in der dritten Harnportion gefunden. Es werden Bakterienkulturen angelegt, um ihre Widerstandsfähigkeit (Resistenz) gegen Antibiotika und die richtige Therapiewahl ermitteln zu können. Die Drei- bzw. Viergläserprobe gilt als wichtigste Methode beim Finden der Diagnose. Sie wird folgendermaßen durchgeführt: Zunächst wird der Urin aus der Harnröhre in einem Glas aufgefangen. In einem zweiten Glas sammelt man den Mittelstrahlurin aus der Blase, in einem dritten, nach Massieren der Prostata, den Urin aus der Prostata. Bei der Viergläserprobe fließt das Prostatasekret bereits während der Prostatamassage durch die Harnröhre und wird getrennt aufgefangen.
Die körperliche und labordiagnostische Untersuchung bei Prostatopathie ergeben i.d.R. keine Entzündungszeichen und Krankheitserreger werden auch nicht nachgewiesen. Es werden deshalb weitere Untersuchungen wie Spiegelung der Harnröhre, Röntgendarstellung des Harntrakts mit Kontrastmittel und eine Probeentnahme (Biopsie) aus der Prostata durchgeführt, um eine rein körperliche Ursache auszuschließen. Anschließend ist es wichtig, sich dem seelischen Wohlbefinden des Betroffenen zuzuwenden.
Für die chronische Prostatitis ist die Prostatodynie aufgrund der ähnlichen Symptome die wichtigste Differentialdiagnose, zu der 50 Prozent der chronischen Prostatabeschwerden zählen.
Als weitere auszuschließende Krankheiten kommen für das Prostatitis-Syndrom eine granulomatöse Prostatitis (durch eine Urogenitaltuberkulose entstanden, unspezifisch, allergisch oder nach BCG-Impfung auftretend zur Therapie eines Harnblasenkarzinoms), eine Echinokokkose (Hundebandwurmkrankheit) in der Prostata, ein Anogenitalsyndrom, eine Proktitis (Mastdarmentzündung), Analfissuren (schmerzhafte Einrisse im Bereich des Afters) oder Hämorrhoiden in Betracht.
Außerdem sollten eine chronische Zystitis, eine Prostatahyperplasie, Beckenbodenspasmus und Blasen- oder Prostatakarzinome ausgeschlossen werden.
Die akute Prostatitis erfordert sofort ein hoch dosiertes Antibiotikum, das nach ermittelten Laborergebnissen eventuell anzupassen ist. Daraufhin zeigt sich meist rasch eine deutliche Besserung der Beschwerden.
Auch bei der chronischen Prostatitis sind Antibiotika als erste Therapiemaßnahme zu wählen. Hier gilt außerdem sein Augenmerk der Regulierung des Stuhlgangs bei Verstopfung zu schenken. Zum Lindern der Beschwerden werden Sitzbäder empfohlen.
Zur Behandlung der psychosomatischen Komponente bei der Prostatodynie hat sich als erfolgsversprechendste Methode die Psychotherapie bewährt. Sie zeigt Zusammenhänge zwischen Psyche und körperlichen Beschwerden auf und wirkt sich positiv auf das Bewältigen der Krankheit aus. Entspannungsübungen (wie autogenes Training) oder Körpertherapie können unterstützend wirken.
Um Krämpfe und Schmerzen zu lindern, Beruhigung zu erlangen und die Durchblutung zu fördern, werden bei allen drei Krankheitsbildern Antiphlogistika (Entzündungshemmer), Tranquilizer (Beruhigungsmittel), Anticholinergika (den Parasympathikus hemmende Medikamente) und α-Blocker (wirken bei Blasenentleerungsstörungen) eingesetzt.
Rasch behandelt, sind bei der akuten Prostatitis sehr gute Heilungschancen zu erzielen und der Übergang in die chronische Form kann verhindert werden. Vorübergehend kann es notwendig sein, dass aufgrund von Komplikationen ein suprapubischer Katheter (Harnableitung durch die Bauchdecke) zu legen ist.
Die chronische Prostatitis kann intervallartig immer wieder auftreten; die Behandlung ist, wie die der Prostatodynie meist recht schwierig und langwierig.
Deshalb sollte, wer an einer Prostatitis erkrankt ist, bereits bei der ersten Entzündung darauf achten, dass das Antibiotikum konsequent eingenommen wird. Um einen erneuten Krankheitsschub zu verhindern, gilt es, die Prostatitis begünstigenden Faktoren zu vermeiden. Dies sind: Auskühlung im Beckenbereich durch längeres Tragen einer nassen Badehose, Aufhalten in kaltem Wasser, Sitzen auf kaltem Untergrund, Zugluft, kalte Füße, Überanstrengung und starke Belastung des Beckenbodens, wie Radfahren oder Reiten.
Zur Vermeidung einer (erneuten) Prostatopathie empfiehlt sich eine ausgewogene, gesunde Ernährung ohne blähende Nahrungsmittel (Zwiebeln, Kohl, Bohnen) oder scharfe Gewürze, Verzicht auf Alkohol und sehr kalte Getränke.
aktualisiert am 20.12.2022