Eine Nierenentzündung kann in unterschiedlichsten Formen auftreten. Therapie und Erfolgsaussichten hängen davon ab, wie schnell eine Diagnose erfolgt und wann die Behandlung einsetzt. Die Prognose ist ebenfalls von der Art der Nierenentzündung abhängig. Einige Varianten der Nierenentzündung heilen spontan und spurlos wieder ab. Andere können einen chronischen Verlauf nehmen und sogar zu Nierenversagen führen.
Allgemein wird eine Glomerulonephritis – die Entzündung an den Nierenkörperchen – von einer interstitiellen Nephritis – der Entzündung am Gewebe in den Zwischenräumen in der Niere – unterschieden. Die Glomerulonephritis (abgekürzt GN) kann viele Formen annehmen. Die Ursachen unterscheiden sich, doch in einigen Fällen ist die Erkrankung idiopathisch – sie tritt ohne erkennbare Auslöser auf.
Zur Diagnose einer Nierenentzündung dienen
Diese häufigste Form der Nierenentzündung ist auch als Morbus Berger bekannt. Jüngere Männer sind häufiger betroffen als Frauen, Kinder oder ältere Erwachsene. In einigen Familien ist die Erkrankung häufiger – eine genetisch bedingte „Fehlsteuerung“ im Immunsystem könnte vorliegen.
Die Auslöser sind Antikörper des Typs Immunglobulin A, die Antikörper-Molekülkomplexe bilden. Diese beginnen, nicht mehr die bakteriellen oder viralen Eindringlinge zu bekämpfen. Sie besetzen stattdessen die Bindegewebszellen (Mesangium-Zellen) zwischen den Blutgefäßen der Nierenkörperchen (Glomeruli). Dabei provozieren sie eine Entzündungsreaktion. Diese geht zu Lasten der Nierenfunktion.
Typische Folgen und Symptome der IgA-Nephritis sind
Nicht immer treten diese Symptome gleichzeitig oder deutlich erkennbar auf. In über 50 Prozent der Fälle ist die Erkrankung unter Einsatz von Cortison-Präparaten, Immunsuppressiva (immun-unterdrückenden Wirkstoffen) und blutdrucksenkenden Mitteln auszuheilen.
Diese Form der Nierenentzündung ist der mesangioproliferativen Glomerulonephritis vom IgA-Typ sehr ähnlich. Sie wird auch als endokapillär-proliferative Glomerulonephritis bezeichnet, weil sie die feinen Kapillargefäße im Inneren der Nierenkörperchen befällt.
Diese Art der Glomerulonephritis entwickelt sich bis zu vier Wochen nach einer vermeintlich ausgeheilten Infektion. Streptokokken, aber auch Staphylokokken, weitere Bakterien, Pilze, Viren oder Parasiten können eine solche Kettenreaktion in Gang setzen. Die Situation tritt am häufigsten nach einer Mandelentzündung, nach Scharlach, Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Impetigo (einer Hautinfektion) auf. Auch auf eine Blutvergiftung (Sepsis) oder Entzündungen am Herzmuskel oder der Herzinnenhaut (Endokarditis) kann eine postinfektiöse Glomerulonephritis folgen. Am besten therapierbar sind die Folgen bakterieller Infekte.
Typisch für die Poststreptokokken-Glomerulonephritis oder postinfektiöse Glomerulonephritis sind
Auch hier führen Antikörper-Molekülkomplexe dazu, dass Entzündungsprozesse die Nierenkörperchen nach und nach in ihrer Filterfunktion einschränken. Behandelt werden müssen die Entzündungsreaktion und der Bluthochdruck (dieser strapaziert die Blutgefäße in den Nieren). Die Produktion weiterer Antikörper als Reaktion auf die (bakteriellen) Auslöser muss unterbunden werden. Dazu wird der Erreger bestimmt und erneut mit Antibiotika bekämpft. Weitere Behandlungen wie das Senken eines hohen Blutdrucks oder die Gabe von Cortison kann ebenfalls erforderlich sein.
Bei Kindern lässt sich diese Erkrankung sehr gut therapieren. Bei Erwachsenen bleibt bei etwa 50 Prozent der Patienten eine eingeschränkte Nierenfunktion zurück.
Bei der Minimal-Change-Glomerulonephritis lässt sich nur selten eine Ursache feststellen. Gelegentlich tritt sie als Folge bestimmter Krebserkrankungen oder nach langfristiger Einnahme einer Reihe von Medikamenten auf. Typische gängige Schmerzmittel oder Präparate gegen Rheuma stehen beispielsweise im Verdacht.
Gekennzeichnet ist diese Form der Nierenentzündung durch ein Fehlen von eindeutigen Merkmalen bei der Untersuchung des Gewebes unter dem Mikroskop. Dafür besteht eine erhöhte Eiweißausscheidung über den Urin. So geht beispielsweise Albumin verloren, ein Transportprotein für Mineralstoffe oder Salze. Ein gestörter Flüssigkeitshaushalt und vermehrte Wassereinlagerungen im Körper samt einer Gewichtszunahme machen sich bemerkbar.
Die Minimal-Change-Glomerulonephritis kommt überwiegend bei Kindern zwischen zwei und sechs Jahren vor. Auch hier sind vermutlich wieder Antikörper beteiligt, die nierenschädigende Prozesse in Gang setzen. Entsprechend werden Medikamente verabreicht, die das Immunsystem unterdrücken, unterstützt von einer gezielten „Entwässerung“.
Viele typische Symptome bleiben bei dieser Form der Erkrankung aus. Die Chancen einer vollständigen Heilung sind gut, jedoch besteht das Risiko von Rückfällen.
Die membranöse Glomerulonephritis geht vielfach zurück auf
Wie bei der postinfektiösen Glomerulonephritis lagern sich Antigen-Immunkomplexe in den Nieren an. Hier besetzen sie die sogenannte Basalmembran, die jedes Nierenkörperchen besitzt. Die Membran reagiert mit Ausstülpungen. Zuweilen kommt es zu spontanen Heilungen ohne medizinisches Zutun. Ein Drittel der Patienten scheidet weiterhin Eiweiß über den Urin aus. Ein weiteres Drittel schreitet jedoch fort bis zur Niereninsuffizienz (Nierenversagen).
Noch ungeklärt ist das Auftreten einer fokal-segmentierten Glomerulonephritis. Dabei verhärten sich die Nieren im Inneren. Zwischen den Glomeruli (Glomeruli) bilden sich glasähnliche Gewebeablagerungen aus Hyalin. Diese „tote“ Substanz stört die Nierenfunktion massiv. Selbst Nierentransplantationen schützen nicht vor Rückfällen. Über 30 Prozent der betroffenen Patienten erleiden massive und irreversible Nierenschäden. Gelegentlich ist eine Therapie erfolgreich, bei der das Immunsystem unterdrückt wird (Immunsuppression).
Eine Hepatitis-Infektion oder einige Krebs-Arten können Auslöser der membranoproliferativen Glomerulonephritis (andere Schreibweise: membranproliferative Glomerulonephritis) sein. Diese Variante ist äußerst selten und nicht immer lässt sich eine Ursache bestimmen.
Gekennzeichnet ist die Erkrankung durch die typischen Symptome der Nierenentzündung mit Bluthochdruck, Wasseransammlungen, Blut und Eiweiß im Urin. Eine Therapie ist nicht bekannt. Etwa 50 Prozent der Patienten muss mit dem Fortschreiten der Krankheit zur Dialyse (Blutwäsche), weil die Nieren ihre Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen.
Die nekrotisierende intra-/extrakapillär-proliferative Glomerulonephritis verläuft typischerweise besonders schnell. Deshalb wird sie auch rasch progrediente oder rapid progrediente Glomerulonephritis genannt. Eine Verschlechterung der Nierenfunktion ergibt sich meist innerhalb weniger Wochen. Bei dieser Form finden sich Entzündungsmarker (CPR, C-reaktives Protein) und in einigen Fällen auch Antikörper. Der Anteil des Stoffwechsel-Abfallproduktes Kreatinin in Blut und Urin ist deutlich erhöht. Bei intakter Nierenfunktion wird diese Substanz „recycelt“. Weitere Anzeichen sind:
Möglich ist diese Variante als Fortsetzung einer postinfektiösen oder einer membranösen Glomerulonephritis. Doch nicht immer müssen sich Immunkomplexe in den Nieren anlagern.
Bei dieser Erkrankung werden drei Formen unterschieden, die durch unterschiedliche Vorgänge im Nierengewebe gekennzeichnet sind. Bedrohlich ist das Absterben von Zellen innerhalb der Niere. Unter dem Mikroskop lassen sich deformierte (halbmondförmige) Zellen auffinden. Wird die Erkrankung rechtzeitig erkannt, können Immunsuppressiva (das Immunsystem hemmende Mittel) und Cortisongaben helfen. Eine Blutwäsche (Dialyse) bringt den zerstörerischen Prozess zum Stillstand. Die meisten Patienten müssen eine Einschränkung der Nierenfunktion hinnehmen.
Eine seltene Form der Nierenentzündung ist die fibrilläre Glomerulonephritis. Sie tritt eher bei Erwachsenen um das 60. Lebensjahr auf und führt ebenfalls häufig zu Symptomen wie Blut- und Eiweißabgang mit dem Urin und Ödemen (Wassereinlagerungen im Gewebe). Nicht selten resultiert aus der Erkrankung ein Funktionsverlust der Nieren.
aktualisiert am 21.04.2023